Aller Anfang ist schwer, oder gehemmt...

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      Aller Anfang ist schwer, oder gehemmt...

      Hallo werte Forumsmitglieder.

      Nachdem ich jetzt schon eine Zeitlang hier im Forum mitgelesen habe, will ich auch einmal etwas in die Runde werfen. Dazu gibt es aber erstmal einen Blick zurück und die Klärung der Frage, warum ich eigentlich hier bin.

      BDSM betreibe ich jetzt seit etwa 1 ½ Jahren, genau genommen seit ich eine Beziehung mit @Pienkie eingegangen bin. Bis hierhin war Sex für mich ganz okay, aber auch kein unbedingtes Muss. Erst mit 48 durfte ich dann erfahren, dass es auch total anders geht.

      Ich hatte schon Ewigkeiten dominante Ideen bzgl. Sex, habe diese aber nie mitgeteilt geschweige denn gelebt. In meiner inzwischen getrennten Ehe gab es höchstens alle drei Monate mal Sex, und ich würde sagen, das war auch eher beidseitige Pflichterfüllung. Wir hatten uns einfach auseinander gelebt, und so kam es folgerichtig schließlich auch zur Trennung. Alleine bleiben wollte ich freilich nicht, also machte ich mich auf die Suche, nach einer neuen Partnerin: @Pienkie. Wer jetzt denkt, dass sie den BDSM ins Spiel brachte, wird jetzt enttäuscht. Denn auch sie hatte bisher damit noch gar nichts am Hut. Uns beiden war nur klar, dass wir mehr Sex wollten als in unserer jeweils letzten Beziehung. Irgendwie brachte ich dann wohl doch mal mit ein, dass meine Vorstellung von sexuellen Tätigkeiten eher dominant sei. Und Pienkie konnte sich darauf einlassen.

      Im Laufe der Zeit begannen wir damit, erste BDSM-artige Praktiken mit in unsere Treffen einzubinden. An den Hals fassen, allgemein fester anfassen, Nippel ziehen, einen Klaps auf den Po. Schließlich besorgten wir uns ein BDSM-Set für Anfänger und siehe da, Pienkie fand Gefallen an der Peitsche und den Paddel, und ich fand Gefallen an der dominanten Handlung an sich. Der vorläufige Höhepunkt war dann unser dreitägiger Aufenthalt in einem BDSM-Ferienhaus mit Andreaskreuz, Pranger und allerlei Spielzeug. Es wurde wilder.

      Eine Zeitlang war ich mir nicht sicher, ob wir wirklich richtig in diese Szene gehören, denn als ich so diverse Kommentare auch hier im Forum las, schien mir unser BDSM doch eher zurückhaltend. Ich schien eher ein „Kuscheldom“ zu sein, da ich in einer Session zwar der tonangebende Part bin, ansonsten mir aber noch recht schwer damit tue, immer alles zu machen, was mir so in den Kopf kommt.

      Seit letztes Wochenende ist aber eigentlich klar, dass wir eine DS-Beziehung führen. Warum? Zum einem haben wir an drei Tagen hintereinander drei verschiedene Sessions mit unterschiedlichem Hauptaspekt gehabt (Schmerz, Fesselung, Erniedrigung), zum anderen haben wir darüber gesprochen, was wir uns noch alles vorstellen können. Und das geht schon sehr weit.

      Obwohl Pienkie mir deutlich sagt, dass ich meine Dominanz ausleben darf, sie diese sogar wünscht, tue ich mir damit weiterhin schwer. Da Pienkie eher masochistische Züge hat (und wie sie gesagt hat, auch beim Auspeitschen nur dadurch bereits einen Orgasmus hatte), kann ich in den Sessions relativ leicht ihr einen (im Vergleich) eher harmlosen Schmerz zufügen. Harmlos heißt, sie behält keine Striemen zurück oder ähnliches. Wie ich erkannt habe, habe ich keine sadistischen Züge, soll heißen, ich genieße zwar die Macht über sie, ihr Schmerz zuzufügen, macht mich aber nicht geil. Erregen tut mich eher der Part der Erniedrigung. Aber gerade in diesem Bereich fühle ich mich sehr gehemmt. Ich tue mir schwer damit, sie einfach zu benutzen oder ähnliches. Da Pienkie ja auch keine Vorerfahrung hat, frage ich mich immer, ob sie weiß, worauf sie sich einlässt. Vom Kopf her weiß ich, dass das alles okay ist, dass ich noch viel weiter gehen könnte, als ich es bisher tat. Doch wenn ich mir das vornehme, bremst mich mein Kopf immer wieder etwas aus, auch wenn ich Schritt für Schritt immer mehr mache.

      Und nun die Frage an euch: Kennt ihr das? War es bei euch am Anfang auch so, oder konntet ihr gleich alle Hemmungen fahren lassen? Habt ihr vielleicht sogar auch jetzt manchmal noch diese Stimme im Hinterkopf die da sagt, dass man das nicht machen kann?

      Für einige Antworten auf diese Frage wäre ich dankbar.

      Liebe Grüße

      Darwin
      Ich glaube die wenigsten konnten das Schwert zücken und die Kavallerie losreiten lassen ;)
      Ihr seid auf einem sehr guten Weg.
      Deine Hemmungen sind normal, wer von uns ist nicht mit den "normalen" Werten aufgewachsen?
      Man schlägt keine Frau, trägt sie auf Händen blablubb.
      Dir scheint etwas Vertrauen in Euch zu fehlen.
      Vielleicht kann dich Pieke ja ermutigen Schritt für Schritt etwas weiter zu gehen in dem sie ggfs. darum bittet.
      Hallo Darwin,
      herzlich willkommen im Forum. :)

      Für mich klingt das, was Du beschreibst, gar nicht ungewöhnlich. Da kannst Du noch so viele Jahre BDSM-Fantasien gehabt haben, Dir irgendwelche Szenarien ausgemalt und das Verlangen gehabt haben, das alles auszuleben. Die tatsächliche Umsetzung ist dann doch nochmal was ganz anderes! In der reinen Vorstellung, die nur in Deinem Kopf stattfindet und mit niemandem geteilt wird, tauchen Hemmungen und kritische, mit den gesellschaftlichen Normen verknüpfte Fragen und Zweifel vermutlich gar nicht auf oder lassen sich schnell vertreiben. Da steht einfach nur die Lust im Fokus – Deine Fantasien, Vorlieben und Wünsche – Dein Verlangen, welches Du jahrelang zurückgestellt hast.

      Dann lernst Du eine Frau kennen, es stellt sich heraus, dass sie ebenfalls auf genau diese Dinge anspringt und plötzlich wird das alles ganz real. Aus Gedanken werden klare, hörbare Worte, aus Fantasien werden Erlebnisse und schließlich kommen sogar noch Ideen und Sehnsüchte eines anderen Menschen hinzu, die irgendwie mit Deinen eigenen in Einklang gebracht werden "sollten". Und auf das, was Du (jetzt nicht mehr nur in Deiner Fantasie) tust, gibt es nun ganz reale Reaktionen, die wahrscheinlich nicht immer so genau denen aus Deinen Vorstellungen entsprechen, weil das persönliche Empfinden / Wahrnehmen / Erleben nun mal nicht bei jedem das gleiche ist... Viele neue Eindrücke in kurzer Zeit – das lässt sich kaum vermeiden, kann aber auch dazu führen, dass man derart von Gefühlen und Gedanken überflutet wird, dass sich diese vorübergehend als hinderlich erweisen (das ist nicht nur in Bezug auf BDSM so).

      Davon abgesehen widersetzt Du Dich nach so vielen Jahren praktisch dem, was seit jeher in Deinem Kopf (und vielen anderen Köpfen) verankert ist: "Das geht doch nicht, sowas macht man nicht...".

      Ich finde es ganz natürlich, dass da immer mal wieder Unsicherheiten auftauchen und Fragen, Zweifel und Ängste in Dir aufkeimen, die Dich zeitweise hemmen. Und ganz ehrlich: Von "höchstens alle drei Monate mal Sex" als "Pflichterfüllung" mit der Vanilla-Ehefrau hin zu einer neuen Partnerschaft mit BDSM-Handlungen inkl. Erniedrigung und der Nutzung von Schlagwerkzeugen... das ist schon ein gewaltiger Sprung! ^^ Es ist weder verwunderlich noch schlecht, dass Du die Dinge hinterfragst und ab und zu ins Grübeln gerätst. Und wenn Du demnach einfach noch nicht so weit bist, Deine Neigung in vollen Zügen auszuleben und zu genießen, ist das auch nicht schlimm! Jeder hat sein eigenes Tempo. Setz Dich da nur nicht unter Druck. Von 0 auf 100 ist sowieso meistens nicht der beste Weg,,, Nimm Dir Zeit, so viel Du eben brauchst. Was Du und @Pienkie zusammen erlebt, lässt sich nicht mit einem Fingerschnipp Euren Vorstellungen entsprechend "perfektionieren". Es ist ein Prozess, eine gemeinsame Entwicklung und sicher auch immer wieder ein Herantasten an den Partner, dessen Emotionen und Reaktionen und generell an Unbekanntes wie z.B. neue Spielarten. Ob Sub / Bottom oder Dom / Top ist dabei auch egal: Für beide wird es von Zeit zu Zeit Situationen geben, die Überwindung kosten und anfangs vielleicht auch mit Hemmungen / Blockaden und Ängsten in Verbindung stehen. Sagt Euch zwischendurch vielleicht öfter mal: Alles zu seiner Zeit! :) Ich kann Dir nur raten, immer nur so weit zu gehen, wie Du Dich dabei sicher fühlst und Verantwortung für die möglichen Folgen übernehmen kannst.

      Ich wünsche Dir und Deiner Pienkie viel Freude, Spaß, gegenseitiges Vertrauen und Innigkeit auf Eurer gemeinsamen Entdeckungsreise. :)

      Zofe
      Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe ist alles nichts.
      Erstmal vielen Dank für die Antworten.

      Tatsächlich ist es ein gewaltiger Sprung in meiner Sexualität, @Zofe, insbesondere da ich das Thema Sex für mich schon halb als nicht erfüllend abgehakt hatte. Das es jetzt auf einmal so sehr darum geht und so unfaßbar gut ist, ist ein Geschenk. Aber es stimmt natürlich, dass ich mir das auch manchmal noch mal ins Gedächtnis rufen sollte, um einfach nicht zu viel von mir zu erwarten.

      Ich denke, gerade wenn man die dominate Rolle innehat, hat man stark mit den in unserer Gesellschaft verankerten Normen zu kämpfen. Was man zu tun und zu lassen hat, wird uns ja von klein auf eingeimpft. Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass man sich aus dieser Beeinflussung ganz rausnehmen kann. Daher gehe ich mal davon aus, dass es neben der Gewöhnung auch noch andere "Tricks" gibt, wie man sein Gewissen beruhigt. Oder spielt das irgendwann tatsächlich keine Rolle mehr?

      Ich bin ein Mensch, der sich, glaube ich, sehr gut kennt. Das bedeutet halt auch, dass ich all meine Ambivalenzen in mir wahrnehme. Damit kann ich auch ganz gut leben. Meiner Erfahrung nach tun sich aber viele Menschen damit schwer. BDSM ist ein Verhalten gegen die normative Erwartung (was ausdrücklich keine Verurteilung sein soll. Ich bin schon immer gerne gegen die Norm gewesen), und da frage ich mich, ob man sich auch nach längerer Zeit mit ndieser Spielart dieser außergewöhnlichen Situation bewusst ist. Im Sprachgebrauch (zB Vanillas) erfolgt ja auch eine Herausstellung des eigenen Statuses.

      Naja, ich muss aufpassen, dass ich nicht ins philosophieren komme. Daher nur kurz noch einmal eine Präzisierung meiner Frage: Wie begegnet ihr dem Zusammentreffen von normativer Erwartung in Folge der Erziehung und eurem Tun? Nehmt ihr da überhaupt eine innere Spannung wahr?

      Liebe Grüße

      Darwin
      guten morgen,

      und um deine letzte frage gleich zuerst zu beantworten: ja habe ich. das war auch der grund, warum ich mich hier angemeldet habe. als frau dominant sein? nicht gerade gesellschaftlich konform. den mann zu verhauen? wie kann ich nur. und dann guck dir mal die infos im netz zum thema femdom an. das ist ne menge bullshit ( von wenigen ausnahmen abgesehen), da darf man schon mal zweifeln, wenn man selbst nicht ins schema passt.

      ich komme auch aus einer langjährigen vanilla ehe und ich hatte deutlich weniger sex als du, - ja, das geht. ein neuer mann, neuer sex, anderer sex. dinge, die zuvor nur als nette fantasie in meinem kopf waren. auf einmal lebendig.

      wenn ich daran denke, wie wir zum ersten mal die neigungsbögen der hauptseite ausgefüllt haben.e.. da waren so viele Einschränkungen. vieles von dem hat sich heute schon relativiert. weil wir gemeinsam feststellen, was geht und was nicht.

      @Schwarze_Motte vertraut mir. aber er ist auch mein stärkster kritiker. und so tasten wir uns langsam und mit spass voran. und dann gibt es diese momente: wenn er vor mir kniet oder steht und ich sehen kann, wie seine haut auf meine behandlung reagiert, wenn ich seine hingabe an mich spüren kann, sie greifbar ist, wenn ich erleben kann, dass er all das macht, weil er das innerste bedürfnis hat, mir zu dienen ... dann geht mein herz für ihn über. ich schlage ihn, weil ich ihn liebe.

      und mit diesem gedanken fällt es mir dann auch schon lange nicht mehr schwer.

      gib dir zeit und akzeptiere dich. redet miteinander. du wirst sehen, das wird.