Schubladen und Einbände

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      Schubladen und Einbände

      Schubladen und Einbände

      In letzter Zeit hatte ich gezwungener maßen sehr viel mehr Zeit an die Decke zu schauen und mir Gedanken zu machen. Und aus, sagen wir aktuellem Anlass, ging mir etwas Bestimmtes nicht aus dem Kopf. Mir ist aufgefallen das einige Menschen beinahe schon zwanghaft versuchen, alles und jeden in eine Schublade zu stecken. Vermutlich nicht aus Boshaftigkeit, sondern um eine Vorstellung des ganzen auf das eigene Verständnis zu übertragen. Man stelle sich vor man sitzt in einer Fabrik am Fließband und den ganzen lieben langen Tag kommen schwarze und weiße Würfel an einem vorbei die man in die entsprechende Kiste einsortieren sollen. Wie verhalten wir uns tatsächlich wenn plötzlich ein roter Würfel auf dem Band an uns vorbeiläuft? Ich fand dieses Beispiel dem Thema entsprechend eigentlich sehr passen. Wir könnten den Würfel einfach ignorieren in der Hoffnung, jemand anderes kümmert sich darum. Wir könnten dazulernen und eine neue Kiste nehmen in die wir ihn legen. Oder wir versuchen zu beurteilen ob unser neuer, roter Würfel nun besser in die Kiste für schwarze, oder für weiße Würfel passt.

      Letzteres ist mir öfter aufgefallen. Wenn das Verständnis für eine Sache nicht vorhanden ist, wird versucht dieser neue Eindruck in das uns bereits bekannte Schema zu verpacken um es besser zu verstehen. Was für uns dabei am Anfang ganz neu war wird immer mehr zur Routine. Und auch bei anderen Dingen die wir nicht kennen fangen wir wie von selbst an, sie in unser Schema zu übertragen und zu verpacken. Die Gedanken vertiefen sich bei mir und ich überlege ob dieses Verhalten richtig oder falsch ist. Ob es unbewusst geschieht? Ich glaube man muss gerne neues entdecken und Spaß daran haben sich Herausforderungen zu stellen. Denn neue Eindrücke zu verarbeiten ist zweifellos eine Herausforderung für den Menschen. Bei vielen lernen wir dazu und sind vorbereitet. Andere Eindrücke sind so kalt und unerwartet das wir uns niemals darauf einstellen werden können.

      Ich habe bewusst den Titel „Schubladen und Einbände“ ausgewählt. Denn das was wir Menschen mit als erstes tun ist, etwas Neues zu beurteilen. Wir begutachten und erforschen alles Neue bis wir genug darüber wissen um es in unserem Verständnis unterzubringen. Wir beurteilen also vieles nach dem Einband. „Das ist oberflächlich!“ – Ja vielleicht. Menschen sind Augentiere. Wir orientieren und grundsätzlich an dem was wir sehen. Darauf ist auch unser ganzes Leben ausgerichtet. Die Werbung, die Angebote, Gebäude, Dekorationen und so weiter. Die Liste ist endlos. Das wird uns auch schnell bewusst wenn wir uns mit weit geöffneten Augen in unserer Wohnung umsehen. Wie viel von den Dingen um uns herum haben wir, weil sie uns gefallen haben? Und das obwohl sie keinen Nutzen erfüllen.

      So beurteilen wir auch andere Menschen. Normalerweise ob wir wollen oder nicht. „Das ist oberflächlich!“ – Ja vielleicht. Den Charakter eines Menschen können wir nicht sehen. Auch sein Verhalten in bestimmten Situationen können wir nur durch Geduld erfahren. Was uns am Anfang geboten wird ist ein Bild. Sei es Online der Avatar eines Profils, oder im realen Leben das Erscheinungsbild. Es ist das erste woran wir uns orientieren können. Und dieser Moment entscheidet schon eine ganze Menge. Andere können uns spontan und innerhalb von Sekunden sympathisch oder unsympathisch sein, ohne dass wir sie überhaupt genau kennen. Ist das nun gut oder schlecht? Ich vermute es hängt von unserem nächsten Schritt ab. Wir könnten uns auf unser Bauchgefühl verlassen, oder wir warten, beobachten, erforschen und erfahren. Vielleicht ist der unsympathische Typ ja doch plötzlich ganz nett und freundlich, während der andere, von dem wir das genaue Gegenteil erwartet hätten, unfreundlich und unsympathisch ist.

      Ich glaube nicht dass wir etwas gegen unsere erste Wahrnehmung unternehmen können. Aber wir können beeinflussen wie wir mit dieser ersten Eindruck umgehen. Wir können geduldiger sein und das in unserem Kopf entstandene Bild eines Menschen sich langsam formen lassen. Wir werden dabei Details entdecken. Neue Ecken und Kanten die uns stören können, aber ich viele kleine Macken die liebenswürdig sind. Und das Wort „oberflächlich“ bekommt, zumindest für mich, in diesem Moment eine ganz neue Bedeutung.

      „Das ist oberflächlich!“ – Ja vielleicht. Aber lohnt es sich denn nicht erst einmal die Oberfläche abzutasten bevor man tiefer gräbt?

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      Eigentlich hatte ich ein anderes Thema geplant, aber dieser Gedanke lies mich einfach eine Weile nicht los.
      Ich hab auch nur vier Hufe...

      Hand aufs Herz kannst mir vertrauen, werd mir sonst einen Muffin ins Auge hauen.

      An apple a day keeps the pony to stay!
      Ich finde das nicht oberflächlich und ja, es lohnt sich.
      Um mal bei den Schubladen zu bleiben.
      Zunächst habe ich zwei, eine für helle und eine für dunkle Würfel. Ab und an schaue ich in die Schubladen und sortiere weiter nach Farben, später dann nach Nuancen usw.
      Je älter ich werde, umso mehr Schubladen habe ich. Am Fuß der Schubladenpyramide befinden sich die wenigsten Würfel. Der größte Teil bleibt irgendwo auf der Strecke, weil offenbar sich nicht nur die Einbände gleichen.
      Ich gebe auch zu, dass mir die wenigen Würfel am Pyramidenfuß am wichtigsten sind. :secret: :rot: