Wo hört BDSM auf und wo fängt häusliche Gewalt an?

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      Wo hört BDSM auf und wo fängt häusliche Gewalt an?

      Zuerst mal hoffe ich das wir das Thema einigermaßen sachlich diskutieren können.
      Ab welchem Punkt, hört eurer Meinung nach, BDSM auf und fängt häusliche Gewalt an?
      Was ist versteckt häusliche Gewalt im Kontext BDSM?

      Ich versuche mal zu sortieren.

      Solange kein Einverständnis herrscht, ist es häusliche Gewalt.
      Liegt das Einverständnis vor ist es BDSM.
      Soweit so gut.
      Scheinbar gibt es aber auch ein irgendwo dazwischen.

      Klar das Safeword ist auch noch da, in der Regel.

      Jetzt gibt es aber Subs die ihr Spielfeld noch gar nicht artikulieren können.
      Da wird es schon schwierig.

      Wie sieht es bei Grenzerweiterungen aus?

      Mittlerweile habe ich das Gefühl es wird auch sehr unterschiedlich gewertet.
      Es scheint für die meisten im Zusammenhang mit der Nachsorge von Dom zusammenzuhängen.
      Ist diese Intensiv war es BDSM. Ist diese aus der eigenen Sicht nicht ausreichend, ist es häusliche Gewalt oder versteckte häusliche Gewalt.


      Einige scheinen es nach ihrem BDSM zu Werten.

      Vielleicht mache ich es mir auch sehr einfach, ich für mich gehe mit dem Begriff häusliche Gewalt im Zusammenhang mit BDSM sehr sparsam um.
      Wenn mein Gesprächspartner sagt, das es einvernehmlich ist, dann ist es für mich BDSM, selbst dann wenn ich die Spielart nicht mag, wenn ich sie für gefährlich halte und auch dann wenn ich den Spielpartner für Empathielos halte.

      Da kann man dann, wenn der Gesprächspartner es auch möchte, über die Praktiken reden, über zwischenmenschliches ect.
      Evtl. verstehe ich den anderen nach dem Gespräch sogar, was ihn kickt.

      Jetzt muss ich allerdings auch gestehen, dass ich ein Verfechter von Eigenverantwortung von Sub bin.
      Anmerkung:
      Dies ist lediglich meine Meinung und nicht für die Allgemeinheit gültig.
      Für mich gibt es keine Grauzone, entweder es ist einvernehmlich oder nicht. Sollte es zu einer Grenzüberschreitung kommen und die wird im Nachhinein auch nach Hinweis des Angegriffenen nicht als solche vom Angreifer ernst genommen dann sind wir nicht mehr im Einvernehmlichen und somit in der häuslichen Gewalt.
      Ich habe häusliche Gewalt und BDSM noch nie in einem Atemzug genannt.
      Warum nicht?

      Bei häuslicher Gewalt
      - fehlt die Einvernehmlichkeit
      - schlägt jemand zu, um den anderen bewusst zu verletzen, ohne Tabus, ohne Safewort
      - macht er das, um seinen Frust, Ärger usw. abzubauen, weil er keine anderen Mittel hat
      - nimmt er in Kauf, den anderen physisch und psychisch zu verletzen
      - steht der sexuelle Aspekt nicht im Vordergrund
      - ....

      Ich könnte noch weiter schreiben und Gründe aufführen, aber ich denke, es ist auch so klar, was ich meine.
      Schreibt eine Frau, die häusliche Gewalt erlebt hat und trotzdem heute BDSM leben kann und will.
      Liebe dich selbst, nimm dich selbst am wichtigsten.
      Ich schließe mich den Vorrednern an. Da gibt es null Grauzone. Zwei völlig verschiedene Sachen.
      Und wenn Du Dich hier auf das von mir zuletzt Geschriebene in dem anderen Thread zum Schwarzen Peter beziehst: Ich wollte damit nur sagen, dass es manchmal so ist, dass ein Betroffener selbst nicht in der Lage ist, den Knackpunkt zu sehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es den Knackpunkt nicht gibt.
      Es sollte BDSM auf keinen Fall mit häuslicher Gewalt vergleichen oder gar in die Nähe bringen.
      "Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu gewinnen" Sigmund Freud

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Feuerpferd () aus folgendem Grund: Rechtschreibung korrigiert....

      Ich denke nicht das bei häuslicher Gewalt immer nur Frustabbau dahinter steckt, oft ist die Motivation des Angreifers auch nicht vordergründig den Anderen zu verletzen. Manchmal stecken auch Verlustängste dahinter und der Angreifer will den Partner mit Gewalt daran hindern die Beziehung zu beenden. Auch kann es durchaus vorkommen das der sexuelle Aspekt im Vordergrund steht, weil ein Partner der Meinung ist das er ein Recht auf die Erfüllung gewisser ehelicher "Pflichten" hat. Es kann auch schlicht und einfach um Machtausübung gehen.
      Häusliche Gewalt muss nicht einmal zwangsläufig mit körperlicher Gewalt einhergehen, mMn. ist häusliche Gewalt äußerst vielschichtig und gerade dadurch oft nur schwer zu erkennen.

      Für mich, beginnt Häusliche Gewalt da wo das Einvernehmen fehlt oder durch emotionale Erpressung, sonstige Erpressung oder körperliche Gewalt eingefordert wird.
      Okay emotionale Erpressung ist vielleicht noch nicht direkt häusliche Gewalt, aber mMn. definitiv eine Vorstufe, und spricht zumindest mMn. für eine ungesunde Form der Beziehungsführung.


      Ansonsten kann ich nur Azraels Beitrag vollumfänglisch unterschreiben!

      Azrael schrieb:

      BDSM ist einvernehmlich oder es ist kein BDSM, IMHO.
      @Schwarze Rose

      Mich würde in dem Zusammenhang interessieren, wie Du "Gewalt" definierst. Ist es erst in dem Moment Gewalt, wenn einer zuschlägt oder schon vorher? Ich ziele auf Manipulationen ab. Wenn es um sog. Grenzerweiterungen geht und ein Partner manipuliert den anderen, ist das dann auch Gewalt? Oder ist es automatisch einvernehmlich, wenn beide zustimmen (der eine aber vielleicht nur aus Angst, den Partner sonst zu verlieren)?

      Es gibt zwei Tragödien im Leben eines Menschen: Wünsche, die sich nicht erfüllen ... und Wünsche, die sich erfüllen!
      (frei nach Oscar Wilde)
      Auch ich bin der Meinung, dass es eine solche Grenze nicht gibt. Nicht geben kann, weil es keine Schnittmenge zwischen BDSM und häuslicher Gewalt gibt. Dort, wo etwas nicht an einander grenzt, kann es auch keine Grenze geben.

      Das Einvernehmen ist natürlich das, was da erstmal jedem (auch mir) in den Sinn kommt. Aber vielleich ist das zu einfach gedacht. Metakonsens ist kein Einvernehmen im herkömmlichen Sinn, kann situationsbedingt im BDSM aber ausreichen. Hingegen würde manches, was bei häuslicher Gewalt abläuft, meiner Meinung nach von aussen durchaus wie Einvernehmen aussehen können (Stichwort: Verteidigung des Täters, teilweise bis zur Realitätsverweigerung). Ist das wirklich weniger Einwilligung als z.B. Metakonsens? Und wo Einwilligung ist, ist technisch gesehen Einvernehmen ...

      Für mich subjektiv (und daganz bin ich schon auf die Gegenstimmmen gespannt), scheint die innere Motivation der Beteiligten eine viel größere Rolle zu spielen als das Einvernehmen. Die Motivation für BDSM mag so weit gestreut sein, dass wir darüber niemals eine Einigung erzielen können.

      Aber die für häusliche Gewalt scheint mir überraschend klar definierbar:

      Dem Gewaltausübenden geht es nicht auch um die Gefühle des Opfers. Dem Opfer nicht um die des Gewaltausübenden.

      Diese einfache Unterscheidung scheint mir passend für alle Formen des BDSM, vom einmaligen Gelegenheitsspiel bis zur TPE-Beziehung fürs Leben ...

      Der häusliche Gewalttäter tut etwas, weil er es will (oder auf Grund einer Störung vielleicht “muss“), aber nicht mit dem expliziten primären Ziel, ein bestimmtes Gefühl beim Opfer auszulösen. Das Opfer nimmt das in Kauf, weil es nicht anders kann, aus der Situation, Ängsten, Zwängen welcher Art auch immer, aber eben umgekehrt nicht mit dem primären Ziel, ein bestimmtes Gefühl beim Täter auszulösen.

      Ein BDSM-Top mag die gleiche Handlung ausführen, aber zumindestens eines seiner wesentlichen Ziele dabei ist, ein Gefühl, von dem er eine gewisse Vorstellung hat, in seinem Bottom auszulösen. Letzterer wiederum erlebt die Handlung auch deshalb so intensiv, weil er wiederum weiss, dass sein Verhalten Eun Gefühl beim Top auslöst, wovon er wiederum eine gewisse Vorstellung hat ...
      Wer lächelt, statt zu toben, ist immer der Stärkere. Laotse
      Ich würde sagen, wenn man bdsm nur rein sexuell praktiziert, dann sin die Grenzen zur Gewalt relativ leicht erkennbar.


      Sonst würd ich sagen, wenn das "Opfer" es als solches empfindet. Wenn nun von vortan misstrauen und Angst in der Beziehung herrscht, dann läuft da was nicht richtig.
      Einvernehmlichkeit muss natürlich immer da sein.


      Kommt auch drauf an obs ein einmaliges Fehlverhalten vom "Täter" war, dann kann man eventuell noch klare Grenzen setzen oder ob es immer wieder vorkommt.
      @Mirage

      Ich definiere es für mich so wie auch @Viva es formuliert hat.
      Bei mir gäbe es auch kein Grau. Da habe ich schwarz, weiß definiert.

      Welcher Dom manipuliert nicht? ;)
      Allerdings habe ich aktiv meine Einverständnis gegeben. Ich habe mich damit auseinandergesetzt wie ich meine Beziehung führen möchte, in welcher Form. Und mein Herr kann sich darauf verlassen das dieses gut überdacht ist.


      Feuerpferd schrieb:

      Ich wollte damit nur sagen, dass es manchmal so ist, dass ein Betroffener selbst nicht in der Lage ist, den Knackpunkt zu sehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es den Knackpunkt nicht gibt.
      Es sollte BDSM auf keinen Fal mit häuslicher Gewalt vergleichen oder gar in die Nähe bringen.
      Das habe ich auch nicht anders verstanden. :blumen:


      Mirage schrieb:

      Wenn es um sog. Grenzerweiterungen geht und ein Partner manipuliert den anderen, ist das dann auch Gewalt? Oder ist es automatisch einvernehmlich, wenn beide zustimmen (der eine aber vielleicht nur aus Angst, den Partner sonst zu verlieren)?
      An dem Punkt finde ich genau eine solche Grauzone, wenn es um die Abschätzung bei anderen geht.


      Ist die Manipulation einvernehmlich?

      Die Angst den Partner zu verlieren.
      Gehört es zum Vereinbarten dazu?
      Woher kommt sie?
      Sind es Erpressungsversuche von Dom?
      Oder einfach nur eine Aussage, um klar zu stellen wie er sich eine Beziehung vorstellt.
      Weiß er überhaupt von den Ängsten?

      Da sind viele Faktoren die mitspielen.
      Es gibt Beziehungen im Metakonsens.
      Es gibt Subs die unter Verlustängsten leiden.
      Und ja es gibt auch Menschen die dieses ausnutzen.

      Ich denke wichtig ist da zu schauen was wurde vereinbart.
      Ist Sub sich wirklich im klaren darüber, wo zu sie ihr Einverständnis gegeben hat.

      Was wenn Sub etwas macht, weil sie unter Verlustängsten leidet und Dom es gar nicht weiß?

      Das sind die Punkte, die von Außenstehenden in Regel nicht beantwortet werden können, höchstens hinterfragt.
      Anmerkung:
      Dies ist lediglich meine Meinung und nicht für die Allgemeinheit gültig.
      Bei der Ausübung jeglicher BDSM-Praktik steht für mich immer und absolut ohne jegliche Ausnahme der jeweilige Partner und dessen absolutes (körperliches ?) und vor Allem sein geistiges Wohlergehen im Vordergrund. Natürlich kann und wird es gerade auch hier eine sog. vorverlegte Einvernehmlichkeit geben müssen, um überhaupt eine gewisse Art von Kuschelsession jemals überschreiten zu können.

      Diese Absprache, die allerdings dann meist schon im weiten Vorfeld eines Spiels stattgefunden hat, schließt dann natürlich auch ein gewünschtes und mehr oder weniger kurzfristiges "mehr oder weniger schmerzhaftes Unwohlsein" sowie genau abgesprochene Grenzüberschreitungen mit ein. Allerdings definiert sich bei mir dann auch hier die Grenze am unmittelbaren und augenblicklichen Verhalten der Partnerin während der jeweiligen Session. Selbst wenn ich aus passiver Sichtweise eher in Richtung RACK als zu SSC tendiere, so sah ich bisher keine Veranlassung, diese Einstellung dann bei einem Rollenwechsel automatisch zu übertragen.

      Bei häuslicher Gewalt verhält es sich allerdings genau anders herum. Bei dieser Art der Gewaltanwendung wird überhaupt keine Rücksicht auf die Belange und Gefühle des Opfers genommen. Diese Art der Gewalt stellt vermutlich allein nur die augenblicklichen und eigenen Belange in den Vordergrund.

      Um es in kurzen Worten auszudrücken, sehe ich den großen Unterschied in der Einvernehmlichkeit und im eigentlichen und meist sogar unausgesprochenen Ziel des Aktiven.

      Für mich gibt es daher auch überhaupt keinen Bereich zwischen BDSM und häuslicher Gewalt, in dem das Eine aufhört und das Andere beginnt. Es werden hierbei jeweils zwei absolut unterschiedliche Zielrichtungen verfolgt und es handelt ich daher um zwei komplett getrennte Bereiche ohne jeglichen Berührungspunkt.
      ... a proper spanking doesn't really start until i wish it was over :evil:
      Häusliche Gewalt, Non-Verbal/Verbal oder Körperlich ist immer nur auf den Vorteil und oder das Durchsetzen des Machtanspruchs des Ausübenden ausgerichtet.
      Dieser Machtanspruch ist nicht vergleichbar mit einem Machtanspruch im Bdsm Kontext.

      Ich für mich Liebe die Macht die ich durch meine Gespielin geschenkt bekomme. Die sie mir ausdrücklich freiwillig jedesmal vorab gibt. Ohne diese einwilligung fange ich nichts an.

      Jede andere Machtausübung kann schon Häusliche Gewalt sein. Der ich, für mich,versuche aus dem weg zu gehen indem ich auf Gespräche oder Machtverzicht setze.

      Mfg Talon :coffee:
      :dance:
      Danke für Deine Antwort @Schwarze Rose,

      das ist genau der Punkt, bei dem ich des Öfteren Bauchschmerzen habe. Ist die Manipulation vereinbart oder wird dem anderen damit "Druck" gemacht. Der Druck muss ja gar nicht beabsichtig sein und ist so viel schwerer zu erkennen als körperliche Gewalt (Die für mich im Übrigen auch nichts mit BDSM zu tun hat). Ein Veilchen sehe ich sofort, aber die Narben auf der Seele bleiben oft lange Zeit unentdeckt. Und wie schon in einem anderen Thread geschrieben, nicht jede/r Sub hat das Selbstbewusstsein nein zu sagen oder zu gehen.

      Aber genau die Menschen, bei denen etwas schief läuft, haben zum einen eine große Außenwirkung. Denn im Zweifelsfall werden die in den Medien zitiert und nicht die Community, in der Tausende einvernehmlich und zufrieden leben. Darum finde ich - die sich als Mitglied dieser Communtiy betrachtet - dass es wichtig ist, so oft wie möglich zu betonen und vorzuleben, dass BDSM nichts mit Gewalt (physisch wie psychisch) zu tun hat.

      Und auf der anderen Seite aber auch, dass wir uns als Community nicht scheuen, genauer hinzusehen auf die "Grauzonen". Und dass wir uns bewusst sind, dass es auch die Menschen gibt, die eines besonderen Schutzes bedürfen, und dass wir genau die stärken, indem wir ihnen sagen, dass es okay ist nein zu sagen, wenn sich etwas falsch anfühlt - ohne wenn und aber. Das gehört für mich in diesem Kontext immer wieder dazu - gerade weil wir uns hier in einem Forum für Einsteiger tummeln! ;)

      Es gibt zwei Tragödien im Leben eines Menschen: Wünsche, die sich nicht erfüllen ... und Wünsche, die sich erfüllen!
      (frei nach Oscar Wilde)
      Ich bin sehrwohl der Meinung, dass es eine ziemliche Grauzone gibt. Was als Gewalt empfunden wird, ist zu einem gewissen Grad auch individuell. Es ist überhaupt manchmal sehr schwierig, häusliche Gewalt zu erkennen. Wenn der Täter (ohne Einvernehmen) zuschlägt, klar, dann ist das eindeutig. Aber:

      kitten schrieb:

      Häusliche Gewalt muss nicht einmal zwangsläufig mit körperlicher Gewalt einhergehen, mMn.
      ist keine Frage der eigenen Meinung, sondern eine Tatsache. Es gibt genug Opfer, die einfach "nur" psychisch misshandelt werden. Das Ofer ist nicht in der Lage, sich zu wehren, kann sich nicht durchsetzen. Oft aus Angst, der Partner könne es verlassen. Oft auch, weil es zu wenig Selbstbewusstsein besitzt. Wenn man genau hinschaut sieht man, dass das Opfer nicht mehr aus Liebe in der Beziehung ist, sondern es höhrig ist, emotional abhängig.
      In D/S-Beziehungen kann es allerdings auch zu einer Höhrigkeit kommen, gewollt oder nicht, und dass kann sehrwohl für beide tatsächlich erfüllend sein. Hier ist eine sehr hohe Empathie von Dom nötig. Sonst driftet es womöglich eben doch nach und nach in so etwas wie eine Gewalt-Beziehung ab.

      Wenn der Täter ("Dom") einfach durchsetzt, was er möchte, ohne viel Rücksicht auf das Opfer ("Sub") scheint das erstmal Gewalt zu sein. Wenn das Opfer nicht in der Lage ist, sich zu wehren/durchzusetzen oder der Täter einfach nicht darauf achtet, ist das wohl Gewalt. Aber was, wenn diese Taten ganz zufällig auch Sub gefallen? Ist das dann BDSM oder eben doch Gewalt?

      Die Sache mit dem Einvernehmen ist imho nämlich nicht so einfach. Man tut in einer Beziehung eben auch mal etwas oder lässt etwas über sich ergehen, das einem nicht so gefällt. Das ist auch erstmal nicht schlimm. Aber die Grenze, ab wann es denn zu viel wird, ist äußerst fließend.

      Viele Täter sind sicher auch nicht per se "böse". Ich behaupte, dass viele nicht merken, was sie ihren Opfern antun. Oft haben die Täter eben auch die eine oder andere Störung. "Psychopathie" sozusagen. Sie sehen sich selbst im Recht, das Ofer und dessen Gefühle im Unrecht.

      Häusliche Gewalt beginnt für mich dann, wenn das Opfer auf Dauer leidet. Das Opfer merkt das aber nicht unbedingt, und deswegen halte ich es für extrem wichtig, sich öfter mal zu fragen, ob man denn noch glücklich ist in einer Beziehung.

      Mögliche Anzeichen können sein:
      - Das Opfer ist unsicher, zweifelt an sich. Das Selbstbewusstsein nimmt nach und nach ab.
      - Der Täter gibt grundsätzlich dem Opfer die Schuld an allem, das Opfer nimmt die Schuld auf sich.
      - Das Opfer bekommt das Gefühl, ständig auf Eierschalen zu laufen - egal, was es tut, es scheint falsch zu sein.
      - Der Täter macht vor allem Vorwürfe, hebt die schlechten Aspekte des Opfers hervor.
      - Oft tut er das aber so subtil, dass es das Opfer kaum wahrnimmt. Beleidigungen und Kritik werden in "Späße" verpackt. Wenn das Opfer sagt, dass es sich verletzt fühlt, kommt keine Entschuldigung, sondern die Aussage, dass es nicht böse gemeint war und man sich nicht so anstellen solle.
      - Erpressungen und Drohungen sind ebenfalls ein gängiges Mittel.
      - Der Täter ist zu Anfang der Beziehung meist sehr charmant und eloquent. Er wird nicht selten als Ritter in schillernder Rüstung wahrgenommen. Erst nach einiger Zeit zeigt er sein wahres Gesicht.- Zwischendurch entschuldigt sich der Täter doch, zeigt sich reumütig und gelobt Besserung. (Meistens passiert nichts oder es ist nur von kurzer Dauer)
      - Zwischendurch ist der Täter wieder wie früher, bringt tolle Geschenke, organisiert einen wunderschönen Tag oder ähnliches.
      - Das Opfer merkt, dass es unglücklich ist, hat aber immer die Hoffnung, dass es wieder so wird wie früher.

      In einer BDSM-Beziehung ist das alles nicht. Da spüren beide den Respekt des anderen. Beide wachsen an der Beziehung. Das Selbstbewusstsein nimmt eher zu, man fühlt sich glücklich und erfüllt.

      Wer auch immer irgendwie in irgendeiner Form nicht so recht glücklich ist und "dem Partner zuliebe" vielen hinnimmt, wer sich als Sub (oder auch als Dom!) nicht "gut genug" fühlt und der Partner das (wenn auch eher auf subtilere Weise) bestätigt, dem möchte ich dringend ans Herz legen, sich einmal intensiver mit psychischer Misshandlung auseinander zu setzen. Die Seite re-empowerment (.de) stellt viel Infomaterial zur Verfügung.

      Und ja, auch Doms können Opfer von häuslicher Gewalt werden. Wenn Sub immer nörgelt und etwas auszusetzen hat, ist das genauso ein Indiz. Stichpunkt "Dom MUSS xy" und exzessives Topping-from-the-Bottom. Er muss mehr Rücksicht nehmen, er muss mehr Aufgaben stellen, er muss fester zuhauen, er muss ofter fragen, wie es mir geht, er muss dies und er muss jenes. Und wenn er nicht alles tut, was Sub will, ist er ein DummDom. Basta. - Wenn Sub diese Einstellung in einer Beziehung vermittelt und "durchprügelt", wird Sub ganz schnell zum Täter.


      Ich war selbst in einer Beziehung, die mir nicht gut tat. Von richtiger Gewalt möchte ich noch nicht sprechen, aber eine Vorstufe war es definitiv. Ich habe es erst gemerkt, nachdem er mich verlassen hat und ich selbst da noch nach seiner Pfeife getanzt bin. Bis mir andere Menschen die Augen geöffnet haben. Die Beziehung hatte zwar mit BDSM nichts zu tun. Aber ich kenne jetzt die Warnsignale und (hoffentlich) den Unterschied zwischen Hörigkeit und Liebe.
      ~*~ Menschen hören nicht auf zu spielen, weil sie alt werden, sie werden alt, weil sie aufhören zu spielen! ~*~
      (Oliver Wendell Holmes)

      Schwarze Rose schrieb:

      Solange kein Einverständnis herrscht, ist es häusliche Gewalt.
      Moin zusammen,

      damit ist alles gesagt.

      Ein NEIN oder eine fehlende Zustimmung zu einer Handlung ist für MICH gleichbedeutend mit Köperverletzung.

      Grenzen werden aus MEINER Sicht gemeinsam erweitert und nicht weil ein Teil des Teams (egal ob Dom oder Sub) es will.

      Viele Grüße
      Thunder
      Für mich gibt es da auch kein Grau sondern nur ein Schwarz/Weiß.

      Heißt: einvernehmlich ist es BDSM, ohne Einverständnis ist es (häusliche) Gewalt.

      Selbst wenn ich Tubus habe, aber mit meinem Gegenüber ausgemacht ist, dass er/sie diese unter bestimmten Voraussetzungen ignorieren darf, ist es meiner Meinung nach noch einvernehmlich.

      Wobei es auch von BDSM zu Gewalt umschlagen kann, nämlich dann, wenn das vorherige Einverständnis im Laufe des 'Spiels' deutlich zu erkennend widerrufen wurde. Wobei ich zugeben muss, dass das 'deutlich zu erkennend' nicht so einfach festzustellen ist mit Unter. Vielfach gilt ja auch bei BSSM-Beziehungen 'Nein' ist kein Safewort. Aber dabei gehe ich davon aus, dass die 'erkennbare' Form des Abbruchwunsches vorher ausgemacht ist und es somit wieder Schwarz/Weißer wird.
      @Schwarze Rose Danke für Deine Erklärungen - das hat mir wirklich den Horizont erweitert. Das meine ich völlig ernsthaft und Ironie-frei. Und ich tauche dafür sogar extra aus meinem Forums-Fasten-Urlaub auf ;)

      Mir war es tatsächlich nicht in aller Tragweite klar, dass es auch funktionierende und einvernehmliche, glückliche Partnerschaften gibt, in denen so etwas wie Manipulation und Druck ausdrücklich abgesprochen und beidseitig erwünscht sind. Man möge es mir nachsehen und ich für meinen Teil werde einfach öfters genauer nachfragen und hinsehen bevor ich in Zukunft etwas nach meinen (und damit eben manchmal den falschen) Maßstäben beurteile.

      Ich möchte in dem Zusammenhang gerne einen persönlichen Exkurs, ein Beispiel anfügen. Und zwar müssten manche Leute jetzt mich persönlich dringend retten, wenn sie ohne die Absprachen zwischen mir und meinem Mann zu kennen, am letzten Wochenende eine Kamera auf uns gehalten hätten.
      Wenn man da nicht nachgefragt hätte und nicht so genau die Körpersprache lesen kann, was hätte man da für einen Film von mir gesehen?

      Diesen: Ein Mann wiegt eine körperlich unterlegene Frau in Sicherheit und beendet einen lustigen Abend, indem er, nachdem die Hotelzimmertür hinter Ihnen schließt, damit diese Frau ohne große Vorwarnung brutal zu entkleiden und zu vergewaltigen. Punkt.
      Und wenn man jetzt noch nicht hören würde, wie ich dazu sowas wie "Oh Gott ja," gerufen hätte, sondern nur Schreien sehen würde und dann noch sieht, dass diese gebrainwashte Frau sich am nächsten Morgen auch noch leise an den Kerl anschleicht, geduldig mit Kaffee wartet und sich bedankt, was sollte man da denken?

      Es ist eben alles manchmal komplizierter in der Realität, das wollte ich damit sagen.

      Aber natürlich muss Leuten, die eben fiese, sich mit Erpressung und Drohung anschleichende Gewalt erleiden, geholfen werden.

      Mit feministischen Grüßen am Weltfrauentag
      (auch völlig ernstgemeint, bin wirklich Feministin und lass mich trotzdem gerne verhauen)
      Bei meiner Antwort benutze ich jetzt für Dom bzw. den Gewalt ausübenden Part die männliche Form und entsprechend für Sub die weibliche Form. Dies dient selbstverständlich nur der einfacheren Les-/ und Schreibbarkeit!



      Das mit der Einwilligung / Einvernehmlichkeit / Einverständnis oder wie man das auch immer nennen möchte, ist ein sehr schwieriges Thema, wie ich finde.

      Grundsätzlich dürfte allen klar sein, wenn ich etwas nicht will, gebe ich keine Einwilligung und somit ist es Gewalt und kein BDSM.

      Aber:

      Mal als kleiner Denkanstoß:

      Was ist, wenn Sub während der Session ihr Safe-Word vergisst (aus welchen Gründen auch immer), ihren entgegenstehenden Willen dennoch deutlich kundtut, Dom aber nicht darauf reagiert, weil er absprachegemäß auf das Safe-Word wartet. -Gewalt? Oder doch Körperverletzung mit Einwilligung und damit hat Sub halt Pech gehabt und sollte sich ihr Safe-Word besser merken?


      Was ist, wenn einvernehmlich ohne Safe-Word gespielt wird und Sub während der Session merkt, daß ihr das jetzt doch zu weit geht und sie abbrechen will, aber Dom dies nicht zulässt? - oder sie so gefesselt und geknebelt ist, daß sie ihren entgegenstehenden Willen überhaupt nicht mehr kommunizieren kann? - Pech gehabt? Hätte sie sich vorher überlegen sollen? oder Vergewaltigung?


      Was ist, wenn gerade eine Anfängerin gar nicht weiß, was alles auf sie zukommen kann, welche Praktiken und Techniken es alles gibt. (auch ich muss ja noch häufig genug Tante Google befragen, weil ich wieder irgendwelche Vokabeln gelesen habe, die ich nicht kenne und ich bezeichne mich nicht als Anfängerin....) Wenn Sub also gar nicht in der Lage ist, ihre Tabus zu formulieren. Kann sie überhaupt wirksam ihre Einwilligung geben in Praktiken, die sie nicht kennt?


      Bei körperlicher Gewalt ist das alles ja noch relativ einfach. A macht B Aua = körperliche Gewalt


      Was ist aber mit der psychischen Gewalt? Kann man psychische Gewalt überhaupt messen? Was ist das? Wo fängt das an? Wo hört das auf?

      Wenn Dom seine Sub oder Mann seine Frau psychisch so unter Druck setzt, daß sie ihren entgegenstehenden Willen zur Körperverletzung gar nicht kommuniziert?

      Kann eine Frau / Sub überhaupt frei entscheiden und frei ihre Einwilligung geben, wenn sie psychisch unter Druck gesetzt wird?




      Fragen über Fragen.


      Meiner Meinung nach kann es daher immer nur eine konkrete Einzelfallentscheidung sein, ob es sich in diesem einen speziellen Fall um Gewalt oder um einvernehmliches BDSM gehandelt hat.
      It´s the blackness of the night
      teaches us how to see the light