Unholys Blog

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    Kreislauf ... Regeln die nicht standhalten

    Wir bewegen uns. Stetig und unaufhörlich. Mit Lichtgeschwindigkeit durch die Zeit, von früh bis spät, von A nach B. Und dieser stetige Antrieb, dieses Wuseln, wie es wohl von weit oben betrachtet einem Armeisenhaufen gleichen würde, folgt aber doch ganz besonderen Regeln. Regeln, die wir uns selber auferlegen, Regeln, die uns gegeben werden. Aber wisst ihr, was wir nicht sind? Frei. An keinem Punkt in unserem Leben sind wir frei.... Oder vielleicht doch?

    Irgendwann mal habe ich angefangen, mich für die virtuelle Welt der BDSM Gemeinde zu interessieren, weil viele meiner „analogen“ Kontakte eingeschlafen, beziehungsweise bieder geworden sind. Was vielleicht auch nicht zuletzt nur in meinen Augen so erschien.
    Ich brauchte frischen Wind, wieder mal eine Veränderung und … ja, ich hatte mich mit einem Schicksal, welches für mich vorgesehen war, nicht anfreunden können und musste einfach endlich andere Wege einschlagen. Wege, die mir dieses dumpfe Hämmern in meinem Kopf nehmen konnten...

    Wenn man so möchte, war das wohl Neuland für mich, was da 2012 auf mich zukam. Aber vielleicht war das genau richtig, immerhin, wollte ich ja etwas Neues. Und so kam ich dann endlich an, in der Forenwelt. Übrigens habe ich dort zum ersten Mal einfach damit angefangen, zu schreiben, was mich bewegt und was mein Kopf manchmal für kranke Dinge mit mir veranstaltet. Das waren meine ersten Schritte und das Feedback war mehr als positiv, aber für mich auch sehr überraschend. Ich hatte mich niemals als Schreiber gesehen. Aber offensichtlich kann ich das.

    Ich habe mir – so blöd das erscheinen mag - ganz feste Regeln zurechtgelegt, wie ich mich online bewege und verhalte. Neben Bildern, die ich nur Menschen zukommen lassen wollte, denen ich meiner Ansicht nach vertrauen kann, gehörten auch gewisse Prinzipien dazu. So war mein oberstes Gebot, dass ich auf die Frage: „wie geht es dir?“ mit: „Danke, wie immer ausgesprochen gut“ antwortete. Das hatte auch einen Grund. Zwar keinen wirklichen cleveren, aber ich empfand es als sinnvoll, eine gewisse „sorgenfreie“ Atmosphäre zu schaffen. In persönlichen Begegnungen war das einfach, weil man sich tief in die Augen sieht und das Herz vor Erwartung anfängt zu rasen – tut es übrigens immer noch, ich bin dann manchmal richtig nervös.

    Ich habe mir vorgestellt, dass Frauen, die nach einem mehr oder weniger stressigen Tag online gehen, einfach abschalten und ihre BDSM-Seifenoper haben wollen. Und da wollten sie in meinen Augen den souveränen Mann, der ruhig, besonnen und emotional gefestigt ist.
    Ebenso war auch mein Gebot, dass jene, die mich einmal ablehnten, nie wieder eine Chance bei mir bekommen haben. Das rührte von meinem übertriebenen, grenzenlosen Stolz her. Allerdings war das nicht so eine Kiste, dass ich kein Nein akzeptiert habe. Es ging um solche Kontakte, die mich überhaupt noch gar nicht richtig kannten, mir gegenüber aber schon hochnäsig und arrogant erschienen (immerhin ist das mein Job, nicht ihrer ;) ). Einige schrieben mich dann nachher an, um mir zu erzählen, wie schön sie meinen Blog fanden und wie sehr sie sich darin wiedererkannten.

    Meine Antwort war mustertextmäßig: „Vielen Dank für Deine Nachricht. Aber uns beide verbindet absolut nichts. Bitte sieh davon ab, mir weitere Nachrichten zu schreiben. Beste Grüße...“
    Also wenn das mal nicht die Worte eines echten Kotzbrockens sind?

    Aber wißt ihr was? So ziemlich jede einzelne Regel, die ich selbst aufgestellt habe, habe ich aufgeweicht, umgangen, gebrochen oder missachtet. Wie konsequent bin ich? Was ist mit mir los? Ich meine, das ist wie bei den Gremlins. Da musst du nicht besonders helle sein: Nicht nass werden lassen, nicht nach Mitternacht füttern. Das kann sich auch jeder merken. Ich war zu dumm für meine eigenen Regeln....

    ...nein, ich war zu sehr mit dem Herzen bei der Sache, für meine eigenen Regeln. Es ist doch so: Wir sind nicht frei. Nie. Wir folgen jeden Tag Regeln, die wir gar nicht befolgen wollen. Und letzten Endes waren die Regeln, die ich mir selber auferlegte, ebenfalls ein Handlungsrahmen, den ich gar nicht haben wollte. Sein einziger Zweck war, aus mir einen Mensch zu machen, der ich gar nicht bin.

    Wie soll ich denn bitteschön frei sein, wenn ich nicht tue was ich will? Und um das festzustellen, musste ich erst Menschen kennenlernen, die mich dazu brachten, meine Regeln brechen zu wollen. Vieles ging total nach hinten los. Und an wirklich vieles denke ich schamvoll zurück. Speziell, wenn ich dabei wirklich richtig dämlich ausgesehen habe.
    Aber dieses Gefühl, einem Menschen zu begegnen, der mich auf einer so intensiven Ebene anspricht, der einfach nur meinen Kopf ausschaltet, mir den Verstand raubt, mich alle Vorsicht, alle Coolness, all meine Hochnäsigkeit vergessen lässt, ist mir so unendlich viel wert.

    Dieser Tage verfalle ich viel in alte Muster. Viele Sachen passieren automatisch. Hier, auf Arbeit, bei Freunden, bei Geschäftspartner, überall: „Wie geht es dir?“ … „Danke, wie immer ausgesprochen gut“. Aber diesmal ist es anders. Diesmal geht es nicht um das perfekte Bild, was ich von mir malen will. Nein, diesmal verschafft es mir Luft. Luft zu atmen...zu denken...zu fühlen.

    „Gefühle sind scheiße“ (Zitat Unholy November 2017). Ja, das sind sie. Aber sie bringen viel mit sich. Und jedes Mal, wenn jemand die Notbremse zieht, um dein Leben zu verlassen, nimmt er einen Teil von dir mit. Aber er hat auch so viel in dir verändert, dass du den ursprünglichen Zustand nicht mehr erkennst. Und vielleicht kommt ja eines Tages die Person, die das alles für mich beendet. Ich hoffe so sehr darauf, endlich die Augen schließen zu können und zu wissen, dass alles einen Platz, seinen Platz gefunden hat....
    …. und ich denke darüber nach, wie sehr sie mir fehlen.... immer noch.
    Hey Unholy,
    deine Worte sprechen mich sehr an.
    Auch ich habe immer so sehr mit den Regeln Anderer aber natürlich auch mit meinen eigenen, mir selbst auferlegten, gehadert.
    Es stimmt, wir sind nie wirklich frei aber das zu erkennen und sich los zu machen von Zwängen und so vielen moralischen Bedenken, ist, so wie ich denke, eine Entwicklungsstufe, die viele nicht erreichen.
    Ich habe mittlerweile weitestgehend aufgehört mich nach Regelwerken zu bewerten, mich in gut und schlecht einzuteilen, mich als gescheitert oder toll zu betrachten. Ich tue das was ich fühle, was ich liebe und ich mache mich nicht mehr abhängig von Regeln, die nie meine waren. Ich fühle mich nicht unbedingt völlig frei aber doch fühle ich mich selbst und das, was ich bin, mehr als je zuvor.
    Danke für einen Blick in deine Seele und deine Gedanken, die auch mich bewegen.
    LG Ronjara

    newbarbie schrieb:

    Wir machen immer einen Fehler: Wir investieren Gefühle, statt sie zu verschenken....
    Sich Liebe erkaufen wollen.
    Angst.

    Gefühle machen lebendig, doch sind dadurch auch unbequemer als mechanisches funktionieren.
    Doch lieber fühlen als “toller“ kalter Geist.
    Lieber heule ich, als so ein Ding zu sein, nur unmenschlicher Verstand. Aus dem kommen dann Erfindungen wie “Human Resources“, die ohne Reue töten lassen.
    Lieber einmal mehr geheult, und nicht so sein gekonnt.

    Also viel Kraft auf dem Weg, authentisch zu leben!

    sherazade schrieb:

    Spielgut schrieb:

    Sklavin Tou schrieb:

    Unholy schrieb:

    „Gefühle sind scheiße“ (Zitat Unholy November 2017.
    finde ich auch .... ;(
    Keine Gefühle aber auch. ;)
    Aber eingefrorene Gefühle tun nicht so weh :fie
    Lieber Schmerz als Gefrierbrand.

    Ich habe auch schon einige Enttäuschungen hinter mir und mich emotional zu binden ist von Mal zu Mal schwieriger. Deswegen sich aber Regel aufzustellen um eine oberflächlich gewünschte Außenwirkung zu erzielen, davon habe ich eh und je noch nie was von gehalten.
    Und die besten Beziehungen waren immer die, in der der Emotion keine Kopfgrenzen gesetzt wurden. Auch wenn der Schmerz bei der Trennung dann umso höher ist.
    Ein schöner Beitrag, Unholy. Ich lese Deine Beiträge generell gerne, muss ich sagen und fange an, den Blog zu verfolgen.
    Ich weiss, wie es ist, wenn der perfekte Partner in Dein Leben tritt.
    Ich weiss, wie sich das anfühlt, wenn man die Augen schliesst und alles, alles richtig ist.

    Aber ich weiss nicht, ob ich Dir das wünschen soll. Ich habs verloren. Nichts ist für die Ewigkeit :/ Ich war sehr lange sehr glücklich, dann bröckelte alles Stück für Stück auseinander und es hat so weh getan, das das geschieht. Ich hab gekämpft und spüre ganz genau in mir, dass ich nicht zurück kann (von mir aus) und verloren habe.
    Und weil das so fürchterlich weh tut, wünsche ich mir manchmal, ich wäre noch wie vor ihm, würde nicht wissen, wie es ist, wenn alles so wundervoll passt.
    Ich bin viel zu stark verändert worden von dieser Entwicklung, gegen meinen Willen und mein Wollen und weiss manchmal gar nicht mehr, wer ich bin und wie ich weitermachen soll.

    Das diese allzu schlimmen Tagen vorüber gehen, auf mehr kann man da wahrscheinlich nicht wirklich hoffen. Ich freu mich über die besseren Tage und stolper weiter....was willste auch machen....

    newbarbie schrieb:

    Wir machen immer einen Fehler: Wir investieren Gefühle, statt sie zu verschenken....
    Oftmals wundere ich mich eigentlich grundlos, warum ich Gefühle verschenke, sie aber nie zurückbekomme

    Spielgut schrieb:

    Deswegen sich aber Regel aufzustellen um eine oberflächlich gewünschte Außenwirkung zu erzielen, davon habe ich eh und je noch nie was von gehalten.

    ....Interessanterweise war es genau anders rum. Ich hatte erst die Regeln und habe sie dann fallen lassen. Weil ich erkennen musste, dass ich einfach nicht ich war und ich vielleicht dadurch auch einen tollen Menschen "verpasst" habe.

    Ich möchte euch danken, für eure Antworten. Mir bedeutet es wirklich viel, bei so persönlichen Themen Zuspruch, aber auch mal eure ganz eigenen Meinungen zu bekommen. Vielen Dank

    @Sklavin Tou @Spielgut @newbarbie @Ronjara @Lune @sherazade @haruna (Hoffentlich alle bedacht)

    haruna schrieb:

    Gefühle machen lebendig
    Das hast du schön gesagt :) Sag ich mal so aus den Untiefen meiner Gefriertruhe heraus.

    Unholy schrieb:

    Oftmals wundere ich mich eigentlich grundlos, warum ich Gefühle verschenke, sie aber nie zurückbekomme
    Das hingegen sehe ich eher als eine Art allgemeine Karmainvestition an. So nach dem Motto, wenn der Mensch jetzt nicht positiv antwortet, dann wird es irgendwann mal ein anderer tun, wenn ichs brauche. Und das funktioniert sogar :yes: Nicht immer auf Kommando, aber meistens dann, wenn man es am wenigsten erwartet.
    • @Unholy , danke für deine Gedanken.
    Gefühle können immer verletzt werden. Manchmal auch unabsichtlich.
    Ich bin auch vorsichtiger geworden .
    Und doch kann es passieren, dass man ein zweites Mal Glueckshormone aussenden darf und sie auch noch aufgefangen werden.
    Allerdings besteht auch die Gefahr wieder zu viel investiert zu haben.
    So what? No Risk, no fun? Blöder Spruch, ja. Aber ein wenig Wahrheit steckt mit drin :pardon:
    Wir sind alle Menschen mit Gefühlen. Wir leben.. :sofa:
    Teufelchen im Blut, Engelchen im Herzen
    und ein bisschen Wahnsinn im Kopf 8)