Thrill Seeking und BDSM

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      Thrill Seeking und BDSM

      Hallo zusammen!

      Von wissenschaftlicher Seite aus, wird ja immer wieder behauptet, dass Menschen die ihre Sexualität in Form von BDSM ausleben sog. "Thrill-Seeker" oder auch "Sensation-Seeker" wären. Das bedeutet, dass Menschen mit diesem Persönlichkeitsmerkmal dazu neigen insgesamt ein höheres Erregungspotential zu benötigen als andere und auch oft höhere Risiken eingehen, um für sich selber einen inneren Spannungsabbau zu erzeugen. Das Ganze bezieht sich sowohl aus psychischen Thrills als auch auf die Physischen.

      Aus meinem persönlichen Lebensweg kann ich das so eigentlich nicht bestätigen. Ich bin eher ein Mensch der Risiken meidet und am liebsten auf Altbewährtes vertraut. Wenn ich z.B. ins Restaurant gehe, bestelle ich fast immer das, was ich schon kenne. Ich habe ein großes Problem, wenn ich meine tägliche Routine nicht abspulen kann. So kann es z.B. schon mal vorkommen, dass ich mich auf Reisen extrem unwohl fühle und am liebsten wieder in mein gewohntes Umfeld zurück möchte. Auch mit Flugreisen im Allgemeinen hab ich ein Problem, da mir der Gedanke einen Absturz nie wirklich aus dem Kopf raus geht.

      Nun bin ich aber trotz alledem bei BDSM gelandet und bevorzuge hier eher Spielarten, die dem eines typischen "Thrill-Seeks" entsprechen wie z.B. sensorische Deprivation, Breathplay etc. Nun stellt sich mir die Frage, wie genau geht das zusammen? Ist das vielleicht genau das Ventil das ich brauche? Im Gegensatz zu anderen Erfahrungen wie Extremsport, Drogen oder einem Abenteuer-Urlaub kann man das Risiko ja sehr genau einschätzen und das Ganze in der Regel auch recht schnell wieder abbrechen, wenn es einem zuviel wird. Ist es vielleicht dieser Escape-Button, der mir bei den anderen Dingen fehlt und sie deswegen wenig Reiz auf mich ausüben?

      Wie ist das bei euch so?
      Würdet ihr euch als "Thrill Seeker" bezeichnen?
      Geht ihr abseits von BDSM auch höhere Risiken ein oder reicht euch genau das als "Kick" in eurem Leben?
      Mir geht es wie Dir, @Spawn
      Ich meide im Allgemeinen alles, was auch nur irgendwie ein Risiko in sich birgt. Das fängt zB bei Geldanlagen an, geht über zu Arbeitsplatz- und Wohnungswechseln und hört bei Reisen und Sportarten auf.
      Komischerweise bin ich bei BDSM jedoch (und Technik) sehr offen und neugierig.
      Wo hast Du das denn gelesen mit dem Thrill Seeking?
      "Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu gewinnen" Sigmund Freud
      Erstmal eine Gegenfrage: Wo hast du das mit dem Thrill-Seeking denn gelesen?
      Meines Wissens nach wurde nur ein Zusammenhang zum Experience Seeking nachgewiesen, aber nicht zum Thrill-Seeking. Thrill-Seeking beschreibt den Wunsch nach Abenteuer und auch riskanten Aktivitäten, wie zB Exptemsport, richtig. Experience-Seeking ist einfach nur den Wunsch nach neuen und starken Reizen, wie zB Reisen oder auch ein unkonventioneller Lebensstil.

      Ja, Experience-Seeking kann ich bei mir schon bestätigen. Wobei es bei mir so ist, dass ich trotzdem ein gewohntes Umfeld brauche. In diesem gewohnten Umfeld aber gerne Neues probiere. Und leider halten mich auch einige Ängste zurück; ich steh mir da schon ab und zu selber im Weg. Ich probiere gerne neue Dinge aus, bin auf so ziemlich alles neugierig und will "alles" irgendwie mal ausprobieren. Aktuell stelle ich mich auch gezielt einigen Ängsten, weil ich dadurch eben auch starke Gefühle erfahre, mich überwinden muss. Und im BDSM ist das duchraus sehr deutlich: Ich liebe möglichst intensive Spiele, bei denen ich auch nicht genau weiß, was passiert.

      Thrill-Seeking oder erhöhte Risikobereitschaft seh ich bei mir aber nicht. Ein paar Risiken hie und da gehören zwar dazu, aber sie lösen keinen Kick aus und ich minimiere sie, so gut ich kann.
      ~*~ Menschen hören nicht auf zu spielen, weil sie alt werden, sie werden alt, weil sie aufhören zu spielen! ~*~
      (Oliver Wendell Holmes)
      Hallo @WaterLily und @Feuerpferd!

      Meine Aussage bezieht sich hauptsächlich auf einen Artikel von Spektrum.de mit dem Titel "Tu mir weh!" oder "Wie Sado-Maso-Fans ticken", der sich wiederum auf die Arbeit von Marvin Zuckermann zum Thema Sensation Seeking bezieht. Der sieht darin u.a. auch eine Verbindung zwischen Sensation Seeking und ausgefallenen Sexualpraktiken. Wie genau sich jetzt "Thrill Seeking", "Sensation Seeking" und "Experience Seeking" unterscheiden, wird auch unterschiedlich interpretiert soweit ich weiß. Ich glaube man kann das grob alles unter einem Oberbegriff zusammenfassen.

      Aber wie kommen Menschen, die im täglichen Leben sehr viel Wert auf Sicherheit und Routine legen dazu, sich im BDSM diesen "extremen" Erfahrungen auszusetzen und dort ganz bewusst Risiken eingehen?

      WaterLily schrieb:

      Und leider halten mich auch einige Ängste zurück; ich steh mir da schon ab und zu selber im Weg.

      Genau diese Ängste halten mich persönlich in anderen Lebensbereichen sehr zurück. Ich würde auch gerne am Ende meines Lebens auf einen möglicht viele intensive Erlebnisse zurückblicken können. Darum geht es ja schliesslich im Leben. Nur sind da halt Hemmungen, die einem manchmal im Weg stehen können. Die Sicherheit übersteigt das Risiko. Im BDSM-Kontext scheinen diese Hemmungen bei mir aber zu fallen. Wir legen zwar auch viel Wert auf Sicherheit, aber die Möglichkeit eines psychischen Absturzes lässt sich leider nie ganz ausschließen. Gerade insbesondere bei meinen oben beschirebenen Spielarten...
      Spannendes Thema, ich hab auch schon mal einen Artikel zu der Studie gelesen und meine, es ging um sensation seeking, nicht thrill seeking.
      In gewissem Ausmaß trifft das aber beides auf mich zu. Ich bin zwar nicht besonders risikofreudig, habe aber schon einige Dinge ausprobiert, die einem einen gewissen Adrenalin-Kick geben wie Fallschirmspringen, Ziplining oder Drachenfliegen. Höhe reizt mich auch sehr, also ungefähr das Gegenteil von Höhenangst würde ich sagen. Aber nicht so, dass ich dabei risikofreudig bin.

      Sensation und expierience seeking sieht bei mir so aus, dass ich sehr gerne reise, neue Orte entdecke, andere Kulturen kennen lernen möchte, mich gerne mit Menschen aus aller Welt austausche, die zum Teil auch einen ganz anderen Hintergrund haben als ich. Also insgesamt ist es mir schon sehr wichtig, neue Erfahrungen zu machen und neue Dinge zu entdecken.

      Ich denke, das hat auch viel damit zu tun Grenzerfahrungen machen zu wollen. Was man durch BDSM ja wunderbar kann, aber auch durch andere Dinge. Ob das nun beispielsweise Drogen sind oder ein zehntägiges silent-meditation-retreat, bei dem man sich strengen Regeln unterwirft. Dabei ging es mir glaube ich nur zum Teil darum Meditation zu lernen, sondern vor allem um die Grenzerfahrung durch die Einhaltung des strengen Rahmens.
      Danke dir, @Spawn!

      Spawn schrieb:

      Wie genau sich jetzt "Thrill Seeking", "Sensation Seeking" und "Experience Seeking" unterscheiden, wird auch unterschiedlich interpretiert soweit ich weiß.
      Ich kenne es nur so: Sensation Seeking ist der Oberbegriff für die Merkmale "Thrill and Adventure Seeking", "Experience Seeking", "Disinhibition" und "Boredom Susceptibility". Wenn man von "Sensation Seeking" sprincht, kann also alle vier Unter-Bereiche zusammen oder eben nur einen ganz bestimmten davon meinen. In Studien von zB Lydia Benecke wurde aber ein erhöhter Wert in der Unter-Bereich "Experience Seeking" nachgewiesen, in den anderen drei Merkmalen nicht. Und scheinbar ist dieser Wert tendenziell auch nur bei Subs und Switchern merklich höher, bei Doms nur sehr geringfügig.

      Laut Benecke wurde das Konzept vom Sensation Seeking von Zuckerman entwickelt. Das war dann aber so allgemein und ohne jeglichen Kontext zu sexuellen

      Wer die Studie lesen möchte:
      benecke-psychology.com/files/DIPLOMARBEIT_LYDIA_BENECKE_GEB_WAWRZYNIAK.PDF

      Besonders interessant sind S.53ff (Einleitung, Begriffserklärungen) und S.132ff (Fazit und Diskussion der Untersuchung).

      Wer neugierig ist, dem empfehle ich mal ein Blick auf die Arbeit zu werfen! :)



      Spawn schrieb:

      Nun stellt sich mir die Frage, wie genau geht das zusammen? Ist das vielleicht genau das Ventil das ich brauche?


      Vermutlich brauchst du irgendwie dein gewohntes Umfeld. In dem Fall deine Domme, die dich kennt und auf dich aufpasst. Mir fällt es generell leichter, etwas Neues zu tun, wenn jemand dabei ist, den ich gern um mich habe. Oder wenn es um neue Menschen geht, dann in einer gewohnten Umgebung.

      Vielleicht hast du auch Ängste und Zweifel, die du erst überwinden musst, bevor du du selbst sein kannst. Es ist ja auch nunmal so, dass man nu dann Neuem gegenüber wirklich aufgeschlossen ist, wenn es einem gut geht. Wenn man also zB den einen oder anderen psychischen Knacks hat (und ich hab davon leider so einige), hemmt das einen natürlich auch. Das heißt dann ja aber nicht, dass man sich wirklich wohl fühlt, wie es grade läuft.

      Bedenke aber auch, dass solche Studien immer nur Tendenzen messen. Es gibt sicher auch einige Subs, die keinen erhöhten Wert im Sensation Seeking aufweisen. Ich würde mich da auch nicht mit Gewalt in eine Schublade pressen, in die ich nicht passe.
      ~*~ Menschen hören nicht auf zu spielen, weil sie alt werden, sie werden alt, weil sie aufhören zu spielen! ~*~
      (Oliver Wendell Holmes)
      Hm, ich kann darauf nicht sehr wissenschaftlich antworten. Nur soviel: in meinem Beruf habe ich es immer wieder mit 600kg Gegnern zu tun gehabt, die mir bei echter Gegenwehr keine Chance lassen würden. Trotzdem bin ich immer wieder offen für solche Konfrontationen.
      Auch wenn ich genau wusste, das Pferd würde mich absetzten, habe ich mich drauf gesetzt, um zu wissen, was schief lief.
      Ist das Risikobereitschaft?
      Ich bin ein Kopfmensch, trotzdem lebe ich im heute. Will alles genießen. Bin alleine nach Amerika und habe mich dort 18 Monate treiben lassen um zu lernen und mich zu entwickeln.
      Ist das Thrill Seeking?
      Ich weiß es nicht.
      Ich weiß momentan nur, BDSM fügt sich da irgendwie genau für mich ein.

      Nur meine 5 Cent.
      Ich denke, also spinne ich.
      Also ich fürchte ich bin sensation seeking. ;(

      Und es scheinen auch mind. 3 Untergruppen zu passen (Schock lass nach und komm nicht wieder... 8| )
      Schon immer eine etwas "andere" Ansicht über das Leben an sich...
      Mehrere grössere Reisen allein (das erste Mal mit 20) inkl. 17 Jahre Auslandaufenthalt.
      Ein Topkarrierejob hingeschmissen, weil ich ihn konnte (neue Herausforderung gesucht).
      Diverse Träume erfüllt, weil ich eben nicht nur träumen will.
      Abenteuerlust sowieso und kommt jetzt noch Enthemmung wegen BDSM hinzu? :pardon:

      Trotzdem hatte ich dabei immer auf die eine oder andere Weise ein "Sicherheitsnetz" für mich,
      also habe auch ich geschaut, dass mein Risiko kalkulierbar bleibt - soweit es überhaupt kalkulierbar ist.
      Und auch die Verantwortung für mein Leben habe ausschliesslich ich gehabt und sie nicht anderen aufgebürdet.

      Meine Einstellung ist; das Leben an sich ist lebensgefährlich.
      Zwischen dem, was ich denke, dem, was ich sagen will, dem, was ich zu sagen glaube und dem, was ich wirklich sage und

      dem,

      was Du hören willst, dem, was du wirklich hörst, dem was du zu verstehen glaubst, dem, was Du verstehen willst und dem, was Du wirklich verstehst, gibt es 9 Möglichkeiten, sich nicht zu verstehen.

      Passagno
      Ich persönlich finde mich da überhaupt nicht wieder.

      Ich meide Risiken eher und brauche keinen Adrenalin-Kick in meinem Leben.
      Dazu kommen auch bei mir diverse Ängste (z.b. Höhenangst, leichte Sozialphobie), die mich wohl nochmal zusätzlich einschränken.

      Trotzdem mag auch ich z.b. diese zwei Spielarten die Du als Beispiel genannt hast, sehr gerne.
      Atemkontrolle (allerdings eher als "sichere Version" mit der Hand) und Sinnesentzug hilft mir ungemein, mich total fallenlassen zu können.
      Bei mir steht da aber nicht das Suchen der Gefahr dahinter, sondern es beschreibt für mich tiefes Vertrauen.

      Es ist auch nicht der Reiz nach Extremem für mich, wenn ich mich z.b. schlagen lasse...es ist das Spüren der Macht meines Partners.
      Sei immer Du selbst.
      Außer Du kannst ein Einhorn sein, dann sei ein Einhorn!

      WaterLily schrieb:

      Besonders interessant sind S.53ff (Einleitung, Begriffserklärungen) und S.132ff (Fazit und Diskussion der Untersuchung).
      Hab mich da jetzt mal eingelesen. Wirklich sehr interessant. Die Hypothesen zum Zusammenhang zwischen Expierience-Seeking und BDSM sind ja weitgehend bestätigt worden. Nach dieser Definition wäre BDSM als Lebensstil selber ein Merkmal von Expierience-Seeking und spezielle Spielarten wie z.B. Breathplay würden dann eher zum Thrill-Seeking zählen, da es da mehr um Nervenkitzel und Risikobereitschaft geht. Das heißt ich hätte Persönlichkeitsmerkamle von beiden Untergruppen, wohin gegen ich von Disinhibition und Boredom Susceptibility absolut nichts habe :pardon: Sehr interessant! :pillepalle:


      WaterLily schrieb:

      Vielleicht hast du auch Ängste und Zweifel, die du erst überwinden musst, bevor du du selbst sein kannst.

      Hat die nicht jeder Mensch? Wäre man sonst nicht völlig enthemmt und würde sich ständig in Gefahr bringen? Ich bin zwar eher der vorsichtige Typ, wenn ich aber einen Nutzen oder eine für mich positive Erfahrung vor mir sehe, dann werde ich zum hoffnungslosen Optimisten und kämpfe auch dafür bzw. gegen mich selbst und meine Ängste. Interessante Beobachtung zum Thema Angst:


      unicorn80 schrieb:

      Dazu kommen auch bei mir diverse Ängste (z.b. Höhenangst, leichte Sozialphobie), die mich wohl nochmal zusätzlich einschränken.
      Diese leichte Sozialphobie habe ich auch. Sehr oft auch in neuen Situationen mit unbekannten Menschen. Z.B. wäre für mich der Besuch einer CFNM-Party z.B. sehr reizvoll, aber aufgrund dieser "Einschränkung" im Moment noch schwer vorstellbar. Und das nicht unbedingt, weil ich Angst davor hätte nackt auf einer Party rumzulaufen, sondern weil ich vielmehr Angst davor hätte mich irgendwie falsch zu benehmen oder irgendwelche Konventionen nicht zu beachten. Und genau das finde ich bei Isolationsspielen so reizvoll: Man ist völlig für sich oder komplett fremdgesteuert und somit nicht für seine Verhalten verantwortlich, kann aber trotzdem eine psychische Grenzerfahrung erleben. Das heißt: Überschaubares Risiko für einen kleinen Thrill-Seek innerhalb eines sicheren Rahmens. So gesehen passt das schon total gut zu mir :whistling:
      z.Bsp. thrill-seeking bedeutet nicht per se Verantwortungslosigkeit. Genau wie du @Spawn beschrieben hast, versuche
      ich immer die Risiken zu berücksichtigen und zu minimieren. Auch habe ich kein Bedürfnis aus dem All auf die Erde zu springen
      (siehe RedBull Sponsoring). Untrainiert auf den Mount Everest zu klettern ist ebenfalls nicht mein Hobby.

      Ich glaube, gerade BDSMler reflektieren sehr genau und versuchen abzuwägen. Aber sind nicht diese wundervollen Gefühle
      und das Erweitern der Grenzen ein klares Zeichen für Thrill - seeking?
      Zwischen dem, was ich denke, dem, was ich sagen will, dem, was ich zu sagen glaube und dem, was ich wirklich sage und

      dem,

      was Du hören willst, dem, was du wirklich hörst, dem was du zu verstehen glaubst, dem, was Du verstehen willst und dem, was Du wirklich verstehst, gibt es 9 Möglichkeiten, sich nicht zu verstehen.

      Passagno

      Spawn schrieb:

      Wie ist das bei euch so?
      Würdet ihr euch als "Thrill Seeker" bezeichnen?
      Geht ihr abseits von BDSM auch höhere Risiken ein oder reicht euch genau das als "Kick" in eurem Leben?
      Ja, ich denke schon.
      Mein Gegenüber empfindet ähnlich; insgesamt noch stärker ausgeprägt als ich, glaube ich.
      Uns zieht einfach alles an, was extremer als anderes ist - auch völlig unabhängig von BDSM.

      Dies ist nicht nur unsere Lebensgrundlage (im Sinne von 'mehr schaffen' und 'mehr erleben' als andere in vielen Lebensbereichen), sondern auch unser Lebenskick.
      Ich brauche alltäglich zum Beispiel stets klare Routinen und Organisation, um strukturiert und effektiv arbeiten zu können. Da bin ich schon sehr klar.
      Vielleicht brauche ich gerade deshalb als Kontrastprogramm die Spannung, die Abwechslung, den Nervenkitzel und die Aufregung - nicht täglich, aber doch regelmäßig.
      Dann fühle ich den Puls des Lebens und kann unsere Verrücktheit ausleben - das mag ich sehr :) .
      Ich liebe definitiv die Herausforderung, will die Welt, mich selbst und meine Grenzen spüren und sorge dafür, dass ich möglichst viel in meiner Lebenszeit erlebe. Ich bin risiskofreudig im Beruf, ich gebe auch mal alles Geld auf einmal aus ohne Rücklagen, weil ich drauf vertraue, dass schon irgendwie Neues reinkommt, ich probiere viel aus, und auch wenn Achterbahnen und Bungeejumping jetzt nichts für mich sind, so bin ich wohl in anderen Bereichen extrem.

      Auch im BDSM faszinieren mich solche Grenz-Erlebnisse und bewusstseinserweiternde Erfahrungen, die man sonst nicht findet. Z.B. hat mir mein Dom mal gesagt "ich werde dir jetzt sehr weh tun" und ist dann schnellen Schrittes auf mich zugegangen und hat mich durchs ganze Zimemr rückwärts gegen eine Wand getrieben. Ich habe in dem Moment alles um mich herum ausgeblendet und habe einige Momente lang nur zwei Dinge wahrgenommen: seinen Blick und eine ins Unendliche ausgedehnte Wand hinter mir. Seitdem verstehe ich einen Bereich der Kunst, den ich vorher nicht ganz begriffen habe, nämlich Kunstwerke, in denen unrealistisch große einfarbige Flächen und Kuben vorkommen... naja, was heißt "verstehen..." ich habe einen neuen Blick darauf. Von solchen Aha-Erlebnissen könnte ich viele aufzählen, und genau solche suche ich im BDSM... ich sehe einen Zusammenhang, ja :)
      Spannendes Thema, zu dem ich mir auch schon oft Gedanken gemacht habe, da ich in meinem schlagenden Umfeld schon gewisse Persönlichkeitstypen gehäuft wahrnehme und mich des Öfteren fragte, wie diverse Persönlichkeitsmerkmale mit einer Vorliebe für BDSM zusammenhängen.

      Ich würde mich z.B. eher in die Richtung Erfahrung-Suchende einordnen und als jemand, der kalkulierbare Risiken eingeht, wenn dadurch ein Mehrwert entsteht.
      So sehr ich im Alltag Struktur, Routine, Berechenbarkeit schätze, so sehr liebe ich es zunehmend im BDSM zu erfahren, dass es auch ohne diese Klarheit und Kontrolle meinerseits zu positiven Erfahrungen kommen kann.
      BDSM ist für mich dahingehend eine Spielfläche als Kontrast zum Alltag, auf der neue Dinge erprobt werden können.

      Zum Bsp. entstand dadurch der Lerneffekt auch mal im Alltag mehr Spontanität zuzulassen (ich bin Asperger Autistin). Die Erkenntnis, dass trotz aller Vorausplanung Dinge anders laufen und dass anders als geplant nicht unbedingt schlechter ist, auch diese habe ich durch das BDSM Setting gewonnen; einfach eine Sicherheit sich auf neue, spontane Situationen einstellen zu können und diese zu meistern, auch wenn diese erst einmal Unruhe in mir auslösen. Wie gesagt; kalkulierbare Risiken einzugehen.

      Ich suche Risiken jetzt aber nicht bewusst, sondern stelle mich ihnen, wenn sie von selbst auftreten. Ich glaube das unterschiedet Erfahrung-Suchende auch von denjenigen, die bewusst Risiken suchen, um den Thrill zu haben und/oder diesen sogar provozieren. Meistens - so meine Erfahrungen und Beobachtungen - neigen Thrill und Risiko Suchende zu höheren Reizeinwirkungen und zu höheren Intensitäten und zwar quasi aus "dem Kalten" als jenige Menschen, die primär Erfahrungen suchen und sich eher langsam an Grenzen herantasten.
      Ich denke um Grenzerfahrungen geht es bei Beiden, jedoch der Weg unterscheidet sich dann.

      Ginge es mir z.B. darum eine Erfahrung mit Fremdbenutzung zu machen, würden mein Dom und ich uns langsam vortasten, eventuell über mehrere Stufen (Spiel/Sex zu Dritt, Spiel/Sex in Anwesenheit meines Doms mit einem Bekannten/Freund, Spiel/Sex in Abwesenheit meines Doms). Einem Menschen, dem es vordergründig eher um den Thrill geht, wären die Stufen und das langsame Vorwagen sicher hinderlich und würden diesen Thrill des Unbekannten bei ihm/ihr* sicher auch zunichte machen.
      “Everything has been figured out, except how to live.” (Jean-Paul Sartre)
      @Spawn ,

      ich bin da irgendwie ähnlich wie du

      Zitat:
      "Aus meinem persönlichen Lebensweg kann ich das so eigentlich nicht bestätigen. Ich bin eher ein Mensch der Risiken meidet und am liebsten auf Altbewährtes vertraut. Wenn ich z.B. ins Restaurant gehe, bestelle ich fast immer das, was ich schon kenne. Ich habe ein großes Problem, wenn ich meine tägliche Routine nicht abspulen kann..."

      bei mir muss eigentlich alles, was Alltag, Routine/Gewohnheit ist, oder was ich plane auch so laufen wie ich es erwarte. Sonst brauche ich einige Zeit, also seeeeehr lang :yes: , um mich damit auseinander zu setzen und es zu akzeptieren.
      Wenn sich etwas plötzlich ändert, lehne ich es meist instinktiv erstmal ab.... bis ich es verinnerlicht habe. In der Zeit lässt man mich auch besser in Ruhe. :D
      Thrill im Alltag? Ne, lieber nicht ...

      Auf meiner anderen Seite gehe ich manchmal aus der Laune heraus für mich persönlich sehr gern Risiken ein, probiere Neues, mache manchmal Gefährliches, solange es in meinen Augen keine Auswirkungen auf 3. hat.
      Das Gefühl, der Kick es geschafft zu haben, "zu überleben“, das nichts passiert ist, ist einfach überwältigend.

      Wobei hier auch manchmal ein "Kater" danach kommt, bei dem ich mir Gedanken mache ... "Was wär gewesen, wenn es nicht gut gegangen wäre."

      Dies zu meinen Einstellungen/ Gefühlen ausserhalb von meinem BDSM.

      Bei meiner Art von BDSM wird ja schon durch körperliche Unterlegenheit, Fesselung/Fixierung, neue unangekündigte Tätigkeiten des Dom, Sinnesentzug u.s.w. ein "Thrill" möglich und auch gewünscht, selbst wenn man sich vertraut und kennt.
      Aber wenn man keinen festen regelmäßigen Spielpartner hat noch mehr.
      Denn ein Safewort ist nett, aber im extremen Ernstfall kann dies auch einfach willentlich ignoriert werden ... oder aus Versehen ...

      Aber dieser Thrill ist es, was mich dann kickt, keinen Gedanken an ... "was wäre wenn...", keinen Einfluß, auf das was geschieht, einfach fühlen, ausgeliefert sein, (fast) keine Verantwortung ... einfach fallenlassen.

      ....

      Einerseits möchte ich aufgrund des Sicherheitsgedanken und auch emotional einen Spielpartner, den ich kenne, dem ich vertrauen kann.

      Andererseits wäre der Kick für mich umso größer mit jemand Unbekanntem.

      ....

      Mich reizt das Letztere mehr, ist aber aufgrund meiner Vernunft und meiner Routinenverliebtheit, für mich nicht real im Positiven umsetzbar. :fie:

      ....

      Hab irgendwie beim Schreiben die Frage aus den Augen verloren ... hoffe die Antwort passt trotzdem. :blah:
      - Man muß das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen. -
      Hermann Hesse

      Spawn schrieb:

      Geht ihr abseits von BDSM auch höhere Risiken ein oder reicht euch genau das als "Kick" in eurem Leben?
      Beides muss ich verneinen.

      Das erste, weil ich ein Planer bin, Sicherheit brauche und nur Risiken eingehe, wenn es nicht anders geht.

      Das zweite, weil ich BDSM nicht als Kick sehe. Ich glaube, es würde für mich nicht langweilig werden,
      wenn jedes Treffen gleich ablaufen und mich so in Sicherheit wiegen würde.
      Da ich jedoch offen, neugierig und experimentierfreudig bin
      und mich außerdem der starke Wunsch nach Kontrollabgabe und Vertrauenkönnen zum Thema BDSM geführt hat,
      genieße ich diese Wonneangst, die sich immer wieder aufbaut.
      Ich denke, dass ich das aber nur genießen kann, weil das ganze Thema durch meinen Herrn behutsam angegangen
      und mein Vertrauen noch nie missbraucht wurde.
      Auch wenn es widersprüchlich klingt:
      Ihr Ego muss stark genug sein, um seine begrenzte, defensive Haltung und Kontrolle aufgeben zu können.
      Sie brauchen ein starkes Ego, um das Ego transzendieren zu können.

      - John Bradshaw, Das Kind in uns -
      @ Spawn ich finde deine Frage sowie deinen Ausführungen sowohl aus persönlichen als auch aus meiner wissenschaftlichen Perspektive (berufsbedingt) sehr interessant! Vielen Dank in diesem SInne für den Teaser :)

      Im sexuellen Bereich könnte man mich definitiv zur Gruppe "Sensation-Seeker", d.h. in Anlehnung an Zuckerman (1994) mit den Persönlichkeitsmerkmalen Experience Seeking, Thrill and Adventure Seeking und Boredom Susceptibility darstellen.
      Im sonstigen Leben, wenn wir das jetzt mal so differenzieren wollen, bin deutlich weniger risikobereit, d.h. bodenständig, organisiert mit dem Bedarf nach Sicherheit, Planbarkeit etc.... wie schon soviele von Euch geschrieben haben. Folglich ziemlich konträr zum "Sensation-Seeker".
      Mir bekannten Studien nach gibt es keine wirklich signifikante Steigerung des Thrill/Sensation/Expierence-seekings als Persönlichkeitsmerkmal unter BDSMlern.

      Allerdings wenn man schon dabei ist, sich darüber Gedanken zu machen, ob das Persönlichkeitsmerkmal beim Ausleben der Neigung eine Rolle spielt, so sollte man weniger fragen OB man etwas tut als WIE man etwas tut. Und bei entsprechender Intensität (was allerdings auch subjektiv ist) kann man sicher den eigenen Drang zum Thrill/Sensation/Expierence-seeking auf eine vergleichsweise Kosten/Risiko/Verletzungsarme Weise befriedigen.
      Ich habe lange darüber nachgedacht -
      Als ich mein BDSM noch nicht leben konnte , mir der Neigung jedoch bewusst war , habe ich mich häufig mit thrillseeking Aktionen in meiner Freizeit ausgegelichen - Skifahren ( schwarze Piste) Surfen mit kleinem Segel , Rafting , bungee , etc .
      Selbst im Job immer die große Herausforderung gesucht - schwierige Konstellationen , aufwendige Versorgung auch immer im Bewusstsein den Ausbildungsstand zu überschreiten .

      Als ich endlich ankam in meinem BDSM senkte sich der Wunsch sich selbst an die Grenze zu führen . Es war nicht mehr notwendig sich anders wahrzunehmen und zu spüren .
      Für mich nun eine Erklärung warum ich früher so gern Grenzgänger war - es nun aber nicht mehr brauche - weil ich mich nun leben kann meine Grenzen sehe , spüre und annehme .
      Wir leben alle unter dem selben Himmel , aber nicht mit dem gleichen Horizont