Masochistische und sadistische Gedanken und Gefühle gleichzeitig?

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      Masochistische und sadistische Gedanken und Gefühle gleichzeitig?

      Moin.

      Mir ist bei meiner bisher ersten "Session" aufgefallen, dass ich nicht nur masochistische Gedanken und Gefühle wärend des Nadelns hatte, sondern auch eindeutig einen sadistischen Anteil aus der Situation gezogen habe. Nun stellt sich mir die Frage, ob das eigentlich geht, das sowas "nebenher" besteht? Oder waren es vielleicht die Gedanken und Gefühle meines Gegenüber, die ich da quasi "aufgesogen" habe und die sich dann mit meinen vermischten? Auch bei der Vorstellung, dass ich mich vor Schmerz krümme, schwingen beide Seiten in mir mit und ich erfreue mich an dem Gedanken sowohl als Masochist als auch als Sadist gleichzeitig.

      Ist das "normal", kennt das noch jemand?
      Wahrscheinlich ist das eher eine Frage an die Switcher, aber ihr könnt gerne alle euren Senf dazu geben, wenn ihr mögt .

      LG, Snake
      Hallo Snake,

      um deine letzte Frage gleicht vorweg zu beantworten: Was ist im Bereich von BDSM schon „normal“ oder „nicht normal"? :S

      Man kann nicht oft genug betonen (wird ja hier im Forum auch regelmäßig gemacht), dass es keinen verbindlichen Standard geben kann, wie man als BDSM-ler zu sein hat. Natürlich gibt es auch in der BDSM-Szene einige Menschen, die dem Schubladendenken verfallen sind und ganz genau zu wissen glauben, wie man als „richtige/r Dom“ oder „richtige/r Sub“ zu sein hat, aber von denen muss man sich nicht verunsichern lassen. Ich persönlich begreife BDM als Spektrum von unterschiedlichsten Variationen und Schattierungen, bei dem es nichts gibt, was es nicht gibt. ;)

      Mir selbst geht es da ganz ähnlich wie dir: Lange Zeit habe ich mich (fast) ausschließlich als masochistisch-devot wahrgenommen; habe diese Seite auch schon mehrere Male (mittlerweile seit zwei Jahren) bei einer Domina ausprobiert, was mir immer gut gefallen hat.

      Mir war aber auch immer bewusst. dass ich nicht zu 100% masochistisch-devot bin, sondern durchaus auch sadistische Anteile in mir trage. Diese sind vielleicht nicht ganz so stark wie die masochistischen Anteile und ich habe sie auch noch nie ausgelebt, trotzdem sind sie da. Sie sind ein Teil von mir, der genauso zu mir gehört wie meine masochistische Seite; den ich auch genauso in mein Selbstbild integrieren muss, wenn ich langfristig glücklich werden will.

      Erst seit kurzem kann ich die sadistische Seite einigermaßen als Teil von mir akzeptieren, auch wenn ich immer noch nicht weiß, ob und wann ich sie jemals leben werden. Wenigstens in Gedanken kann ich sie heute genießen und allein das ist schon viel wert.

      Von daher würde ich sagen: Mach dir nicht so viele Gedanken, was an dir „normal“ oder „nicht normal“ sein könnte. Deine sadistischen Persönlichkeitsanteile sind genau so normal wie deine masochistischen. Schlussendlich haben sie genau die Bedeutung oder Wertung, die du ihnen selbst gibst.

      Versuch einfach, deine sadistischen Fantasien als Teil deiner Persönlichkeit zuzulassen, auch wenn sich dich im Moment noch irritieren. Mehr muss für den Anfang gar nicht sein. Ob du deine sadistischen Seiten später auch mal real auslebst, ist eine andere Frage. Vielleicht können sie irgendwann mal eine Erweiterung deines persönlichen Spielraums sein, aber das musst du nicht heute oder morgen entscheiden.

      Viva schrieb:

      ich habe eine Verstädnisfrage, heisst das jetzt so wie Du es beschrieben hast, dass Du quasi einen Autosadismus in dem Moment hast, wo Du auch masochistisch empfindest?
      Ja, ganz genau so meine ich es. Beide Seiten in ein und dem selben Moment bzw. im Wechselspiel in der Situation.
      Ich habe so noch nie davon gelesen oder gehört, deshalb erstaunt es mich etwas.

      @Adrian_2015
      Das Wort NORMAL habe ich extra in Anführungszeichen gesetzt, weil mir durchaus bewusst ist, das es das Normale im Grunde nicht gibt, weil es eigentlich nur ein gesellschaftliches Konstruckt ist.

      Snake schrieb:

      Auch bei der Vorstellung, dass ich mich vor Schmerz krümme, schwingen beide Seiten in mir mit und ich erfreue mich an dem Gedanken sowohl als Masochist als auch als Sadist gleichzeitig.

      Snake schrieb:

      Beide Seiten in ein und dem selben Moment bzw. im Wechselspiel in der Situation.
      Ich habe so noch nie davon gelesen oder gehört, deshalb erstaunt es mich etwas.

      Liebe @Snake,

      mir kam da gerade noch ein ganz anderer Gedanke, da mir eine Passage aus deinem Thread Erste Session, mit welcher Praktik anfangen? in Erinnerung geblieben ist. Dort schriebst du:

      Snake schrieb:

      Psychospielchen sind aufgrund meiner sehr gewaltvollen Vergangenheit auch erstmal ein absolutes Tabu für mich. Da ich mich früher (heute in anderer Form immernoch) selbstverletzt habe ("leichte" Schnitte) kenne ich Cutting quasi schon und das war auch der eigentliche Grund warum ich es zum Anfang für irgendwie sinnvoll hielt. Könnte aber auch was ganz anderes bei mir triggern, deshalb vielleicht doch die bessere Entscheidung es noch nicht zu machen.

      (Das, worauf ich mich nun beziehe, habe ich im letzten Zitat hervorgehoben.)

      Wenn ich mir die drei Zitate so ansehe, vermute ich einen Zusammenhang zwischen dem Wechselspiel Masochismus - 'Autosadismus', wie du es erlebst, und dem selbstverletzenden Verhalten. Es ist nur eine Überlegung und ich möchte dir damit nicht zu nahe treten! Ich frage trotzdem: Könnte es sein, dass dieser Teil in dir, der nach SVV schreit, durch den Schmerz (sowie allein durch den Gedanken daran / die Vorstellung davon) 'positiv' angetriggert und (wenigstens ansatzweise) auch befriedigt wird? Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass dies der Grund ist, warum du den Schmerz sowohl von der masochistischen als auch der sadistischen Seite positiv wahrnimmst. Wobei ich es - sollte es zutreffen - weder als Sadismus noch als Autosadismus bezeichnen würde und es zudem nicht als BDSM-Vorliebe/Neigung, sondern eher als 'Psychoding' (keineswegs abwertend gemeint!) betrachten würde. Das könnte auch ein Grund sein, warum du in BDSM-bezogenen Foren und auf entsprechenden Webseiten in dieser Form nichts dazu gefunden hast (nicht jeder spricht darüber so offen).
      Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe ist alles nichts.

      Zofe schrieb:


      Könnte es sein, dass dieser Teil in dir, der nach SVV schreit, durch den Schmerz (sowie allein durch den Gedanken daran / die Vorstellung davon) 'positiv' angetriggert und (wenigstens ansatzweise) auch befriedigt wird? Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass dies der Grund ist, warum du den Schmerz sowohl von der masochistischen als auch der sadistischen Seite positiv wahrnimmst.
      Der Gedanke, dass mein Masochismus quasi nur eine Erweiterung meines Selbstverletzenden Verhaltens darstellt kam mir auch schon. Mir erscheint es (in meinem Kopf) irgendwie "legitimer", wenn jemand anderes mich verletzt, als wenn ich das selber tue. Allerdings ist mein SVV bisher immer negativ behaftet gewesen. Ich habe mich vor, während und nach dem Ritzen nicht gut gefühlt. Es ist von mir also nur negativ und nie positiv bewertet worden. Diese Situation beim Nedeln fühlte sich für mich anders an, da ich eigentlich nur positive Gefühle hatte. Obwohl das Schmerzempfinden dabei schon ambivalent war. Einerseits dachte ich schon "aua" :rot: , andererseits war es aber auch schön und hat mich entspannt.
      Vielleicht ist es ein bisschen so, als würde ich mich von "Außen" selbst betrachten. Damit meine ich jetzt aber keinen konkreten dissoziativen Zustand. Ich bleibe ja ich selbst und "trete" auch nicht "aus mir heraus". Es ist wirklich schwer, das zu beschreiben und ich will hier auch nicht allzu psychologisch werden :gruebel: .

      Mich interessiert halt wirklich, ob andere es auch schon so erlebt haben? Oder so ähnlich?
      Ich denke ich weiß was du meinst. Und ja, als ich anfing mich mit BDSM zu beschäftigen haben alleine die Vorstellungen und Gedanken nicht nur meinen Masochismus richtig zu Tage gefördert sondern auch einen kleinen Teil Sadismus in mir geweckt. Für mich kann ich allerdings sagen, dass es ein wie von @Zofe erwähntes „Psychoding“ war. War viel Arbeit dahinter zu steigen aber es hatte sich einfach nicht „sauber“ angefühlt. Und bevor das für mich nicht geklärt war, war es auch ausgeschlossen in die „Praxis“ zu wechseln. Ich habe schließlich nicht nur mir gegenüber Verantwortung sondern auch meinem Partner.

      „Mein“ SVV habe ich auch nur selten positiv erlebt aber ich fand es feige mein Bedürfnis danach von einem anderen stillen zu lassen.
      War ne harte Zeit aber sie war es wert ;) so habe ich mich selbst gezwungen mich mit dem Geschehenen auseinanderzusetzen und es zu verarbeiten. Dafür kann ich nun mit 100 prozentiger Sicherheit sagen, dass mein Masochismus real ist und nicht der Kompensierung dient. Und als netten Nebeneffekt gibt es keine Trigger, Flashbacks und sonstiges mehr. Der kleine Sadist hat sich auch wieder verzogen und ist nicht mehr existent.