Fisch am Haken

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      Fisch am Haken

      Kein Schlaf, verzweifelte Versuche Gedanken zu ordnen.
      Was passiert gerade?
      Ich fühle mich wie ein Fisch an der Angel, der nach einer viel zu langen Zeit des Zögerns und Zweifelns eingesehen hat, dass er dem Geschmack des Wurmköders nicht entrinnen will.

      "...
      Ich will sie nie wieder hergeben, diese Versuchung, "meinen Wurm"! Seit bald einem Jahrzehnt, ist er mein geliebter Partner in diesem kleinen Weiher.
      Wir waren stets allein in unserem kleinen Teich und nachdem ich vor einem Jahr, meinen ersten Bissen von ihm tat, war die Vereinigung auf Lebenszeit aller Himmel Ziel.
      Doch verschluckte ich mich. Spuckte den Haken aus, mitsamt des Wurmes.

      Immer wieder landete der Haken neben mir im Wasser, versuchte verzweifelt mich zu binden. Kunstvolle Schwimmer zierten ihn. Glänzend und elengant tanzend auf den Wellen.
      Ich mied es ihm zu nahe zu kommen. Sagte ich könnte nicht mehr. Hätte ich doch beinahe meinen wichtigstes Komplementär, meinen liebsten Gefährten verschluckt.

      So wollte ich nicht sein. So durfte ich nicht sein! Mag mein Wurm am Haken noch so verführerisch duften. Ich darf ihn nicht lecker finden!
      Eine Schande, dass ich überhaupt diese Gefühle hege! Es mir Lust bereitet ihn anzuknabbern, seinen schlanken grazielen Körper mit Spuren zu versehen. Zu erleben, wie er sich mir hingibt. Ausliefert.

      Heute, ein halbes Jahr später, bin ich mir im Klaren, dass es nichts Schändliches gab. Wollte er es doch auch.

      Doch nun ist ein neuer Graben ausgehoben. Der Teich bekommt Zulauf, der Pegel steigt und damit die Strömung.
      Ausgehungerte prachtvolle Exemplare schwimmen nun neben mir einher und versuchen "meinen" Köder zu schlucken.

      Ich springe aus dem Wasser, höher und höher.
      Es gefällt meinem Wurm. Ich sehe es. Ich spüre es. Wer springt am weitesten, am höchsten, am elegantesten, am gekonntesten.
      Die Balz ist im vollen Gange. Urinstinkte geweckt.
      Immer wieder bresche ich hervor, meinen geliebten Wurm zu erhaschen.
      Immer wieder verfehle ich meinen geliebten Wurm. Weicht er aus.

      Aber ab und zu halte gelingt es mir für einen Augenblick. Ob der Haken dabei Wunden reißt, ist mit zunehmend egal. Ob er Spuren hinterlässt, welche ich doch lieber füge.
      ....auch das scheint meinem Wurm zu munden.
      Er kostet... von "mir"!?

      Die Lust ist endlich wieder da?! Nein?! Doch?!

      Ich bin schließlich nicht exquisit wie er.
      Mich ihm hinzugeben, klein zu sein, mir den Haken durch die Schuppen bohren zu lassen erfüllt mich nicht.
      Seine Aufmerksamkeit und Hingabe, wie er von mir kostet, mich ansieht, ist jedoch alle Scheuen wert.

      Endlich bin ich blind für diese (Möchtegern-) Edelfische - Klasse I, mit 100 Jahren Sprungerfahrung!


      Der Haken schmeckt nun zwar auch ohne Köder, doch am besten immernoch, wenn er zuvor einen Edelfisch streifte.
      So komme ich wohl doch nicht vollkommen weg vom Geschmack des Blutes.


      Mein liebster Wurm tanzt weiterhin in der Mitte unseres Teiches, während ich jubelnd meine Kreise um ihn ziehe und gelegentlich aus dem Wasser springe.
      Was wird bleiben? Mein Wurm? Der Haken? Der Hunger?