Wie war das eigentlich früher...?

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

      Wie war das eigentlich früher...?

      @minx hat so eine schöne Signatur, die mich, als ich sie das erste Mal gelesen habe, ziemlich zum Nachdenken gebracht hat:

      minx schrieb:

      "...und dann kommt jemand, der einem die Welt auf den Kopf stellt.
      Und man ist sprachlos, weil sie so herum besser aussieht!"

      Wie steht die Welt denn eigentlich richtig herum? Bzw. wer sagt mir eigentlich, was richtig und was falsch herum ist? Und wo ist überhaupt der feste Punkt, von dem aus meine Welt gedreht werden kann?

      Ich tue mich ja noch etwas schwer damit, meine Neigung anzunehmen. Auch wenn ich im Alltag, bei "harmlosen" Dingen, keine Probleme damit habe, vom Mainstream abzuweichen, holen mich doch gerade bei so einem Grenzthema wie BDSM schon immer wieder die gesellschaftlichen Normen ein.
      Und ja, ich gebe es zu, ich lasse mich in dieser Hinsicht beeindrucken von der breiten Masse, auch vom ICD-10 und von der Tatsache, dass einvernehmliches BDSM nicht in jedem Land so legal ausgelebt werden kann wie in Deutschland.

      Umso erleichternder fand ich es nach meinem inneren Outing festzustellen, dass es doch so viele Gleichgesinnte gibt. Da war ich auf einmal nicht mehr so alleine wie ein Marsmännchen auf diesem Planeten, auf dem alle anders zu ticken schienen als ich. Anscheinend steht die Welt so herum doch gar nicht so falsch.
      Aber wäre ich im Internet nicht zufällig auf den Begriff BDSM gestoßen, ich würde immer noch an mir zweifeln.

      Deshalb würde es mich mal interessieren, wie es denjenigen von euch ergangen ist, die ihre Neigung schon vor dem Zeitalter des Internets entdeckt und ausgelebt haben, und denen auch keine sonstigen Informations- oder Kontaktquellen zur Verfügung standen. Die es ausgelebt haben, ohne den Begriff BDSM überhaupt zu kennen. Für die es, abgesehen von ihrem Partner, keine Gleichgesinnten gab.

      Wie war das für euch? Habt ihr auch so an euch gezweifelt? Wart ihr da auch von einem ständigen Schamgefühl begleitet? Kamt ihr euch auch so vor wie kleine grüne Marsmännchen für die die Welt irgendwie völlig verkehrt herum steht?

      Oder war das alles ganz natürlich für euch? Konntet ihr eure Neigung annehmen ohne schlechtes Gewissen und wusstet genau, dass das, was ihr tut, für euch genau richtig ist?
      "There must be something else, there must be something good, far away" (Chris Cornell)
      Klasse Idee, dein Thread @Vinterbarn :thumbup:
      1973/74 hab ich meine Neigung entdeckt - da war ich 15 oder 16. Internet? Gleichgesinnte? Bücher mit BDSM Inhalten? Pustekuchen - zu der Zeit war das noch reine Utopie, ich kam mir tatsächlich vor wie das von dir beschrieben grüne Marsmännchen, das ganz allein und auf sich gestellt mit diesen Hammergefühlen klarkommen musste, ganz zu schweigen von der Pubertät, die natürlich auch mein Leben völlig auf den Kopf gestellt hatte...
      "Die üste hat die freie Wahl,
      wählt sie ein W, dann bleibt sie kahl,
      wählt sie ein K, dann wird sie nass,
      die freie Wahl macht keinen Spaß!" (Robert Gernhardt)
      ...wählt sie ein Br, macht sie MIR Spaß!!! (Carmantus) ;)
      als ich mit 18, knapp 2 Jahre lang mit meiner großen Flamme fast alles ausprobieren konnte gab es bereits das Internet, aber es steckte noch in den Kinderschuhen. Nach aussen hin haben wir nichts durchblicken lassen.
      Wir redeten viel über unsere Sexualität genossen das Experimentieren und gingen an unsere damaligen Grenzen. Wir gaben unseren Experimenten keinen Namen, denn es war gut wie es war.
      Gezweifelt habe ich nie an mir oder das es mir gefällt. Nur nach aussen hin hatte ich einen Zwiespalt der bis heute hin anhält.
      Mit der Gesellschaft oder Freunden öffentlich und unbefangen darüber reden? Nein. Das will ich nicht.
      Das wissen, hier unter Gleichgesinnten zu sein lässt mich völlig frei Schreiben und austauschen.

      Du siehst, Du bist nicht allein ;)

      MfG Talon
      :dance:
      Wie war das früher? Von mir eine sehr einfache Antwort, Scheisse war es!

      Ich kann leider nicht verlinken, kein digital Native, also wiederhole ich mich mal.

      Ich war Mitte 20, privat ohne Zugang zu Internet, und die Beziehung mit dem Freund wandelte sich zu klassischen Bdsm, der Freund wurde vom zum Herren, ich seine Sklavin. ausschließlich vom Herrn aus getrieben. Ich fand es einerseits sehr geil, und je weiter es ging, vom Kopf her unmöglich. Studiert, ehrgeizige Jungberaterin, Emanze (auch heute noch) und in der Beziehung Sklavin - konnte ich nicht zusammenbringen.

      Es gab ein abonniertes Heftchen zum Thema, Bücher, ich habe mit einer Freundin, mit meiner Schwester über den Kink gesprochen. Aber Austausch, wie heute hier völlig selbstverständlich, den hatte ich nicht. Ich wusste nicht mal, dass es eine Szene damals schon gab. (Siehe link old school)

      als wir nur noch Sex mit bdsm Element hatten habe ich Schluss gemacht, es wurde mir zu „pervers“..

      Heute habe ich nur noch innerhalb meiner spielbeziehung Sex, und natürlich nur noch „perversen“ Sex und kann jede einzelne Minute genießen.

      Mein Leben wäre anders verlaufen mit Internet schon damals. Ich hätte meine Neigung zwanzig Jahre früher akzeptieren und ausleben können. Wahrscheinlich einen anderen Mann geheiratet oder auch gar nicht..
      (Ob das besser gewesen wäre, will ich aber damit nicht implizieren!!)

      Vinterbarn schrieb:

      Wie war das für euch?
      Hallo,

      als ich im Alter von 14 Jahren gelesen habe, dass meine Gefühlslage als BDSM bezeichnet wird und als seelische Störung gilt war ich in etwa der Meinung dass derjenige der angeblich die Dinge aller lenkt, sofern es ihn gibt ein böswilliger Witzbold sein müsse der mein Leben komplizierter gemacht hat.

      Es folgten Jahre mit schriftlichen Kontakten, Kleinanzeigen und daraus folgend Belästigung durch Telefonterroristen.
      Hin und wieder auch schöne Begegnungen.

      Der mangelnde Austausch mit anderen erhöhte die Wahrscheinlichkeit von narzisstischen Verblendungen und damit das Risiko von Unfällen die alle Probleme noch verschärfen konnten.

      Mit einem Wort, es war unschön.

      Horst
      Früher ? Na ja... :/ unschön... dennoch möchte ich nicht allzu sehr damit hadern.
      Diese Zeit gehört ja auch zu mir, und hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute sein kann und darf.
      Frei nach dem Motto... man verliert nie! Entweder man gewinnt oder man lernt.
      Das erste Schlüsselerlebnis in Richtung BDSM war in der Jugend.
      Cliquen-Aktivitäten... beim Raufen wurde ich mal aus Versehen gebissen... und das gefiel mir auch noch :pillepalle: :D
      oder beim Cowboy und Indianer spielen (im Kindes- und Jugendalter! :D )
      Habe mich immer gerne fesseln lassen, aber nur von demjenigen, der auch nachher dafür Sorge trug, das ich wieder befreit wurde. :D
      Habe damals mit niemanden darüber gesprochen, weil es sich für mich sehr, sehr komisch anfühlte.

      Der erste, dem ich ansatzweise meine Fantasien erzählte, war mein erster fester Freund. Und zu meiner Überraschung hatte er ähnliche und passende Fantasien.
      Das ganze entwickelte sich allerdings mit der Zeit in eine unschöne Richtung.

      Kein Internet, kein Austausch, so gut wie keine Möglichkeit, sich zu informieren... das waren u. a. Faktoren, die es mir erschwerten, mich und meine Neigung zu akzeptieren.
      Ja, früher! Heute bin ich einfach glücklich, so leben zu dürfen, wie es mir und meiner Seele gut tut... und das auch noch zusammen mit einem Partner, der mich und meine Seele manchmal besser kennt,
      als mir lieb ist :D :evil: :love:
      Für mich gab es kein „früher „
      Ich hatte keine Möglichkeiten mich mit BDSM auseinander zusetzten , die einschlägigen Lokale waren mir suspekt - ich traute mich nicht .
      Konnte mich nur an der Literatur aufrichten . Auch die zumeist auf dem Index .
      In meinem Dunstkreis sprach man über Sex aber immer nur über freie gleichberechtigte Liebe in diesem Kontext war niemand zugänglich für ein Machtgefälle und die zögernd enthüllten Phantasien über Spanking und kleiner Überwältigung wurden von meinem Umfeld ignoriert .
      Erst durch das Internet waren meine Möglichkeiten eröffnet , mein Horizont erweitert .
      Wir leben alle unter dem selben Himmel , aber nicht mit dem gleichen Horizont

      Vinterbarn schrieb:

      Deshalb würde es mich mal interessieren, wie es denjenigen von euch ergangen ist, die ihre Neigung schon vor dem Zeitalter des Internets entdeckt und ausgelebt haben, und denen auch keine sonstigen Informations- oder Kontaktquellen zur Verfügung standen. Die es ausgelebt haben, ohne den Begriff BDSM überhaupt zu kennen. Für die es, abgesehen von ihrem Partner, keine Gleichgesinnten gab.

      Wie war das für euch? Habt ihr auch so an euch gezweifelt? Wart ihr da auch von einem ständigen Schamgefühl begleitet? Kamt ihr euch auch so vor wie kleine grüne Marsmännchen für die die Welt irgendwie völlig verkehrt herum steht?

      Oder war das alles ganz natürlich für euch? Konntet ihr eure Neigung annehmen ohne schlechtes Gewissen und wusstet genau, dass das, was ihr tut, für euch genau richtig ist?
      Ich habe meine Neigung, seit ich so 9/10 Jahre alt war. Das erste Erlebnis in der Richtung muss ich daher 1975/76 gehabt haben (Gott... ist das lange her!).
      Internet gab es damals nicht einmal ansatzweise.
      Ich wusste nur genau, dass es nicht richtig war, was ich tat. Nicht "normal".
      Später, so mit 17 (also um 1983/84) lebte ich mein BDSM allein im angeschlossenen Kinderzimmer aus, voller Angst, entdeckt zu werden. Mit BDSM brachte ich das damals noch nicht einmal in Verbindung. BDSM verband ich damals mit schmuddeligen Örtlichkeiten in Rotlichtvierteln, in denen Menschen in nuttigen Lederoutfits bis aufs Blut auspeitschen oder ausgepeitscht werden. Und obwohl mich das damals irgendwie auch reizte, hätte ich das nie mit mir in Verbindung gebracht. Fand meine Neigung und mich selbst viel zu harmlos und spießig und langweilig.
      Dennoch achtete ich immer darauf, dass ja niemand bemerkte, was mich wirklich erregte. Denn die Scham war viel zu groß.
      Mit einem Partner das ausleben? Völlig undenkbar!
      Denn dafür hätte ich diesem davon ja etwas erzählen müssen.
      So lebte ich die Neigung durch das Anschauen bestimmter Szenen in bestimmten Filmen aus, durch seltene Momente der Selbstbefrieigung, durch Lesen bestimmter (eigentlich harmloser) Bücher.
      An richtig einschlägige Literatur wagte ich mich erst sehr, sehr spät.

      Das Internet war wirklich das Beste, das mir passieren konnte. Denn nach und nach (das Ganze war im Grunde eine schrittweise Entwicklung) lernte ich, freier zu werden und mich dazu zu bekennen, was und wie ich bin. Am Ende des Wegs bin ich aber noch nicht angekommen. ;)
      "Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu gewinnen" Sigmund Freud
      Ja das stimmt, es gab einmal eine Zeit, da gab es noch kein Internet. Also schrieb ich einen handgeschriebenen Brief an eine Postfach-Adresse. Das war etwa Mitte der 90er Jahre. Es war die einzige Möglichkeit, mit der Mannheimer SM-Gruppe in Kontakt zu treten. Das Glück, über eine Partnerin BDSM ausleben zu können hatte ich leider nicht.

      Bei der Gruppe gab es einen Gesprächskreis und sog. 'Spielenachmittage'. Mein Gott, war das aufregend...

      Feuerpferd schrieb:

      Ich habe meine Neigung, seit ich so 9/10 Jahre alt war ... (Gott... ist das lange her!).
      Ich wusste nur genau, dass es nicht richtig war, was ich tat. Nicht "normal".
      Auch ich kenne diese geheimen Wünsche schon seit ich 10 oder 12 bin, und begann schon vor der Pubertät z.B. mit Selbstfesselungen. Den Gedanken, dass das irgendwie "nicht normal" war, hatte ich damals auch, aber gleichzeitig fühle es sich in meinem tiefsten Inneren echt und richtig und gut an. Ich erinnere mich auch heute noch ganz genau an dieses positive innere Gefühl :!:

      Dass ich nicht alleine "nicht normal" war, erfuhr ich erst, als ich das erste mal mit 18 in einem Sex-Shop war.
      (Für mich bedeutet "nicht normal" einfach nur 'anders' zu sein, völligwertfrei.)
      Ja wie war das bei mir ? Ich hatte mit 19 mein Schlüsselerlebnis mit einem Ex Freund mit dem ich meine erste längere Beziehung hatte ... er hielt mir einmal, eher unbewusst, meine Hände wärend dem Sex ziemlich fest über meinem Kopf zusammen und das kickte mich in dem Moment enorm, leider hatte ich nie die Gelegenheit mit ihm darüber zu sprechen, denn am gleichen Tag wanderte er noch in den Knast.
      Damals gab es noch kein Internet, ich wusste weder etwas über BDSM noch wusste ich das Erlebte irgendwie einzuordnen ... ich begrub es nach diesem Erlebnis in mir, dachte "was stimmt denn mit dir nicht ?"

      Es dauerte viele Jahre bis ich in einem Netzwerk immer wieder über die Buchstaben BDSM stolperte und meine Neugierde trieb mich da mal ein bisschen zu recherchieren ... ich war erstmal gelinde gesagt schockiert, alles Perverse, krank - aber dennoch ließ mich das nicht mehr los. Ich wusste da ist etwas in mir, aber es stimmte nicht mit meinen Werten überein und deshalb verstehe ich auch genau was du meinst @Vinterbarn ... ich konnte das auch sehr lange nicht zulassen.

      Irgendwann war der Drang so groß, dass ich mich auf die ersten (virtuellen) Versuche einließ und ich merkte sehr schnell, dass es genau das war was ich in meinem Leben vermisste, aber bis ich ganz loslassen konnte war es trotzdem noch ein langer Weg, mein Kopf und meine Sturheit standen mir immer wieder im Weg ... erst in meiner jetzigen Beziehung kann ich wirklich vertrauen und mich richtig fallen lassen.

      Ob mich BDSM mein Leben lang begleiten wird kann ich nicht sagen, aber momentan kann ich mir ein Leben ohne nicht vorstellen ... ich gehe völlig in der Rolle als Sub für meinen Herrn auf und ja, ich liebe es "anders" zu sein :love: und habe mittlerweile auch keinerlei Probleme mehr damit voll und ganz zu meiner Neigung zu stehen
      Du siehst die Welt nicht wie sie ist, Du siehst die Welt so wie Du bist
      Erstmal vielen Dank für die interessante Frage, weil auch dazu ist es ja ganz interessant zu sehen, dass ich nicht alleine bin. Also, dass das so ist, habe ich gewusst, aber wie es für andere ist, nicht. Deshalb werde ich hier auch mein Schärflein beisteuern, selbst wenn ich mir dabei ein bisschen vorkomme wie Käptn Blaubär, der den Enkeln Lügengeschichten von der Seefahrt erzählt, so untergegangen ist diese Welt, in der das spielt. Es sind ja nicht nur BDSM-Foren, die etwas verändert haben, nahezu alles gesellschaftliche Miteinander ist irgendwie anders geworden. Und vieles, was öffentlicher geworden ist, ist dafür im persönlichen Leben, vereinzelter geworden. Je mehr Kommunikationskanäle, desto weniger Kommunikation. Aber andererseits scheint sich das ja auch gerade zu bereinigen, und vielleicht konzentrieren wir uns ja wieder auf die Wege der Sprache, die wichtig sind. (Z.B. Foren wie dieses, neben dem wirklichen Interesse an den Menschen, die uns begegnen).
      Ich habe keine Ahnung, wie das mit BDSM damals war, ganz sicher gab es auch Kreise, und einige meiner Vorredner haben ja auch davon erzählt, aber ich habe mich da nicht engagiert und hätte auch gar nicht gewusst, wie und wo suchen. Irgendwann zwischen 12 und 14 habe ich meine ersten Phantasien entwickelt, und die waren von Anfang an eindeutig. Das fand ich schon befremdlich, aber es hat mir gar nicht so viel ausgemacht, nicht in dem Sinne, dass ich mich krank gefühlt hätte oder und unberechtigt. Das lag vielleicht auch am Freundeskreis, ich hatte ein paar Freunde, mit denen ich realtiv offen über Sex reden konnte (oder unsere Ideen, die wir davon hatten). Niemand davon war an Sadomasochismus (so hiess das damals, und man hat im Lexikon wirklich noch nachgeschaut nach De Sade und Masoch) interessiert, ausser einem, und wir haben uns die Neigungen geschildert. Das war mit 16 oder so. Einmal haben wir als pickelige Teenager einen Porno-Abend gemacht (VHS-Filme von der Videothek 4 Orte weiter ausgeliehen, von einem, der schon 18 war), da haben sich alle kaputtgelacht bei einer Szene, wo der Typ der Dame den Hintern versohlt hat. Ich saß ganz still da und hab die Ohren rot werden gefühlt.
      Schon früher habe ich allerdings auch Bestätigung durch ein Buch gefunden, dass ich im Bücherschrank meiner Eltern gefunden habe, das war "Die Geschichte der O", das gab es damals im Buchclub. Das Werk hat mich natürlich erschreckt und verstört, aber es hat mich auch beruhigt, weil wenn eine Frau das geschrieben hat, ist es nicht feindlich gegen Frauen. Das war tatsächlich die schlimmste Sorge und drängendste Frage, warum ich Frauen so sehr verachte. Durch Pauline Reage ist mir früh klar geworden,dass es keine Verachtung ist, sondern eine - allerdings unerklärliche - Lust. Immerhin.
      In meinem echten Liebesleben hat es je nach Partnerin und meinem jeweiligen Mut manchmal eine Rolle gespielt, manchmal nicht. Aber es hat mich nie verlassen. und irgendwann bin ich dann auf die Schlagzeiten gestoßen, das war ein wirklich tolles Hochglanz-Magazin und da standen dann auch schon Adressen und Stammtische und so weiter drin. Aber ich glaube, das war noch in der vor-Internet-Zeit. Vielleicht auch nur für mich.
      Für mein privates Liebesleben war es gar nicht so anders, weil diese Themen mussten, wenn es ernst war, angesprochen werden, und das ist auch heute noch so. Und meist war es so, dass sich eine Verwandtschaft oder eine Schnittmenge gezeigt hat. Gemeinsamkeiten, manchmal mehr, manchmal weniger. Beziehungen von Dauer gab es nur, wenn die Gemeinsamkeiten wirklich dauerhaft da waren. Und das ist auch heute noch so, und ich habe über das Internet noch keine Sub gefunden. Dennoch die Möglichkeit des Austauschs - hier zum Beispiel - ist wunderbar. Und im Haupthaus suche ich auch, weil, was noch nie war, kann ja werden.
      Allerdings nervt mich, dass Dinge, die mir sehr privat und heilig sind, dadurch, dass es Allgemeingut wird, sich so verdünnt und eben gemein wird, dass es dadurch verdirbt. All die halbgaren Phantasien von Stinos, die sich in RTL2 und B-Movies breitmachen, sind einfach lästig und eklig. Andererseits: was tuts schon ausser ein bisschen nerven. Damals - und darüber bin ich froh - gab es diese Art Verallgemeinerung nicht und das hat mir ermöglicht, meine Phantasien viel eigener und selbständiger zu entwickeln, und die waren auch bedeutend absonderlicher und seltsamer, aber eben auch viel persönlicher und innerlicher, als ich sie vermutlich jetzt entwickeln würde. Jedenfalls scheint mir, dass ich schon auch durch die vielen Bilder (selbst die großartigen, kunstvollen und außergewöhnlichen) einfach durch die Menge und Verfügbarkeit mehr eingeschränkt als bereichert wurde.
      It's a sad and beautiful world.