Gedanken zur Nacht #16 - Der Tamagotchi Effekt

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

      Gedanken zur Nacht #16 - Der Tamagotchi Effekt

      Wie verkaufe ich 35 Millionen elektronische Plastikeier in einem Jahr? Ganz einfach: Ich lasse sie nach voller Aufmerksamkeit und Hingabe verlangen und drohe mit Verlust, wenn sie diese nicht bekommen.

      Programmierer von Computerspielen wissen seit langem, wenn die Belohnung regelmässig ausbleibt, bleiben die Menschen dran, versuchen es wieder und wieder.

      Sind es Überbleibsel aus Kindheitstagen, als wir den Wunsch verspürten den Eltern zu gefallen, selbst oder gerade weil das manchmal unerreichbar erschien? Jedenfalls scheint es ein tiefes Bedürfnis oder auch eine tief verwurzelte Angst zu sein. Der Wunsch nach Bestätigung, nach Belohnung, die Angst vor Ablehnung und Zurückweisung und der daraus folgende Wunsch noch mehr zu tun, um Belohnung und Bestätigung zu bekommen.

      Ergibt sich eine solche Konstellation in einer Beziehung, wird es aus meiner Sicht ungesund. Egal ob vanilla oder BDSM, egal ob bewusst oder unbewusst, an dieser Stelle drohen Manipulation und Abhängigkeit und das ist leider nichts wogegen man etwas tun könnte, wogegen man sich ganz leicht wehren könnte. Es liegt wohl in der Natur des Menschen auf solche Verhaltensmuster anzuspringen.

      Nun gibt es im BDSM Personen, die eine solche Form der Zurückweisung, des Anfütterns und Ablehnens, für ein adäquates Mittel der Beziehungsgestaltung halten.
      Ich werde sie in Zukunft, natürlich nur für mich und klammheimlich, Tamagotchi-Doms nennen.

      Euch eine gute Nacht.

      Turnschuh.

      Turnschuh schrieb:

      Programmierer von Computerspielen wissen seit langem, wenn die Belohnung regelmässig ausbleibt, bleiben die Menschen dran, versuchen es wieder und wieder.
      Ist das so :huh: ? Also ich glaube ja nicht ;) . Eigentlich geht die Spiele Industrie doch den gegenteiligen Weg. Siehe z.B. WoW zu "Classic" Zeiten war es eine immense Anstrengung regelmäßige 40er Raids auf die Beine zu bekommen. Nur wenige Gilden haben erfolgreich die großen Raids gemeistert. Meistens waren es nur eine Handvoll Gilden pro Server die die high level Bosse gelegt haben. Der Rest ist versumpft. Dann wurde WoW mehr und mehr für Casual Spieler geöffnet. Die Bosse wurden geschwächt, die benötigten Raid Members nach unten korrigiert. Bis schließlich jeder Spieler sich tolle Items anziehen konnte. Das selbe siehst du auch bei jedem Xbox Spiel wo dir gefühlt alle 5 Minuten einen Erfolg für deinen Gamer Score freischaltest, für Lapalien. Oder siehe die ganzen Hack and Slays die von Item runs leben. Ich glaube das Geschäft macht man eher in dem man die Masse bei Laune hält anstatt frustet.

      Da ich aber Hardcore Modi (auf das an füttern und ablehnen bezogen) mag ;) wäre mir ein Casual BDSM Modi viel zu langweilig. :pardon:
      Hardcore Modi müssen auch nicht schädlich sein, meistens wächst man an der Herausforderung. :D
      Und die Hardcore Modi sind dann auch zu meistern.

      Zu deiner Aussage finde ich eher den Kobayashi Maru Test passend :P . Denn dieser lässt sich ohne Cheats nicht bestehen :) und eine solche Beziehung wäre wohl wirklich ungesund.
      Don't tell me what I can and can not do.
      I'd hate to have to make a fool out of you.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Sin ()

      Turnschuh schrieb:

      Nun gibt es im BDSM Personen, die eine solche Form der Zurückweisung, des Anfütterns und Ablehnens, für ein adäquates Mittel der Beziehungsgestaltung halten.

      Sin schrieb:

      Da ich aber Hardcore Modi mag wäre mir ein Casual BDSM Modi viel zu langweilig.
      Hardcore Modi müssen auch nicht schädlich sein, meistens wächst man an der Herausforderung.
      Das letzte schließt das erste ja nicht aus. Bedenklicher wäre für mich allemal der Tamagotchi-Dom.

      Silencer schrieb:

      Turnschuh schrieb:

      Nun gibt es im BDSM Personen, die eine solche Form der Zurückweisung, des Anfütterns und Ablehnens, für ein adäquates Mittel der Beziehungsgestaltung halten.

      Sin schrieb:

      Da ich aber Hardcore Modi mag wäre mir ein Casual BDSM Modi viel zu langweilig.
      Hardcore Modi müssen auch nicht schädlich sein, meistens wächst man an der Herausforderung.
      Das letzte schließt das erste ja nicht aus. Bedenklicher wäre für mich allemal der Tamagotchi-Dom.
      Die Vergleich mit den Tamagotchi hinkt aber für mich mit der Aussage die hier getroffen wird. Das Spielprinzip eines Tamagotchis ist es am Leben zuhalten in dem es Umsorgt wird, man mit im spielt usw.. Übertrage ich das auf eine BDSM Beziehung heißt das A) aus Dom Sicht ich muss Sub bei Laune halten damit sie bleibt (ich gehe mal davon aus die Doms möchten die Spieler sein und sehen Sub als Tamagotchi :D ) oder B) Sub muss zusehen das Dom bei der Stange bleibt. Ich sehe da jetzt bei beiden Varianten nicht wirklich was schlimmes ^^ . Bei Variante A könnte es sich um einen Caregiver handeln der daran voll aufgeht und seinen Spaß hat. Bei Variante B könnte es sich um eine intensive Ds Beziehung handeln. :pardon:

      Sind wir also wieder beim Kobayashi Maru Test als passenderes Beispiel. :D
      Don't tell me what I can and can not do.
      I'd hate to have to make a fool out of you.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Sin ()

      Turnschuh schrieb:

      Ergibt sich eine solche Konstellation in einer Beziehung, wird es aus meiner Sicht ungesund. Egal ob vanilla oder BDSM, egal ob bewusst oder unbewusst, an dieser Stelle drohen Manipulation und Abhängigkeit und das ist leider nichts wogegen man etwas tun könnte, wogegen man sich ganz leicht wehren könnte. Es liegt wohl in der Natur des Menschen auf solche Verhaltensmuster anzuspringen.

      Sin schrieb:

      Die vergleich mit den Tamagotchi hinkt aber für mich mit der Aussage die hier getroffen wird. Das Spielprinzip eines Tamagotchis ist es dieses solange wie möglich am Leben zuhalten in dem es Umsorgt wird, man mit im Spielt usw.
      Vielleicht erklärt das besser den Gedanken zu meinem Kommentar. Es ging mir nicht darum wer wen hegt und pflegt, sondern um den Machtmißbrauch zur Abhängigkeit erzeugenden Manipulation, den ich bedenklich finde.
      @Silencer da stimme ich ja auch dir und @Turnschuh voll zu. Wenn das nicht klar war. Nur der Vergleich mit einem Tamagotchi hinkt halt einfach. Das Spielprinzip eines Tamagotchi ist das lebende Tamagotchi was mit viel Fürsorge erreicht wird. Da ist halt nichts mit ausnutzen von Macht. Ein Test der nicht bestehtbar ist. Der von der Obrigkeit erstellt wurde um jemanden in eine aussichtslose extrem Situation zu bringen (Kobayashi Maru Test). Ist da für mich einfach passender. :pardon:
      Don't tell me what I can and can not do.
      I'd hate to have to make a fool out of you.
      Nun.... du hast mich zum Nachdenken gebracht. Das Ziel hast du also so weit erreicht ;) Hier meine Gedanken:


      Den Vergleich zwischen einer (sich anbahndenen) Missbrauchs-Beziehung und Spielen finde ich schon recht... naja... unglücklich. Ganz besonders, wenn du das Element der Belohnungen (Anerkennung) in den Vordergrund stellst.

      Dass ein Spiel immer schwieriger werden MUSS ("weniger Belohnungen") liegt daran, dass es sonst schlichtweg langweilig wird. Ein Spieler braucht Hürden, die er meistern kann. Das ist ein ganz zentrales Element. Spiele sprechen nicht unsere Verlustängste an. Und auch nicht unbedingt unseren Drang nach Bestätigung. Sie sind "Arbeit". Menschen wollen arbeiten, etwas erreichen, Hürden überwinden. Darum machen sie Sport, suchen sich Jobs, obwohl sie Millionen auf dem Konto haben, gehen Hobbies nach, lernen selbstständig neue Dinge - oder zocken eben. Die gefühlte persönliche Verbesseung beim Tamagochi lag darin, es noch länger am Leben zu erhalten. Das ist vergleichbar mit ganz normalen Highscores, und hat nichts mit Anfüttern und Ablehnen zu tun.
      :old:

      Problematisch beim Tamagochi war aber, dass es so viel Zeit in Anspruch genommen hat. Da musste man in jeder Unterrichts-Stunde "auf die Toilette", um nach dem kleinen Ei zu gucken. Wenn man es nur kurze Zeit nicht beachtet hat, ist es gestorben. Man hatte für sonst nichts mehr Zeit, es hat einen vollkommen eingenommen. Das kann einem auch ein einer Beziehung passieren. Egal, ob man Dom, Sub, Switcher oder Vanilla ist. Der Partner nimmt einen vollkommen ein, er verlangt nach immer mehr Zeit, mehr Emotionen. Man vernachlässigt die Arbeit/Schule, isoliert sich von deinem sozialem Umfeld, kümmert sich nicht mehr um Hobbies und schon gar nicht, um sich selbst. Der Partner wird zum ganzen Lebensinhalt. Und ja, das ist gefährlich und wird schnell ungesund.

      Ein solcher Partner erreicht dies zwar mit anderen Mitteln als ein Tamagochi. Aber das Ergebnis ist dann doch recht ähnlich.


      Tamagochi-Doms (oder -Subs) werde ich sie dennoch sicher nicht nennen. Mein Tamagochi liegt seit Jahren in der obersten Schublade meines Schreibtischs. Und irgendwann werde ich mich auch wieder mal daran versuchen. Denn das Schöne ist: Ich kann mir aussuchen, wann und wie lange dieses Plastik-Ei meine Zeit frisst. ;) Und wenn ich genug habe, kommt es wieder in die Schublade.
      ~*~ Menschen hören nicht auf zu spielen, weil sie alt werden, sie werden alt, weil sie aufhören zu spielen! ~*~
      (Oliver Wendell Holmes)