Wofür steht Rack im Kontext BDSM?

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      Wofür steht Rack im Kontext BDSM?

      Was verstehen unsere Mitglieder unter dem Begriff Rack im BDSM Kontext? Hier kann jeder seine Definition einstellen, denn BDSM ist viel aber keine DIN-Norm.

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      "Es ist gleich willkürlich, ob man den Leuten sagt: ihr sollt nicht frei, oder: ihr sollt und müsst gerade auf diese und keine andere Weise frei sein." Joseph von Eichendorff

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      Risk-Aware-Consensual-Kink (auch Risk-Accepting-Consensual-Kink) ist eine Möglichkeit, die Grenzen des BDSMs zu definieren, also die Frage zu beantworten, welche Praktiken noch "ok" sind und welche nicht. Im Gegensatz zum SSC wird hierbei nicht verlangt, dass eine Praktik "safe", also "sicher", ist, sondern es wird verlangt, dass die (allesamt einwilligungsfähigen) Teilnehmer sich über die Risiken im Klaren sind und dann entscheiden, ob sie diese in Kauf nehmen wollen oder nicht.

      Hierfür gibt es z.B. folgende Argumente:
      • SSC propagiert "safe" als Standard. Aber was ist absolut sicher? Nichts. Also kann es nur um "sicher genug" gehen. Aus dem scheinbar absoluten Standard wird so automatisch ein persönliches Gefühl - und somit entpuppt sich jedes "Ist das sicher?" als eine persönlichen Risiko-Abschätzung. Der Unterschied zum RACK ist nur, dass diese Risiko-Abschätzung sich nicht nur implizit ergibt, wenn man etwas darüber nachdenkt, sondern explizit gefordert wird.
      • "Safe" hängt auch sehr stark vom Individuum ab, was für einen Profi sicher ist, ist für einen Amateur eventuell lebensgefährlich, was einen einheitlichen "safe" Standard weiter untergräbt. Auch Tagesform, äußere Umstände, etc. variieren sehr stark. Es ist also schlicht für eine bestimmte Tätigkeit fast unmöglich allgemein zu beantworten, ob sie "sicher" ist - sondern eben lediglich, welche Risiken sie in einer bestimmten Situation birgt.
      • SSC kann im schlimmsten Fall sogar dazu führen, dass Risiken, etc. gar nicht bedacht werden, weil eine Praktik ja als "sicher" gilt und damit "ok" sein muss
      • RACK drückt sehr viel stärker die Eigenverantwortung der Menschen aus, sich über Risiken und eventuell unerwünschte Folgen zu informieren und ggf. auch auf diese vorbereitet zu sein
      Natürlich gibt es auch im BDSM Bereich falsche Vorstellungen, z.B. dass RACK automatisch härteres Spiel beinhalten muss, was aber natürlich Unsinn ist. Ein RACK-Spieler kann auch jemand sein, der nur leichte BDSM Techniken praktiziert und umgekehrt, was manche Leute als "safe" empfinden mag dem nächsten in die Ohnmacht treiben. Zweifelsohne sind die Grenzen des RACK-Spiels ein Stück größer als die von SSC, da beißt die Maus keinen Faden ab, aber das bedeutet eben nicht automatisch, dass RACK härter sein muss. Das persönliche Risiko-Bewußtsein in den Vordergrund zu stellen, bedeutet nun einmal nicht, automatisch höhere Risiken einzugehen. Für manch einen kann RACK sogar dazu führen, dass er Praktiken unterläßt, von denen er vorher nur annahm, sie wären "safe".
      Rack steht für Risk-aware consensual kink, was bedeuten soll, dass man sich einvernehmlich (consensual) auf etwas einlässt was beide durch eine selbstdurchgeführte Risikenabwägung (Risk-aware bedeutet aber eigentlich nur risikobewusst) als akzeptabel eingestuft haben.

      Von vielen Racklern wird angeführt, dass BDSM immer ein Risiko in sich birgt und daher ein safes BDSM gar nicht geben kann, wohl aber eines bei dem unsafe Praktiken bewusst genutzt werden um den eigenen Kink (in dem Fall BDSM Vorlieben) zu befriedigen. Wenn man das risikobewusst so auslegt, dass man alle Risiken kennt, kann man natürlich sagen, dass niemand alle Risiken vorhersehen kann, das wäre eine ähnliche Kritik wie bei der Auslegung des Wortes safe beim SSC, wo eben auch gesagt wird, dass nichts 100% safe sein kann beim BDSM. Legt man es hingegen so aus, dass man sich dessen bewusst ist, dass BDSM Risken birgt, dann sagt es nichts darüber aus, dass es auch eine Pflicht gibt sich über die Risiken zu informieren, nur dass man sich dessen bewusst ist, dass es sie gibt. Gemeint ist aber wohl ein Mittelweg, also eine Informationspflicht aller Beteiligten, in einem alltagstauglichen Maße, je nach potentieller Gefahr (bedeutet mehr Gefahr = mehr Informationspflichten). Auch dieses Konzept kann damit bei einer rein wörtlichen Auslegung, ebenso wie SSC, als nicht sinnvoll zerpflückt werden.

      Grundsätzlich ist die Auslegung, die über den reinen Wortlaut von Rack hinausgeht, aber durchaus sinnvoll, ebenso wie es eben bei SSC der Fall ist. Wenn man also in Rack hineininterpretiert, dass man nicht nur dessen bewusst ist, dass es Risiken gibt, sondern vorab sich möglichst umfassend darüber informiert und nach einer individuellen Risikoabwägung zu dem Ergebnis kommt, dass ist für einen OK, dann ist es eine sinnvolle Alternative. Es hilft dann dabei, auch BDSM betreiben zu können, welches eben gewisse Risiken in sich birgt, was mit dem SSC Kodex (je nach Auslegung von safe) früher oder später nicht mehr vereinbar wäre.

      Rack zu sein bedeutet nicht, dass man härter spielt, dennoch sind gefährliche "Spiele" bei Rack eben möglich, eben da auf das safe verzichtet werden kann, wenn sich die Beteiligten einig sind. Ein Gangbang ohne Kondome wäre nicht SSC, kann aber problemlos Rack sein. Eine Amputation wäre ebenfalls nicht SSC, kann aber eben Rack sein, wenn beide meinen, dass das für ihren Kink nötig ist und sich der damit verbundenen Risiken bewusst sind.
      "Es ist gleich willkürlich, ob man den Leuten sagt: ihr sollt nicht frei, oder: ihr sollt und müsst gerade auf diese und keine andere Weise frei sein." Joseph von Eichendorff

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      Rack wird im BDSM oft mit der härteren Spielart gleichgesetzt, was ich für mich selbst und meinen Partner aber verneinen kann. Wir gehören sicher nicht zu den härtesten Spielern. Dennoch bezeichne ich unser Spiel als Rack und nicht als SSC. Das liegt vor allem daran, dass ich bei SSC nur mit dem C etwas anfangen kann.
      Selbstverständlich ist alles was wir tun einvernehmlich. Safe und insbesondere Sane sind für mich dagegen völlig subjektive Werte, deren Auslegung vollständig von der interpretierenden Person abhängen.

      Meiner Meinung nach kann das SSC Konzept dazu führen, dass Teilnehmer eines Spiels sich in einer falschen Sicherheit wiegen. Selbst das Spiel langjähriger Spielpartner, die sich ausgesprochen gut kennen, unterliegt vielen (auch äußeren) Einflussfaktoren, die sich jederzeit ändern können und deren 100 % Kontrolle in meinen Augen ausgeschlossen ist. Insofern können auch Risiken nicht vollständig ausgeschlossen werden.

      Noch schwerer tu ich mich mit dem Sane in SSC. Hier kommt es komplett auf den Standpunkt des Betrachters an. Die meisten im BDSM vorgenommenen Praktiken, würden von Außenstehenden als nicht besonders sane bezeichnet werden. Aber auch innerhalb der Szene sind die Ausprägungen und Vorlieben so unterschiedlich, dass das, was der eine für völlig vernünftig hält, vom nächsten als völlig unverantwortlich betrachtet werden kann.

      Aus den oben genannten Gründen ist für mich RACK ein geeigneteres Model zur Definition der Grenzen des Spiels. Es setzt auf ein hohes Maß an Eigenverantwortung aller Beteiligten, hier möchte ich auch insbesondere Sub/Bottom hervorheben, und weist gleichzeitig darauf hin, dass das BDSM Spiel niemals ganz frei von Risiken sein kann, wessen sich alle Beteiligten bewusst sein müssen und ihrer Informationspflicht zur persönlichen Risikobewertung nachkommen müssen.

      Auch wenn es sich in der Szene gewohnheitsgemäß durchgesetzt hat, RACK synonym mit der Definition der härteren Spielart zu verwenden, halte ich das nicht für den Ursprungsgedanken von RACK. Stattdessen betrachte ich RACK schlicht und ergreifend als das realitätsnähere Konzept.
      A gentleman is a man who knows when not to be gentle.