Minimalismus - viel aus wenig

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      Minimalismus - viel aus wenig

      Durch zwei Threads:
      Siezen
      Minimalismus im BDSM - wieviel Kleidung, Spielzeug habt Ihr?
      kam ich auf den Gedanken hierzu. Bevor ich dann dort groß OT rum schwadroniere, eröffne ich lieber einen neuen Thread.
      Es geht mir darum, aus ganz wenige Veränderungen zu einem "normalen" Leben, Tagesablauf, Beziehung, usw. eine emotional große Veränderung zu bewirken.
      Was ich damit meine ist z.B. auf dem Gebiet von Keuschheit, ich sage einfach, sie darf nicht masturbieren. Das ist alles. Sie hält sich an die Regel, ohne irgend welche Keuschheitsgürtel, ohne Überwachung davon, oder etwas dergestalten.
      Für mich hat das zwei geistige "Trigger". Erstens ist es sehr simpel, und ich mag auch in anderen Lebensgebieten die Ansicht das die einfachste Lösung auch meistens die richtige, bzw. effektivste ist. Zweitens sehe ich den Gedanken nicht kontrollieren zu müssen, ob sie sich an die Regel hält, als eine Form des Vertrauensbeweises an, und als großes "Lob", das sie sich einfach so daran hält. Jedes mal wenn sie in diesem Beispiel erregt ist ohne jeden Zwang oder Hindernis einfach darauf verzichtet, wegen meines Befehls.
      (OT: Das ist kein Angriff auf irgend wen der das so macht, für mich währe ein KG, rein psychisch, eine Art von Challenge, oder Test, den es zu überwinden gilt. Das ist ein Gedanke meiner Freundin, den ich schlüssig fand als wir über das ganze zum ersten mal gesprochen haben.)
      Über "bildliche" Darstellung von Rollen oder des Machtgefälles denke ich ähnlich. Ich mag keine Halsbänder (außer zu zwecken der Fixierung oder ähnlich "praktischer" Dinge), Fetisch Kleidung, das rumkriechen auf allen Vieren, oder dergleichen. Genau wie feste Regeln im Sinne von Sietzen, in einer Weise an der Tür begrüßen und was es sonst noch alles gibt. Das soll jetzt nicht heißen das all diese Sachen schlecht sind, oder etwas in der Richtung, sonder das ich sie für mich selbst als gekünstelt empfinde. Ich komme mir bei sowas irgend wie immer vor als währe ich in eine falsche Welt gestolpert. Nur weil ich und meine Partnerin BDSM machen, können wir zuhause genau so in Jogginghosen und Tshirt rumliegen, uns dutzen und so weiter. Das bricht für mich auch nicht beim Beginn von Sessions ab, das ist für mich eine "normale" Situation und ich würde mich während einer Session mit "spezieller" Kleidung o.ä. kindisch fühlen, ähnlich wie ich mir keine Wanderausrüstung kaufe um im Park spazieren zu gehen. (wie gesagt, kein Angriff auf irgend wen, in meinem Kopfkino gibt es solche Sachen auch, nur im echten Leben kann ich mich in all diese Veränderung nicht reinfühlen).
      Das wahren zwar relativ unterschiedliche Beispiele, allerdings denke ich es ist die gleiche Wurzel. Ich probiere mit möglichst kleiner "sichtbarer" Veränderung mein Ziel zu erreichen. Eine Session nur durch das Ändern der Stimmlage zu beginnen, ohne Ritual, ohne umziehen, und so weiter. Einen Befehl einfach nur ein mal aussprechen zu müssen, und mir darüber sicher sein zu können das er erfüllt wird, bzw. mir jede Verfehlung sofort gemeldet wird, ohne Kontrolle, ohne Nachfragen. Das Machtgefälle darzustellen ohne Kleider, ohne Sprechweisen oder Haltungen, quasi die Situation selbsterklärend zu machen. Das ist meine "Leitlinie" wenn man es so nennen will.

      Was ich damit jetzt "bewirken" will, weiß ich selbst nicht genau. Ich würde es gerne als für manche vielleicht alternative oder andere Sichtweise auf die Dinge vorschlagen.
      In der Krise beweist sich der Charakter - Helmut Schmidt
      Hallo Zarathustra!
      Gute Frage! Ich fang ja gerade erst an, spiele erst seit ein paar Monaten. Aber dieses 'in eine Rolle schlüpfen', das in meinem Fall zunächst zwangsläufig kommt, da ich 'spielen gehe', also zu einem anderen, Mann als meinem Partner, hat diesen Überlegungen erstmal Vorschub geleistet.
      Als dieser begonnen hat, kleine Rituale, wie Kleidungsvorschriften einzubauen, dachte ich erst, er will, dass ich 'jemand anders' werde. Mittlerweile genieße ich diese Forderung und er baut das immer weiter aus. Es gehört dazu, nicht zu wissen, was er als nächstes vorhat. Auch Dinge wie Körperhaltung, Blickkontakt oder wenn er mir die Gerte zwischen die Zähne klemmt :love: haben eine wichtige "Funktion" für mich. Wir haben darüber gesprochen, wie es wäre,das als Alltag zu leben... Da wären die Grenzen verschwimmend aber ich würde nie ganz auf solche Dinge verzichten wollen.
      Ich hab jetzt grade einen anderen Thread von dir gelesen "psychischer Sadismus, und wie man damit umgeht" und in Verbindung mit deiner Ansicht zu Minimalismus denk ich, wäre es vielleicht von Vorteil einige solcher "Rollenmerkmale" einzubauen, gerade DAMIT es einfacher ist diese Phasen vom Alltag abzugrenzen.
      Tust du ja auch indem du darauf hinweist, dass du in nächster Zeit mal nicht ganz so ernst zu nehmen sein wirst.
      ...
      Izrah
      Hallo @Zarathustra,

      ich weiß jetzt nicht so genau, in welche Richtung du dir Antworten wünschst. Möchtest du wissen, wie andere das handhaben (und ggf. warum)? Interessierst du dich für weitere Beispiele, wie mit 'kleinen' Veränderungen dennoch viel bewirkt werden kann?

      Also, was du geschrieben hast, kann ich zum Teil gut nachempfinden. Ich mag es auch, wenn es so natürlich wie möglich abläuft. Sobald mir irgendwas gespielt oder künstlich vorkommt, gehe ich innerlich eher auf 'Abwehr' und verliere schnell die Lust. Wir leben BDSM zwar nicht 24/7 in unserer Beziehung aus, aber es ist für mich trotzdem nie eine Art Rollenspiel und soll sich auch nie so anfühlen. Deshalb könnte ich ihn z. B. nicht plötzlich siezen, wenn wir eine Session beginnen. Das wäre ein viel zu krasser 'Umbruch' für mich und wäre nichts als Schauspielerei. Nur weil wir eine Session haben oder irgendwas anderes machen, was mit BDSM zu tun hat, will ich ja nicht plötzich einen anderen Menschen vor mir haben. So käme es mir aber vor, wenn ich ihn in entsprechenden Situationen siezen sollte.

      Was mir außerdem nicht gefallen würde, wären so ganz klar geplante Sessions, die an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Uhrzeit stattfinden oder so, weil ich nicht schon ein paar Tage oder noch weiter im Vorfeld sagen kann, ob ich dann und dann überhaupt so viel Lust habe, dass ich mich wirklich darauf einlassen kann. Bei uns passiert das immer ziemlich spontan und ergibt sich aus der Situation heraus. Das liegt aber auch daran, dass mein Herr (ja, das sage ich ausgesprochen gern ^^ ) bei Weitem nicht so viel Zeit hat wie ich und das manchmal auch erst am selben Tag einschätzen kann, da er eben viel zu tun hat. Wir müssen da also relativ spontan sein.
      Es vergeht dennoch kein Tag so ganz ohne BDSM. Manchmal ist es klar, dass am nächsten Tag eine Session stattfinden wird -das hat meistens damit zu tun, dass wir beide schon seit Tagen oder länger große Lust darauf haben, aber keine Zeit dafür hatten -und wenn wir dann wissen, dass wir sie 'morgen' durchaus haben werden, wird sie auch genutzt. ;) In der Regel ist es aber eher so, dass wir aus ganz alltäglichen Situationen in eine Session übergehen. Auch ohne große, eindeutige Rituale. Wir spüren es einfach, ob es gerade für beide 'passt' oder nicht und geraten dann mehr und mehr in die richtige Stimmung. Mir gefällt das sehr, denn dann ist auf beiden Seiten auch wirklich die Lust dazu da und die nötigen Voraussetzungen sind gegeben. Die reine, sexuelle Befriedigung kann er aber so oder so jederzeit einfordern und bekommt sie selbstverständlich auch. Für einen BJ oder HJ z. B. muss ich keine Lust auf eine Session haben. Das mache ich gerne, wann immer er es möchte und ausspricht oder es mir anderweitig zu verstehen gibt (falls ich es nicht von allein merke ^^ ).

      Rituale mag ich an sich sehr gern. Sie geben mir Struktur und teilweise auch ein Gefühl von Sicherheit. Etwas, worauf ich mich verlassen kann. Das ist mir sehr wichtig und tut mir gut. Allerdings fühlt sich keines dieser Rituale künstlich oder 'unecht' an. Es sind so Dinge, die mittlerweile irgendwie schon zum Alltag dazugehören, ganz 'normal' geworden sind und über die gar nicht mehr wirklich nachgedacht und geredet wird. Sie passieren einfach und fühlen sich gut an. Dazu gehört auch, dass ich ihn mit 'Herr' anspreche -und das mache ich mittlerweile auch sehr oft in alltäglichen Situationen ohne speziellen BDSM-Bezug. Es fühlt sich richtig an, weil er eben mein Herr ist. Auch gibt es bei uns eine bestimmte Verabschiedung, die immer die gleiche ist. Dazu gehört u. a. ein Knicks. Den mache ich schon ganz automatisch. Wir finden es schön.

      Ich glaube, für viele sind bestimmte Rituale wie bspw. das Anlegen des Halsbandes zu Beginn einer Session sehr wichtig, um sich darauf einlassen zu können und in den 'Sub-Modus' (und sicher auch in den 'Dom-Modus'!) zu kommen. Sie können sich dann besser fallen lassen, weil ihnen ein solches 'Zeichen' deutlich macht: 'Jetzt bin ich hier und es gibt nur noch ihn/sie und mich, alles andere zählt in den nächsten Stunden nicht!'. Sie bekommen den Kopf dann besser frei, können leichter abschalten und den Alltag ausblenden. Kann ich gut nachvollziehen, auch wenn ich es selber nicht brauche.

      Und sicher mögen es viele auch einfach gern, wenn das Machtgefälle zwischendurch immer mal deutlich gemacht wird. Das gibt ein Gefühl von Sicherheit und kann einfach schön sein!

      Man muss auch bedenken, dass es Doms gibt, die ihre Sub während einer Session eben gern in Fetisch-Kleidung oder bestimmter Reizwäsche sehen möchten und es erregend finden. Und Subs, die das ebenso schön finden und sich evtl. auch dadurch besser darauf einlassen können. Für einige ist eine klare Abgrenzung zwischen Alltag und Session sehr wichtig, um in Stimmung zu kommen und den Alltagsstress loszulassen.

      Ich selbst habe weder Fetisch-Kleidung noch sonstige Kleidung, die ausschließlich für Sessions gedacht ist. Sehr aufreizende Sachen habe ich hingegen recht viele. Manchmal sagt er mir vor einem Treffen, was er gerne an mir sehen möchte und das ziehe ich dann selbstverständlich gerne an. Meistens suche ich es aber selber aus. Ich weiß genau, welche Kleider, Röcke und Unterwäsche ihm besonders gut an mir gefallen und danach suche ich es auch aus. Ich wünsche mir einfach, immer so auszusehen, wie ich ihm am besten gefalle. Ich habe in der Hinsicht großes Glück, denn er findet fast alles, was ich trage, sehr, sehr schön! :D Es gibt trotzdem ein paar Teile, die er bevorzugt und wenn es nicht aus irgendeinem Grund unpassend ist, ziehe ich nur zu gerne etwas davon an, wenn er mich besucht! Oder ich lasse bestimmte Dinge weg... ;) Umgezogen habe ich mich vor einer Session nur ein einziges Mal, glaube ich. Es ist halt so gut wie nie 'nötig', weil ich so oder so immer schöne und meist sehr figurbetonte Kleider oder Röcke + Oberteile trage und mich gerne schön 'zurechtmache'. Ich gefalle ihm und er findet mich immer erotisch.

      Halsbänder mag ich sehr und habe ich manchmal auch schon getragen, bevor wir überhaupt irgendwas mit BDSM am Hut hatten. Damals war halt nur noch kein Ring dran und ich habe sie nicht selbstgemacht. ^^ Ich liebe das Gefühl am Hals und ich liebe es auch, wenn ich vorm Spiegel stehe und den Ring daran sehe, weil er mich automatisch an meinen Liebsten und Herrn denken lässt. Ich trage es Tag und Nacht (nur zum Duschen nehme ich es ab, da es mit Samt bezogen ist); es ist für mich ein Zeichen unserer Verbundenheit. Würde ich es nicht tragen, wäre die Verbundenheit zwar genauso da - logisch - aber bewusst daran zu denken, tut mir gut. Genauso wie der schöne, goldene Ring der O an meiner Hand... Den nehme ich ebenfalls nie ab (auch nicht zum Duschen, da er aus Edelstahl ist und es ihm nicht schadet). Solche kleinen Symbole gefielen mir auch früher schon sehr. So trage ich z. B. seit über 6 Jahren immer einen kleinen Glücksbringer bei mir, den er mir kurz nach unserem Kennenlernen geschenkt hat. Im Grunde ist das nichts anderes, nur dass Ring und Halsband eben im BDSM-Kontext stehen.

      Ich glaube, es hängt mitunter stark von der Beziehungsform ab und wie gut man sich schon kennt. Um ein Beispiel zu nennen: Ich habe hier schon oft gelesen, dass Paare, die schon sehr lange zusammen und evtl. verheiratet sind, erst nach Jahren den gemeinsamen Weg Richtung BDSM einschlagen und es schwierig finden, einen Einstieg in eine Session zu finden. Bis dahin waren sie es halt ganz anders gewohnt und da brauchte es keine klare Abgrenzung. Vor allem wenn BDSM bei ihnen nur im sexuellen Bereich ausgelebt wird, brauchen sie so eine Art 'Startsignal', um die (Macht)Verhältnisse zu regeln und klar zu wissen, dass sie jetzt nicht Fritz und Tina, sondern Dom und Sub sind. Das Anlegen des Halsbandes oder eine andere Ansprache des Partners kann da sehr hilfreich sein!

      Ich denke, dass das, was du (und ich teilweise auch) als gekünstelt empfinden würdest, für viele andere nicht gekünstelt ist, sondern einfach dazugehört, schön ist und sich gut anfühlt. Z. B. Sklavinnen, die in bestimmten Situationen bestimmte Haltungen einnehmen, weil ihr Herr es so wünscht -dann wird das so gemacht und nicht anders. Es fühlt sich für sie richtig an, weil es einfach deren Art ist, wie sie BDSM ausleben und ausleben möchten. Jedem das Seine und so, wie er es mag! :)
      Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe ist alles nichts.
      Hm, ich mag ja leise Töne, ich mag aber auch Metal, Glitzer und Explosionen.

      Klar braucht man keine Wanderausrüstung, um im Park spazieren zu gehen. Aber wenn ich dort ein Buch lesen und dabei nur für mich picknicken möchte, dann freue ich mich darauf, bereite Snacks und Obstsalat vor, nehme eine schöne Decke mit und wähle ein Sommerkleid aus. Manchmal ziehe ich mich sogar noch zweimal um für so etwas Simples wie, ein Buch im Park zu lesen. All das bereitet mir einfach Freude, Lebensfreude, und ich erlebe es bewusster. Das Buch selbst wird davon nicht besser, das Erlebnis schon. Und all das mache ich nur für MICH!

      BDSM ist etwas, das ich zu zweit mache und bei dem ich ihm gefallen will und er mir. Ich bin vorher aufgeregt, die Körperpflege und Kleidungsauswahl und das Frisieren gehört bereits zum Erlebnis hinzu. Umgekehrt freue ich mich, wenn ich sehe, dass auch er sich extra Kleidung herausgesucht hat, die mir gefällt. Dass er Handlungen wiederholt, von denen er gesehen hat, dass sie mir gut tun und Sicherheit geben - bis sie zu Ritualen werden, ganz allein unseren kleinen Ritualen.