Artikel: Eine radikalfeministische Perspektive auf BDSM - was meint ihr dazu?

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      Adrian_2015 schrieb:

      Was mich mal sehr interessieren würde: Was für eine Erklärung hat denn der radikale Feminismus dafür, dass es auch masochistisch-devote Männer und dominante Frauen gibt?
      Na ja kurz angeschnitten wird es schon, aber auch gekonnt umschifft und mittels fragwürdiger Argumentation aus Unkenntnis heraus schnell beiseite geschoben. Macht also den Artikel nicht objektiver. Achtung...ich kopier's kurz raus... :golly:

      "Ja, nicht alle „Submissives“ sind Frauen und Unterordnung oder Masochismus sind nicht essentialistische Bestandteile weiblicher Sexualität. Der mantrahaft vorgetragene Verweis auf die Tatsache jedoch, dass es auch Dom-Frauen gibt, ist letztendlich irrelevant. Gewalt zurückzugeben schafft noch keine gleichen Bedingungen: Wir lösen das Rassismus-Problem nicht indem wir z.B. genauso viele Menschen der Herkunftsgesellschaft diskriminieren wie Menschen aus ethnischen Minderheiten. Gleiche Bedingungen können nur geschaffen werden, indem wir Unterdrückung beseitigen und tatsächliche gesellschaftliche Veränderungen herbeiführen.
      Feminismus hat nicht das Ziel Machtverhältnisse umzudrehen, sondern Machtunterschiede und Gewalt in sexuelle Beziehungen zu beseitigen. Einzelne Frauen die Männer misshandeln ändern nichts am Geschlechterverhältnis allgemein und sie führen auch nicht dazu, dass es weniger männliche Gewalt gegen Frauen gibt.
      Auch ist spielerisch die Macht-Rollen zu wechseln („switch“) nicht das gleiche wie eine geschlechteregalitäre Beziehung: Wenn ein Mann eine Frau vergewaltigt und sie ihn zum Ausgleich ebenfalls vergewaltigen würde, dann macht das die Vergewaltigung an ihr nicht wieder gut. So etwas als Gleichheit zu verkaufen wäre absurd."

      Nun ja...ohne Worte.... :S . Ich frag mich auf welcher Grundlage die überhaupt für den Artikel recherchiert haben...


      LG
      Im Artikel steht m.E. einiges Bedenkenswerte, z.B. "BDSM erotisiert ungleiche Machtverhältnisse, Dominanz, Schmerz und Misshandlung".
      Ja, das tut es wohl. Darin besteht doch gerade der Spass, in dem verdrehten, verfeinerten, verspielten Genuss von etwas, was so ungenießbar scheint.
      Vielleicht ist es ein harmloses Schlafzimmervergnügen unter gleichberechtigten Partnern, vielleicht ist es mehr oder kann mehr sein.

      Vielleicht ist SM echt subversiv und progressiv, vielleicht ist es aber auch patriarchatsverherrlichend und regressiv,
      vielleicht bieder, vielleicht porno,
      vielleicht ein kinky Selbstbefreiungsding, oder nur ein spießiges Hobby für die egalitär tuende bürgerliche Mittelschicht.

      Ich glaube, kink hat tendenziell eine Menge Potential, sich neue Quellen des Vergnügens und der Macht zu erschließen, gerade für Frauen, schon bevor die Geschlechterverhältnisse endlich real begradigt sind.
      Natürlich kann und darf man BDSM kritisch sehen, solche Diskussionen führen wir ja hier untereinander auch. Ich find es aber sehr schade und letzen Endes auch tragisch, wenn eine gut gemeinte und wichtige Sache (in diesem Fall der Einsatz für Frauenrechte) in eine autoritäre Ideologie umschlägt, die den Menschen vorschreiben will, wie sie zu leben haben. Der Artikel betont zwar, dass er das nicht will, aber ganz subtil tut er es eben doch, indem er moralischen Druck aufbaut.

      In dieser Hinsicht ist der radikale Feminismus (nicht der moderate) für mich nicht besser als z.B. der religöse Fundamentalismus, der auch gerne allgemeinverbindlich defininiert, welche Sexualpraktiken als "natürlich" oder "unnatürlich" zu gelten haben. Ob man der im Artikel aufgestellten Sichtweise von BDSM folgen will, scheint mir auch eher etwas mit Gauben als mit empirisch überprüfbarem Wissen zu tun zu haben.
      Adrian, stimmt, ich habe da auch so etwas rausgelesen, dass es "unnatürlich" sein soll und vor allem "eigentlich ungewollt" und Frauen deshalb eine Aufklärung darüber bräuchten, was sie "eigentlich, also ohne gesellschaftliche Unterdrückung"sexuell wollen würden. BDSM wird in dem Beitrag ganz klar verurteilt als etwas, das frau nicht entspricht und von ihr nicht gewollt sein kann. Etwas sogar Pathologisches (Stockholm-Syndrom).
      Das Ding ist nur: Sex und Lust ist eben nicht natürlich oder ursprünglich. Wir sind Kulturwesen und keine Tiere. BDSM-Liebhabern vorzuwerfen, ihr Tun wäre ein Spiegel der gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen sie leben, ist als Kritik sinnlos: was soll es denn sonst sein?
      Jede "normale/andere" Form von Sex ist das ja auch.
      Wenn man mal die ganze Empörung beiseite lässt, kommt, zumindest bei mir, folgende Quintessenz aus dem Artikel heraus: Unsere Neigungen sind das Produkt unserer sexistischen Kultur. Und da unsere Kultur so stark vom Patriarchat durchzogen ist, können wir uns gar nicht vorstellen wie unsere Sexualität in einer gleichberechtigten Gesellschaft ohne Sexismus wäre, womöglich sogar in einer Gesellschaft in der Gewalt gegen Frauen kaum vorhanden und verpönt wäre (wie zB schon irgendwo angemerkt, im Matriarchat der Mosuo). So wie ich das verstanden habe, wertet die Autorin nicht, dass wir diese Neigungen ausleben, sondern die Ursachen, die dazu führen, dass wir das Machtgefälle fetischisieren. Sie sagt ja z.B. "Unterdrückende kulturelle Praktiken zu benennen und zu kritisieren bedeutet nicht zu sagen, dass alle die daran partizipieren schreckliche Menschen sind."
      Der Artikel versucht, einen Erklärungsansatz zu bieten, woher diese (unsere) Neigung kommen könnte.

      Und womöglich können wir uns alle darauf einigen, dass Sexismus, häusliche Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch von Sexarbeiter(inne)n, Vergewaltigung, Rape Culture usw. den direkt betroffenen und damit auch unserer Gesellschaft und letztendlich uns nicht gut tun. Und wer weiß, womöglich können wir dann sogar noch einen Schritt weitergehen und es zumindest nicht ausschließen, dass diese Kultur einen Einfluss auf unsere Neigungen hat. Das heißt nicht, dass unsere Neigungen problematisch sind, sondern das Miteinander in unserer Gesellschaft.

      Ich habe mich schon lange gefragt, woher meine Neigungen kommen und ich habe die Ursachen bisher immer nur bei/in mir selbst gesucht: Kindheitserlebnisse? Charaktereigenschaften? Erworben? Angeboren? Aber wer weiß, vielleicht geht die Erklärung über mich hinaus, und die Ursache liegt nicht in mir, sondern im großen Ganzen.

      Nachtrag: Noch ein Gedanke zu diesem Thema: Es würde wahrscheinlich kaum jemand in Frage stellen, dass z.B. unser Musikgeschmack, unser Kleidungsstil oder unser Geschmack was Lebensmittel und Speisen angeht, kulturell konstruiert sind. Vanilla oder doch lieber Pistazie? Warum sollte das dann nicht auch für unseren "sexuellen Geschmack" gelten?

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Noema ()

      Da sich selbst Leute die sich damit auskennen sollten, nicht einig sind woher sexuelle Neigungen kommen und Gewaltphantasien und was weiß ich noch alles, ob man die nun vererbt bekommt oder man sie sich im TV abschaut, kann man auch die Aussagen der Autorin nur als Theorie hernehmen.

      Ich finde den Artikel nicht gut und sexistisch.

      Darin sin immer wieder solche Sätze zu finden: "Wenn also ein Mann einer Frau im BDSM Kontext weh tut und diese hinterher traumatisiert ist und/oder merkt, dass dies ihr nicht gut getan hat, dann wird ihr der schwarze Peter zugeschoben, dass sie ihre Grenzen falsch definiert hat, nicht gut genug kommuniziert hat, das Safe Word nicht verwendet hat – und der Täter ist fein raus."


      Der Aktive ist nie fein raus, und muss immer Verantwortung übernehmen.

      Der ganze Artikel ist sehr provokant geschrieben, und kann ich deswegen garnicht mehr so ernstnehmen. Alles ist Schwarz Weiß.

      Männer werden als Tiere dargestellt, dabei gibts genauso devote Männer, Männer die große Angst vor Gewalt haben, Männer die eigentlich Frauen sein wollen, blabla, aber die gibts laut der Autorin anscheinend nicht.


      Naja und um ihre Argumente zu untermauern, nimmt sie irgendwelche Horrorstorys von Prostituierten her, die sie aber nichtmal selbst interviewt hat sondern bezieht sich einfach auf nen anderen Presseartikel..........
      Ich habe mir mal die Mühe gemacht, den kompletten Artikel zu lesen und möchte ganz gerne rein inhaltlich darauf eingehen. Ich kann nicht alles kommentieren, aber ich habe mir ein paar mMn wichtige Thesen herausgesucht, an denen die Argumentationskette des Artikels fehlerhaft ist.

      Doch zunächst einmal:

      Noema schrieb:

      So wie ich das verstanden habe, wertet die Autorin nicht, dass wir diese Neigungen ausleben, sondern die Ursachen, die dazu führen, dass wir das Machtgefälle fetischisieren.
      Der Artikel argumentiert, dass BDSM eine Glorifizierung sexualisierter (männlicher) Gewalt gegen Frauen sei und ist damit keineswegs wertfrei. Aus dem Artikel geht klar hervor, dass BDSM-Praktiken aus sicht der dominanten Männer immer einen Akt von physischer oder psychischer Gewalt darstellen und dass Einvernehmlichkeit hierfür nur ein Deckmantel sei. Lediglich Frauen, die ihrere submissiven Neigung nachgehen, werden im Artikel in Schutz genommen.

      These: BDSM-Neigungen sind eine Konsequenz des Patriarchats

      Ich streite keineswegs ab, dass Sexismus ein noch immer sehr präsentes gesamtgesellschaftliches Problem ist. Allerdings wird in dem Artikel eine direkte Kausalverbindung zwischen patriarchalen Gesellschaftsstrukturen und dem Ausleben von BDSM gezogen.

      Störenfriedas schrieb:

      Diese [pornographischen] Bilder und der gesellschaftliche Diskurs über Sexualität lehren uns von klein auf was sexuell antörnend und was als „normal“ und akzeptabel gilt
      Hier wird erklärt, wie sich die gesellschaftliche Vorstllung von Sexualität konstruiert. BDSM sei ein Abbild (bzw eine Konsequenz) dieser Sexualität, denn beide basierten auf männlicher Dominanz und der Unterdrückung von Frauen.

      Störenfriedas schrieb:

      Die Botschaft von Patriarchat und BDSM ist jeweils: Gewalt an Frauen ist sexy, Frauen zu unterjochen geht klar.
      Unter der Annahme, dass BDSM tatsächlich auf männlicher Dominanz und weiblicher Submissivität basiert, ist diese Schlussfolgerung nachvollziehbar.
      Untermauert wird diese These von einem Strohmannargument:

      Störenfriedas schrieb:

      Der mantrahaft vorgetragene Verweis auf die Tatsache jedoch, dass es auch Dom-Frauen gibt, ist letztendlich irrelevant. Gewalt zurückzugeben schafft noch keine gleichen Bedingungen
      Die Existenz von "Dom-Frauen" ist kein Argument dagegen, dass BDSM Gewalt sei, sondern dagegen, dass BDSM auf männlicher Dominanz und weiblicher Submission basiere. Das Argument wird sogar noch wesentlich stärker, wenn man in Anbetracht zieht, dass die Szene geradezu von submissiven Männern durchsetzt ist. In diesem Forum ergibt sich tatsächlich ein anderer Eindruck, aber wenn man große Communities wie FL oder SZ betrachtet, stellt man schnell fest, dass anscheinend mindestens die Hälfte der submissiven Personen männlich ist. Submissive Männer und dominante Frauen sind keine Ausnahme in der Szene.

      Von daher kann die Rollenverteilung im BDSM keine Konsequenz des gesellschaftlichen Patriarchats sein. Dafür sind die Geschlechter und Rollen zu heterogen verteilt. Viele Argumente aus dem Artikel basieren auf der falschen These, BDSM sei eine Konsequenz des Patriarchats.

      Ich denke kaum, dass sich die Sexualität der Menschen (sowohl individuell als auch gesamtgesellschaftlich) durch einzelne Faktoren, wie den gesellschaftlichen Sexismus herleiten lässt. Eine liberale Erziehung macht Männer nicht schwul und eine Missbrauchserfahrung macht eine Frau nicht zur Sub. Wer Sexualität auf solch eine Weise betrachtet, ignoriert deren Komplexität.

      Das folgende Zitat ist einfach nur zum Haare raufen:

      Störenfriedas schrieb:

      Darüber hinaus: Die Seite fetlife ist eine der beliebtesten englischsprachigen Seiten der BDSM-Community. Diese besteht zu 99% aus Männern 40+, die Vergewaltigung, Pädophilie und Inzest fetischisieren. Dies lässt Rückschlüsse darüber zu was in dieser Community geschieht.
      Bisher konnte ich den Argumenten zumindest folgen, aber diese Aussage ist nun wirklich absurd. Die Autorin war offensichtlich noch nie auf Fetlife. Außerdem habe ich gehört, dass 99% aller Statistiken in Diskussionen frei erfunden sind ;)

      These: Submissivität basiert auf dem Stockholm-Syndrom

      Das Stockholm-Syndrom ist ein psychologischer Selbstschutzmechanismus, bei dem das Opfer positive Gefühle für den Täter entwickelt und die Taten rechtfertigt, um kein Opfer mehr zu sein (grob gesagt). Aber dem Stockholm-Syndrom geht immer ein Missbrauch/Trauma voran. Nun ist mir nicht ganz klar, was laut dem Artikel genau die Tat ist, die das Trauma auslöst: ein Erlebniss im Privatleben, oder die Handlungen im BDSM.

      Angenommen, es geht um die BDSM-Handlungen
      als Auslöser für das Stockholm-Syndrom. Diese These kann nicht stimmen, denn wenn der Wunsch nach Schmerz, Erniedrigung, etc. die Folge eines Traumas sein sollen, so müsste dieser erst auftreten, nachdem BDSM-Handlungen durchgeführt wurden. Aber bei allen BDSMler_innen, die ich kenne, war dieser Wunsch vor dem Ausleben da. Der Wunsch nach Submissivität geht der ersten Session voraus und ist nicht erst deren Folge, nachdem die erste Session ein negatives bzw. traumatisches Erlebnis war.

      Auch das angesprochene Aftercare kann unterschiedliche Motivationen haben, aber es hat nicht das Ziel, die Dinge wieder gut zu machen (so wie es in einer Gewaltbeziehung der Fall wäre) und die Gewaltspirale am Laufen zu halten.

      Falls traumatische Erlebnisse vor dem ersten Ausleben von BDSM gemeint sind, so würde es bedeuten, dass alle submissiven Personen (nicht nur die Frauen!) einen Missbrauch erlebt haben müssten.

      Störenfriedas schrieb:

      Ich habe noch keine einzige female Sub getroffen, die noch keinen sexuellen Übergriff erlebt hat.
      Das ist aber falsch. Es gibt durchaus viele submissive Frauen, die keinerlei Missbrauch erlebt haben. Dass eine Person vielleicht niemanden kennt, ist völlig irrelevant. Submissive Personen haben nicht alle eine Missbrauchserfahrung gemacht, das ist Unsinn. Ich habe selbst auch eine submissive Neigung und keinerlei Missbrauch erlebt.
      "Du gibst Widerworte X( " – "Nein :miffy: "
      Ach ja, die Störenfriedas....habe den Artikel vor ner Weile schon gelesen und auch direkt auf ihrer Seite kommentiert, leider gehen die nicht allzusehr auf Kritik ein.
      Es lohnt sich aber durchaus den ganzen Artikel zu lesen. Es sind einige interessante Punkte aufgeführt und ich kann einigen Thesen zustimmen. Aber im gesamten fehlt mir da eine Konsequenz oder ne Art Resumee, vor allem werden ein paar Wahrheiten mit ganz viel Storhmannargumenten vermischt. Und auch Unwahrheiten, bei der Aussage bezüglich Fetlife musste ich etwas lachen. :D
      Was mich aber sehr stört ist 1. Homosexuelle D/S-Beziehungen werden als Minderheit abgetan, dabei ist dem nun wirklich nicht so 2. Weibliche Doms werden als Minderheit abgetan. Auch dem ist nicht so, es gibt durchaus einige. Das Argument der Störenfriedas, dass zurückgegebene Gewalt es nicht rechtfertigt basiert ja auch wieder nur auf deren Argument, dass BDSM von Gewalt gegen Frauen lebt. Diese Ansicht finde ich weiblichen Doms gegenüber sehr unfair und macht die Identität dieser irgendwie auch etwas unwichtig. So nach dem Motto "Joa, die gibt es zwar, sind aber irrelevant". Hat aber @myownspirit schon sehr gut erklärt :D

      Ich finde es ist sinnvoll sich zu fragen, woher es denn kommt, dass so viele Frauen devot sind - auch hier im Forum zeigt sich ja, dass die meisten Subs weiblich sind, das Patriarchat bzw die Sozialisation spielt da mit Sicherheit eine große Rolle. Aber Sexualität ist etwas so komplexes, da nur etwas billig mit dem Patriarchat zu argumentieren finde ich schwach. Außerdem, selbst wenn es nur das Patriarchat ist: Sollte man dann einfach Sex haben, der einem nicht gefällt, sprich Vanilla und so tun, als hätte man die Neigung nicht? Das ist doch auch keine Lösung.

      Es ist auch wichtig zu hinterfragen, warum einige "feminine Dinge" beim BDSM als Erniedrigung angesehen werden - Beispiel Feminisierung. Da kommt schon sehr der patriarchale Einfluss durch. Das Ganze sehe ich auch ein wenig kritisch deswegen, das sollte man eben nicht vergessen, dass auch BDSM nicht frei von Sexismus ist.



      Was mich dann auch noch sehr stört ist die Sache mit dem Missbrauch. In einer vernünftigen BDSM-Beziehung wird eigentlich viel mehr über Grenzen und Ängste geredet als in "normalen" Beziehungen, das ist zumindest meine Erfahrung. Ich kenne zwar sehr viele Subs, die Missbrauchserfahrungen gemacht haben, aber ich kenne generell sehr viele Menschen, die solche Erfahrungen gemacht haben. Überraschung, auch in ganz gewöhnlichen Beziehungen. Ich selbst hatte in meinem Leben fast nur Sex mit BDSM-Kontext und die Grenzüberschreitungen, die ich da erlebt habe, hätte ich auch erlebt, wenn die jeweiligen Personen Vanillas wären. Klar, in der Szene treiben sich auch einige sehr manipulative Menschen rum, aber die gibt es leider überall. Und gerade die Redakteur*innen der Störenfriedas sollten das sehr genau wissen.

      Ich glaub die Störenfriedas wollten mit dem Artikel etwas gegen die "alles ist Empowernd" -Mentalität einiger Queerfeministen protestieren. Ist nur leider ziemlich nach hinten losgegangen. Der Artikel ist sehr ideologisch geschrieben mit extrem schwachen Argumenten und scheinbar auch wenig Sachkenntnis. Schade. Aber es gibt auch Radikalfeminist*innen mit weniger engstirniger Sicht, die sollten vielleicht mal was zu dem Thema schreiben. :D
      "Auch ist das vielleicht nicht eigentlich Liebe, wenn ich sage, daß Du mir das Liebste bist; Liebe ist, daß Du mir das Messer bist, mit dem ich in mir wühle." Franz Kafka
      Ich habe mich jetzt einmal durch diesen Thread gelesen und möchte ihn wieder ausmotten.

      Vor einigen Tagen bin ich im Netz auf den Artikel der Störenfriedas gestoßen und wollte gerne die Meinung einiger Menschen hier aus dem Forum hören. Das Thema "Feminismus und BDSM" oder krasser gesagt "Feminismus vs. BDSM" ist ja schon öfter mal aufgetaucht und unterschiedlich diskutiert. Die Störenfriedas musste ich nun also selbst gar nicht mehr rausholen...den Thread gibt es hier also schon mal.

      Insgesamt sind ja viele Meinungen und Positionen angeklungen.

      Und doch bleibt für mich der kritische Punkt: Ist die weibliche Submission im BDSM ein gesellschaftliches Phänomen, das auf patriarchalen Strukturen der Vergangenheit (und Gegenwart) gründet?
      Das ist doch die These des Artikels, wenn man alle Propaganda, alle verirrten und polemischen Argumente wegdenkt und mal (gnädigerweise) hinten runterfallen lässt.
      Und wie gelingt es diese These zu untermauern bzw. sie zu entkräften?

      Wir sind immer Kinder unserer Zeit und so behaupten wir auch, dass es unserem individuellen Geschmack entspricht Hose so oder so zu tragen, welche Farben wir toll finden, welche Musik,...usw.
      Bitte: Unvorstellbar, dass man moosgrüne Bäder in den 70er schick fand. (Obwohl...es wird ja langsam schon wieder salonfähig)
      Nun sollte Sexualität keineswegs nur ein Trend in uns sein...das mag ich nicht sagen.
      Aber, wie auch schon angeklungen, wie können wir entscheiden, ob etwas eben NICHT bedingt ist durch die Rolle der Frau und sich im BDSM eben NICHT erlernte Strukturen zeigen?

      Blockiert das gelebte BDSM, wo Frauen sich weiterhin unterwerfen, die Emanzipation der Frau? Oder ist es vielleicht ein Zwischenschritt? Oder ist es vielleicht alles total unabhängig von der Rolle der Frau.

      Ein wesentliches Argument war, dass Sex und Gewalt eben gar nicht zusammen gehören. Und dann schon mal gar nicht so, wie es Frauen seit Jahrhunderten angetan wird, nämlich als Unterlegene. Aber auch die Gegenseite wird als "gestört" dargestellt: Das Umkehren der Machtverhältnisse rechtfertigt weitere Gewalt an/gegen Frauen auch nicht.

      Ich frage mich: Ist hier schon der Fehler...?
      Eines meiner Lieblingszitate von Oscar Wilde: "Everything in the world is about sex, except Sex. Sex is about power!"
      Warum müssen wir Sex ohne Macht und Gewalt denken? Und geht das überhaupt? Ist das nicht eine verkürzte Sicht auch die Dinge, wenn wir Vanilla Sex ohne Macht und Gewalt denken?

      Ich möchte nicht sagen, dass jeder Mensch in extremen Machtpositionen und in expliziter Ausübung von Gewalt etwas Erregendes findet und die Vanilla Menschen eben nur "unerforscht" oder zu "unbewusst" sind. Aber ist Macht und Gewalt nicht immer Teil von Sex?
      Es liegt in meiner Macht jemanden zu befriedigen... Ich stimuliere jemanden ganz langsam und beschere ihm Genuss.
      Hat nicht der Akt der Penetration etwas Gewaltiges?

      Meine Gedanken sind etwas vage und unsortiert...bitte greift ein und verbessert/korrigiert/ergänzt mich, wenn es Euch danach ist.

      Warum unterwerfen sich dann Frauen scheinbar häufiger als Männer?
      Die Sexualität von Frauen scheint anders zu funktionieren als die von Männern, zumindest legen das Forschungsergebnisse nahe.
      Hier wurde ja der Orgasmus bei Vergewaltigungen schon angesprochen. Einer Theorie nach ist dieses Lustempfinden und Feuchtwerden bei einem Missbrauch ein evolutionärer Schutzmechanismus. Da Frau körperlich unterlegen ist, hilft ihr dieser Schutzmechanismus in einer Vergewaltigung dagegen zu schlimme Schmerzen und Verletzungen zu erleiden. (Die psychischen Folgen die für Opfer dadurch entstehen, wurden ja bereits angesprochen und sind sicherlich mit viel Scham und Tabu behaftet)

      Ich kann die These nicht auflösen...ich bin auch selbst zu wenig firm in Forschungsergebnissen und sozialkritischen Untersuchungen.
      Ich frage mich nur: Ist nicht viel mehr die Frage: Wie gehört Macht (Gewalt) in Sex generell? Oder ist der Machtgedanke in Sex etwas Neues? Und war vor einvernehmlichen BDSM Sex mit Macht stets eine Vergewaltigung von Frau?

      Ich möchte hier großen Respekt allen erweisen, die ihre Neigung mutig leben. Ob als Malesub, Femdom, Switcher, Femsub, Maledom,...oder in welche Richtung auch immer. Es ist nicht leicht, sich anzunehmen und sich zu bekennen. Gerade vor dem Hintergrund solcher Thesen.

      Gerade als Frau, die frei denkend aufgewachsen ist und die auch sieht, wo es hier und da in unserer Gesellschaft noch Baustellen gibt, gerade da möchte man sicherlich kein System unterstützen, wo Frauen weiter unterdrückt und ausgebeutet werden.
      Es scheint mir keine Lösung zu sein, Neigungen zu unterdrücken, nur weil man für die Emanzipation der Frau einsteht.

      Ich freue mich, wenn wir gemeinsam in diesem Thema ein Stück voran kommen...

      Liebe Grüße in die Nacht
      oh, spannendes Thema! Muss ich mich mal durchlesen, vor allem die beiden Artikel.
      Tatsächlich habe ich erst gestern mit einer Freundin darüber geredet, dass mein extrem feministisches Herz manchmal kurz ins Stocken gerät, wenn ich mir ansehe, auf was ich stehe und wie widerstandslos ich im Sub-Modus bin. Dann führe ich mir aber genau das vor Augen: es ist ein Modus. Nach dem Spielen sind wir wieder gleichberechtigt. Im Alltag bin ich eine sehr dominante Frau und eben deutlich feministisch unterwegs.
      Ehm ja... Ich geh dann mal lesen.
      Feminismus ist, wie auch BDSM, m. E. das, was jeder für sich daraus macht.

      Ich bin durch meine familiäre und soziale Herkunft dahingehend geprägt, dass Frau und Mann selbstverständlich gleichberechtigt und gleichrangig sind. Feminismus brauchte ich also gar nicht, und das ist jetzt, mit knapp 50, immer noch so.
      Ein radikal "feministisches" Denken, das den Mann pauschal zum Feindbild abstempelt, lehne ich ebenso ab wie ein radikal "BDSMistisches" Denken, das den Mann pauschal zum Dom idealisiert. Beides gibt es - und nicht zu knapp -, und beides ist mir zu krass, zu krampfig, zu kategorisch. Zu schwarz, zu weiß.

      Es gibt einen Satz, den ich mir zum Leitspruch gemacht habe: "Wer mich beherrschen will, der muss mich erobern." Das Kuriose daran ist, dass dieser Satz sehr gut zum Thema BDSM und zum weitverbreiteten Modell Maledom/Femsub passt, jedoch n. m. K. feministische Ursprünge hat. - Das nenn' ich doch mal Schnittstelle! <grinst vergnügt>

      Meine Art, Zuneigung zu empfinden und zu zeigen, wurde schon mal von jemandem als "devot" interpretiert. Da könnte auch was dran sein.
      Jedoch kann ich nur jemandem zugeneigt sein, bei dem ich nicht "devot" sein muss. Der also kein reales Machtgefälle kreiert, sondern für den er und ich real gleichrangige Menschen sind.
      Wenn dieser Mensch (sexuelle) Dominanzphantasien hat: prima! Oder besser: AU! JA! Er und ich wissen dann ja auch, wie's gemeint ist ...

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Landlady_bb ()