Konditionierung

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      Konditionierung

      Hallo zusammen :blumen:
      Ich bin neu hier, auch wenn ich schon eine Weile mit lese. Vor einer Weile hab ich mich schon mal angemeldet, wurde dummer Weise gelöscht weil ich mich beim ausfüllen dummer weise als 3 Jahre alt ausgegeben habe :facepalm: (ich weiß, doppel Accounts sind verboten, aber es wurde mir nach Nachfrage erlaubt). Da es ein Thema gibt, das mich schon lange beschäftigt, habe ich mich jetzt aber nochmal angemeldet.
      Wie im Titel erwähnt, geht es mir um Konditionierung, im Bereich BDSM.
      Ich weiß dass es dazu schon ein paar Beiträge gibt, aber keiner von denen bringt das was ich meine richtig zum Ausdruck.
      (Was ist Konditionierung überhaupt: Das gezielte ab bzw. antrainieren von Verhalten, Handlungen, Handlungsabfolgen, Gedanken, Denkmustern und ähnlichem.)
      Dabei gibt es grundsätzlich erstmal 2 verschiedene Bereich in denen ein Mensch konditioniert werden kann. Erstens das direkte, körperliche, Handeln (z.B. werden bei vielen Kampfsport Arten Reaktionen auf eine gegebene Situation so lange einstudiert, bis sie ohne nach zu denken, in so einer Situation abgerufen werden können), und zweitens mentale Konditionierung, also das umpolen der halb- und unterbewussten Denkprozesse.

      Ich denke über das ganze schon sehr lange nach, und habe auch einige Erfahrungen gemacht, deshalb sehe ich jetzt schon das dies ein sehr langer Beitrag wird. Deshalb will ich nach der Einleitung gerne eine Art Inhaltsverzeichnis erstellen. Anfangen will ich mit einer oberflächlichen Erklärung wie die beiden verschiedenen Konditionierungswege funktionieren, und wie und wozu sie angewendet werden, und angewendet werden können. Als zweites will ich erzählen, was ich mich, in beiden dieser Bereiche, selbst antrainiert habe, mit Sex und BDSM zusammenhängend, aber auch ohne jeden Zusammenhang damit. Das mache ich, da ich denke, dass z.B. das Abtrainieren einer Spinnenphobie strukturell z.B. dem überwinden von mentalen Limits im Bereich BDSM sehr ähnlich ist, und somit zu Denkanstößen taugt. Zum Schluss würde ich gern ein paar Dinge dazu sagen, wie das alles in BDSM Anwendung finden kann, und ein paar Ideen dazu teilen.

      Körperliche Konditionierung:
      Die "Erstellung" von intuitiven körperlichen Reaktionen auf Situationen ist für den Menschen ganz normal. Viele Dinge z.B. Fahrradfahren, Schwimmen, oder ähnliches sind für den Menschen eigentlich nicht "vorgesehen". Trotzdem lernt man sie im Laufe der Zeit und mit viel Übung so gut, das man nicht darüber nachdenken muss, man macht es einfach. Das geht nicht nur im Kindesalter, sondern auch später noch. Einige Beispiele wo sowas gewollt passiert sind Kampfsport, oder generell Sport, der Umgang mit einem Werkzeug oder ähnliches.
      Dieses lernen von automatisiertem Verhalten passiert ohne das man es bewusst angeht, von alleine, allerdings kann man die Vorgänge beschleunigen. Das beste Beispiel dazu sind einige, relativ moderne, Kampfsport Arten, z.B. Krav Maga, Ju Jutzu, usw. Dort wird, mit verhältnismäßig geringem zeitlichem Aufwand die Reaktionen auf gewisse Umstände, teilweise sogar gegen eigentliche Instinkte, "umgeformt". Das wird gemacht, in dem man gewisse Bewegungen über ein paar Monate hinweg, täglich, etwa 10 mal am Tag, zu verschiedenen Zeiten, etwa 10 mal wiederholt.
      Das sind dann am Tag nur ein paar Minuten Zeit, allerdings sind die Resultate, in Reaktionszeit und Lerngeschwindigkeit um ein vielfaches höher, verglichen mit z.B. 2 mal die Woche Training über 2 Stunden. Es wird klar, die ständige, wenn auch kurze, Wiederholung, ist enorm effektiv.
      Ein wichtiger Punkt ist, das es wie gesagt möglich ist, Reaktionen, die gegen den Instinkt gehen, zu lernen. Ein Beispiel dafür ist, in das Messer eines Angreifers zu greifen, stat sich weg zu drehen, oder wenn man irgend wo hin gezogen wird, nicht dagegen an zu ziehen, sondern sich einfach mit zu bewegen, und diesen Schwung selbst zu verwenden.

      Mentale Konditionierung:
      Das ist wesentlich umfänglicher, und komplizierter, deshalb versuche ich mich hier sehr kurz, und themenbezogen zu halten. Die Umstrukturierung des Denkens kann auf viele Weisen Erfolgen, aber im wesentlichen läuft es gleich ab wie die körperliche Konditionierung, über das Wiederholen von Gedanken.
      Ein einfaches Beispiel dafür ist, das man sogenannte Klarträume, also Träume in denen man weiß das man träumt, und somit die Träume so steuern kann wie man will, herbeiführen kann, in dem man sich über einige Zeit hinweg z.B. jede Stunde die Frage stellt, ob man grade wach ist. Nach einer Zeit stellt man sich die Frage automatisch, auch im Schlaf, und merkt so selbst, das man träumt.
      Auf diese Weise kann man sich natürlich viele Gedanken antrainieren, z.B. ob man pünktlich kommt, ob man ins Bett muss, und so weiter.
      Eine andere Methode der mentalen Konditionierung wird über das Gewöhnen an gewisse Dinge betrieben. Das spielt eine große Rolle im Bezug auf die Überwindung von Ängsten. Wenn man zum Beispiel eine Spinnenphobie los werden will, kauft man sich am besten eine Spinne im Glaskasten und stellt sich den für eine Weile ins Zimmer, dann irgend wann auf den Schreibtisch, nach ein paar Wochen, wenn man eine kleine Spinne irgend wo sieht, fast man sie vielleicht an, und so weiter.
      Das interessante hieran ist, dass das nicht nur bei "unvernünftigen" Dingen wie der sinnlosen Angst vor Spinnen, sonder auch bei Dingen funktioniert, die notwendig sind, z.B. kann man sich die Angst vor Schmerzen abtrainieren, auf die gleiche Weise.
      Es ist auch möglich, das Denken tiefergehend zu verändern, ganze Denkkonstrukte zu implementieren, aber das hat mit dem Thema dieses Forums, außer vielleicht in ein paar sehr speziellen Lebensmodellen, nicht mehr viel zu tun. Wen das ganze weitergehend interessiert, dem empfehle ich die Propagandaforschung aus dem frühen 20ten Jahrhundert.

      Meine Erfahrungen mit dem Ganzen:
      Bei mir fing es an, das ich mit dem Thema beschäftigt habe, als ich etwa 12 Jahre alt war. Ich habe, bei mir selbst, immer jede Schwäche gehasst, deshalb wollte ich nacheinander meine Ängste los werden, angefangen mit der Spinnenphobie, dann Angst vor der Dunkelheit, Höhenangst, und ein paar weitere.
      Dann wollte ich Kampfsport machen, und mir viel auf das ich das Anmelden in Vereinen immer wieder verschob, aus Angst davor eventuell Schmerzen zu haben, weshalb ich mir auch diese Angst abtrainiert habe. In einigen der Kurse ist mir dann auch aufgefallen, dass das ständige Wiederholen der Übungen Ähnlichkeit mit meiner Angstüberwindung hatte, weshalb ich mich zu dem Thema weiter informierte, und tatsächlich mit verhältnismäßig weniger Training schneller Erfolge hatte, als die meisten anderen in den Kursen.
      Ich weiß nicht mehr so genau wann, aber ich würde schätzen mit 17, als die ganze Sache mit dem Sex anfing, hat es mich massiv gestört, das ich meinen Orgasmus nicht unter Kontrolle hatte, also weder kommen konnte wann ich wollte, noch es verhindern konnte wenn ich an einem gewissen Punkt war.
      Die Sache mit dem Verhindern geht recht einfach, über das Trainieren des PC Muskels (der den man anspannt wenn man das Pinkeln unterbricht). Das kommen können wann man will ist ziemlich kompliziert, und ich gehe nicht näher darauf ein. Es gibt hier schon einen guten Thread zu dem Thema, mit dem Namen Konditionierter Orgasmus. Das geht nicht nur mit Partner, sonder auch mit sich selbst.
      Im Laufe der Zeit hab ich mir noch so einiges an und abtrainiert, aber die wichtigsten Sachen sollte ich erwähnt haben.

      Zum Schluss, was kann man hier damit anfangen:
      Ich bin "leider" selbst zwar Switcher, aber doch weit aus deutlicher auf der dominanten Seite des Spektrums. Außerdem bin ich in keiner festen Beziehung, und auch nicht der Typ Mensch für sowas, weshalb ich das meiste was mir dazu einfällt nicht selbst anwenden kann.
      Als erstes kamen mir, als ich in dem Bezug an BDSM dachte, ein paar Ideen, wie zum Beispiel als Reaktion auf einen Schlag zwischen die Beine, ein Öffnen, stat Schließen der Beine zu trainieren.
      Auch still halten, in gewissen Situationen, in gewissen Posen, an gewissen Orten, usw. als natürliche Reaktion üben.
      Man könnte trainieren beim betreten des Bettes oder des Spielzimmers sofort in einen Zustand der körperlichen Erregung zu kommen.
      Und was den mentalen Bereich angeht, die Anrede "Sie" aktiv, nicht nur in die Sprache, sondern auch ins Denken zu bringen, der Konditionierte Orgasmus über Dom, oder durch z.B. ein Wort das eine Session einleitet direkt geistig umgeschaltet werden, sind schon nette Ideen.

      Am Ende noch ein paar Kleinigkeiten. Mit dem Beitrag geht es mir eigentlich hauptsächlich darum mich mit zu teilen, aber trotzdem würde ich mich über Antworten, vielleicht weitere Ideen zur Anwendung, andere Erfahrungen usw. sehr Freuen. In dem Bereich, in dem ich das schreibe bin ich mir unsicher, ich habe zwischen diesem, BDSM allgemein, und Erfahrungsberichte geschwankt. Beim nochmaligen durchlesen ist mir aufgefallen das manches hiervon ziemlich "heftig" klingen könnte, weshalb ich erwähnen will, das ich immer von einer Beziehung, und von beiderseitigem Einverständnis ausgehe, in allen Beispielen. Z.B. der Verweis auf die Propagandaforschung hat nur den Grund, das in diesem Gebiet dazu geforscht wurde, ich spreche hier nur von den Erkenntnissen über das menschliche Denken und Verhalten.