Gefühle einer Sub, wenn sie selbständig handeln muss

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      Gefühle einer Sub, wenn sie selbständig handeln muss

      Hallo zusammen -
      in einem Buch, dass ich gerade lese, wurde eine Situation beschrieben, die mich nun etwas beschäftigt.

      Folgendes Setup:
      Sub gib in einer festen Beziehung, also meistens bei TPE-ähnlichen, einen großen Teil an Kontrolle und Selbstbestimmung an ihren Dom ab. Ich spreche hier über Subs, für die es essentiell ist, ein großes Maß an Führung und Kontrolle abzugeben, um sich wohl zu fühlen. Dies betrifft ja oft auch alltägliche Dinge. Entscheidungen im Großen und Kleinen müssen immer wieder getroffen werden... Hier ist/wäre dann ein gutes Regelwerk seitens Dom hilfreich.

      Was mich aber interessiert:
      Was passiert gefühlsmäßig in einer Sub, wenn sie nun in eine Situation gerät, in der sie gezwungen ist Entscheidungen ohne ihren Dom zu treffen? Vielleicht sogar genötigt ist, dabei Lücken im Regelwerk zu finden, oder u.U. gegen seine Regeln zu handeln, wenn es zwingend notwendig wäre.
      Was waren das für Situationen? Wie hätte der Dom eine solche Situation vermeiden können?
      Hätten andere Regeln oder Vorgaben verhindern können, dass Sub gegen ihre selbstgewählte Abgabe von Kontrolle und Selbstbestimmung handeln muss?

      Und..., war es hinterher evtl. schwierig, gefühlsmäßig wieder in die TPE zurückzufinden?
      Existence could not resist the temptation of creating me
      Das ist sehr spannend, da dies Problem eigentlich bei uns- Fernbeziehung!- zwar nicht täglich, aber relativ oft bei uns auftaucht.
      Wenn wir zusammen sind, ist das Verhältnis inzwischen völlig klar. Sie will von mir geführt werden und genießt es sehr.
      Wenn ich aber nicht in ihrer Nähe bin, muss sie in ihrem Leben ihren "Mann" stehen.
      Das hat sie immer gemacht und daran hat sich jetzt auch nicht geändert.
      Das Problem ist aber, das sie das gar nicht mag! Sie äusserte sich auch dahingehend, dieses "Umschalten" zwischen geführt werden und selbst zu entscheiden, immer von ihrem gewollten Zustand rausgerissen wird.
      Das macht sie etwas unzufrieden.
      Aber in so einem Fall, sehe ich für uns keine Lösung.
      Bekommen wir aber hin!
      Das Leben ist kein Ponyhof. Aber geritten wird trotzdem !
      Eine sehr interessante Fragestellung

      Ich kann jetzt nur aus meiner Sicht sprechen und da ich bisher auch nur eine Fern- bzw Wochenendbeziehung geführt hatte, gab es so wirkliches TPE eigentlich nicht. Meine Antwort ist deswegen rein hypothetisch, denn in solch einer Situation war ich bisher nicht.

      Ich habe mein Leben lang selbst Entscheidungen treffen müssen, das Entscheiden an sich ist also nicht das Problem.

      Schwieriger wird es da, wenn es gegen aufgestellte Regeln verstoßen würde, da hätte ich schon echte Schwierigkeiten mit dem Umschalten, denn Regeln geben mir einen verlässlichen Rahmen vor, geben Halt und Sicherheit.

      Vermutlich würde ich entscheiden wie immer aus dem Bauch heraus und hinterher im Gedankenchaos landen, ob ich es hätte vermeiden können.
      Angst hätte ich eigentlich nur, dass ich das Vertrauen in die Verlässlichkeit meines Doms verlieren könnte, wenn Entscheidungssituationen zu häufig auftreten und dann würde es auch schwierig werden gefühlsmäßig zurück zu finden.
      Ich bin mir nicht sicher, ob ich Deine Fragestellung richtig treffe.

      Generell betrachtet besteht das reale Leben einer Sub nicht nur aus ihrem im privaten Rahmen gelebten Beziehungsform. Es gibt einen Alltag, den sie alleine völlig selbstständig meistern muss. Sie trifft Entscheidung - zu mindestens im Job - völlig unabhängig von ihrem Herrn. Sie ist es also gewohnt unabhängig und eigenverantwortlich zu handeln. Dies wird sie meist auch vor dieser Beziehung getan haben.
      Es entspricht aber nicht ihrem Wesen - Devotion bedeutet keineswegs Schwäche, Unselbstständigkeit, nicht fähig sein ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben zu führen. Es ist eine exsistentielle Notwendigkeit.

      Innerhalb ihrer gewählten Beziehungsform - TPE - 24/7 - D/s - kann sie sich von der Eigenverantwortlichkeit weitestgehend lösen, in dem Vertrauen auf ihren Herrn.
      Regeln geben ihr den Rahmen in dem sie sich frei bewegen kann, die damit verbundene Kontrolle und Aufmerksamkeit ihres Herrn gibt ihr ein Gefühl von Sicherheit, von Fürsorge, von Wärme und Nähe, eine Form von geliebt und getragen zu werden. Ohne es zu sehr romantisieren zu wollen - ich nenne es immer ein Gefühl, als wenn Sub über einen dicken Teppich aus Wolken laufen würde - ein glückliches Schweben durchs Leben.

      Kommt es zu einer Situation, das sie diesen Rahmen der Regeln verlassen muss - z.B. durch Krankheit des Herrn - das sie plötzlich die führende Rolle übernehmen, Entscheidungen für den Herrn oder für die Lebensform treffen muss - fällt der gesamte "Wolkenteppich" in sich zusammen. Es ist nichts mehr da, was ihr Sicherheit, Fürsorge und Wärme gibt - ihr bläst der harsche Winde des Lebens ins Gesicht. Emotional bedeutet es neben der Sorge und dem Leid - zu fallen, sehr tief zu fallen ohne Sicherheitsnetz und ohne das Auffangen durch ihren Herrn, sich allein und verlassen zu fühlen. Sie ist völlig auf sich selbst gestellt und damit beginnt die Eiszeit. Es kann zu Angstzuständen kommen, zu Ohnmachtsgefühlen und zur Hilflosigkeit sich selbst zu regulieren.

      Nun - wie hätte Dom das vermeiden können?
      Es gibt kein lückenloses Regelwerk - nicht die Möglichkeit jede Situation vorausschauend abzufangen. Das würde auch den Sinn und die Machbarkeit von Regeln sprengen.
      Ich weiß aus meiner vergangen Beziehung, das für den Fall des Supergaus Vorsorge getroffen wurde - es gab so zu sagen eine vertrauenswürdige Person aus dem eigenen Netzwerk - der die Rolle des Herrn in Teilen übernommen hätte, um einen emotionalen Absturz zu vermeiden.

      Das mag in manchen Ohren sehr merkwürdig klingen - aber für mich ein Akt der absoluten Fürsorge, wenn der Herr einen Beruf hat, der zeitweise lebensgefährlich sein kann.
      Die Antwort ist wohl sehr individuell.

      Wenn ich als Sub selbst entscheiden muss, weil ich a) keine Vorgabe habe und b) mein Herr nicht zugegen ist, versuche ich danach zu handeln wie er es wollen würde. Relativ simpel. Da sehe ich auch keinen Zwiespalt wenn der Herr krank ist. Dann wird sich halt anders um seine Bedürfnisse gekümmert. Dadurch falle ich auf keinster Weise aus der Subrolle raus.

      Gegen seinen Willen etwas machen müssen, kann ich nicht beurteilen. Das kam bisher nicht vor. Klar ab und zu agiere ich gegen seinen Willen aus Spaß, um Grenzen auszuloten und den Dom in ihm zu kitzeln. Aber das ist Teil unseres BDSM. Ansonsten musste ich es nie tun und hoffe, dass der Moment nie kommen wird.


      Zusatz:
      Ich fühle mich deswegen nicht anders. Der Absturz käme bei mir wohl nur bei einem finalen Aus des Herrn. Aber solange er da ist, bleiben wir eine Symbiose. Wir brauchen keinen doppelten Boden.
      Ein interessantes Thema und ich hoffe, dass meine Antwort nicht zu ausschweifend wird :D

      Erstmal ein paar Vorbemerkungen: TPE bedeutet für mich, bzw uns, dass mein Herr alles entscheiden kann, was er möchte. In wirklich jedem Bereich meines Lebens. Auch wenn er manche Bereiche unangetastet lässt, könnte aber entscheiden, ohne dass ich mich dagegen sperren würde, widerspricht das nicht meiner Auffassung von TPE.

      Inwieweit wir schon TPE leben oder nicht, kann ich selbst nicht wirklich einschätzen. In manchen Bereichen würde ich mich vermutlich noch gegen ein Einmischen von ihm wehren.

      TPE bedeutet aber auch, dass ich kein Recht darauf habe, Entscheidungen abzugeben. Und andersrum hat mein Herr keine Pflicht, Entscheidungen für mich zu treffen. Es kann sogar sein, dass er mir aufträgt, Dinge zu entscheiden und ich dadurch eine Entscheidungspflicht habe. Es widerspricht also nicht meinem devoten Wesen, Entscheidungen zu treffen.

      Das wichtigste an einer TPE-Beziehung ist meiner Meinung nach auch nicht, dass ich als Sub viele bis alle (Entscheidungs-) Rechte abgebe, sondern dass ich mich unterordne. Dass ich sein Wohlbefinden über meines stelle und versuche, alles dafür zu tun, dass es ihm so gut wie möglich geht.

      Was das Regelwerk angeht, muss es nicht wirklich ausführlich sein. Ein guter Freund von mir hatte jahrelang eine TPE-Beziehung, in der es nur eine einzige Regel gab: "Tue alles so, wie du glaubst, dass ich es für richtig halten würde und gehorche."

      Jetzt kann ich mal zum eigentlichen Thema kommen... Diese Regel erfordert von Sub ein Handeln nach bestem Wissen und Gewissen. Wenn sie sich mal irrt und glaubt, dass ihr Herr etwas anderes für richtig hält als er es tatsächlich tut, kann sie trotzdem die Regel befolgt haben und alles richtig gemacht werden. Die Regel fängt eigentlich alles ab und sorgt auch für den Fall vor, wenn der Herr nicht erreichbar ist.

      Auch wenn es diese Regel bei uns nicht ausgesprochen gibt, tue ich mehr oder weniger genau das, wenn er nicht erreichbar ist. Das entspricht dem Grundverständnis von meinem Sub-Sein, dass ich alles dafür tue, bzw versuche, damit es meinem Herrn möglichst gut geht. Dazu gehört ja auch, dass er sich nicht über Entscheidungen von mir ärgern muss...

      Aber natürlich gibt es Situationen, in denen ich es überhaupt nicht mag, wenn ich entscheiden muss. Besonders wenn ich gestresst, müde und im schlimmsten Fall noch hungrig bin. Dann will ich nichts entscheiden. Wenn es unumgänglich ist, könnte ich es dann trotzdem, aber es würde mich ziemlich anstrengen. Da finde ich es dann sehr fürsorglich und erleichternd, wenn mein Herr mich an den Haaren in die Küche zieht und für mich entscheidet, dass ich mir jetzt einen Toast machen werde.

      Sollte ich durch eine eigene Entscheidung eine Anweisung von meinem Herrn missachten (müssen), zb weil ich aus gesundheitlichen Gründen starke Schmerzen habe, fühle ich mich zwar danach relativ schlecht und ich frage mich, ob es wirklich nötig war, aber zumindest mein Kopf weiß, dass es richtig war, auch wenn es noch nicht im Gefühl angekommen ist. Im Gefühl kommt es meistens dann an, wenn ich später mit meinem Herrn darüber rede und er mich darin bestätigt, dass es richtig war und mich in den Arm nimmt oder so.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Ich () aus folgendem Grund: Tippfehler

      Existentmale schrieb:

      Was mich aber interessiert:
      Was passiert gefühlsmäßig in einer Sub, wenn sie nun in eine Situation gerät, in der sie gezwungen ist Entscheidungen ohne ihren Dom zu treffen? Vielleicht sogar genötigt ist, dabei Lücken im Regelwerk zu finden, oder u.U. gegen seine Regeln zu handeln, wenn es zwingend notwendig wäre.
      Was waren das für Situationen? Wie hätte der Dom eine solche Situation vermeiden können?
      Hätten andere Regeln oder Vorgaben verhindern können, dass Sub gegen ihre selbstgewählte Abgabe von Kontrolle und Selbstbestimmung handeln muss?
      Vielleicht ist auch zu bedenken, wie weit 'fortgeschritten' das TPE ist.
      Ich habe ihn nach so vielen Jahren irgendwie immer 'bei mir', selbst wenn wir räumlich getrennt sind. Es ist schwer zu beschreiben.
      Aber ich behaupte einfach mal, dass ich in jeder Situation um seine Erwartungshaltung weiß und danach handele.
      Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich genug ausdrücken kann...
      Sind wir zum Beispiel gemeinsam unterwegs und unter anderen Menschen, sagt er, was ich denke oder umgekehrt.
      Wir sind da sehr vereint.
      generell bin ich da eher nervös und vllt angstlich wenn ich mal etwas entscheiden muss und er grade nicht da ist o. erreichbar ist um mir zu helfen/bestimmen.
      ich versuche dann evlt. mit xcx zusammen zu schauen was er wohl richtig finden würde und entscheide es dann so. wenn ich es ganz alleine machen muss, dann wird das schon etwas langer dauern bis ich mich für etwas entschieden habe. aber meist kann er dann meine argumente für die entscheidung nachvollziehen und ist eher froh als böse darüber.

      aber ich mag es einfach auch seehr, dass er alles bestimmen kann was er will. das ist für mich einfach seehr wichtig.
      Freut sich immer über liebe PM.s... :)

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Félin () aus folgendem Grund: Klarname entfernt

      ich kann nur für mich sprechen.
      Unsere Beziehung war in der ersten - sehr kurzen - Phase ein Spiel, welches klar gegen den Alltag abgegrenzt war.
      Ganz schnell verliesse wir aber das Spiel, weil wir beide mit dieser Trennung nicht klar gekommen sind.
      Unsere Beziehung ist inzwischen eine ganz klare Dominanzbeziehung die ständig da ist.
      Wir genießen diese Situation beide und möchten nichts anderes.
      Ich bestimme und sie folgt.
      Das Leben ist kein Ponyhof. Aber geritten wird trotzdem !
      Eine Kleinigkeit zum OT - ich denke, das ist individuell wie die Menschen an sich. Ich kenne ein Paar, bei denen ist sie im Alltag absolut die dominante, genießt dafür umso mehr, im Spiel auf der anderen „Seite“ zu stehen.

      Für mich selbst ist das, den Job definitiv ausgeklammert, nichts. Was mich zum Thema zurück bringt. Ich brauche ein Stück weit Dominanzgefälle in meiner Beziehung um mich dort wohl zu fühlen. Für mich ist es ein großes Stück Geborgenheit und Sicherheit die Verantwortung abzugeben (Wenn ich genug vertraue um es zu können) - auch wenn ich von außen als sehr taff und selbstständig wahrgenommen werde.

      Entsprechend sind Momente, in denen ich alleine vor einer Entscheidung stehe und sie auch treffen muss oftmals ein Problem für mich und werden gerne mal ausgesessen. Nicht immer zu meinem Vorteil. Wenn ich drüber nachdenke - es spielt viel Unsicherheit rein, was richtig und was falsch ist.

      Ich musste und muss zur Zeit lernen diese „Verantwortung“ selbst zu tragen, versuche die Souveränität, mit der ich sie im Job begehe ein Stück weit ins private Leben zu übertragen - aber ob es mich erfüllt, ist eine ganz andere Sache.
      Ich danke Euch, vor allem den Subs für die bisherigen Antworten!

      @Majasdom
      Wie vermeidest du, dass deine Frau ggf in emotionale Bedrängnis gerät, wenn sie Entscheidungen ohne dich treffen muss? Muss sie warten, bis du wir verfügbar bist? Was ist, wenn die Situation das nicht zuläßt?

      Die Ansätze von @Snowflake und @Ich finde ich da hilfreich und würde es wohl ggf. so als Fallback-Regel einbauen:
      "Entscheide es ohne Angst so, wie du denkst, dass ich entscheiden würde. Bei nächster Gelegenheit sprechen wir drüber. Das gibt mir Gelegenheit nachzujustieren sofern notwendig."
      Existence could not resist the temptation of creating me
      den Gedanken das Gefühl aufzuschreiben um später darüber zu reden finde ich gut - der wird mal im Hinterkopf behalten, auch wenn er aktuell nicht zum tragen kommen kann.

      Auch wenn ich selbst diese Situationen oft verfluche, finde ich - persönlich - gut, dass es sie trotz allem noch gibt. Sie fordern den Menschen der man ist und ich zumindest kann die Momente, in denen ich die Verantwortung wieder „abgeben“ kann, so auch mehr schätzen und damit auch das Geschenk, das Mann mir damit macht.

      Macht das „Problem“ nicht kleiner - aber nimmt ihm für meinen Geschmack ein wenig das bittere.
      Erstmal überlege ich wie würde er entscheiden . Ich muss Hintern meiner Entscheidung stehen ihm erklären warum ich mich dafür oder dagegen entschieden habe .

      Und da ich Bereiche habe in denen ich frei entscheiden darf .
      Er ist immer da mein Kopf ist sein Wohnzimmer. Obwohl wir in einer Fernbeziehung leben versuche ich auch dann immer daran zu denken was will er.Ich denke auch Sklavin sollte immer in der Lage sein für sich oder ihr anvertraute Personen alleine Entscheidung treffen können .
      Träume nicht dein Leben
      Lebe deinen Traum
      Danke für diesen tollen Thread! Das ist gerade genau mein Thema.
      (Ich bin mir mittlerweile nicht mehr so sicher, ob meine Antwort in diesen Thread passt, möchte meine Gedanken dazu aber trotzdem mal aufschreiben.)

      Ich führe zwar keine TPE-Beziehung, aber es ist durchaus D/s-lastig und entwickelt sich immer mehr in diese Richtung. Ich fühle mich damit unglaublich wohl und wünsche mir, dass wir das intensivieren und weiter ausbauen, denn ich spüre immer deutlicher, wie sehr es meinem Wesen entspricht und wie gut es mir geht, wenn ich geführt werde -und dass mir etwas fehlt, wenn es plötzlich wegfällt und ich komplett auf mich allein gestellt bin.

      Regeln, Vorschriften und Grenzen, die mir gesetzt werden, geben mit Halt. Ich fühle mich damit sehr sicher, behütet und beschützt. Sie stellen für mich einen Rahmen dar, in dem ich mich bewegen kann. Sie geben mir Struktur, dienen mir zur Orientierung oder als Wegweiser, dem ich folgen oder nach dem ich mein Handeln ausrichten kann.

      Bei uns gibt es bisher gar nicht besonders viele Regeln, an die ich mich zu halten habe und mein Herr entscheidet auch nicht alles mögliche für mich. Die derzeitigen Umstände lassen es (leider) kaum zu, viel mehr Kontrolle abzugeben. Gerade deshalb ist es aber so schwer für mich, wenn ich die Kontrolle, die ich abgebe, plötzlich wieder selber übernehmen muss.

      Denn vor allem wenn wir uns nicht sehen, brauche ich diese 'Orientierungshilfe' bzw. wünsche ich sie mir dann ganz besonders. Immer ist das aber nun mal nicht möglich.

      'Was waren das für Situationen?'

      Vor Kurzem musste mein Herr beruflich zweimal für eine Woche ins Ausland; dazwischen lagen nur wenige Tage. Wir konnten in dieser Zeit im Vergleich zu sonst nur sehr, sehr wenig voneinander hören. Er war dort nicht nur zeitlich sondern auch geistig/emotional stark eingebunden, war eben ganz bei seiner Sache und hatte einfach nicht den Kopf dafür, sich groß mit meinen Belangen auseinanderzusetzen. Kann ich nachvollziehen und finde ich ok, aber gut ging es mir damit nicht. Ich war in dieser Zeit eben wirklich komplett auf mich allein gestellt und musste z. T. Aufgaben übernehmen, die er sonst übernimmt. Wichtige Entscheidungen musste ich zwar nicht treffen, aber ich habe schon an Kleinigkeiten gemerkt, dass ich dann ziemlich unmotiviert und teilweise sogar mutlos bin.

      Um mal ein ganz banales Beispiel zu nennen: Ich hatte morgens einen Termin. Normalerweise fährt mein Herr mich zu meinen Terminen, wann immer es ihm möglich ist. Dass sich das nicht einrichten lässt, ist eher die Ausnahme. Morgens habe ich gemerkt, dass es mir nicht gut geht, habe mich schlapp gefühlt und mein Kreislauf wollte nicht so richtig in Gang kommen. Also habe ich überlegt: Wie komme ich nun zu meinem Termin? Ein Auto habe ich nicht. Radfahren fällt wegen Problemen mit dem Kreislauf weg. Mit dem Bus fahren? Umständlich wegen mehrmaligem Umsteigen und Warten und so. – 'schaffe ich nicht'... Usw... Letztlich habe ich mich für gar nichts entschieden, sondern den Termin einfach abgesagt. :/ Mir fehlte ein Anstoß von außen -das Gefühl, dass es wichtig ist, was ich tue und dass es 'jemanden' interessiert. Hätten wir uns vorher noch hören und darüber sprechen können, hätte mein Herr wahrscheinlich gesagt 'Du wirst ein Taxi nehmen.'. Dann wäre das gar keine Frage gewesen -dann hätte ich es genauso gemacht. So kam es mir nun aber total unwichtig vor (blöd, ich weiß..) -sicher auch verstärkt durch das Wissen, dass er auch abends am Telefon nicht danach fragen würde (konnten uns immer nur sehr kurz hören). Aktives, spürbares Interesse ist für mich ganz wichtig. Damit kann mein Liebster mein Handeln stark beeinflussen.

      Also zur Frage 'Hätten andere Regeln oder Vorgaben verhindern können, dass...' ein klares Ja! Kontrolle wäre hier ein guter und einfacher Weg gewesen. Z. B. indem wir vor seiner Abreise vereinbart hätten, dass ich ihm jeden Abend einen kurzen Bericht/eine Zusammenfassung meines Tages sende. Das wäre ein guter Anreiz für mich gewesen und sicher hätte ich auch insgesamt viel mehr geschafft und die Zeit sinnvoller genutzt. Es ist nicht so, dass er mir alles vorher nochmal sagen muss, aber dass wir uns (für unsere Verhältnisse) so lange nicht sehen, kaum Kontakt haben können und ich nichts zum 'dran festhalten' finde, ist die absolute Ausnahme, kam so noch nicht vor und dadurch wurde es einfach schwierig für mich. An generelle Regeln wie 'ab- und wieder anmelden, wenn ich das Haus verlasse' oder 'nicht alleine das Haus verlassen, wenn es dunkel ist -und wenn es doch sein muss, vorher fragen' kann ich mich ohne Probleme halten, egal ob wir voneinander hören oder nicht. Ich weiß, dass er es nicht will, also mache ich es nicht (bzw. so, wie er es will). In diesem speziellen Fall hat mich einfach die ganze Situation deprimiert und dadurch dass ich sein Interesse an mir als Person und dem, was ich tagsüber gemacht/erlebt habe, nicht mehr gespürt habe, fehlte mir völlig die Motivation, irgendwas zu tun und insgesamt hat das Alleinsein und auf mich selbst gestellt sein bei mir zu Überforderung geführt.
      Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe ist alles nichts.
      Ich hasse es in jedem Moment auch nur kleine Entscheidungen treffen zu müssen. Ich fühle mich unwohl dabei, stellenweise hilflos und überfordert. Auch wenn ich einige Male bereits schwere Entscheidungen treffen musste, hasse ich es und versuche es immer irgendwie zu umgehen.
      Ich bin noch nicht lange genug an der Seite meines Herrn um das jetzt so direkt auf ihn zu beziehen. Wenn er jedoch bei mir ist, brauche ich nichts weiter tun, als zu atmen. Ich kann alles in seine Hände legen und fühle mich wohl und frei damit.