Echte Dominanz und BDSM

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      Echte Dominanz und BDSM

      Wenn man unter dem Begriff Dominanz schlicht die Möglichkeit versteht, seinen Willen durchzusetzen, dann wäre auch jeder Schläger dominant, der mittels seiner Fäuste seine Meinung durchsetzt und jeder Manipulierer, der im Hintergrund die Intrigen knüpft um seinen Willen zu bekommen. Wer also über Dominanz im Kontext BDSM schreiben will, steht schon vor dem ersten gewaltigen Problem, dass es eigentlich gar keine Definition für Dominanz im Kontext BDSM gibt und die Definitionen aus den verschiedenen wissenschaftlichen Fachrichtungen wie der Psychologie, den Wirtschaftswissenschaften oder auch der Biologie nicht greifen wollen.

      Gerne wird Dominanz, zumindest im Kontext BDSM, glorifiziert und so etwas geschrieben wie, Dominanz erzeugt das Gefühl sich vor den anderen knien zu wollen oder Dominanz ruht in sich selbst. Aber mal ehrlich, wenn Sub selbst den Wunsch hat, vor jemandem zu knien, dann ist das nicht wirklich ein Dominanzfaktor, wenn er oder sie dies tut.

      Andere unterscheiden an der Stelle gerne zwischen aufgesetzter und echter Dominanz, wie aber soll das gehen? Ist Dominanz echt, wenn man schon auf eine Ahnenreihe von Doms zurückblicken kann, wenn man beruflich und privat das Leittier ist oder falls man sich immer und überall gleich durchsetzungsstark verhält? Ich kenne durchaus Menschen, die beruflich und privat alles andere als durchsetzungsstark sind, die aber dann plötzlich in ihrer Rolle als Dom oder Domse voll aufgehen und die zeigen, dass ihnen Konsequenz und Unterordnung in diesem Kontext sehr wichtig sind. Sollte man diesen Leuten wirklich einfach so absprechen, dass sie echte Doms sind?

      Zumal jeder von uns Verhalten anders bewertet. Das Verhalten, das die eine Person/Subals unglaublich dominant ansieht, ist für die andere Person/Sub ein lächerliches Verhalten, dass auf Ängste und Unsicherheiten schließen lässt.

      Für mich ist die Dominanz beim BDSM die Fähigkeit, einen oder eine Sub zu führen. Mit welchen Mitteln das geschieht, hat nichts damit zu tun, ob er oder sie dominant ist, für mich ist der einzig messbare Wert der jeweilige Erfolg und die einzig jeweilige Grenze die Legalität. Den passenden Druck aufbauen, kann daher Dominanz sein, wobei es eben jeder anders beurteilt was noch lauterbar und was bereits unlautere Methoden wären. Eine Manipulation kann ebenfalls Dominanz darstellen. Oh nein, hat er das echt geschrieben, Dominanz durch Manipulation? Warum nicht? Zum einen, was ist denn ein Mindgame und zum anderen setzt Manipulation nicht in der Regel einen überlegenen Geist voraus? Warum muss Dominanz immer positiv (besetzt) sein beim BDSM, warum muss sie immer echt sein und was wäre unecht?

      Solange Dom und Sub beide (dauerhaft) im DS Kontext auf ihre Kosten kommen, ist es für mich positive (für andere auch echte) Dominanz, denn Subs Bestreben ist es eben, dominiert zu werden und wenn das Gegenüber dies schafft, dann übt er eine Dominanz aus, welche die Person so berührt, wie sie oder er es benötigt. Der Punkt „dauerhaft“ ist für meine persönliche Definition von Dominanz wichtig, dies kann aber durchaus anders gesehen werden.

      Dominanz muss, wenn sie nicht nur punktuell wirken will, flexibel sein. Ein dominanter Part muss lernen, wie er den anderen dazu bringt, etwas zu tun. Anpassung und Dominanz stehen dabei für mich in keinem Widerspruch. Entweder passe ich mich an, indem ich die Wahl der Subs so beschränke, dass sie zu meiner Dominanz passen oder eben ich passe meine Dominanz an und gestalte sie flexibel. Wenn jemand cholerisch führt, braucht er für seine Dominanz jemand, der genau bei einem solchen Verhalten devot wird oder muss lernen, auch anders zu führen. Somit gibt es kaum richtige oder falsche Dominanz, sondern nur passende und unpassende. Sowohl von der Person her, die es ausübt, wie dem Empfänger oder eben dem moralischen Kontext, in dem diese genutzt wird.

      Die Romantisierung der Dominanz unter BDSMlern ist durchaus verständlich, denn für uns DSler ist sie ja das, was uns ganz klar von NichtBDSMlern und deren partnerschaftlichen Interaktionen abgrenzt. Dominanz als nicht nur hell und schimmernd darzustellen, birgt also immer die Gefahr, sich mit etwas zu besudeln, sie bietet aber eben auch die Möglichkeit, offen zu sein und Möglichkeiten, wie auch Gefahren zu erkennen.
      "Es ist gleich willkürlich, ob man den Leuten sagt: ihr sollt nicht frei, oder: ihr sollt und müsst gerade auf diese und keine andere Weise frei sein." Joseph von Eichendorff
      Mann !

      Das beschäftigt mich schon seit Tagen sehr !

      Laut Definition bei Wikiirgendwas ist Dominanz = Durchsetzen gegenüber schwächeren !

      Da ich der Meinung bin, dass es früher oder später jemanden gibt, der etwas besser kann (stärker ist), ist die Dominanz dann also dahin, weil ich selbst bei irgendwem der Schwächere bin ?!?


      Im D/S Kontext sehe ich das anders ! Hier gibt es ja nur Dom und Sub (in der Regel zumindest) und die Gefahr, dass jemand sich einmischt, der stärker als Dom oder schwächer als Sub ist, ist nicht so groß. Es geht hier also irgendwie um ein wesentlich verkleinertes Universum.
      Bei D/S hat es auch eher nicht unbedingt etwas mit Stärke oder Schwäche zu tun, da beide Parts ihre Position sehr bewusst einnehmen und Macht und Verantwortung auch bewusst abgeben oder übernehmen.
      Dom sein bedeutet also im D/S auch das man sehr viel Verantwortung übernimmt (evtl. sogar die gesamte Verantwortung für beide - zumindest Zeitweise)

      Ich denke also, dass sich Dominanz im D/S Kontext sehr von der allgemeinen Definition unterscheidet !

      Welche Dominanz ist dann die "Echte" ?

      Ich persönlich amüsiere mich manchmal, wenn jemand mit plötzlich tiefer Stimme soetwas sagt wie "Knie nieder ich bin dein Herr". Aber wenn genau das bei genau seiner/ihrer Sub die richtige Wirkung hat, dann ist es doch auch scheinbar richtig in genau dem kleinen Universum :yes:

      So ! Das war die kurze Version :rofl:
      Schlagt mich tod ! Erst dann könnt Ihr Euch sicher sein, dass ich's nicht wieder versuch und wirklich liegen bleib...

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Odin0815 ()

      Ein Thema, das mich sehr beschäftigt. Ich möchte dazu einen ganz grundlegenden Gedanken in abstrakter Form einbringen, der in diesem Forum natürlich nicht neu ist, aber in der Romantisierung der Dominanz oft vergessen wird: Kann ein Mensch, der nicht in Interaktion mit anderen Menschen (oder meinetwegen auch Tieren) steht, auch nicht in seinen Gedanken, dominant sein oder sich so fühlen? Ich denke nicht. Ich würde Dominanz deshalb grundsätzlich zunächst nicht als Eigenschaft eines Menschen ansehen, sondern als etwas, was zwischen zwei oder mehreren Menschen entsteht. Dazu gehören also (mindestens) zwei Menschen, die einander ein Machtgefälle von der jeweils entgegengesetzten Seite signalisieren und die Signale der anderen Seite wahrnehmen und annehmen, im BDSM also Sub genauso wie Dom.
      Daraus resultiert eine ähnliche Schlussfolgerung wie in Gentledoms Eingangsbeitrag genannt: es gibt keine echte oder falsche Dominanz, nur passende und unpassende Menschen mit devoter/dominanter Neigung. Und für das Zustandekommen der Dominanz sind die Eigenschaften von Sub genauso verantwortlich wie die von Dom. (Für die Führung im Spiel ist es etwas anderes, das Dom-Handwerk will gelernt sein und ggf. ans Gegenüber angepasst werden, aber auch da geht es nicht ohne ein Geführt-werden-wollen von Sub).

      Ich plädiere deshalb ganz klar für das Ende der Suche nach der Definition der "echten" Dominanz oder "Natur"dominanz / Devotion. Packe sich lieber jeder an der eigenen Nase und suche die für ihn/sie passende Dominanz/Devotion, die nicht absolut messbar oder bewertbar ist, sondern immer nur im Verhältnis zu einem selbst steht. Selbsterkenntnis ist dabei der Schlüssel dazu, ein Spiegelbild zu finden, das dem Selbst entspricht.
      Werde, der du bist. (Pindar)