Erkennt man Narzissten leicht? Nein, sicher nicht. Es hat seinen Grund, dass die Psychiatrie wohl das einzige Fachgebiet ist, in dem - flapsig gesprochen - erst behandelt wird und dann die Diagnose kommt. Schlicht, weil die Übergänge zwischen noch-normal und schon-pathologisch fließend sind. Das gilt, nebenher gesagt, auch für andere Störungen oder Verhaltensweisen. Ich denke da nur an psychopathische Persönlichkeiten oder Borderliner.
Und auch BDSMler sind ein schönes Beispiel: Wo beginnt der pathologische Sadismus? Wo der pathologische Masochismus?
In dieser Diskussion wurde unter anderem mit diversen Kriterien argumentiert, die auf Narzissmus hinweisen. Stimmt. Aber auch diese Kriterien sind im Endeffekt nur eine Krücke, um eine halbwegs vernünftige Definition zu bekommen und krankhaftes Verhalten von einer völlig normalen - vielleicht auch stärkeren - Ausprägung abzugrenzen.
Abgesehen davon gibt es auch durchaus klinisch als normal anzusehende Menschen, deren Verhalten gegenüber sich selber oder anderen trotzdem destruktiv ist.
Zu allem Überfluss ist auch der Stand der Forschung widersprüchlich: Während im DSM-5 ein "grandioses Selbstwertgefühl" als eines von mehreren zu erfüllenden Diagnosekriterien aufgeführt wird, zeigen Studien, dass es durchaus Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung gibt, deren Selbstwertgefühl niedriger ist, als das einer Kontrollgruppe. Abgesehen davon: Was ist ein "grandioses Selbstwertgefühl" - auch das eine eher subjektiv-schwammige Definition. Im Deutschen Ärzteblatt (Ausgabe Dezember 2014) wird klar postuliert, dass die Forschung hier noch ziemlich am Anfang ist - sowohl in Hinblick auf Diagnostik als auch Therapie. Daran dürfte sich in fünf Jahren wenig bis gar nichts geändert haben.
Hinzu kommt, dass nicht alles, was gemeinhin als "Narzisst" bezeichnet wird, auch tatsächlich einer ist. Von irgendwelchen Fehlinterpretationen des Gegenübers aufgrund von Übertragung (vulgo: eigener psychischer Probleme) mal abgesehen. Wenn das gegenüber Recht hat, kann er Recht haben oder rechthaberisch sein. Was nun wirklich der Fall ist, kann - das wird jeder mit etwas Lebenserfahrung bestätigen - auch nicht immer klar gesagt werden. Zumal auch andere Faktoren mit hineinspielen, wie z.B. die Fähigkeit, sich auszudrücken, Bildungsstand etc..
Wenn in dieser Diskussion teilweise von "Küchenpsychologie" gesprochen wird, kann ich mich dem nur anschließen. Psychiatrie (und auch Psychologie) ist eine faszinierende Fachrichtung, aber auch eine mit breitem Interpretationsspielraum und einer weiten Grauzone zwischen schwarz und weiß. Insofern bewegen wir uns hier in einer Diskussion, in der schwammige Definitionen, ein noch nicht übermäßig gut ausgeprägter Forschungsstand, fehlende Datenlage und (nicht negativ gemeint) laienhafte Interpretationen ein Konglomerat bilden, das im Endeffekt nicht dazu taugen wird, die Eingangsfrage zu klären, bzw. überhaupt jemanden in die Lage zu versetzen, einen Narzissten im klinischen Sinne zu erkennen, wenn er vor einem steht.
Im Endeffekt gilt meiner Ansicht nach das, was im BDSM allgemein gilt: Gesunden Menschenverstand einschalten und auf das Bauchgefühl hören. Letztlich ist es völlig egal, ob und wenn ja was das Gegenüber vielleicht für eine Persönlichkeitsstörung hat. Man ist im Begriff, sich emotional weit zu öffnen und ist dementsprechend verletzlich (und das gilt sowohl für Dom, als auch für Sub). Da braucht es keinen Kettensägenmörder, sondern es reicht schon, wenn Persönlichkeiten schlicht nicht harmonieren.
Hinzu kommen unsere Vorerfahrungen, die uns in der Partnerwahl unbewusst beeinflussen. Die Frage lautet also vielleicht nicht: "Gibt es viele Narzissten im BDSM", sondern unter Umständen "werde ich von einer narzisstischen Persönlichkeit angezogen". Da nützen dann auch wohlmeinende Tips nicht. Denn dann wecken bestimmte Persönlichkeitsmerkmale eben gerade das Interesse. In einem gewissen Umfang mag man sich das bewusst machen und ändern können. Aber letztlich sind - und auch drüber sollte man sich klar werden - Selbstbewusstsein, Machtbewusstsein, offensives Verhalten und eine gewisse Fähigkeit, andere zu beeinflussen durchaus Attribute, die viele im BDSM-Bereich ganz selbstverständlich einem Dom zuordnen würden. Es ist also - neben vielen anderen Kriterien - auch eine Frage der Mischung, der Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen und der individuellen gegenseitigen "Passform", ob sich eine BDSM-Beziehung zu einem Desaster entwickelt, oder nicht.
Der "echte" klinische Narzisst wird sicher auch auftreten. Aber ich gehe davon aus, dass man mit etwas Wissen und Geduld durchaus jede Menge Kriterien finden kann, die auf die ein oder andere Diagnose hinweisen - nur bedeutet das eben gerade nicht, das damit auch ein pathologischer Zustand verknüpft ist. Nebenher und abschließend gesagt, ist das auch der kardinale Denkfehler, der in den Diskussionen um die Ziffer F.65 in der ICD-10 immer wieder gemacht wird: Es gibt eben den Unterschied zwischen noch-normal und schon-pathologisch. Und der ist eben nicht immer so leicht zu definieren und zu finden, wie viele sich das vorstellen. Sonst wären wir rein von den Diagnoskriterien her alle als krank zu bezeichnen.
Und auch BDSMler sind ein schönes Beispiel: Wo beginnt der pathologische Sadismus? Wo der pathologische Masochismus?
In dieser Diskussion wurde unter anderem mit diversen Kriterien argumentiert, die auf Narzissmus hinweisen. Stimmt. Aber auch diese Kriterien sind im Endeffekt nur eine Krücke, um eine halbwegs vernünftige Definition zu bekommen und krankhaftes Verhalten von einer völlig normalen - vielleicht auch stärkeren - Ausprägung abzugrenzen.
Abgesehen davon gibt es auch durchaus klinisch als normal anzusehende Menschen, deren Verhalten gegenüber sich selber oder anderen trotzdem destruktiv ist.
Zu allem Überfluss ist auch der Stand der Forschung widersprüchlich: Während im DSM-5 ein "grandioses Selbstwertgefühl" als eines von mehreren zu erfüllenden Diagnosekriterien aufgeführt wird, zeigen Studien, dass es durchaus Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung gibt, deren Selbstwertgefühl niedriger ist, als das einer Kontrollgruppe. Abgesehen davon: Was ist ein "grandioses Selbstwertgefühl" - auch das eine eher subjektiv-schwammige Definition. Im Deutschen Ärzteblatt (Ausgabe Dezember 2014) wird klar postuliert, dass die Forschung hier noch ziemlich am Anfang ist - sowohl in Hinblick auf Diagnostik als auch Therapie. Daran dürfte sich in fünf Jahren wenig bis gar nichts geändert haben.
Hinzu kommt, dass nicht alles, was gemeinhin als "Narzisst" bezeichnet wird, auch tatsächlich einer ist. Von irgendwelchen Fehlinterpretationen des Gegenübers aufgrund von Übertragung (vulgo: eigener psychischer Probleme) mal abgesehen. Wenn das gegenüber Recht hat, kann er Recht haben oder rechthaberisch sein. Was nun wirklich der Fall ist, kann - das wird jeder mit etwas Lebenserfahrung bestätigen - auch nicht immer klar gesagt werden. Zumal auch andere Faktoren mit hineinspielen, wie z.B. die Fähigkeit, sich auszudrücken, Bildungsstand etc..
Wenn in dieser Diskussion teilweise von "Küchenpsychologie" gesprochen wird, kann ich mich dem nur anschließen. Psychiatrie (und auch Psychologie) ist eine faszinierende Fachrichtung, aber auch eine mit breitem Interpretationsspielraum und einer weiten Grauzone zwischen schwarz und weiß. Insofern bewegen wir uns hier in einer Diskussion, in der schwammige Definitionen, ein noch nicht übermäßig gut ausgeprägter Forschungsstand, fehlende Datenlage und (nicht negativ gemeint) laienhafte Interpretationen ein Konglomerat bilden, das im Endeffekt nicht dazu taugen wird, die Eingangsfrage zu klären, bzw. überhaupt jemanden in die Lage zu versetzen, einen Narzissten im klinischen Sinne zu erkennen, wenn er vor einem steht.
Im Endeffekt gilt meiner Ansicht nach das, was im BDSM allgemein gilt: Gesunden Menschenverstand einschalten und auf das Bauchgefühl hören. Letztlich ist es völlig egal, ob und wenn ja was das Gegenüber vielleicht für eine Persönlichkeitsstörung hat. Man ist im Begriff, sich emotional weit zu öffnen und ist dementsprechend verletzlich (und das gilt sowohl für Dom, als auch für Sub). Da braucht es keinen Kettensägenmörder, sondern es reicht schon, wenn Persönlichkeiten schlicht nicht harmonieren.
Hinzu kommen unsere Vorerfahrungen, die uns in der Partnerwahl unbewusst beeinflussen. Die Frage lautet also vielleicht nicht: "Gibt es viele Narzissten im BDSM", sondern unter Umständen "werde ich von einer narzisstischen Persönlichkeit angezogen". Da nützen dann auch wohlmeinende Tips nicht. Denn dann wecken bestimmte Persönlichkeitsmerkmale eben gerade das Interesse. In einem gewissen Umfang mag man sich das bewusst machen und ändern können. Aber letztlich sind - und auch drüber sollte man sich klar werden - Selbstbewusstsein, Machtbewusstsein, offensives Verhalten und eine gewisse Fähigkeit, andere zu beeinflussen durchaus Attribute, die viele im BDSM-Bereich ganz selbstverständlich einem Dom zuordnen würden. Es ist also - neben vielen anderen Kriterien - auch eine Frage der Mischung, der Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen und der individuellen gegenseitigen "Passform", ob sich eine BDSM-Beziehung zu einem Desaster entwickelt, oder nicht.
Der "echte" klinische Narzisst wird sicher auch auftreten. Aber ich gehe davon aus, dass man mit etwas Wissen und Geduld durchaus jede Menge Kriterien finden kann, die auf die ein oder andere Diagnose hinweisen - nur bedeutet das eben gerade nicht, das damit auch ein pathologischer Zustand verknüpft ist. Nebenher und abschließend gesagt, ist das auch der kardinale Denkfehler, der in den Diskussionen um die Ziffer F.65 in der ICD-10 immer wieder gemacht wird: Es gibt eben den Unterschied zwischen noch-normal und schon-pathologisch. Und der ist eben nicht immer so leicht zu definieren und zu finden, wie viele sich das vorstellen. Sonst wären wir rein von den Diagnoskriterien her alle als krank zu bezeichnen.