Warum gibt es in Deutschland eher wenig gutes Infomaterial zu den nicht so ganz gängigen BDSM Spielarten?

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      Warum gibt es in Deutschland eher wenig gutes Infomaterial zu den nicht so ganz gängigen BDSM Spielarten?

      Immer wieder stolpere ich darüber, dass Leute sich lieber auf amerikanischen Seiten informieren, wenn es um Spielarten des BDSM geht die nicht ganz so im Fokus stehen. Egal ob nun Little/CG, Petplay, Military, usw. oftmals scheint es im englischsprachigen Raum weitaus besseres Material zu geben. Vor 20 Jahren gab es auch proportional mehr internationale Projekte (z.B. die Frequent Asked Questions der Newsgruppe alt.sex.bondage) die international gearbeitet hat und deren Ergebnisse in verschiedenen Sprachen ins Netz gelangten oder deutsche Seiten übersetzten ihre Texte, damit sie auch in den USA und GB lesbar waren (Datenschlagübersetzungen)

      Der deutschsprachige Raum hat 97 Millionen Einwohner, USA und Kanada 335 Millionen.

      Woran denkt ihr liegt es, dass sich so viele BDSMler bei der Infosuche gerade zu spezielleren Themen eher auf englischsprachiges Material verlassen?

      Ist es allein weil der Faktor rund 1:3 bei der Bevölkerung ist (mit weiteren Ländern wie GB, usw noch höher)?
      Hilft die andere Sprache dabei einen gewissen Abstand zu der Sache zu halten?
      Weil Fetlife die Szene dort besser vernetzt als es unser Platzhirsch im deutschsprachigen Raum tut?
      Weil unsere Gesetze (Jugendschutz, Telemediengesetz) Hürden für die Bereitstellung solcher Informationen aufstellen?
      Weil die amerikanische Szene nicht nur Amerika sondern einen Großteil der westlichen Welt bedient (auch wenn man ihnen vorwirft so prüde zu sein)?
      Warum wird gutes Infomaterial eher selten übersetzt (wie es zum Beispiel beim Bondagehandbuch geschehen ist)?
      "Es ist gleich willkürlich, ob man den Leuten sagt: ihr sollt nicht frei, oder: ihr sollt und müsst gerade auf diese und keine andere Weise frei sein." Joseph von Eichendorff
      Hallo,

      da gibt es wohl so viele Antworten wie Fragen.

      1. Deutschland scheint mir nicht so das Land der Privatinitiativen zu sein. Es scheint mir kein Zufall zu sein, dass die von den Schwulen erarbeiteten Gedanken, die schließlich ihren Weg zu den Hetero BDSMlern fanden zuerst von Amerikanern formuliert wurden.

      2. In Deutschland sprechen viele Englisch, BDSM ist etwas, dass aus verschiedenen Gründen zunächst einmal tendenziell Reflektion und Bildung voraussetzt. Dazu gehören auch Sprachkenntnisse. Warum das Rad neu erfinden wenn bereits alles da ist?

      3. BDSM Material herzustellen ist in Deutschland meiner Ansicht nach tatsächlich gefährlicher als in Amerika. In den USA ist das Land pluralistischer. Was in einem Bundesstaat erlaubt ist, kann in einem anderen verboten sein. Man kann sich den Bundesstaat mit der größten Liberalität heraussuchen.

      4. Amerika hat eine größere Tradition von Unterhaltungsprodukten aller Art. In Deutschland hat man den Eindruck dass Unterhaltung dumm und Anspruch langweilig ist.

      Horst
      Ich denke das es nach wie vor in der Gesellschaft keine Akzeptanz gibt, das es Bdsm gibt, obwohl es auch hier weit verbreitet ist.
      Nach wie vor ist es auch ein Tabu Thema. Es ist grotesk, weil die Erotikindustrie einer der Umsatz besten Industrien überhaupt ist. Doch im Gegensatz zu beispielsweise der Atomindustrie, der Chemie oder Autoindustrie ist der Lobbyismus vergleichsweise sehr klein. Daher ist es auch für die Medien hier weniger lukrativ entsprechende Artikel zu produzieren und vertreiben.
      Dann ist da ja auch noch der Jugendschutz. Bei den Verlagen ist bekannt, das die Bundesprüfstelle sehr schnell und streng die Dinge aus dem Verkehr zieht.
      Da verschwindet auch mal ein komplettes Album einer Band wie Rammstein nur weil ein Wort den Prüfen nicht gefällt.
      Ich denke auch das auf biegen und brechen auf deutsche Sprache verzichtet werden soll und das englische bzw speziell das amerikanische Englisch gehyped wird.
      Hinzu kommt doch auch, die Übersetzer Branche hat Konkurrenz wie Google oder Babelfish, die in Sekunden ganze Texte übersetzen. Nicht immer korrekt aber schneller und günstiger.
      Warum soll noch jemand im Verlag für teuer Geld, was übersetzen.

      Gentledom schrieb:

      Ist es allein weil der Faktor rund 1:3 bei der Bevölkerung ist (mit weiteren Ländern wie GB, usw noch höher)?
      Neben den zusätzlichen englischsprachigen Ländern kommen eben noch Leute aller Herren Länder dazu, die "auch" englisch können. Selbst wenn sich im deutschen eine Übersetzung noch lohnen würde. Auf Schwedisch, Flämisch, Polnisch usw. wird es keine geben. Also reden die auch alle englisch und damit vervielfacht sich die Masse englischer Leser und Schreiber.

      Gentledom schrieb:

      Hilft die andere Sprache dabei einen gewissen Abstand zu der Sache zu halten?
      Schon die ersten Sachbücher, die ich mir kaufte waren englisch. Mir wären deutsche lieber gewesen, aber die Exemplare auf dem Markt erfüllten meine Wünsche nicht.
      Den zusätzlichen Abstand seh ich weniger, wobei die fremde Sprache teilweise deutlicher machen kann, dass es sich um ein Wort außerhalb des normalen Sprachgebrauchs handelt, das vielleicht schon. Aber das seh ich eher im Bereich der Außenwirkung als relevant an, nicht für mein eigenes Empfinden.

      Gentledom schrieb:

      Weil Fetlife die Szene dort besser vernetzt als es unser Platzhirsch im deutschsprachigen Raum tut?
      Das es an Fetlife liegt glaub ich jetzt weniger. Die deutschen Gruppen dort sind ja auch alle tot. Ich denk, wenn man schon dort ist und nach seiner Nische sucht, dann will man auch mit den Leuten reden, die wirklich das selbe suchen und denken und nicht nur ansatzweise ähnlich.

      Gentledom schrieb:

      Weil unsere Gesetze (Jugendschutz, Telemediengesetz) Hürden für die Bereitstellung solcher Informationen aufstellen?
      Sind unsere gesetzlichen Regelungen nicht sogar lockerer? Oder nur, was das Ausleben betrifft?

      Gentledom schrieb:

      Weil die amerikanische Szene nicht nur Amerika sondern einen Großteil der westlichen Welt bedient (auch wenn man ihnen vorwirft so prüde zu sein)?
      ich glaub es ist gar nicht so sehr eine amerikanische Szene als eine Internationale.

      Gentledom schrieb:

      Warum wird gutes Infomaterial eher selten übersetzt (wie es zum Beispiel beim Bondagehandbuch geschehen ist)?
      Naja, ich hab mir das mal für ein paar Texte überlegt. Aber ich darf sie hier nicht zitieren, also hab ich ein Copyrightproblem. Daher hab ich es gelassen. Vielleicht also doch eine Frage der unterschiedlichen Jugendschutzregeln.
      Bei Büchern und ähnlichem denk ich, ist der Markt einfach zu klein.
      Wie viele deutschsprachige Exemplare von Power Circus (einem Buch über die Kombination von Poly und D/s) wird man wohl verkaufen können?

      Gentledom schrieb:

      Little/CG
      Weil ich das jetzt öfter bei dir gelesen hab, muss ich da mal was zu sagen:
      Caregiver/little wurde ja als Genderneutrale Version von DaddyDom/littlegirl eingeführt. Der Begriff hat also ursprünglich noch ganz in alter D/s-Manier den Dom zuerst genannt. Auch wenn es ein paar exotische dominante Little und devote Caregiver zu geben scheint, macht es mMn schon auch weiter Sinn, den Caregiver zuerst zu nennen und das little im Anschluss. Wie bei Master/slave, Dom/sub, Owner/pet usw. eben auch. :)
      Ich bin zwar Prinzessin, aber mein Dom/Caregiver ist mein König. ;)
      Ich würde auch nicht Großbritannien ausschließen und es nur auf Amerika beziehen. Von Bekanntschaften aus dem Internet von dort habe ich erfahren, dass die Szene auf der Insel doch recht hübsch sei... Konkrete Quantitative Vergleiche habe ich natürlich nicht.

      Ansonsten bin ich wohl bei @JamieLyn .
      Englisch können in den Ländern, in denen Internet verbreitet ist, viele sprechen und schreiben. Und wenn an der Gestaltung von Informationen mehr Menschen beteiligt sind, steigt oft die Qualität der Informationen (bzw. gibt es mehr Informationen übnerhaupt und unter der Annahme, dass die relative Häufigkeit der guten konstant ist, gibt es auch absolut mehr gute. Diese setzen sich zum Glück auch meist durch)

      Das ist doch nicht nur im Bereich BDSM so. Man ändere bei einer beliebigen Seite auf Wikipedia (die nicht zu speziell ist) die Sprache auf Englisch und hat meist mehr Text (~mehr Information) und oft mehr Bilder. Es gibt natürlich auch Ausnahmen und ich habe dazu leider keine konkrete Statistik, die meine Vermutung stützt, aber falls das jemand vernünftig prüfen will, sagt Bescheid.

      Persönlich hatte ich auch noch das Gefühl, dass im englischsprachigem Raum teils etwas offener und toleranter innerhalb der "BDSM Szene" mit extremeren Themen umgegangen wird. Das mag an den Plattformen liegen, auf denen man sich herumtreibt, aber das war zumindest mein Eindruck. Falls das nicht nur mir so aufgefallen ist, könnte das natürlich noch ein Punkt sein, der mehr und auch bessere Informationen zu diversen Spielarten fördert.

      Übersetzen finde ich nicht immer toll. Habe letztens erst ein aus dem englischen übersetztes Buch gelesen, in dem teils Fachsprache vorkam, und habe mich öfter mal gefragt, ob das so nun richtig übersetzt ist. Ähnlich könnte es auch bei BDSM spezifischen Büchern/Texten sein. Wenn der Übersetzer nicht komplett verstanden hat, was er/sie da schreibt, kann es gut passieren, dass Dinge unschön und vielleicht nicht ganz treffend beschrieben werden. Außerdem können viele wie oben erwähnt sowieso englisch, was die Nachfrage für eine deutsche Fassung zusätzlich senkt.
      Eine Warnung vorab: Das wird jetzt etwas länger...

      Das ist eine sehr gute Frage... Ich bin auf diesen Thread gestoßen weil ich mich hier ein bisschen über die weniger gängigen 'Spielarten' informieren wollte!
      Ich habe selten soviele gute Antworten zu einem Thema gelesen. 8) Auch wenn nicht alles zu 100% richtig sei dürfte. Aber folgendes finde ich besonders wichtig:

      Horst schrieb:

      Hallo,

      da gibt es wohl so viele Antworten wie Fragen.

      1. Deutschland scheint mir nicht so das Land der Privatinitiativen zu sein. Es scheint mir kein Zufall zu sein, dass die von den Schwulen erarbeiteten Gedanken, die schließlich ihren Weg zu den Hetero BDSMlern fanden zuerst von Amerikanern formuliert wurden.

      2. In Deutschland sprechen viele Englisch, BDSM ist etwas, dass aus verschiedenen Gründen zunächst einmal tendenziell Reflektion und Bildung voraussetzt. Dazu gehören auch Sprachkenntnisse.
      [...]
      Horst
      A) Ich kann mich irren, aber gefühlt stimmt der Hinweis auf den Mangel an Privatinitiativen.
      B) Genau genommen setzt jede Art des 'Über-denTellerand-Blickens' - und dazu gehört BDSM zweifellos! - ein gewisses Maß an Reflexion voraus. Und mit Bildung geht das leichter. Zudem haben viele Deutsche einfah nicht die erforderlichen englischen Sprachkenntnisse...
      Will sagen: Aus den o.g. Gründen fehlt auch die Übertragung von Fachwissen ins Deutsche (auch deshalb, weil sie für die Gebildeteren unnötg ist).

      JoeRyan schrieb:

      [...]Nach wie vor ist es auch ein Tabu Thema. [...]
      Ich denke auch das auf biegen und brechen auf deutsche Sprache verzichtet werden soll und das englische bzw speziell das amerikanische Englisch gehyped wird.
      Hinzu kommt doch auch, die Übersetzer Branche hat Konkurrenz wie Google oder Babelfish, die in Sekunden ganze Texte übersetzen. Nicht immer korrekt aber schneller und günstiger.
      Warum soll noch jemand im Verlag für teuer Geld, was übersetzen.
      Teils, teils. Natürlich werden bestimmte Begriffe aus Prestigegründen nicht übersetzt, also damitdiejenigen, die sie benutzen, als Kenner dastehen (bzw. als 'Connaîsseurs' :old: :P :whistling: ). Aber für manche Haltungen, Spielarten,
      Konzepte usw. gibt es auch keine passenden Übersetzungen. Und keine 'qualifizierte' Institution die sie fachgerecht übersetzen könnte.
      Das fällt mir auch bei Filmen und Büchern fern von BDSM auf. Ein Übersetzer/Dolmetscher braucht neben Sprachkenntnissen eben auch Fachwissen. Und wieviele dürften das in Dtl. in Bezug auf BDSM wohl sein? Da sind wir dann wieder beim Tabu-Thema.
      Ich stelle gerade fest, dass 'Dubs' schon etwas ähnliches geschrieben hat, s.u.

      JamieLyn schrieb:

      Neben den zusätzlichen englischsprachigen Ländern kommen eben noch Leute aller Herren Länder dazu, die "auch" englisch können. Selbst wenn sich im deutschen eine Übersetzung noch lohnen würde. Auf Schwedisch, Flämisch, Polnisch usw. wird es keine geben. Also reden die auch alle englisch und damit vervielfacht sich die Masse englischer Leser und Schreiber.
      Vervielfältigung... stimmt. Und eben auch Vervielfältigung von identischen Fragestellungen und Situationen, die trotzdem unterschiedliche Antworten und Gedanken nach sich ziehen. Mehr Ideen am selben Tisch, über die dann diskutiert werden kann.
      Und schlicht ergreifend auch durch die schiere Masse der 'leiblichen' Personen. Ich möchte mir nicht vorstellen, mit welchen Problemen die 'Szene' - sofern es sie dort geben sollte - in Malta, Sri Lanka oder Lettland zu kämpfen hat. (Der Weg dürfte hier dann lauten Malta, Sri Lanka => ehem. British Empire => GB =>CDN, USA; Lettland => Ex-Sowjetunion; Nachbarschaft z. dt. Kulturraum => Russland, Deutschland. Ist 'n anderes Thema!)

      JamieLyn schrieb:

      Schon die ersten Sachbücher, die ich mir kaufte waren englisch. Mir wären deutsche lieber gewesen, aber die Exemplare auf dem Markt erfüllten meine Wünsche nicht.
      Woran lag das? Schlecht übersetzt? Unzureichend erklärt, wenn es um neue Begriffe ging? Könnte dann am Mangel an guten Übersetzer/inne/n zu diesem Thema liegen...

      Dubs schrieb:

      [...]


      Ansonsten bin ich wohl bei @JamieLyn .
      Englisch können in den Ländern, in denen Internet verbreitet ist, viele sprechen und schreiben. Und wenn an der Gestaltung von Informationen mehr Menschen beteiligt sind, steigt oft die Qualität der Informationen (bzw. gibt es mehr Informationen übnerhaupt und unter der Annahme, dass die relative Häufigkeit der guten konstant ist, gibt es auch absolut mehr gute. Diese setzen sich zum Glück auch meist durch)

      Das ist doch nicht nur im Bereich BDSM so. Man ändere bei einer beliebigen Seite auf Wikipedia (die nicht zu speziell ist) die Sprache auf Englisch und hat meist mehr Text (~mehr Information) und oft mehr Bilder. Es gibt natürlich auch Ausnahmen und ich habe dazu leider keine konkrete Statistik, die meine Vermutung stützt, aber falls das jemand vernünftig prüfen will, sagt Bescheid.

      [...]


      Übersetzen finde ich nicht immer toll. Habe letztens erst ein aus dem englischen übersetztes Buch gelesen, in dem teils Fachsprache vorkam, und habe mich öfter mal gefragt, ob das so nun richtig übersetzt ist. Ähnlich könnte es auch bei BDSM spezifischen Büchern/Texten sein. Wenn der Übersetzer nicht komplett verstanden hat, was er/sie da schreibt, kann es gut passieren, dass Dinge unschön und vielleicht nicht ganz treffend beschrieben werden. Außerdem können viele wie oben erwähnt sowieso englisch, was die Nachfrage für eine deutsche Fassung zusätzlich senkt.
      A) Darauf wollte ich irgendwie auch hinaus...
      B) Wenn man selbst dann noch unsicher ist - übrigens auch deshalb, weil es keine brauchbaren Hlfen gibt - dann kommen auch die einzelnen nicht vom Fleck.
      Ganz neuer Gedanke (na ja, so ähnlich):
      Verschiedene Spielarten stehen hierzulande nicht so hoch im Ansehen, oder direkter gesagt, werden direkt verachtet oder für inakzeptabel gehalten. Fangen wir mal mit Assoziationen zu 'Military' an: II. Weltkrieg, Militarismus, Faschismus -> Feierabend. Viele Menschen können sich nicht darauf einlassen, und viele andere würden sich davor hüten, sich offen dazu zu bekennen. Auch wenn es gar keine ursächlichen Zusammenhänge zwischen den o.g. Assoziationen gibt...
      'Petplay'... da könnte auch manch einer die Moralkeule schwingen, weil die einzigen Menschen in Deutschland, die andere Menschen wie Tiere behandelt haben - na ratet mal... :blah: Da sind einfach Schranken im Kopf, die aus 'moralisch-ethischen' Gründen für nötig gehalten werden. (Nebenbei: Das 'Spiel' mit SS- und KZ-Uniformen ginge mir persönlich zu weit, aber ich halte Military und Petplay für Begriffe/Spielarten, die man problemlos davon trennen kann.)
      'Little'/'Caregiver' hier dürfte vielen Außenstehenden die Abgrenzung gegen Pädophilie unklar sein. 'Ageplay' dürfte dasselbe Problem haben.
      Und vielleicht geht es auch über das Verstehen der meisten Nicht-BDSM-ler hinaus, dass BDSM nicht nur Ketten, Peitschen und Leder sind...
      Weil es mir gerade eifällt: 'Rapegames' (oder wie auch immer der korrekte Begriff sein mag); ebenfalls negativ konnotiert, nicht annehmbar für die meisten Leute (obwohl es ja Game/Play heißt...)

      Ich könnte mir auch vorstellen, dass bestimmte Konzepte auch enger mit einer anderen speziellen Subkultur (z.B. der schwul-lesbischen SK) verbunden sind, die es in Deutschland - oder in Europa insgesamt, abzüglich UK - auch nicht in so breiter Aufstellung gibt wie im englischsprachigen Raum.

      Horst schrieb:

      BDSM ist etwas, dass aus verschiedenen Gründen zunächst einmal tendenziell Reflektion und Bildung voraussetzt. Dazu gehören auch Sprachkenntnisse.
      ohje was mach ich jetzt, ich spreche so gut wie kein englisch muss ich jetzt BDSM an den Nagel hängen?
      Du schreibst zwar tendenziell und dennoch ist diese Aussgae ziemlich überheblich, und ich denke nicht das Bildung etwas mit Empfinden , mit Lust, mit wie fühle ich zusammenhängt

      nein BDSM setzt meiner Meinung nach keine Bildung voraus, es kann jeder leben der will wenn er es fühlt

      warum dennoch mehr englischsprachiges Infomaterial da ist, weiss ich auch nicht, aber man könnte es ja ändern wenn es einem wichtig ist, die Bibel gab es auch nicht schon immer in Deutsch

      aber heute ist es ja so , auch wenn ich jetzt den englischen text nicht verstehe, ich habe Möglichkeiten mir den übersetzen zu lassen unabhängig davon ob ich selbst eine Fremdsprache behersche
      Hallo,

      also meiner Ansicht nach ist BDSM zu gefährlich um sich nur auf sein gutes Herz zu verlassen. Man muss wissen was man da tut und was man erreichen kann und will.

      Wissen erwirbt man sich sich durch Lernen und das setzt die Bereitschaft dazu voraus. Dazu muss man nicht wissen wer Clavigo geschrieben hat, aber man braucht die Bereitschaft die Wirkung eines Paddles zu recherchieren bevor man es verwendet.

      Horst
      aber Sprachkenntnisse setzt das nicht voraus.
      @Horst deine Meinung bleibt dir auch unbeommen

      Und dennoch ist es so dass Menschen Neigungen haben unabhängig ihres Bildungsgrades oder iherer Intelligenz

      tatsächlich ja, Wissen erwirbt man sich durch Lernen, aber auch durch Erfahren, wie ein jeder lernt, da führen viele Wege nach Rom

      Und toll,dass du weisst wer Clavigo geschrieben hat, jetzt wissen wir alle das du es weisst

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      Ich vermute, es ist eine Sogwirkung: der englische Sprachraum hatte von Anfang an mehr Mitglieder und damit auch mehr Inhalte. Das zieht dann andere Menschen, auch Nicht-Muttersprachler, an. Die SZ gibt mir nicht mal annähernd so viele und gute Informationen wie Fetlife, also beschäftige ich mich viel stärker mit den Inhalten auf FL und bringe mich da auch eventuell ein.

      Was übrigens die Bildung angeht: ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass (ausnahmslos) alle Menschen die ich im BDSM-Umfeld persönlich kenne, sehr intelligent und reflektiert sind und sehr gut englisch können. Aber das muss keine Kausalität sein, sondern ist vielleicht eine Korrelation. Also nicht: ich bin intelligent und kann gut englisch und DESHALB interessiere ich mich für BDSM. Sondern: ich bin intelligent und kann gut englisch UND deshalb interessiere mich für BDSM.
      also mal unabhängig von der ganzen Bildungsdebatte hier grad, bin ich nicht davon überzeugt ,dass man sich vorher belesen muss. Auch ein Paddle kann ohne Literaturrecherche eingesetzt werden. Nämlich mit Einfühlungsvermögen und Selbstreflektion über sein Handeln. Es gibt mit Sicherheit andere Technicken, bei denen es sinnvoll ist sich erst mal zu informeiren. Die Frage ist nur, ob es rein für die Technik BDSM Fachliteratur bedarf?
      Ich halte solche Literatur bzw Material aus einem ganz anderen Grund für wichtig, nämlich für die Auseinandersetzung mit einer Bedürfniss nach etwas ,was nicht dem allgemeinen gesellschafltichen Standard entspricht. Gerade für Menschen, die sich noch scheuen nach Aussen zu treten und sei es nur so ein Forum ,wie hier sind Aufklärungsunterlagen wichtig für ihre Entwicklung, weil sie idR Herangehensweisen aufzeigen mit der emotional/psychischen Komponente umzugehen.
      Die Frage des EP war, warum es ungleich mehr englischsprachige Quellen als deutschsprachige gibt.

      Soweit ich für mich spreche, kann ich sagen, dass ich wenn ich die Wahl zwischen deutscher oder englischer Sekundärliteratur oder -quellen habe, ich die englischen vorziehe. Ob das nun nur einer persönlichen Laune geschuldet ist, oder ob ich diese einfach verständlicher geschrieben empfinde, kann ich nicht mit Sicherheit sagen, aber zumindest handhabt es die Mehrheit meiner Arbeitskollegen (Techniker/Ingenieure/Physiker/Mathematiker/Informatiker/Betriebswirte) genauso.
      We like to think we're the Roadrunner, but we're the Coyote.
      Ich hab mir die Frage gestellt , ob man sich nicht eher die treibenden Kräfte anschauen muss um das beantworten zu können. Normalerweise wird ja Aufklärung von Organisationen gepusht. Gibt es eventuell im englischssprachigen Raum eine höhere Dichte an Organisationen, die sich mit BDSM beschäftigen? Und es deshalb auch mehr Publikationen rauskommen?
      Einfachster Grund: Englisch sprechen mehr Leute. Das hat Gentledom ja schon angedeutet, sich aber auf USA und Kanada beschränkt, aber rein praktisch erreicht man aber mit Englisch ca. 1,5 Milliarden Menschen (davon rd. 375 Millionen Muttersprachler), während man mit Deutsch geschätzt 175-220 Millionen Menschen erreicht (davon rd. 90-95 Milliionen Muttersprachler). Dementsprechend kein Wunder, dass über sehr viele Themen auf Englisch einfach mehr geschrieben wird als auf Deutsch, das bemerke ich in vielen Bereichen, gerade auch z.B. in der Informatik ist auf Englisch einfach deutlich mehr verfügbar als auf Deutsch, da kommt dann nur ein Teil nach als Übersetzung - und das auch im Regelfall erst später.

      Rein persönlich bin ich in Englisch flüssig, so dass ich mir die Informationen holen kann, wo ich sie brauche, d.h. ich muss nicht auf eine deutsche Übersetzung warten, sondern kann sie mir auf englisch holen und dann auch auf englisch problemfrei weiter diskutieren, wenn nötig. Inzwischen hole ich mir Bücher auch grundsätzlich auf englisch, sofern sie nicht ursprünglich deutsch sind - meist einfach aus dem praktischen Grund, dass sie eher verfügbar, aktueller, etc. sind.
      Dazu kommt dann noch, dass die Szene in Berlin recht international ist, d.h. mit Englisch kommt man auch im direkten Kontakt oftmals weiter.
      Natürlich ist diese Einstellung reichlich egoistisch, denn mir ist klar, dass nicht jeder sich mit Englisch wohl fühlt und für den dann natürlich englische Bücher eine Qual sind, ich hätte also kein prinzipielles Problem, da mitzuhelfen, das ein wenig zu ändern - auch aus dem egoistischen Grund, da selbst wieder was zu lernen ;)

      Insgesamt würde ich pers. wirklich den Hauptgrund bei der Sprache sehen: Haufenweise Leute sprechen englisch, dadurch ergab sich viel auf englisch und wurde dann auf englisch weitergeführt. Umgekehrt kam z.B. aus dem Deutschen wenig "neues" zurück in die englisch sprechende Szene (nicht, weil es nichts neues gab, sondern weil einfach die Menge der Informationen ein Übersetzen von Englisch nach Deutsch lohnender erscheinen lassen mag). Deshalb wird auch einfach wenig ins Englische zurück übersetzt - es gibt einfach schon haufenweise auf Englisch, der Bedarf ist kleiner. Effektiv sieht man ja das gleiche in jedem anderen Literatur-Bereich auch: Englische Romane werden vergleichsweise oft ins Deutsche übersetzt, den umgekehrten Sprung schaffen nur wenige.

      Zum Thema lernen: Bücher/etc. sind eine Quelle. Sie sind nicht 100%ig nötig, aber oftmals hilfreich. Beim Bondage z.B. gibt es doch Gefahrenquellen, die man einfach vermeiden kann, wenn man sich informiert, was eben z.B. über Bücher passieren kann (auch wenn ich da Workshops bevorzuge). Natürlich kann man es auch durch ausprobieren lernen (wenig anderes hat man ja vor 20-30 Jahren gemacht), aber dann muss man halt doppelt so vorsichtig sein.
      A) Noch ein Wort zu der obigen Angelegenheit, die wohl etwas zu hoch gekocht ist: Bildung im weiteren Sinne, und Reflektiertheit. Bildung ist doch nicht allein vom Schulabschluss abhängig! Und Bildung ist nicht dasselbe wie Intelligenz.
      Eine 'Ausbildung' ist auch Teil der 'Bildung', es gibt 'Allegemeinbildung', usw.
      Grob vereinfacht: Man muss sich zu speziellen Themen eben richtig informieren. Und daran hängt dann auch die Reflektiertheit, also Fragen wie 'Woher bekomme ich gute Informationen?'

      Noema schrieb:

      [...]
      Was übrigens die Bildung angeht: ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass (ausnahmslos) alle Menschen die ich im BDSM-Umfeld persönlich kenne, sehr intelligent und reflektiert sind und sehr gut englisch können. Aber das muss keine Kausalität sein, sondern ist vielleicht eine Korrelation. Also nicht: ich bin intelligent und kann gut englisch und DESHALB interessiere ich mich für BDSM. Sondern: ich bin intelligent und kann gut englisch UND deshalb interessiere mich für BDSM.
      Entspricht auch meiner Erfahrung. Wobei ich jetzt nicht so viele ganz persönlich kenne, sondern viele eher aus dem WWW.

      Viva schrieb:

      also mal unabhängig von der ganzen Bildungsdebatte hier grad, bin ich nicht davon überzeugt ,dass man sich vorher belesen muss. Auch ein Paddle kann ohne Literaturrecherche eingesetzt werden. Nämlich mit Einfühlungsvermögen und Selbstreflektion über sein Handeln. Es gibt mit Sicherheit andere Technicken, bei denen es sinnvoll ist sich erst mal zu informeiren. Die Frage ist nur, ob es rein für die Technik BDSM Fachliteratur bedarf? [...]
      'Belesen' kann man sich doch auch im WWW, wenn man gute Quellen hat. Es muss ja nicht immer 'gebundene' Fachliteratur sein. Es geht ja oft nur ums Handwerkliche. Oder ums Psychologisch-Zwischenmenschliche. Und das lernt man sowieso nicht vom Papier/Bildschirm her, sondern mehr aus der praktischen Anwendung.

      Kleanthes schrieb:

      Einfachster Grund: Englisch sprechen mehr Leute. Das hat Gentledom ja schon angedeutet, sich aber auf USA und Kanada beschränkt, aber rein praktisch erreicht man aber mit Englisch ca. 1,5 Milliarden Menschen (davon rd. 375 Millionen Muttersprachler), während man mit Deutsch geschätzt 175-220 Millionen Menschen erreicht (davon rd. 90-95 Milliionen Muttersprachler).[...]

      Zum Thema lernen: Bücher/etc. sind eine Quelle. Sie sind nicht 100%ig nötig, aber oftmals hilfreich. Beim Bondage z.B. gibt es doch Gefahrenquellen, die man einfach vermeiden kann, wenn man sich informiert, was eben z.B. über Bücher passieren kann (auch wenn ich da Workshops bevorzuge). Natürlich kann man es auch durch ausprobieren lernen (wenig anderes hat man ja vor 20-30 Jahren gemacht), aber dann muss man halt doppelt so vorsichtig sein.
      Das wäre mir jetzt nicht direkt eingefallen, aber es ist eine gute Lösung. Wer kein Englisch kann, oder es nicht benutzen (müssen) will, kann auch Workshops in deutscher Sprache besuchen. Ich muss an dieser Stelle deutlich hervorheben, dass ich nur zufällig (über einen EIntrag in der Community oder im Forum) auf einen Workshop gestoßen bin, der den Bereich 'Primal Hunter/Prey' bzw.'Rough Body Play' abdeckt, und das waren bisher die einzigen Informationsquellen dazu, die ich überhaupt gefunden habe. Selbst die englische Wikipedia hat (bislang) keine eigenen Einträge dazu! :golly:
      Damit wäre der 'übliche' Weg selbst für Leute mit guten Englischkenntnissen ausgereizt. Das schwierige ist, dass man dann bereits wissen muss, wonach man eigentlich sucht.

      Und dass man umso besser aufpassen muss, je weniger Ahnung man in der Theorie, und Erfahrung man in der Praxis hat, ist nun mal etwas, das Reflektiertheit erfordert. Bzw.: gesunden Menschenverstand. (Das geht auch ohne Abitur... :P :beer: )

      B) Ich nehme an, dass bei bestimmten Spielarten einfach das Bewusstsein dafür fehlt, dass es sich a) um eine spezielle Sache handelt, b) in den BDSM-Bereich gehört.
      'Pet Play' und 'Rough Body Play' dürfte von den meisten Nicht-BDSM-lern wohl als 'Rollenspiel' im weiteren Sinne verbucht werden, 'Little/Care Giver' vielleicht auch.
      Und viele Leute leben es sicherlich auch aus, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie sie es einordnen 'sollen'. Denn sie müssen es ja auch gar nicht einordnen. Und man muss ja auch nicht alle Bereiche durchleuchten, 'sezieren' und voneinander absondern; die Grenzen dazwischen sind ja sowieso oft fließend.
      Aber ich denke, dass ein Begriff der sich einmal in der 'Szene' eingebürgert hat, auch gerne angenommen und weitergegeben wird.

      C)

      Viva schrieb:

      [...] Normalerweise wird ja Aufklärung von Organisationen gepusht. Gibt es eventuell im englischssprachigen Raum eine höhere Dichte an Organisationen, die sich mit BDSM beschäftigen? [...]
      Das klingt für mich völlig logisch. :) Geht aber auch irgendwie in die Richtung: Mehr Menschen => mehr Meinungen => mehr Initiativen/Organisationen => mehr Material. Das kann man - meiner bescheidenen Meinung nach - also nicht ohne die höhere Bevölkerungszahl und die hohe Zahl an Englisch-Verstehenden erklären.
      Ich habe nochmal nachgedacht und würde zu diesem Thema gerne eine These in den Raum werfen.

      Neben all den bereits gesagten (und wahrscheinlich wahren) Punkten habe ich noch einen tiefergehenden, kulturell bedingten Erklärungsansatz: Die Geschichte der O, die Venus im Pelz, die Werke des Marquis de Sade - die Grundfesten des (ich nenne es mal) klassischen BDSM sind made in Europe. In Deutschland hat sich dann dieser "klassische" BDSM spätestens Anfang des 20. Jahrhunderts durchgesetzt. Gerade die Deutschen sind ja weltbekannt für ihre Präzision, Regeltreue und für ihr Traditionsbewusstsein. Einmal etabliert, hat sich diese "klassische" Art des BDSMs in Deutschland zum Standard entwickelt. Alles, was davon abweicht, wird ganz schnell, selbst von den "Perversen", als pervers bezeichnet. Woran ich das ausmache? Ein Blick in verschiedene Foren wie z.B. das von der SZ: In Deutschland wird der Threadersteller bei "abseitigen" Themen sehr schnell wüst beschimpft, als krank bezeichnet und seine Art, BDSM zu leben, als "falsch" diagnostiziert. Und zum "klassischen" BDSM ist nun mal irgendwann alles gesagt und geschrieben. Bei Reddit oder Fetlife sehen die Diskussionen zu exakt den gleichen Themen ganz anders aus. Dort wird viel stärker sachlich und themenbezogen diskutiert. Ich war sehr überrascht, wie rational auf Fetlife über Abduction Play, Rape Play und sogar Genitalverstümmelung diskutiert wird - da schlackert so mancher Deutscher vermutlich nur mit den Ohren. Woran könnte das liegen? Meine Vermutung: in den USA wird die persönliche Freiheit als der vielleicht höchste Wert angesehen. In dieser Hinsicht sind die Amerikaner sehr wertkonservativ. Leben und leben lassen wird dort viel stärker gelebt als im europäischen bzw. deutschsprachigen Raum. Daher haben es abseitige Themen dort, trotz der oberflächlich viel stärker ausgeprägten Prüderie, viel leichter, sich zu verbreiten. So entwickelt sich dort eben auch BDSM schneller weiter als in eher strukturkonservativen Ländern wie Deutschland und es ist kein Wunder, dass gerade dort Strömungen wie Bootblacking, DDLG, Nullos und Hunter/Prey entstehen. Und somit entsteht auch eher in den USA Literatur zu diesen Themen.