Die Dame in Blau - eine gefundene Geschichte

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      Die Dame in Blau - eine gefundene Geschichte

      [IMG:http://www10.pic-upload.de/thumb/20.01.13/u89xxa82a7h9.jpg]


      Bei einen meiner Bibliotheksankäufen habe ich dieses Aquarell gefunden, die wunderschöne Frau in Blau. Das Bild hängt heute bei mir im Flur. Herzzerreissend finde ich die Nachricht auf der Rückseite des Bildes:

      Um 0.30 war ich in der Rügent-
      klause - um 1.00 Uhr hier
      Nichts - ich hasse Dich
      ______________________________

      aber der Schlüssel bleibt im
      Blumentopf - für Dich


      Ich liebe solche Trouvalien, die Geschichten erzählen können.
      Da kommt mir spontan in den Sinn, dass eine von unseren Geschichtenschreiberinnen und Geschichtenschreiber hier, ja daraus eine Story machen könnte.
      Aus etwas wahrem eine Fortsetzung der Gedanken und das dann als Geschichte in Form zu bringen, das würde ich sehr schön finden.
      Vielleicht mag ja jemand sich an solches zu wagen..... :rolleyes:
      Allem kann ich widerstehen, nur der Versuchung nicht (Oscar Wilde)
      Das ist eine schöne Idee, ist ja auch ein schönes Bild und ein liebvoll-wütender Text :)

      Normalerweise werden vorgegebene Texte illustriert, aber es gibt auch Beispiele in der Literatur wo zuerst die Bilder vorlagen. Zum Beispiel existiert ein Buch mit Bildern des Surrealsten René Magritte, oder der Klassiker des Urpornos Pietro Aretino zu den erotischen Kupferstichen von Marcantonio Raimondi, unter dem Titel "I Modi" erschienen.

      Die Dame in Blau

      Ein kühles Blondes noch und dann gehe ich nach Hause. Der Barmann wird gerufen. Ich bestelle mein Bier und langsam füllt sich das Glas. Meine Gedanken wandern ein wenig zurück. Man, war das eine Woche gewesen. Montagmorgen, als ich die Augen aufschlug und die Sonne mich in der Nase kitzelte, entsprang sie mir. Ein Idee, die mein Herzblatt gefallen könnte. Schnell sprang ich aus dem Bett und stürmte zum Rechner. Google aufgemacht und in die Suchmaske „Künstler Aktmalerei“ eingegeben. Die Suche rattert los und ich warte gespannt. Man, denke ich mir, ich sollte echt mal eine schnellere Verbindung mir beschaffen. Das Surren des Rechners verstärkt noch meine Ungeduld. Dann, endlich stehen die Angebote da. Stück für Stück klicke ich jeden Namen an der mir angezeigt wird. Fast am Ende sehe ich einen Namen, der mir sofort gefällt. Sophia Fantasie. Schnell drücke ich die Maustaste. Die Seite baut sich langsam auf. Eine Frau in vollendeter Position lacht mich an und zeigt ihre wahre Schönheit. Ich bin begeistert. Die Kontaktdaten sind schnell ausfindig gemacht und ich greife nach meinem Telefon.

      Eine verschlafene weibliche Stimme sagt: „Hallo.“ Ich bin erfreut und glücklich, da ich sofort jemand erreiche. Ich sage: „Oh, Entschuldigung bin ich mit Sophia Fantasie verbunden?“ „Ja sind sie, was wollen sie, es ist noch so früh am Morgen.“ Kommt etwas geknirscht am anderen Ende. „Oh wenn ich störe melde ich mich ein andermal.“ „ Nein, nein es ist ok, was kann ich für sie tun?“. „Ich bin heute Morgen aufgewacht und hatte eine Idee. Ich will mein Herzblatt verewigen lassen und Sie sollen es malen.“ Stille am Telefon. „Es soll aber in einer Pose sein, die ich zu sehr anregend finde und will es ihr gern schenken.“ „Ok, bis wann soll es denn sein?“ „Nun ich bin ein sehr spontaner Mensch. Wenn ich eine Idee habe, soll diese meist schnell entstehen.“ Ich hoffe jetzt kommt nicht, das ich zu vorschnell bin, will ich doch dieses Geschenk, so schnell wie möglich heben. Nach ewig währenden Sekunden kommt: „Ja, es ist möglich. Wann kann sie vorbei kommen?“ Ich denke nach, wenn ich sie bei ihr als Modell sitzen soll, dann ist die Überraschung hin. Ich meine: „Ich würde gern vorbeikommen und ihnen sagen, wie ich sie sehe und anhand meiner Worte soll sie zu Papier gebracht werden.“ Wieder schweigen am anderen Ende. Bitte, denke ich nur, bitte mach mit, ich will es doch einfach nur. „Gut, wann wollen Sie vorbei kommen?“ Mein Herz macht einen Sprung. Schnell erwidere ich: „Sobald Sie Zeit haben.“ Ich höre ein Rascheln am Hörer, oh denke ich mir, das klingt nach einer Bettdecke, jetzt habe ich sie wirklich noch im Bett überrascht. Dann meint sie: „Wie wär es mit heute Nachmittag, so gegen drei?“ Ich aufgeregt: „Ja, das ist wunderbar.“ „Sie wissen wo Sie mich finden können?“ In meiner Aufregung hätte ich es fast vergessen. Ich verlegen: „Nein.“ „Ich wohne in der Schuhmannstraße 13 und da im Hinterhof ist mein Atelier.“ Vor Freude und Überschwang presse ich laut heraus: „Danke und bis heute Nachmittag.“ In der Leitung knackst es und Stille ist. Mein Herz ist voller Freude und ich kann kaum erwarten, dass die Zeit vergeht.

      Die Bahn genommen und in heller Aufregung beinahe die Haltestelle verpasst, stürme ich fast auf mein Ziel zu. Der Hauseingang ist etwas verfallen und ich denke mir, ja hier können nur Künstler sich wohlfühlen. Den Klingelknopf betätigt und der Türsummer lässt mich nach wenigen Sekunden ein. Ich trete in den Hausflur und alte Stuckwände schielen auf mich nieder. Als ich zur Treppe gehen will, kommt sie mir schon entgegen. In Latzhosen bekleidet und diese mit vielen Farbklecksern verschönert. Ja, denke ich mir, das ist die richtige. Ein freundliches Gesicht und die Augen verbürgen eine Tiefe, so wie es diese Menschen immer in sich haben. Ich reiche meine Hand und sage: „Hallo.“ Sie nimmt sie und lächelt mich weiter an. Dann deutet sie mir an, ihr zu folgen. Wir durchschreiten den Hausflur und kommen in den Hinterhof. Eine kleine Hütte, fast verfallen, ist unser Ziel. Ich gehe einfach ihr hinterher. Die Tür öffnet sich und der Raum der mich nun anschaut, ist genauso wie ich es mir vorgestellt habe. Überall angefangene Bilder und alles ist etwas schmuddelig. Doch eine Gemütlichkeit kommt in großen Wellen zu mir. Schnell und ohne zu fragen nehme ich mir einen Hocker und setze mich. Sophia geht zur nächsten Sitzmöglichkeit und erzählt etwas, wie sie ihre Arbeit verrichtet und welche Inspirationen sie braucht, um etwas zu schaffen. Dann kommen wir schnell zu der Sache, die ich will. Ich beginne mein Herzblatt zu beschreiben. Schon mit den ersten Worten holt sie ein Blatt Papier und beginnt eine Skizze zu malen. Mit jeden Wort, was ich von mir fallen lasse, wird das Blatt immer voller. Ich rede und rede und beschreibe so wunderbar, was mein Herzblatt alles für mich ist und in welchen Farben ich sie sehe. Nach zwei Stunden, in denen ich mir den Mund trocken geredet habe, stehe ich auf und will etwas verschnaufen. Sophia schaut mich an und meint: „ Ich glaube, ich habe alles für ein Bild.“ Ich schaue etwas verdutzt, war ich doch noch längst nicht fertig in meinen Ausuferungen. Doch sie würgt mich ab und mit einer Handbewegung von ihr, weiß ich, dass ich entlassen bin. Ich fliege fast aus der Tür und meinen nach Hause Weg. Der Gedanke, was dabei herauskommt, lässt mich einfach nur in Spannung versetzen.

      Die Tage der Woche vergehen und ich kann mich kaum zügeln. Will ich doch langsam etwas wissen, wie das Bild ist und wann ich es holen kann. Ich muss mich auch bei meinem Herzblatt sehr zurück nehmen, um nichts zu verraten. Gestern Abend hätte ich es fast getan, da schaut sie mich mit ihren großen Augen an und ich höre schon die Frage. Doch zum Glück klingelt es an der Tür und wir bekommen Besuch.
      Es ist Freitag. Das Telefon klingelt und ich hechte fast, dass ich es in die Hände bekomme. Es ist Sophia. Ich soll vorbeikommen, es wäre fertig. Schnell die Klamotten angezogen, die Schuhe fast vergessen, renne ich schnell noch einmal zurück. Aber jetzt zur Bahn und los zum Atelier. Vollkommen außer Puste stehe ich davor. Die Tür wird geöffnet und ihr liebes Gesicht schaut mich freudig an. Ich trete ein und ich sehe es. In Vollster Schönheit sehe ich mein Herzblatt und es konnte gar nicht besser getroffen wurden sein. In Blau. Ich bin so glücklich, hatte ich ja erwähnt das blau ihre Lieblingsfarbe ist. Ich bin so voller Glück, dass ich Sophia in die Arme nehme. Sie lacht und meint, ich solle doch ruhiger werden. Jetzt betrachte ich in mit vollem Eifer das Bild genau. Ja, es wird ihr gefallen, das weiß ich genau. Wir packen das Bild ein und ich gehe zufrieden wieder den Weg nach Hause.

      Jetzt heißt es warten. Mein Herzblatt ist heute weggefahren, um eine Freundin zu besuchen. Von daher habe ich noch den ganzen Tag vor mir zu warten. Ich bin so unruhig und kann mich kaum in Bann halten. Keine sinnvolle Aufgabe fällt mir ein und deshalb gehe ich noch etwas spazieren. Im Park angelangt, komme ich etwas zur Ruhe, da ich die grünen Bäume sehe und wie die Kinder zwanglos spielen. Ich setze mich auf einen Bank und fange an mit lesen. Dabei vergeht die Zeit zwar langsam, aber sie vergeht. Am Abend denke ich mir, ach eins, zwei Bier kann ich ja noch trinken gehen und suche unsere Lieblingsbar auf. Da es Freitag ist, sind viele bekannte Gesichter da und ich kann mir die Zeit gut vertreiben. Doch dennoch bin ich im Innern aufgewühlt, was wird sie sagen, wird es ihr überhaupt gefallen? So jetzt noch ein Bier und los geht es. Ich hoffe sie ist langsam wieder zurück. Ich komme in meine Straße und schau hoch zu dem Fenster meiner Wohnung. Noch kein Licht. Ich bin etwas sauer. Wollte ich sie doch noch zu Gesicht bekommen und ihr meine Überraschung zeigen. Missmutig steige ich die Treppen empor. Ich schließe die Türe auf und die gähnende Stille empfängt mich. Der Sessel lädt mich ein zum Hinsetzen und ich beginne zu warten. Die Uhr tickt und ich sehe, mit welcher Zähigkeit der große Zeiger sich bewegt. Die Uhr zeigt eins. Jetzt bin ich wirklich sauer und wütend. Ich würde das Bild am liebsten kaputt machen. Die Verpackung abgerissen und kurz bevor ich los wüten will, besinne ich mich. Ich drehe das Bild auf die Rückseite. Ein Stift liegt zufällig auf dem Tisch. „Um 0:30 war ich in der Rügentklause“ Ich merke, dass mein Blut echt in Wallung kommt und schreibe weiter. „um 1:00 hier - Nichts“. Dann denke ich nicht nach und schreibe gedankenlos „ich hasse Dich“. Ich feuere den Stift weg. Jetzt habe ich das schöne Geschenk versaut, ich bin am Boden. Ich lehne mich in meinen Sessel zurück und fange an mit schluchzen. Der Stift wiederholend, denke ich es dennoch gut zu machen und ich schreibe noch darauf „aber der Schlüssel bleibt im Blumentopf – für Dich“. Ich nehme das Bild und stelle es vor die Tür. Dann bewege ich mich zum Bett, aufgewühlt mit allen Emotionen die ich habe und das letzte Bild in meinem Kopf bevor ich einschlafe, ist dieses wunderbare, von mir beschriebene und jetzt auf Leinwand gebannte Herzblatt.

      EpisodE (31021012)

      Eine andere Geschichte

      Epi, deine Geschichte ist toll, nun kann ich nicht widerstehen es auch zu versuchen.


      Frustriert schaute ich mich um. Guckte auch keiner? Schnell schlüpfte ich aus dem großen Saal in den kleinen Hinterhof. Diese Feier nervte. Natürlich gönnte ich meiner Schwester diese Hochzeit und das Glück mit ihrem Ehemann, aber musste ich mich dazu so in Schale werfen? Das Kleid kratzte, ständig verrutschten die Träger und meine Strümpfe waren eher haltlos als halterlos.
      Murrend stellte ich einen Fuß auf den nächsten Blumenkübel, raffte meine Röcke und zog meine Strümpfe zurecht. Diese blöden Weiber mit ihren Minderwertigkeitskomplexen. Ständig nörgelten sie, sie hätten dort zu viel und dort, dabei hatten sie Figuren wie aus der Modezeitschrift. Wenn die schon zuviel hatten, was hatte ich dann? Ich spürte Tränen in meine Augen steigen. Nein, das fehlte mir noch, auf keinen Fall durfte ich jetzt heulen.
      Ein Schatten viel auf den Boden vor mir.
      Langsam hob ich den Kopf und zuckte innerlich zusammen. Er stand vor mir und lächelte mich an. Als ich am Mittag seinen Namen auf der Platzkarte neben mir gesehen hatte, wollte ich meine Schwester am liebsten umbringen. Sie konnte einfach nicht begreifen, dass mich dieser Mann kaputt machen würde, wenn ich ihn ließe. "Was machst du hier draußen?" Diese Augen, diese Stimme, die Dominanz die dieser Mann an den Tag legte waren schier überwältigend. Ein Teil von mir wollte sich ihm hingeben, sich erneut von ihm einfangen lassen, doch eine verzweifelte Stimme in mir schrie: "Nein, tu das nicht. Auf keinen Fall. Niemals wieder." Schnippisch antwortete ich ihm: "Ich tanze can can. Sieht man das nicht?" Er lachte. Oh dieses Lachen, diese tiefe, sonore Stimme, die einem bis ins Mark fährt. "Lass uns rein gehen und dort tanzen."
      Energisch schüttelte ich den Kopf. "Ich möchte nicht mit dir tanzen." Ich nahm den Fuß vom Blumenkübel und sortierte meine Röcke. "Ich denke, ich werde in mein Hotelzimmer gehen. Es war ein langer Abend." Blitzschnell packte er meinen Arm und drehte mich zu sich um. "Geh nicht einfach so. Lass uns darüber reden." Das gab mir die Gelegenheit mich in die Wut zu flüchten. "Reden willst du? Worüber? Ich habe dir nichts mehr zu sagen." Ich riss mich los und eilte davon, doch ich hörte noch wie er mir nach rief: "Wir treffen uns morgen in der Rügentklause. Wir müssen reden."
      Blödes Alphatiergehabe. Warum glaubte er eigentlich immer noch, ich würde ihm gehorchen?
      Am nächsten Abend war mir klar warum. Ich wollte ihm gehorchen. Wie ein eingesperrtes Tier lief ich die ganze Nacht in meinem Zimmer auf und ab. Dieser Mann trieb mich in den Wahnsinn. Immer schon. Was glaubte er denn wer er ist?
      Als der Morgen kam und die aufgehende Sonne erste, rot goldene Strahlen in mein Zimmer schickte hielt ich es nicht mehr aus. Ich zog mich an und ging hinaus in den Hof in der Hoffnung noch in Ruhe die kühle Morgenluft genießen zu können bevor die anderen Hotelgäste erwachten und das Haus mit Leben füllten.
      Wie versteinert blieb ich stehen, als ich das Bild sah, dass auf dem Blumenkübel stand. Das war ich - und auch wieder nicht. Die Frau auf dem Bild war schön, wunderschön. Vorsichtig hob ich das Bild hoch und betrachtete es genauer. Keine Signatur, aber etwas schimmerte durch, als die Morgensonnen auf die Rückseite trafen.
      Ich drehte das Bild um und las:

      Um 0.30 war ich in der Rügent-
      klause - um 1.00 Uhr hier
      Nichts - ich hasse Dich

      Erleichtert atmete ich auf. Endlich würde die Qual ein Ende haben. Endlich würde ich von ihm los kommen. Doch dann fiel mein Blick auf den Zusatz und mein Herz begann wie wild zu schlagen.

      aber der Schlüssel bleibt im
      Blumentopf - für Dich

      Dort lag er, auf der schwarzen Erde, und glitzerte verführerisch im Schein der aufgehenden Sonne.

      ENDE

      Dieser Beitrag wurde bereits 8 mal editiert, zuletzt von Kathynca ()

      und noch eine Geschichte

      Die Dame in Blau

      Endlich Urlaub! Ich bin grad ein paar Stunden hier und merke schon, wie gut mir das tut. Wir haben Mai. Das ist noch keine Hauptsaison. Und so ist hier auf Juist auch noch nicht so viel los. Obwohl das eigentlich eine Insel für die ältere Generation ist und die Rentner ja immer Zeit haben.
      Der Himmel ist leicht hellblau mit ein paar Wolken. Es riecht nach Meer. Es weht ein ganz leichter Wind. Es ist noch kein T-Shirt Wetter. Ich muss schon noch einen langärmeligen Pulli und Jeans tragen. Mein blaues Baumwolltuch um meinen Hals gewickelt, eine leichte Fleecejacke und strapazierfähige Schuhe zum Wandern und fertig ist das Urlaubsoutfit. Einfach nur bequem. So muss es sein, im Urlaub!
      Ich trinke einen Milchkaffee und sitze dabei auf einem Stuhl unter freiem Himmel. Das erste Mal in diesem Jahr. Und schaue mir die Menschen an, die so vorüber gehen.
      Viel Straßenverkehr gibt es hier nicht, auf Juist fahren keine Autos. Wenn man hier weitere Strecken zurück legen muss, benutzt man entweder ein Fahrrad oder eine Pferdekutsche. Also alles ziemlich gemütlich hier.
      Mein Kaffee ist ausgetrunken, daher mach ich mich auf den Weg, die Gegend zu erkunden.
      Auf der „Hauptstraße“ gibt es natürlich ziemlich viele Touristenläden mit dem bekannten Tüdelkram. Muscheln, Schmuck, Ansichtskarten, Reiseführer, Bücher, sowas halt. Klamottenläden. Eine kleine Postfiliale. In einer Nebenstraße gibt es tatsächlich auch einen Lebensmitteldiscounter.
      Und daneben ein kleiner, ziemlich unscheinbarer Laden. Im Schaufenster liegt alter Silberschmuck, Bleikristallschalen, alte Weingläser, Spiegel mit dickem vergoldeten Rahmen. Im Inneren sieht man viele Bücher.

      Aber für heute habe ich genug, morgen ist auch noch ein Tag. Mein Magen knurrt nämlich. Ich gehe in Richtung Hotel und freue mich schon auf mein Abendessen. Labskaus mit Spiegelei, kräftiges Roggenbrot, Gewürzgurke und Rote Beete wird es geben. Und es ist tatsächlich sehr lecker. Als ich aufgegessen habe, sind langsam alle Tische besetzt und bevor sich noch jemand zu mir setzen kann, verkrümel ich mich mal lieber auf mein Zimmer.
      In meinen Koffer gehören auch immer Bücher. Mal sehen, worauf ich Lust habe. Vorher noch unter die Dusche hüpfen und unbedingt das Gesicht eincremen. Das bißchen Sonne und meine Haut hat schon einen rötlichen Ton und fühlt sich ganz gespannt an.
      Ich schlafe mit Dan Brown’s „Symbol“ auf dem Bauch ein und schlafe tatsächlich die ganze Nacht durch. Wie erholsam! Endlich mal wieder durchgeschlafen.

      Ok, aufstehen ist angesagt. Das Frühstück wartet schließlich auf mich. Außerdem muss ich doch heute unbedingt den kleinen Laden besuchen. Bin schon ganz neugierig.
      Den Weg finde ich ganz leicht wieder, es ist auch geöffnet und ich gehe hinein. Eine alte Dame sitzt hinter einem kleinen Tresen und strickt. Sie begrüßt mich mit einem freundlichen Lächeln. Ich schaue mich ganz in Ruhe um. Ich mag sehr gerne Silberschmuck, vorzugsweise Ohrringe, und dann auch noch lange Hängerchen. Gerade bei altem Schmuck nicht so ganz oft zu finden. Leider ist für mich nicht das Passende dabei.
      Aber da steht auf einem alten Stuhl, an die Rückenlehne angelehnt, ein Bild. Ich mag es sofort. Es ist nämlich ziemlich viel Blau drauf zu sehen. Die Dame in Blau. Das ist doch genau das richtige Bild für mein Bastelzimmer. Passt vom Farbton wunderbar dazu. Ich klemme mir das Bild unter den Arm und bezahle es bei der alten Dame. Sie wickelt mir das Bild noch in Papier ein und steckt es in eine Tüte. Und während ich darauf warte, beobachte ich einen Mann im Laden, wie auch er sich alles ganz genüsslich anschaut.
      Ich freue mich über meine Errungenschaft und verlasse zufrieden den Laden und suche mir ein Kaffee, um mir mal wieder einen Milchkaffee zu gönnen. Plötzlich höre ich eine Stimme, die mich fragt, ob an meinem Tisch noch Platz wäre. Ich denke mir so:“Wieso ausgerechnet mein Tisch? Hier gibt es doch noch ganz viele leere Stühle an anderen freien Tischen.“
      Ich schau ihn an und erkenne ihn wieder. Der war doch auch gerade in dem kleinen Laden. Hm, der Typ von Mann, der mir Ärger machen wird.
      Aber natürlich bin ich ein freundlicher Mensch und lade ihn mit einer Geste ein, auf dem freien Stuhl Platz zu nehmen. Da mir grad irgendwie meine Sprache abhanden gekommen ist, sage ich mal lieber nichts. Wahrscheinlich würde sonst eh nur ein Krächzen aus meiner Kehle kommen. Seine Stimme aber hat einen schönen sonoren Klang.
      Er bestellt sich einen schlichten Kaffee. Seine Bewegungen, seine Körperhaltung wie er auf dem Stuhl sitzt, seine Ausstrahlung, all das spricht mich an und macht mich unruhig. Ich sollte gehen, solange ich noch kann. Ich will doch einfach nur Urlaub machen und habe überhaupt keine Lust auf komplizierte Herzensangelegenheiten. Und ich weiß es ganz genau, diese Sorte Mann hat die Gabe, genau das mit mir anzustellen.
      Aber natürlich gehe ich nicht und warte einfach mal ab, was ihn denn an meinen Tisch verschlagen hat. Unvermittelt sagt er mir, dass ich mir genau das Bild gekauft hätte, welches er auch gerne erworben hätte. Oohwei. Was soll ich darauf sagen? Ich beschließe kein Bedauern zu heucheln. Ich erzähle ihm, dass es halt, wegen der blauen Farbe, sehr schön in mein Bastelzimmer passt. (Wie gut, meine Stimme ist auch wieder da). Er fragt mich, ob er es mir trotzdem abkaufen dürfte. Ich kann ihn einfach nur angucken und mit dem Kopf schütteln. Er nickt leicht mit dem Kopf, schaut mir ernst in die Augen und meint:“ Sowas habe ich mir schon gedacht!“ Da ist es wieder… es wird Ärger geben, ich weiß es einfach.

      Da wir beide unseren Kaffee ausgetrunken haben, fragt er mich, ob er mich begleiten darf. Ich versuche ganz ruhig zu sagen, dass ich hier keine Begleitung benötige und ich allein zu meinem Hotel gehen könne. Ich stehe auf, nehme mein Bild und gehe in Richtung Hotel. Als hätte ich keine Ablehnung ausgesprochen, bleibt er an meiner Seite, nimmt meinen freien Arm und hält ihn fest. Bevor ich noch irgendetwas sagen kann oder meinen Arm wieder befreien kann, flüstert er in mein Ohr:“ Ob es dir gefällt oder nicht, ich begleite dich!“
      Achja, natürlich. Hatte ich schon erwähnt, dass der Kerl Ärger machen wird? Ich verdrehe die Augen und versuche mir darüber klar zu werden, wie ich nun reagieren soll.

      Im Hotel angekommen, noch bevor ich überhaupt etwas sagen kann, dirigiert er mich zum Empfang und weist mich an, mein Bild beim Portier abzugehen. Ohne meinen Arm los zu lassen führt er mich ins Restaurant, rückt mir einen Stuhl zurecht und mit sanftem Druck befördert er mich genau darauf. Nachdem auch er Platz genommen hat, bestellt er für uns gebackene Forelle mit Salzkartoffeln und Buttersauce. Dazu gibt es einen gemischten Salat.
      Ab und zu will ich widersprechen oder auch aufstehen, aber er schaut mich nur an und schon sind mir alle Argumente entfallen und ich setzte mich einfach wieder hin.
      Dem Essen kann ich heute leider gar nicht die gebührende Aufmerksamkeit zollen, obwohl es hervorragend ist.

      Was soll ich bloß machen?
      (Da wurde ich doch tatsächlich angemeckert, dass meine Antwort zu lang ist :miffy: )

      Hier also der Rest:

      Er erzählt mir von sich. Dass er Andreas heißt, 49 Jahre alt ist und hier auf der Insel wohnt. Seine Stimme beruhigt mich etwas. Er fragt nach mir, meinem Namen, wo ich herkomme und schließlich fragt er auch, was es denn nun eigentlich mit diesem Bastelzimmer auf sich hat. Dabei schmunzelt er und seine Augen leuchten.
      Also erzähle ich ihm von meinem Haus. Ein Haus, das ich mit meinem Mann zusammen gekauft habe. Er wird wieder ernst. Ich erzähle von meiner Familie. Mein Sohn ist inzwischen ausgezogen und ich bin Witwe seit 2 Jahren. Und so bewohne ich das ganze Haus nun allein. Ich habe mir ein Zimmer nur zum Basteln eingerichtet und das natürlich in meiner Lieblingsfarbe, nämlich in blau. Tja, und deshalb passt dieses Bild einfach wunderbar dort hinein. Bei dieser Gelegenheit tauschen wir auch unsere Adressen aus.
      Wir unterhalten uns angeregt über alles Mögliche. Es macht Spaß mit ihm zu schnacken.
      Plötzlich merke ich, wie geschafft ich bin. Es ist anstrengend, meine Seele und mein Herz auf Abwehr zu stellen. Mein ganzer Körper ist angespannt. Jeder Muskel verkrampft sich, angefangen beim Kiefer über die Schultern bis zu den Beinen.
      Ich brauche dringend ein bißchen Ruhe.
      Ich will mich von ihm verabschieden, aber wie könnte es anders sein? Er will davon nichts hören und schlägt vor, dass ich mich auf seiner Terrasse in einen Liegestuhl mit einer warmen Decke schlafen lege. Und dieser Vorschlag lässt auch keinen Widerspruch zu. Wir nehmen eine Kutsche, obwohl der Weg wohl nicht weit ist.
      Sein Haus ist ein schönes altes Fachwerkhaus. Ich muss grinsen, als ich mir den Eingangsbereich so ansehe. Ein paar Stufen führen zur Haustür hinauf. Und auf den Stufen stehen verschiedene Sorten von Blumen, sogar ein Margeritenbäumchen. Genau wie auf meiner Treppe zu Hause.
      Ich werde auf die Terrasse geleitet und darf mich in einen Liegestuhl legen. Bekomme noch eine Decke und dabei fallen mir schon die Augen zu. Ich höre das Meer, das Haus muss ziemlich nah am Strand stehen, und ich merke noch, wie die Decke um mich rum festgesteckt wird. Und schon bin ich eingeschlafen.
      Nach guten 2 Stunden werde ich wieder wach. Während ich so ganz langsam wieder an die Oberfläche dämmere, sehe ich Andreas vor meinem inneren Auge, höre seine Stimme. Ich muss mir selber einfach eingestehen, dass dieser Mann mich sehr anspricht. Dass ich mich in seiner Gegenwart wohl fühle. Ich mag dies Bestimmende, was er so an den Tag legt. Muss ich denn unbedingt mein Gehirn zermartern, was ich will und was ich nicht will? Oder darf ich einfach mal genießen? Ohne mir groß Gedanken zu machen, welche Folgen das haben kann?
      Meine Augen mag ich allerdings noch gar nicht aufmachen, weil ich mich dann dem Augenblick stellen muss. Ich weiß, er steht da und schaut nach mir. „Willkommen zurück!“ höre ich ihn sagen. Die Realität hat mich wieder.
      Ich bedanke mich artig und frage nach dem Bad.
      Nachdem ich mich frisch gemacht habe, bekomme ich eine Hausführung. Es ist ziemlich klein, aber für eine Person ist es ausreichend und ich muss sagen, er hat es sehr schön eingerichtet. Natürlich wird mir auch der Platz gezeigt, an dem „unser“ Bild hängen sollte. Ich werde ein bißchen traurig, denn es würde mir hier auch gut gefallen.
      Nachdem die kleine Führung beendet ist, machen wir uns auf und gehen spazieren. Es ist grad Ebbe und so nutzen wir den Meeresboden. Der Sand ist fest, da kann man prima drauf gehen. In der Ferne sehe ich ein einsames Haus stehen.
      Dort scheint unser Ziel zu liegen. Als wir näher kommen, sehe ich, dass dies Haus schon sehr alt ist. Über der Eingangstür steht „van't harten willkoumen inner Rügentklause“. Wir treten ein. Es ist schön warm hier drinnen. Denn so am Abend, die Sonne geht grad unter, ist es doch schon etwas kühl.
      Deshalb bestellen wir uns heißen Kakao. Auch jetzt unterhalten wir uns sehr gut. Ich muss ihm auch unbedingt erzählen, warum ich so grinsen musste, als ich seine Haustür gesehen habe. Und dabei stellen wir beide fest, dass wir nicht nur den gleichen Geschmack in Sachen Deko auf unserer Treppe haben, sondern, dass wir auch den gleichen Ort zum Schlüssel verstecken nutzen. Nämlich einen Blumentopf, in dem noch ein weiterer steht. So liegt der Schlüssel dort drinnen, ohne völlig verdreckt zu sein. Wir schwimmen halt einfach auf einer Wellenlänge.
      Es wird sehr spät. Daher bestellen wir uns wieder eine Kutsche und fahren gleich bis zu meinem Hotel. Er steigt zuerst aus, reicht mir seine Hand und ist mir behilflich beim Aussteigen. Er lässt meine Hand nicht los, seine andere Hand greift leicht in meine Haare am Nacken und ich bekomme einen Kuss auf die Wange gehaucht. Er verabschiedet sich, wünscht mir eine gute Nacht und steigt wieder in die Kutsche und fährt in die Nacht.
      Weg ist er und lässt mich mit meinem Kribbeln im Bauch zurück. Ich wiederhole mich, ich weiß, aber dieser Mann …! Ihr wisst schon!
      Mein Weg führt mich zum Empfang, um mein Bild dort abzuholen und dann in mein Zimmer. Ich stelle mich unter die Dusche und genieße das Prasseln des Wassers auf meiner Haut.
      Nun muss ich dann doch nachdenken. Ach, verflixte Kiste, was war das nun heute? Werde ich ihn wiedersehen? Will ich das? Soll ich mir das wirklich wünschen? Will er mich denn wiedersehen? Oder hat er einfach bloß Interesse an dem Bild? Mit all diesen Gedanken und einem schönen unruhigem Gefühl im Bauch schlafe ich ein.
      Erstaunlicherweise habe ich auch in dieser Nacht gut geschlafen. Und einen Hunger habe ich! Also, raus aus dem Bett und frühstücken gehen. Als ich am Empfang vorbei komme, sagt mir der Portier, dass er eine Nachricht für mich hätte.

      Sie ist von ihm! Er hätte heute den ganzen Tag in Aurich zu tun. In Aurich? Da ist mein zu Hause. Hm. Er schreibt, seine Firma hat dort ihren Heimatsitz. Achso! Ich sollte wohl besser zu Ende lesen. „Lesen heißt lösen!“ sagt meine beste Freundin immer. Er bedankt sich für die Gesellschaft am gestrigen Tag und schreibt, dass es ihm viel Spaß gemacht hat. Er möchte mich heute wieder sehen. Um 0:30 Uhr in der alten Klause. Keine Bitte, nein nein, natürlich nicht! Naja, würde ich ihm widersprechen wollen?
      Also gut, einen Tag zum Ausruhen, ganz für mich allein. Auf der einen Seite, genieße ich das sehr, aber auf der anderen…
      Aber ich nutze den Tag, leihe mir ein Rad aus und erkunde die Insel.
      Wieder im Hotel, ziehe ich mich in mein Zimmer zurück. Vorher bitte ich allerdings den Portier, mich um 23:00 Uhr zu wecken und mir eine Kutsche für 23:30 Uhr zu bestellen. Denn, wie ich mich so kenne, werde ich mich gleich in mein Bett kuscheln und einschlafen.
      Um 23:00 Uhr macht mich der Portier wach. Ich bin also tatsächlich eingeschlafen. Ganz in Ruhe stehe ich auf, vertrödel ein bißchen Zeit im Bad und ziehe mir dann etwas Warmes an. So um Viertel vor zwölf mache ich mich, mit dem Bild unterm Arm, auf den Weg. Ich bin viel zu früh. Aber auf diese Weise kann ich mich noch auf ihn einstellen. Und mir außerdem überlegen, warum ich nun eigentlich das Bild mitgenommen habe. Ich bestelle mir wieder eine heiße Schokolade und warte. Ich habe den Kutscher gebeten, auch zu warten. Inzwischen ist es 24:45 Uhr. Kein Andreas weit und breit. Also steige ich wieder in die Kutsche und lasse mich zu seinem Haus fahren.
      Ich weiß ja, wo der Schlüssel liegt. Gehe ins Haus und schaue, ob er vielleicht hier ist. Aber nein, nichts von ihm zu sehen. Was nun?
      Er hat mich versetzt. Mistkerl. Und dabei hatte ich doch schon gedacht …
      Je länger ich darüber nachdenke, je wütender werde ich. Ich gehe also zurück zur Kutsche, schnappe mir das Bild und stelle es auf den Fußboden, unter die Stelle, an dem es hängen sollte. Und will schon wieder gehen. Und weil ich so sauer bin, hole ich mir einen Stift und schreibe hinten

      Um 0.30 war ich in der Rügent-
      klause - um 1.00 Uhr hier
      Nichts - ich hasse Dich


      auf das Bild. Und als es da steht, denke ich mir:“ Uuuuh. Das ist doch wohl ein bißchen viel!“

      Dies
      ______________________________

      aber der Schlüssel bleibt im
      Blumentopf - für Dich


      schreibe ich dann noch darunter.

      Und nun will ich lieber gehen, bevor ich noch mehr schreibe. Also lass ich einfach alles stehen und liegen, lege den Schlüssel wieder an seinen Platz und bitte den Kutscher, mich zum Hotel zu fahren.
      Und? Ich hatte Recht, aber sowas von. Er macht mir Ärger, ich wusste es!

      Inzwischen bin ich gar nicht mehr richtig sauer, sondern mache mir eher Sorgen. Ob ihm wohl etwas passiert ist?
      Wieder zurück in meinem Zimmer, lege ich mich ins Bett und schlafe auch irgendwann ein …


      Rosalie

      PS: Ob es weitergeht und wie, bleibt euch überlassen
      Als sie fertig ist mit dem hastig geheimnissvolle Dinge murmeln drückt sie die Stopp Taste des Rekorders und spult das Band auf Anfang zurück. Sie lässt es elegant in den Gepolsterten Umschlag plumpsen und verklebt diesen.
      Mantel an und ab in den Schnee.
      Im wild lauten Getümmel des Möbelhauses sieht sie sich verstohlen um, bevor sie die Schublade der weißlackierten Pressspahn Kommode aufreisst und den Umschlag hineinlegt.
      Das Kichern dass ihr entfährt nimmt sie selbst garnicht wahr aber sie freut sich und stapft als nächstes weiter in ihr Lieblingscafe. Bei der heissen Schokolade malt sie sich aus wie ihre Botschaften den bei dem möglichen Finder ankommen. "Nicht im Dunkeln Zähne putzen sonst stirbt der Nachbar in 2b! Du weißt doch wie es ist. Er kann es alles hören! Aber es ist doch nicht so schlimm. Wir werden es dir nicht übel nehmen! Schön, die Mundhygiene ist dann doch vertretbar auch bei Schatten noch!" Ob das dann doch nicht zu hart war? Jetzt schämt sie sich. Wenn das auf fruchtbaren Paranoiaboden fällt. Der Schluck süßen warmen Getränkes bleibt ihr fast im Halse stecken. Was, wenn sie in ein paar Tagen in der Zeitung lesen muss, dass ein offenbar geistig verwirrter Mensch scheinbar grundlos seinen Nachbar umgebracht? Sie trinkt eilig aus und rast stapfend zurück zum Möbelhaus. Von weitem schon sieht sie die Schublade steht offen. Sie schleicht sich an und starrt hinein. LEER!
      Ungläubig sieht sie sich erst ncoheinmal um dann öffnet sie jedoch die anderen Schubladen und siehe da, in der untersten der Umschlag! Sie setzt sich erleichtert in den neben der Kommode in einem fiktiven Schlafraum dekorierten Sessel. Sie öffnet ihn aber darin: Ein Aquarell mit Dame in blau und hintendrauf der Text:
      Um 0.30 war ich in der Rügent-
      klause - um 1.00 Uhr hier
      Nichts - ich hasse Dich
      aber der Schlüssel bleibt im
      Blumentopf - für Dich

      Ihr Herz trifft ein Schlag und sie drückt den Umschlag an sich. Jedes Wort hat sie verstanden! Sie zieht die Winterstiefel aus und legt sich in Familie Musterwohnens Bett. Fein schlummert sie bis sich die Bettkante senkt und sie blinzelnd sieht wie er sich die Kopfhörer seines Walkmans von den Ohren zieht als er sich setzt. "Schön deine Stimme zu hören!"
      Ein gegenseitiges Honigkuchenpferdegrinsen.
      Liebe unter Gleichgesinnten. Hand in Hand brechen sie auf um Liebesbriefe in Manteltaschen zu verstecken. Amelie du Diebin. Ich hatte schon vor dir niedliche Verrücktheiten zu meinem Handwerk gemacht.
      Ich muss auch sagen, ich bin beeindruckt und wenn ich ehrlich bin, auch sehr berührt von den Geschichten um dieses Bild. Derartige Dinge begegnen mir immer wieder, Spuren von Menschen, deren Schicksale oft in Vergessenheit geraten, wenn nicht irgendein Mensch sie beachtet und sich Gedanken macht. So geht es mir täglich, wenn ich Manuskripte, Autographen oder Zettelchen finde, bishin zu Bildern, selbst von großen Künstlern. Ein solches Frauenporträt, ein Aquarell habe ich. Von Bruno Krauskopf aus dem Jahre 1926. Wenn Ihr wollt, dann stelle ich gerne dieses Bild ins Forum mit einigen Details um die vermutlich dargestellte Frau und das Schicksal des Künstlers. Die Details habe ich von einer alten Dame erfahren, die Tochters eines Schriftstellers, sie wohnte als Kind gleich nebenan von Bruno Krauskopf in Berlin.

      Stoff für weitere Geschichten.

      Ich habe mir übrigens Eure Geschichten ausgedruckt und auf der Rückseite der Dame in Blau aufgehoben :)

      Ja bitte, stelle doch das Bild mitsamt den Details hier ein.

      Ich finde es auch sehr spannend, was alles durch nur scheinbar einfaches und belangloses wie ein schlichtes Bild ausgelöst wird und wie es mich und auch die anderen bewegt.
      Und welche kleinen wunderbaren Geschichten und in Bildhafte Worte gefassten Gedanken so zustande kommen. :)
      Allem kann ich widerstehen, nur der Versuchung nicht (Oscar Wilde)