Dissoziation in Sessions

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

      Melac schrieb:

      Ist es nicht genau das, was eine richtig gute Session ausmacht?
      Für mich ist es ein Highlight, einfach schon aus dem Grund, weil ganz viel zusammen passen muss, damit dieser Zustand erreicht werden kann.
      Dazu gehört das ich komplett abgeben darf,ohne dass auf direkte Kommunikation beharrt wird, der dominante Part diese Verantwortung bereit ist zu übernehmen und das beide, auch im Nachhinein hinter dieser Vereinbarung stehen.
      Also ich kenne beide Zustände. Dissoziation und, ich nenn es mal, „Fliegen im Submodus“. Für mich sind das zwei völlig unterschiedliche Empfindungen, absolut nicht vergleichbar. Und meiner Meinung nach auch völlig unterschiedlich ausgelöst. Dissoziation ist eine Schutzreaktion des Gehirns. „Fliegen“ eher ein Endorphin- und Adrenalinrausch und damit einem Trip nicht unähnlich.

      Dissoziation verbinde ich mit negativen Empfindungen. Ja, man fühlt sich in beiden Situationen wie „in Watte gepackt“. Das ist für mich aber schon die einzige Verbindung. Dissoziation kann ein Freund oder ein Feind sein. Der Zustand kommt ungewünscht und unsteuerbar über einen, meist verbunden mit depressiven Empfindungen. Es braucht einiges an Arbeit, bis man diese Situation nicht völlig ablehnt, sondern versteht, den Schutzmechanismus des Gehirns als Freund zu akzeptieren. Letztendlich ist es etwas das vielen Betroffenen geholfen hat, zu überleben. Wichtig ist ebenso, eine Exit-Strategie zu erlernen, damit man diesen Zustand nach Wunsch beenden kann.

      Der Rausch, der während einer intensiven Session entstehen kann, fühlt sich für mich völlig anders an. Tatsächlich fällt man auch hier irgendwie aus der normalen Gefühlswelt heraus. Körperliche Empfindungen und das Denken an sich treten in den Hintergrund. Emotionen übernehmen die Steuerung. Insofern trennen sich Geist und Körper auch irgendwie. Aber auf eine positive Art und Weise, die bei mir große Glücksgefühle und das Empfinden von vollständigem Frieden auslöst. In der Empfindung ähnelt es ziemlich dem sog. „Runners High“, das viele Sportler auch kennen.

      Ich denke daher, dass der „Fehler“ weiter oben in der Definition liegt. Es gibt nicht eine pathologische und eine „gute“ Variante der Dissoziation - sondern Dissoziation auf der einen Seite und ein Hormon-High auf der anderen Seite.
      A gentleman is a man who knows when not to be gentle.

      DarkDesire schrieb:

      Dissoziation und, ich nenn es mal, „Fliegen im Submodus“. Für mich sind das zwei völlig unterschiedliche Empfindungen
      Erstmal: Danke für deine Beschreibung! Ich denke auch, dass Dissoziationen und "Fliegen" zwei unterschiedliche Dinge sind. "Fliegen" hatte ich noch nicht, denke ich. Dissoziationen in den "normalen" Fällen kenn ich auch so, wie du sie beschreibst. Und ja, das ist natürlich die "pathologische" Form. Dass es keine "gute" Dissoziation gäbe, da möchte ich dir aber wehement widersprechen.

      Was ich bisher so in meinen Sessions gefühlt habe, hat sich nämlich wirklich sehr nach Dissoziation angefühlt, und so überhaupt nicht nach Rausch. Ich war nicht euphorisch, nicht in einem Hoch. Es kam auch nicht durch Schläge o.ä., sondern NUR durch Worte. Ich war eher "ganz unten" als "ganz oben".

      Der Unterschied zur "pathologischen" Form war, dass ich wusste, woher es kommt. Es gab keine real bedrohliche Situation, es wurden auch keine schlechten Einnerungen getriggert, sondern es wurde wirklich meine Neigung im Kern angesprochen oder ich war an ner Grenze, die ich kaum ausgehalten hätte. Ich wusste, dass ich bei meinem Freund gut aufgehoben und beschützt bin. Durch all das habe ich nichts Schlechtes mit der Dissoziation verbunden, sondern eben nur Positives. Im normalen Alltag machen Dissoziationen Angst, weil sie einen gefangen nehmen. Man ist ihnen Schutzlos ausgelieftert. In einer Session ist "Gefangenschaft" aber durchaus erwünscht, man fühlt sich irgendwie beschützt.
      ~*~ Menschen hören nicht auf zu spielen, weil sie alt werden, sie werden alt, weil sie aufhören zu spielen! ~*~
      (Oliver Wendell Holmes)

      WaterLily schrieb:

      DarkDesire schrieb:

      Dissoziation und, ich nenn es mal, „Fliegen im Submodus“. Für mich sind das zwei völlig unterschiedliche Empfindungen
      Was ich bisher so in meinen Sessions gefühlt habe, hat sich nämlich wirklich sehr nach Dissoziation angefühlt, und so überhaupt nicht nach Rausch. Ich war nicht euphorisch, nicht in einem Hoch. Es kam auch nicht durch Schläge o.ä., sondern NUR durch Worte. Ich war eher "ganz unten" als "ganz oben".

      Im normalen Alltag machen Dissoziationen Angst, weil sie einen gefangen nehmen. Man ist ihnen Schutzlos ausgelieftert. In einer Session ist "Gefangenschaft" aber durchaus erwünscht, man fühlt sich irgendwie beschützt.
      Interessant, wie unterschiedlich man das wahrnehmen kann. Du schreibt von einem "ganz unten". Das würde ich persönlich in einer Session auf keinen Fall empfinden wollen. Aber das ist natürlich persönliche Neigung und Geschmack. Wenn es sich für Dich richtig anfühlt, dann ist es das sicher auch für Dich :)

      Auch beim zweiten Punkt empfinde ich anders, allerdings war das ein Lernprozess. Dissoziation im Alltag macht mir keine Angst (mehr). Ich habe mit professioneller Hilfe gelernt, es als das zu akzeptieren, was es ist: Ein freundlicher Versuch meiner Psyche, mich zu schützen. Wenn auch vielleicht von ihr in bisschen übereifrig umgesetzt ;) Außerdem habe ich gelernt, dem nicht mehr ausgeliefert zu sein. Ich kann den Zustand nach Belieben beenden, auch wenn es etwas Anstrengung kostet. Der Schlüssel liegt darin, nicht dagegen anzukämpfen, sondern es wie einen guten Freund anzunehmen. Und sich dann ein paar Tricks anzueignen, um den guten Freund auch wieder nach Hause zu schicken wenn er nicht mehr gebraucht wird.
      A gentleman is a man who knows when not to be gentle.
      Staub wegpustet...

      Ich hatte schon mal über das Thema Dissoziation gelesen, daher wusste ich, wonach ich suchen musste... Nach unserer Session meinte mein Dom "jetzt hast du wieder was zum Nachdenken... um dich selber besser kennen zu lernen". Er meinte das nicht böse oder abwertend. Ich bin ein Kopfmensch und das weiß er. Aber jetzt mal dazu, worum es mir geht:

      Wir hatten eine recht lange "Spielpause" aufgrund beruflicher Belastung, haben uns trotzdem jeden Tag geschrieben, jede Woche wenigstens einmal gesehen und zwischendurch auch Sex, aber eben keine Session...
      Gestern war es endlich wieder soweit. Mein Dom fing an, mich zu fesseln (das haben wir erst seit kurzem für uns entdeckt). Ich weiß schon gar nicht mehr, was genau er in welcher Reihenfolge gemacht hat oder wann es anfing, aber irgendwann fiel mir auf, dass ich irgendwie nicht mehr ich war... nicht mehr gefühlt habe wie ich... Dabei war prinzipiell nichts neues dabei, nichts, das ich als extrem einschätzen würde... einige Schläge, die über das Lustschmerzlevel hinaus gingen, aber auch das eigentlich nichts neues.
      Zwischendurch gab es auch immer wieder Zärtlichkeiten oder Stimulation... ich habe das zwar alles wahr genommen, aber irgendwie nicht an mich heran lassen, nicht genießen können...
      Ich hatte ein paar Mal den Gedanken an mein Safeword, aber es war so, als hätte der andere Teil meines Ichs das mitgenommen und der übriggebliebene Rest ertrug nur noch. Ich ertrage für meinen Dom sehr gerne Schmerz oder ähnliches, aber eben, wenn ich vollständig ertrage und nicht nur meine seelenlose Hülle erträgt.
      Irgendwann blitzte das Wort "Vergewaltigung" in mir auf. Nicht, dass es das war! Das war es zu keinem Zeitpunkt! Aber dass ich das so gefühllos ertrug, als wäre es eine. Ich war einfach innerlich leer und empfand es als unfair gegenüber meinem Dom und hatte auch ein wenig Angst vor mir selbst... davor, wozu das noch führen würde.
      Bis dahin habe ich alles ertragen, aber als von mir Aktivität gefordert wurde, konnte ich meinem Dom klar machen, dass ich nicht mehr kann und wir haben abgebrochen.

      Eine Menge Fragen ging mir danach durch den Kopf:
      Was wäre passiert, wenn wir nicht abgebrochen hätten? Hätte ich mich irgendwann wieder zusammengefügt? Erst nach der Session?
      Normalerweise liest mein Dom sehr zuverlässig, wann es für mich zu viel wird. Wie sieht das denn von außen aus? Gibt es Möglichkeiten für meinen Dom meine Dissoziation zu erkennen? Möglichkeiten, mir zu helfen, das zu beenden?
      Hätte ich einfach mitmachen, weitermachen sollen? Zumindest zum Zeitpunkt des Abbruchs hat sich ein Weitermachen falsch angefühlt.

      Ich erwarte jetzt keine Antworten von euch... zumindest nicht auf alle Fragen... aber wer hat denn ähnliches erlebt und wie geht ihr damit um? Fließt das in euer Spiel ein?
      Ich hatte das bei einem Clubbesuch. Kein Fetisch, nur Swinger. Ich habe etwas ertragen.
      Ohne Gefühl und gleichzeitig wie gelähmt.

      Ich konnte mich erst nach einigen Minuten aus dieser Starre befreien und die Situation beenden, aber genau dieses Gefühl der Vergewaltigung hatte ich auch, obwohl es das nicht war genau genommen.

      Es war absolute Überforderung. Der ich mich selbst ausgesetzt hatte. Das hat mich nachhaltig und lang beschäftigt.

      Wichtig ist, glaube ich, es miteinander aufzuarbeiten. Nehmt den Druck.
      Nimm dir den Druck.
      Es gibt definitiv 2 Arten....

      ich fang mit der pathologischen, die für mich so gefühlt nicht in mein Leben passt an :
      Sie entsteht, wen das emotionale und körperliche gespürte Leid nicht mehr ertragbar ist, wenn jemand mit Hass und voller Gewalt das Spiegelbild in Einem zerstört und man einfach willenlos zuschauen muss...
      Es ist vorbei, wenn es vorbei ist, das senkt sich die geistige, abgehobene Betrachtungsweise..., das was bleibt ist nur ein Häufchen Elend.(Bsp. Trauma, Vergewaltigung)

      ....
      Die andere Reaktion entsteht aus einer selbstbestimmten willentlichen Entscheidungen, des Hinnehmen.
      Der Geist gibt den Körper frei.
      Für mich müssen da viele Bedingungen im Flow sein, meine und auch die des Tops.
      Es hat für mich etwas meditatives, betrachtendes.
      Es kann kommen, was will...
      Mit jeder Hürde, die genommen wird, lösen sich die Sinneswahrnehmungen etwas auf.
      Empfinde ich überhaupt noch Schmerz.,?Wohin wird geschlagen.?
      Angst ist dabei nicht mein Begleiter und es wirk in der Gestik von aussen fast betrachtend maskenartig, reaktionslos kalt.
      Die Augen haben etwas tunneliges. Man fällt durch sie hindurch.
      Wie komm ich da, zurück.
      Gehalten werden, fest... ist das Schlüsselwort bei mir und der Boden ist Bezugspunkt.
      Entsteht meist bei Deprivatisierungen-Sinnesentzug auf lange Zeit und das Seil ist oft auslösendes und verbindendes Medium.
      "Frei und doch körperlich gebunden"

      Abgrenzung zum Fliegen ist für mich da leicht.
      Ein High, was ich im Schmerzerleben mit einem durchaus zufriedenen, beseelten Lächeln quittiere.

      JosieN schrieb:

      Möglichkeiten, mir zu helfen, das zu beenden?
      ...vielleicht ganz praktisch, wenn Du etwas in der Hand hast was Du fallen lassen kannst, weil die Worte nicht über Deine Lippen kommen können.......


      Mental hast Du vielleicht gerade völlig den Boden verloren......Stress, Überlastung usw.- daneben dann auch (Vor-)Freude und nicht enttäuschen wollen......und plötzlich fällt so alles ab und Frau ist nur noch da...........nicht mehr und nicht weniger.


      JosieN schrieb:

      aber als von mir Aktivität gefordert wurde, konnte ich meinem Dom klar machen, dass ich nicht mehr kann und wir haben abgebrochen.
      damit hat er Dich ja quasi "rausgeholt"........
      An den Kreuzungen des Lebens stehen leider keine Wegweiser.

      newbarbie schrieb:

      damit hat er Dich ja quasi "rausgeholt"........
      Danke @newbarbie, so hatte ich das noch gar nicht gesehen... vielleicht kann er das in Zukunft auch gezielt einsetzen...

      newbarbie schrieb:

      dann auch (Vor-)Freude und nicht enttäuschen wollen......und plötzlich fällt so alles ab und Frau ist nur noch da...........nicht mehr und nicht weniger.
      vor allem mit dem Teil hast du vermutlich Recht. Ich hatte das versucht hinter mir zu lassen, um keine self fulfilling prohecy zu produzieren...
      Vor zwei oder drei Wochen wollten wir uns zu einer Session treffen. Ich hatte etwas besonderes angezogen und mich sehr darauf gefreut... doch mein Dom meinte irgendwann, dass er sich nicht dazu imstande fühlt. Die Vernunft sagte mir, dass es die richtige Entscheidung war. Erschöpft eine Session anzufangen... wer weiß, wozu das geführt hätte... doch er hat meinem Gesicht meine Enttäuschung wohl sehr genau angesehen...
      Wir hatten am Wochenende auch darüber gesprochen, dass mir das noch in den Knochen steckt... er meinte nur, "ja, aber dieses Mal ist es anders"...

      Noctua schrieb:

      das Seil ist oft auslösendes und verbindendes Medium.

      "Frei und doch körperlich gebunden"
      Das ist interessant... Es war ja das erste Mal, dass er mich außerhalb des Workshops gefesselt hat. Vielleicht ist tatsächlich das ein (Mit-)Auslöser. Wobei es ein sehr angenehmes Gefühl war... am Anfang habe ich noch jede Lage des Seils wahr genommen. An einer Stelle musste er auch noch einmal korrigieren, weil es unangenehm gedrückt hat, aber danach... hat es sich einfach... komplett angefühlt... wie ein sehr eng anliegendes Kleidungsstück und ihn dabei zu beobachten, wie er mich Stück für Stück verpackte und mir die Bewegungsfreiheit nahm... ich hab das wirklich sehr genossen.

      Noctua schrieb:

      Der Geist gibt den Körper frei.

      Für mich müssen da viele Bedingungen im Flow sein, meine und auch die des Tops.
      Es hat für mich etwas meditatives, betrachtendes.
      Ja, mein Geist hat definitiv meinen Körper frei gegeben. Aber ob ich das als meditativ bezeichnen würde? Vielleicht beim nächsten Mal, wenn ich das besser einschätzen kann. Es nichts neues, nichts erschreckendes mehr für mich ist.

      Anthophila schrieb:

      genau dieses Gefühl der Vergewaltigung hatte ich auch, obwohl es das nicht war genau genommen.
      Danke @Anthophila Ich habe eine Weile gezögert, ob ich das so schreiben kann. Denn es war nur dieses Gefühl, dieser Gedanke... es ist nichts passiert, das ich nicht wollte, dem ich nicht zugestimmt hatte.

      Anthophila schrieb:

      Wichtig ist, glaube ich, es miteinander aufzuarbeiten. Nehmt den Druck.

      Nimm dir den Druck.
      Mir selber den Druck zu nehmen, ist gar nicht so leicht... Zusammen klappt das besser. Wann immer ich ihn bisher um etwas gebeten hatte, wenn ich Sicherheit brauchte, hat er es getan.
      Wir arbeiten das auf jeden Fall zusammen auf. Er lässt mich da auch nicht allein, auch wenn er manchmal meine Gedanken und Empfindungen nicht nachvollziehen kann, er akzeptiert es wie es ist... Wir haben ja auch direkt nach dem Abbruch angefangen darüber zu reden und er weiß, dass ich dafür etwas Zeit brauche, bis das Verständnis auch in mir angekommen ist.

      Auf jeden Fall haben mir eure Antworten noch ein paar neue Aspekte aufgezeigt. Danke euch!
      @JosieN

      Entschuldige, wenn die Frage dir unangenehm sein sollte. Du musst sie auch nicht mir beantworten, sie ist für dich selbst.

      Hast du Hemmungen etwas abzubrechen in das du vorher eingewilligt hast? Irgendwie das Gefühl du müsstest weiter machen, auch wenn es dir nicht gut geht, auch wenn nicht verlangt wird, dass du über deine Grenzen gehst?

      Mein Gedanke dazu wäre: Übt das abbrechen. Wenn es im Kopf nur der absolute Notausstieg ist du dich dann aber in so einem Zustand nicht dazu bekommst irgendwie von dir aus deutlich zu machen, dass es nicht mehr geht, dann leidet die Sicherheit. Für beide.

      Dein Dom kann check ins verstärkt nutzen. Also öfter fragen wie sich etwas Grade anfühlt, ob es dir gut geht, Ampelcode.
      Und wenn du nicht verbal oder nonverbal signalisieren kannst das alles gut ist, wird abgebrochen und besprochen.

      Dissoziation kann von außen wie eine große Ruhe aussehen. Manchmal erkennt man das innerliche wegdriften. Aber dafür muss dich jemand gut kennen. Es ist anders als offensichtliche Verzweiflung über etwas, das schwer zu ertragen ist.


      Vor längerem bin ich über den Begriff "blameless sexual trauma" gestolpert.
      Er bezieht sich auf Situationen in denen eine Person beim Sex etwas erträgt das ihr langfristig schadet, nicht weil man sie zwingt oder der andere eine böse Absicht hat, sondern weil der Ausstieg nicht gelingt z.B. aus dem Gefühl heraus nicht abbrechen zu dürfen weil man doch zuerst eingewilligt hat oder ähnlichen Gründen.

      Es wird genutzt um einen Begriff zu haben für sexuelle Situationen die einem schwer zu schaffen machen, bei denen man den aktiven Partner aber nicht als Täter/ Aggressor sieht.

      Scheint wenig genutzt zu werden, aber ich finde es sehr sinnvoll hier noch ein Konzept zu haben das anerkennt, dass es mehr gibt als Einvernehmlichkeit oder sexuelle Übergriffe.

      Io_ schrieb:

      Hast du Hemmungen etwas abzubrechen in das du vorher eingewilligt hast? Irgendwie das Gefühl du müsstest weiter machen, auch wenn es dir nicht gut geht, auch wenn nicht verlangt wird, dass du über deine Grenzen gehst?
      Ich hatte das in einem anderen Thread vor einiger Zeit schon mal erwähnt. Wir spielen prinzipiell ohne Safeword, weil mich das am Anfang einfach zu sehr abgelenkt hat. Trotzdem habe ich meine Möglichkeiten einen Abbruch zu signalisieren. Ich lebe mein BDSM ja noch nicht so lange aus, mache dementsprechend immer wieder neue Erfahrungen. Über vieles habe ich schon gelesen, aber Theorie und Praxis driften manchmal eben ganz schön auseinander. In dieser Situation in der Session - keine Ahnung, wie lange das war, aber es kann nicht lange gewesen sein - gingen mir so viele Gedanken durch den Kopf.
      Selbstwahrnehmung. Was passiert da gerade mit mir? Analyse. Was macht das mit mir? Wie geht es mir gerade? Will ich, dass das weiter geht? Was macht, denkt, fühlt mein Dom gerade? Hat er die Kontrolle über mich? Oder bin ich gerade im freien Fall und weiß nicht wohin?
      Das ganze dann immer wieder von vorne, bis ich am Ende angekommen war und meine Entscheidung feststand: Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr.

      Mein Dom fragt mich immer wieder, wie es mir geht, schaut mich an, liest mich... aber eben nicht in jeder Sekunde.

      Io_ schrieb:

      Vor längerem bin ich über den Begriff "blameless sexual trauma" gestolpert.

      Er bezieht sich auf Situationen in denen eine Person beim Sex etwas erträgt das ihr langfristig schadet, nicht weil man sie zwingt oder der andere eine böse Absicht hat, sondern weil der Ausstieg nicht gelingt z.B. aus dem Gefühl heraus nicht abbrechen zu dürfen weil man doch zuerst eingewilligt hat oder ähnlichen Gründen.
      Klingt für mich schlüssig, trifft aber in meinem Fall nicht zu. Der Moment, in dem ich den Abbruch signalisieren konnte, war nicht unangenehm, nichts, dem ich weder vorher noch in der Situation nicht zugestimmt hätte und eigentlich hätte ich gerne weiter gemacht. Aber ich war nicht ich. Ich war nicht vollständig. Ein Teil von mir war woanders und wie wir damit umgehen, wenn das wieder passiert, müssen wir erst noch besprechen.
      Hi @JosieN Matthias Grimme schreibt in seinem Buch "Das SM-Handbuch" auf Seite 107:

      "Körpergrenzen
      Abdriften in Trance (besonders bei sehr ruhigen Aktionen) kann angstbesetzt sein. Bei zu großen Schmerz kann es zu einen "Hinaustreten" aus der Person kommen."

      Kann es sein, dass bei Dir etwas getriggert wird, über das Du bisher noch gar nicht bewusst geworden ist? Nicht ein physischer Schmerz, sondern ein seelischer Schmerz, eine Art "Urangst", die hervortritt?
      Manchmal ist der Sinn des Lebens eine dunkle Gasse und manchmal auch der strahlende Frühlingstag.