Kampf gegen Schwächen / Limits

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      Kampf gegen Schwächen / Limits

      Ich habe schon 2 Threads gestartet, in denen ich dieses Thema kurz angerissen habe, allerdings währe die lange Fassung davon in beiden ziemlich OT gewesen, deshalb starte ich mal einen neuen Thread (sry falls es so wirkt, als würde ich irgendwie spamen, ich bin nur grade in so einer Phase, neue interessante Spielbeziehung, und lasse mir meine ganzen Gedanken zum Thema Sex nochmal durch den Kopf gehen).

      Das ganze hier, ich weiß ehrlich gesagt selbst nicht so genau was es eigentlich sein soll, Denkanstoß, Erlebnisbericht, philosophischer Gedanke, ich hoffe deshalb einfach mal ich bin in dem Oberthema richtig.

      Mein ganzer Lebenswandel lässt sich eigentlich in zwei Antriebe unterteilen, die sich auch in meiner Lebensweise von BDSM niederschlagen. Das emotionale Loslösen, und die Bekämpfung von Schwäche. (Ob das jetzt gesund, wahnhaft, oder irgend was dazwischen ist, sei mal dahin gestellt.)

      Ich habe es schon immer gehasst vor etwas Angst zu haben, bzw. auch mit etwas nicht klar zu kommen, und etwas nicht kontrollieren zu können.
      Ich habe mir schon sehr früh haufenweise Ängste abtrainiert, vor Spinnen, Dunkelheit, etc. Dann irgend wann auch die Angst vor Schmerz. Das war nicht masochistisch, sondern in meinem Kopf eher "ich hab Angst davor im Kampfsport Verein Schmerz zu erleben?", "dann steche ich mir mal so lange in den weichsten Teil des Oberschenkels bis mir das egal ist".

      Das zeigt sich dann auch in der Art, wie ich in der Sub Rolle bin. Ich hasse Limits. Die einzigen die ich gebe, betreffen andere, keine Kinder, keine Tiere, etc. Oder meine Fähigkeit weiter zu existieren, nichts was bis xy nicht verheilt ist, da hab ich einen Termin, nichts was mich z.B. nackt ins Internet bringt, etc.

      Alles was darunter liegt, gefällt mir vielleicht nicht, ich stehe vielleicht nicht drauf, ist aber kein Limit. Wenn ich durch diese Spielweise etwas "finde" was mich tatsächlich sehr stört (z.B. vor einer Weile mal was mit meinen Haaren, ein paar Körperflüssigkeiten, Strom, etc.) hat mich das bisher, nach einer Weile zumindest, eher gefreut, eine neue Schwäche zum abtrainieren.

      An dem Punkt geht mein zweiter Antrieb, ein wenig im ersten auf, das emotionale Loslösen, in dem Fall, im Beispiel, von meinen Haaren. Es ist mir früh als große Schwäche aufgefallen, das ich eine emotionale Bindung zu Dingen, außerhalb meiner selbst habe. (Damit sind explizit keine Menschen gemeint.)
      Ich wollte und bin alles los geworden, an Sachen wie Lieblingskleider, Fotos, Tagebücher von früher.

      Das hat in mir eine riesige Freiheit ausgelöst, die noch ununterbrochen anhält.

      Für mich ist das was mich ausmacht, kein Zeug das ich rumliegen habe, keine Frisuren, Kleider oder ähnliches mit dem ich mich vielleicht ausdrücken wollte, sondern ich als Summe meiner Erfahrungen. Ich bin so zu sagen mein Lebensprojekt, und das anhäufen von irgend welchem Kram, oder ähnliches währen nur eine Ablenkung von dem was mich wirklich interessiert.

      So lebe ich auch mein BDSM. In der Dom Rolle, in dem ich plane, genau durchdenke, welche Erfahrungen ich als nächstes machen will, in der Sub Rolle, indem ich mich auch bei wenig bekannten (muss sie nur so gut kennen das ich weiß, das sie eine Aussage wie "in 3 Wochen muss ich wieder völlig normal aussehen" akzeptieren, und einschätzen können was das denn nun defakto bedeutet) vollends Fallen lassen kann, da ich mir um keine worst case Szenarien Sorgen machen muss.
      @Lichtlich1990

      Interessant, dass du Ängste und Limits hasst. Ist dir bewusst, dass Angst eine biologische Funktion hat?
      Sie löst im Körper chemische Prozesse aus, die dir im extremsten Fall das Leben retten können (Adrenalin gibt Kraft, nährt die Muskeln etc.)
      Natürlich kann sie dich auch hemmen und schon sind wir bei den Grenzen, die du ebenfalls hasst ;)
      Einerseits bezeichnest du als Limits, was ich als Tabu bezeichne (Kinder, Tiere etc.). Andererseits sind fixe Grenzen alles, was in dein
      Leben ausserhalb von BDSM eingreift (Bilder im Internet, sichtbare Spuren an einem Termin)
      Beide Typen von Limits scheinst du nicht zu hassen, sondern als notwendig zu akzeptieren. Und das ist gut so.

      Eigentlich beschreibst du dich als sensation-seeking, es gibt hier im Forum ein Thema dazu, das du dir zu Gemüte führen könntest. Ich glaube, du
      wirst dich darin wiederfinden. Es scheint dir bewusst zu sein, dass ein gewisses "Sicherheitsnetz" einfach nötig zum Überleben ist.
      Das emotionale Loslösen von materiellen Dingen zu erleben gehört in meinen Augen auch dazu und führt sicherlich zu einem bewussteren Besitz von Dingen. Schliesslich können wir all diese so "wichtigen" Sachen nicht mit in den Tod nehmen. Schön wäre einfach, wenn du genauso bewusst
      an emotionalen Werten festhältst - wie zBsp. Ehrlichkeit/Vertrauenswürdigkeit/Offenheit/Verantwortungsbewusstsein/Einvernehmlichkeit/Risikobewusstsein... weil auch diese Werte für mich zu BDSM dazugehören.
      Zwischen dem, was ich denke, dem, was ich sagen will, dem, was ich zu sagen glaube und dem, was ich wirklich sage und

      dem,

      was Du hören willst, dem, was du wirklich hörst, dem was du zu verstehen glaubst, dem, was Du verstehen willst und dem, was Du wirklich verstehst, gibt es 9 Möglichkeiten, sich nicht zu verstehen.

      Passagno
      @Saubi 63
      Ich kenne den Thread, und teilweise hast du recht.
      Zum Thema Angst, natürlich hat die einen Sinn, und ich habe sie auch noch, nur kann ich sie völlig ignorieren. Das ist ein großer Unterschied.
      Was meine "Limits" angeht, ich will nicht das wegen mir andere Menschen zu schaden kommen, das einzige "auf mich bezogene" Limit ist wie gesagt das ich weiter problemlos existieren kann. Sowohl der Verlust körperlicher Fähigkeiten wie auch des Rufes blockieren den Zugang zu weiteren Erfahrungen, und sind somit vom Tisch.
      Was das materielle angeht, natürlich habe ich Geld, Kleider, Seife, etc. zuhause rum liegen, eben alles was man so braucht, aber eben nur das, so zu sagen als "Ausrüstung" die man auch für weitere Erfahrungen braucht.
      Ich bin atheistisch, woraus für mich hervor geht das man das Leben in vollen Zügen genießen muss, man hat nur das eine.
      Bei Nietzsche gibt es einen Gedanken, ich erinnere mich leider weder wo er steht, noch an den genauen Wortlaut, der mein Denken maßgeblich geprägt hat. Er will Menschen, die ihr Ende durch die Art wie sie gelebt haben zu rechtfertigen wissen.
      Ich will so zu sagen im Augenblick leben, bis zu dem Punkt an dem der Augenblick die Fähigkeit zu weiteren Augenblicken zu verbauen droht.

      Ich verwende meine Zeit, stat mit dem Anhäufen von Sachen, oder mit sonstigem eher mit etwas, das ich jetzt spontan am besten als "Charakter Stabilisierung" formulieren kann. Ich setze mir vorgaben, nach denen ich mich verhalte, Ehrlichkeit, Loyalität, andere grob ausgedrückt fair und richtig behandeln, und an die halte ich mich, was mir wesentlich leichter fällt, je simplistischer und kürzer die Vorsätze sind, und je weniger anderes Zeug mir so durch den Kopf geht.
      Interessante Einstellung...kann ich in Ansätzen verstehen und teilen. Ich habe das emotionale Loslösen, das Nicht-Anhaften als sehr heilsam erlebt und es ist gewisserweise ein Schwert, das ich bei Bedarf immer bei mir habe. Allerdings bin ich wohl zu passiv/phlegmatisch, um daraus einen Lebensstil zu machen... :pardon:

      Denn ohne ist es ja nicht, das emotionale Loslösen, zumal das bei mir wesentlich über Rationalisierung läuft und ich aber eigentlich immer auch ein wenig von meiner Verkopfung wegkommen will, da es sich speziell dabei eben auch um ein zweischneidiges Schwert handelt.

      Dennoch ist dieses Loslösen so ein bisschen auch eine Art Ideal bei mir, zumindest insofern, als dass es eine Art Notfallversicherung für mich ist, die ich immer bei mir trage und die eben nur dadurch funktionieren kann, dass sie als etwas Positives und Anzustrebendes verstanden wird.
      Aber eben nicht um ihrer selbst Willen...ich bin da gewisserweise auf die passive Existentialismus-Seite gefallen. So lange Ängste und Schwächen mich weitgehend in Ruhe lassen, habe ich keinen Grund, sie zu jagen. Da schaue ich ihnen lieber von meiner Festung aus zu wie wilden Tieren und winke. Ich bin in der Praxis aber letztlich wohl auch mehr Stoiker, als moderner Existentialist.


      Was das mit meinem BDSM zu tun hat oder zu tun haben wird, kann ich allerdings (noch?) nicht sagen. Nur, dass es mir auch dabei eigentlich kaum um das "sensation seeking" geht und ich mich wohl auch nicht so einfach werde fallen lassen können. Das Abbauen von Limits interessiert mich als solches auch nicht (etwas anderes wäre es für die Partnerin).

      Auch, wenn sich das da wohl unterscheidet, wollte ich einfach mal etwas zu deinen Zeilen schreiben, denn grundsätzlich finde ich das interessant und teile eben auch manches davon, wie gesagt. Im Grunde hast du ja eine recht bewusste, existentialistisch-hedonistische Einstellung, die ich im Grundsatz teile (aber freilich "hedonistisch" im positiven, epikureischen Sinne ohne die negativen, diskreditierenden Konnotationen, die maßgeblich durch eine gewisse diesseitsfeindliche, religiöse Tradition geprägt sind ;) )

      Ironischerweise habe ich meine existentialistischen Züge nie so wirklich bewusst-aktiv auf meine Neigung angewandt...aber es ist eigentlich eine sehr gute Idee, das zu tun.
      Früher, als ich mir meinen Atheismus und damit verbunden auch die Absage an die sexualfeindliche Moral als etwas, das es zu Überwinden gilt, bewusst gemacht habe, war das auch neigunsgtechnisch ein Befreiungsschlag. Aber irgendwie ging es danach nie wirklich weiter...kein großer Entwurf meiner Sub-Rolle auf der Bühne des Leben-Theaters, keine lachende Überwindung all der lächerlichen, letztlich eitlen Ängste, Sorgen und Unsicherheiten angesichts der eigene Endlichkeit und der Absurdität des Daseins...wieso das? Sehr seltsam, eigentlich... :gruebel:


      Also, wie gesagt, für mich sehr interessant deine Gedanken und deine Einstellung. ;)
      Only truth will help to set me free; my every weakness I must turn into strength

      Machine Head- Imperium