Die Evolution der Unterwerfung

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      Die Evolution der Unterwerfung

      Hey allerseits,

      ich verspüre seit einigen Wochen diese lange nicht ausgelebten Neigungen. Ich habe dem Kind nie einen Namen gegeben, dachte auch, dass es immer nur so eine Spielerei sei, eine Nuance in meinen Vorlieben. Doch offenbar ist der Wunsch zu dominieren ein starker Teil meiner Selbst, der sich seinen Weg an die Oberfläche sucht.
      Ich bin wenig bis gar nicht mit „der Szene“ vertraut, beschäftige mich aber seit ein paar Tagen mit der Sache eingehender. Besonders einige Terminologien finde ich sehr entzückend… :D

      Ich bin allgemein sehr neugierig und interessiere mich auch stets für die tieferen Zusammenhänge beim menschlichen Miteinander. Wichtiger als das Was ist mir, warum jemand etwas macht. Derzeit bereitet es mir aber etwas Kopfzerbrechen, was die psychologischen oder soziologischen Auslöser dafür sind, dass sich jemand unterwirft und darin so viel Glück verspürt. Ich selber weiß, was mich am Dominieren so kickt, welcher gesellschaftlich-evolutionäre Sinn vielleicht sogar dahinter steckt. Aber warum sich jemand unterwirft, warum das in jemandem verankert ist, das kann ich noch nicht richtig erfassen. Angeblich steckt es ja sehr früh in einem drin, was man ist. Aber was war einst der Sinn? Warum hat die Evolution das mit dem Belohnungszentrum im Hirn verknüpft? Dass Essen und Sex Dopamin, Serotonin und Oxy usw ausschütten, ist logisch. Das ist bis heute elementare Strategie des Lebens. Warum aber passiert das bei euch, wenn ihr unterdrückt, geschlagen und gedemütigt werdet? War das früher auch zum Überleben wichtig, meint ihr? Warum das? Was ging da ab in den Höhlen unserer Vorfahren? :gruebel:
      Ich bin bisher nur über ein paar schwammige Theorien aus der Psychologie gestoßen, die mir alle nicht ausreichend tief gehen oder nicht schlüssig scheinen. Und dann habe ich noch ein paar eigene.
      Vermutlich hat da auch jede(r) Sub ihre/seine eigenen Auslöser. Sehr, sehr spannende Abgründe jedenfalls…

      Ich würde mich freuen, wenn ihr mich an eurem steinzeitlichen Belohnungszentrum teilhaben ließet. :engel:
      Mutmaßung:
      Eine Person zeigt agressives Verhalten gegenüber anderer Person mit submissiven Genen in der Steinzeit. Diese verhält sich submissiv, was die andere Person besänftigt. Dadurch überlebt die Person mit den submissiven Genen, die sich vererben.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von introdom ()

      Hallo bad_intentions,

      dein Interesse an dieser Fragestellung kann ich teilen. Aus der formalen Soziologie gibt es einen Ansatz von Georg Simmel der auf die Über- und Unterordnung in der Gesellschaft eingeht und darauf, dass Gesellschaften erst aus einem Machtgefälle heraus entstehen und eben beide Teile eine Funktion innerhalb eines Gefüges erfüllen.

      Vielleicht hilft dir der Ansatz weiter oder gibt dir neue Impulse darüber nachzudenken.
      Du hast eine Frage gestellt und ich will doch mal versuchen meine Gedanken etwas zu ordnen.

      bad_intentions schrieb:

      Warum hat die Evolution das mit dem Belohnungszentrum im Hirn verknüpft?
      Hat sie das? ?( Woran machst du fest, dass die Evolution daran beteiligt ist? Und was genau hat sie verknüpft, die BDSM Neigung?


      bad_intentions schrieb:

      Ich selber weiß, was mich am Dominieren so kickt, welcher gesellschaftlich-evolutionäre Sinn vielleicht sogar dahinter steckt
      Kannst du erklären, welcher gesellschaftlich-evolutionäre Sinn dahinter steckt, dass du gerne Frauen schlägst?


      Aber du hast recht, Sex ist biologisch sinnvoll und daher sehr belohnend :D . Sogar der Einzeller teilt sich, wie weit fortgeschritten in
      der Evolution ist er in deinen Augen?

      Dein Eingangspost impliziert allerdings, dass die Neigung sub als nicht sehr lebensfähig von dir angesehen wird. Ich hoffe sehr, dass
      ich dich da falsch verstanden habe.
      Es impliziert ebenfalls, dass jeder Dom ein Generaldirektor ist und jede(r) sub eine Reinigungskraft. Es ist möglich, dass sich deshalb
      die Antworten auf ein Minimum beschränken.
      Es wäre hilfreich, wenn du etwas genauer erklären könntest, worum es dir genau geht.
      Zwischen dem, was ich denke, dem, was ich sagen will, dem, was ich zu sagen glaube und dem, was ich wirklich sage und

      dem,

      was Du hören willst, dem, was du wirklich hörst, dem was du zu verstehen glaubst, dem, was Du verstehen willst und dem, was Du wirklich verstehst, gibt es 9 Möglichkeiten, sich nicht zu verstehen.

      Passagno
      Laut Evolutionstheorie setzen sich Veranlagungen durch, die dafür sorgen, dass Gene weitergegeben wurden - also dass ein Wesen überlebt, bis es sich fortpflanzen konnte, und dass sein Nachwuchs ebenfalls überlebt, bis er sich fortpflanzen kann. Ich wüsste nicht, wie meine Freude daran, mit einem ansonsten gleichberechtigten Partner im Bett Dinge mit Ohrfeigen und Beschimpfungen auszuprobieren, mein physisches Leben schützen oder mich dazu befähigen sollte, mich häufiger fortzupflanzen.

      Auch in einer Höhle hätten diese vergnüglichen Stunden abseits des harten Steinzeitalltags, die man sich aus Spaß an der Freude kratzt und beißt und dabei paart, nicht sonderlich viel zu tun mit der Fähigkeit, zu jagen, zu rennen, Schutz vor Kälte zu suchen, Krankheiten abzuwehren, Probleme zu lösen oder sich in ein soziales Gefüge einzuordnen, das das Überleben sichert und das der Kinder. Außer vielleicht, indem man einen besonderen Spieltrieb und eine besondere Reflexions- und Kommunikationsfähigkeit besitzt,die auch bei anderen Problemlösungen hilft...? Aber das haben auch Vanillas, die im Bett sinnlich und kreativ miteinander sind, ganz ohne Machtgefälle.

      Als reine, genetisch veranlagte Neigung könnte die Evolution das Sub- oder Domsein außerdem nur dann ausbilden, wenn sich Subs nur mit Subs und Doms nur mit Doms paaren, und das über Millionen von Jahren hinweg. Halte ich für unwahrscheinlich :) ich zumindest paare mich lieber mit Doms als mit Subs :)

      Daher bin ich mir recht sicher, dass Sexualpraktiken und erotische Wünsche sozial und kulturell bedingt entstehen und zumindest nichts mit der Überlebensfähigkeit meiner Vorfahren im Alltag zu tun haben.

      Freudenschwalbe schrieb:

      Daher bin ich mir recht sicher, dass Sexualpraktiken und erotische Wünsche sozial und kulturell bedingt entstehen
      Da bin ich mich sehr sicher, dass dem nicht so ist :D Meines Wissens nach wird vermutet, dass es BDSM-Neigungen schon immer gab. Es gibt mehr als genug Hinweise in Schriften und auf Bildern aus diversen Kulturen in unterschiedlichsten Zeiten. Auch im Tierreich findet mal wohl Sexualverhalten mit "Machtspielchen". Kulturen beeinflussen wohl nur die Ausprägung solcher Neigungen.

      Ich glaube auch, dass Macht und Unterwerfung einfach sehr zentrale Dinge in unserem Wesen (und eben auch im Tierreich) sind. Außerdem hat der Mensch allgemein eine recht hohe Sexual-Varianz mit unglaublich vielen verschiedenen Spielarten. Und die dienen eben dazu, einfach Spaß am Sex zu haben und nicht primär der Fortpflanzung. Oral- und Analverkehr wären da so Beispiele, die es auch unter Vanillas sehr häufig gibt, durch die man sich auch nicht unbedingt fortplanzt ;) Dazu diverse Fetische oder andere Praktiken, die "nur" dem Spaß dienen. BDSM ist eben eine von vielen Möglichkeiten, viel Spaß zu haben. Und je mehr Spaß, desto öfter Sex, desto höher die Wahrscheinlichkeit, Nachwuchs zu zeugen. :yes:

      Freudenschwalbe schrieb:

      Laut Evolutionstheorie setzen sich Veranlagungen durch, die dafür sorgen, dass Gene weitergegeben wurden
      Das können eben auch Veranlagungen sein, die dafür sorgen, dass sich jemand öfter paart. Spaß am Sex ist da schon sehr vorteilhaft
      Schönheitsideale sind da auch ein schönes Beispiel (im Tierreich zB bunte Schwanzfedern). Die bringen im Kampf um's Überleben gar nix. Aber bei der Auswahl der Sex-Parnter doch sehr wichtig. ^^ Der stärkste, überlebensfähigste Adonis hat auch nix von seinen tollen Genen, wenn er so hässlich ist, dass keine Frau mit ihm in die Kiste (äh... Höhle) steigen will. ;)

      bad_intentions schrieb:

      Ich selber weiß, was mich am Dominieren so kickt
      Wenn man der Frau Birkenbihl glaubt (was ich eigentlich grundsätzlich tu, nur in diesem Fall hat sie leider keine Quelle genannt), ist Testosteron für Aggession und Sexualität verantwortlich und damit auch für sexuelle Dominanz und Sadismus (auch im BDSM-Kontext). Auf FemDoms trifft das laut ihrer Aussage auch zu. Hängt wohl auch damit zusammen, ob im Mutterleib männliche oder weibliche Hormone ausgeschüttet wurden, als der zuständige Gehirn-Bereich gebildet wurde. (Übrigens haben die meisten Menschen viele "männliche" und viele "weibliche" Bereiche,

      Über sexuelle Devotion hat sie leider nichts gesagt. Aber ich würde mal sagen: Wenn es die eine Neigung gibt, macht es durchaus Sinn, dass sich dazu auch eine komplimentäre Neigung entwickelt. Weil ein Dom paart sich ja sicher auch lieber mit einer Sub als mit einem anderen Dom. ;) Und nein, damit will ich nicht sagen, dass nicht-submissive Weibchen nicht überlebt hätten, sondern dass sie von Dom-Männchen eben nicht so bevorzugt wurden.


      bad_intentions schrieb:

      War das früher auch zum Überleben wichtig, meint ihr?
      Zum einen hat sich, wie erwähnt, eine große sexuelle Vielfalt durchgesetzt. Wodurch dann eben auch viele Leute eine Neigung entwickeln, die sie vielleicht nicht so direkt geerbt haben. Von mir aus einfach eine zufällige Verknüfung vom Lustzentrum mit irgendwas anderem, was sich eben grade so findet :icon_lol:

      Übrigens spielt bei der Evolution neben der Selektion auch die Epigenetig eine große - vielleicht sogar weit größere - Rolle. Epigenetig bedeutet, vereinfacht gesagt, dass durch Erfahrungen entprechende Gene aktiviert werden, die dann ggf. auch so weiter vererbt werden. Man kann von einer Art genetischen "Erinnerung" sprechen. Inwiefern sich das auf sexuelle Neigungen auswirkt, weiß ich nicht. Aber es gibt wohl zumindest deutliche Hinweise darauf, dass epigenetische Faktoren eine erhebliche Rolle spielen, ob jemand homosexuell ist. (Das "ich stehe auf Männer"-Gen, das bei der Mutter aktiv ist, bleibt dann ggf. auch beim Sohn aktiv.) (Deswegen verschwindet Homosexualität auch nicht im Laufe der Generationen, obwohl sich homosexuelle Menschen nicht so häufig fortplanzen wie heterosexuelle.)
      Dass die Epigenetik also auch irgendwie eine BDSM-Neigung beeinflusst, halte ich für gut möglich. Wie genau, weiß ich jetzt aber auch nicht.
      ~*~ Menschen hören nicht auf zu spielen, weil sie alt werden, sie werden alt, weil sie aufhören zu spielen! ~*~
      (Oliver Wendell Holmes)

      WaterLily schrieb:

      Freudenschwalbe schrieb:

      Daher bin ich mir recht sicher, dass Sexualpraktiken und erotische Wünsche sozial und kulturell bedingt entstehen
      Da bin ich mich sehr sicher, dass dem nicht so ist :D Meines Wissens nach wird vermutet, dass es BDSM-Neigungen schon immer gab. Es gibt mehr als genug Hinweise in Schriften und auf Bildern aus diversen Kulturen in unterschiedlichsten Zeiten. Auch im Tierreich findet mal wohl Sexualverhalten mit "Machtspielchen". Kulturen beeinflussen wohl nur die Ausprägung solcher Neigungen.


      Ich glaube auch, dass Macht und Unterwerfung einfach sehr zentrale Dinge in unserem Wesen (und eben auch im Tierreich) sind. Außerdem hat der Mensch allgemein eine recht hohe Sexual-Varianz mit unglaublich vielen verschiedenen Spielarten. Und die dienen eben dazu, einfach Spaß am Sex zu haben und nicht primär der Fortpflanzung.
      Das würde ich alles so voll und ganz unterschreiben. Nur deine Argumentation, Texte und Bilder könnten Belege für VORkulturelle Praktiken oder ÜBERkulturelle Veranlagungen sein, dem stimm ich nicht zu. Es gibt die Texte und Bilder ja nur, weil es Kulturen gibt und kulturellen Austausch. Und diese Kulturen beeinflussen dann wiederum die individuellen Biographien, in denen man dann sieht, was einem eigentlich Spaß macht - was überhaupt denkbar, wünschbar und was möglich ist.

      Was aber mein Hauptpunkt war: Ja, Spieltrieb ist bei Menschen und Tieren zu beobachten und auch in der Erotik spielen Macht und Unterwerfung immer eine Rolle, mal switchend und mal mit einer bevorzugten Rollenverteilung. DASS man Freude am spielerischen Dominieren und Submittieren hat und das auch auf Partnerschaft und Erotik übertragen kann, ist wohl genetisch begründet. Aber wer nun im Einzelfall Sub ist und wer Dom, das kann man wohl nicht Millionen von Jahre zurückverfolgen und im physischen Überleben der eigenen Ahnenreihe begründen.

      Saubi 63 schrieb:

      Es impliziert ebenfalls, dass jeder Dom ein Generaldirektor ist und jede(r) sub eine Reinigungskraft. Es ist möglich, dass sich deshalb
      die Antworten auf ein Minimum beschränken.

      Wo steht denn da was von Putzfrau? Ich will mich dem Thema nur möglichst objektiv widmen, ohne zu viel meiner eigenen Ansichten vorwegzunehmen, daher ist es vielleicht etwas unterkühlt ausgedrückt. Mein post war ganz und gar nicht abwertend auf Subs gemünzt. Das Verhalten eines Subs ist mir nur irgendwie wesensfremd, daher verstehe ich es nicht... aber auf eine liebende, bewundernde Art und Weise. :saint: Deswegen bin ich wahrscheinlich so fasziniert davon.
      Nebenbei bemerkt turnt mich das Schlagen als solches gar nicht an. Es ist mehr der daraus resultierende Akt des "Mich-Durchsetzens" und der spielerischen Unterdrückung des anderen. Aber meine persönlichen Vorlieben sollten wie gesagt nicht Thema des Threads werden.


      Ich selber fühle mich eher in der Ethologie zuhause, als in der Genetik, weswegen man mir verzeihen möge, wenn ich häufiger Vergleiche aus der Tierwelt und der Verhaltensbiologie heranziehe. Wir Menschen heißen ja nur per Definition Menschen, biologisch betrachtet sind wir aber auch bloß schlaue Affen. Zumindest die meisten von uns. :D
      Ich habe noch mal etwas tiefer gegraben, aber offenbar gibt es keine 100%-ige Erkenntnis darüber, wie und warum es zu dieser Ausprägung kam. Ich denke auch nicht, dass moderne, soziologische Hintergründe eine große Rolle in dieser Art des Vergnügens spielen. Wir reden hier von einem Phänomen, dass es weltweit in jeder Kultur gibt, in der Tat sogar spezies-übergreifend, und das ganz real unser Belohnungszentrum ansteuert. Daher hat es vermutlich so viel oder so wenig mit Soziologie zu tun wie Sex und Essen.
      Auf der anderen Seite kann man natürlich alles als irgendwie soziologisch betrachten, sobald zwei Wesen daran beteiligt sind.Überhaupt scheinen die Grenzen zwischen Genetik, Kultur und Soziologie immer mehr zu verschwimmen. Ist Aufzucht der Jungen genetisch ausgelöst oder kulturell? Egal, wir haben hier so schon genug offene Baustellen.

      Ich wage jetzt sogar die These, dass in jedem Vanilla ein bisschen der Drang steckt, zu dominieren bzw. dominiert zu werden, weil es genetisch in uns verankert ist, aber wegen der soziologisch-kulturellen Prägung (Monogamie, Nächstenliebe, Sünde, Moral, Scham, Ehre, Walt Disney usw.) das als schlecht empfunden wird und nicht überwunden werden kann. So ähnlich wie die Selbstbefriedigung dereinst. Meine Güte, was müssen das für Zeiten gewesen sein…

      Ich bin mir jetzt jedenfalls ziemlich sicher, dass eine genetische Selektion der Grund dafür ist, warum die Unterdrückung Glücksgefühle auslöst. Sobald eine Tierart in sozialen Verbänden leben, bildet sich eine Art Hierarchie aus. Vermutlich waren einst gegenseitiger Schutz vor Fressfeinden, höherer Jagderfolg usw. der Auslöser für solche Prägungen. Nun kann innerhalb eines Verbandes aber nicht jedes Tier gleich dominant sein, sonst funktioniert der Verband nicht.
      Als alle Tiere einer Spezies noch neutral waren (mal als Annahme), machte es Sinn, Dominanz auszubilden. Sie bringt beim Kampf um Ressourcen und Sexualpartner erst mal einige Vorteile, aber nicht immer. Ich halte den Sub daher für viel anpassungs- und überlebensfähiger als den Dom. In freier Wildbahn würde das dominante Tier kaum Kontrahenten dulden und unter Umständen seine Position bis zum Tode verteidigen. Bei Löwen sieht man das ganz gut. Die submissiven Weibchen überleben immer und können ihre Gene weiter geben, während die dominanten Männchen immer um ihre Position kämpfen müssen. Vielleicht lag hier die Überlebensstrategie des Subs. Die Kehle zu präsentieren, in dem Vertrauen, dass der neue Rudelführer diese Geste nicht ausnutzen wird. Im Gegenzug hatte der Sub künftig einen noch kräftigeren, klügeren oder schnelleren Rudelführer oder Sexualpartner, der somit auch den Nachkommen bessere Chancen zum Überleben einräumte. Puh, ziemlich ernüchternde Theorie irgendwie... ich erspare euch mal weitere Ausführungen über Bonobos und Schimpansen, bei denen das ähnlich abläuft. :D

      Ich hatte da auch noch einen anderen Ansatz. Könnte es eventuell auch was mit der elterlichen Erziehung/Prägung zu tun haben? Oft empfinden wir ja Lust an kindheitlichen Dingen und Handlungen. Ist die Spielerei beim BDSM vielleicht eine Art nützliche Regression, an der wir Lust empfinden? Wir erziehen gerne oder werden gerne erzogen…? Wie ist das bei euch als Sub? Da geht es doch eher um die Unterdrückung/Erziehung als nur um den körperlichen Schmerz, oder? Oder hättet ihr auch sexuelle Lust am Schmerz, wenn dieser nicht von einem anderen Menschen ausgelöst, sondern von einer automatisierten Maschine erzeugt würde? Ihr wollt doch wissen, wem ihr euch da unterwerft, oder nicht?

      bad_intentions schrieb:

      Da geht es doch eher um die Unterdrückung/Erziehung als nur um den körperlichen Schmerz, oder?
      Es gibt durchaus reine Masochisten, bei denen es nur um den Schmerz geht.
      Und es gibt Subs, bei denen es weder um Unterdrückung noch um Erziehung geht, sondern allein ums Dienen und Verehren.

      Deine Thesen setzen voraus, dass Dominanz und Submissivitat genetisch bedingt sind. Du sagst ja selbst:

      bad_intentions schrieb:

      Ich bin mir jetzt jedenfalls ziemlich sicher, dass eine genetische Selektion der Grund dafür ist, warum die Unterdrückung Glücksgefühle auslöst.
      Das ist jedoch überhaupt nicht bewiesen.

      Zudem mag, wie ich oben bereits geschrieben hae, nicht jede Sub unterdrückt werden. Unterdrückung setzt für mich eine aktive Handlung des Doms und wenigstens einen gewissen Widerstand bei Sub voraus. Was ist dann bei den Subs, die freiwillig und von sich aus folgen?
      Was ist mit Putzsklaven, die einfach gern putzen?
      Meiner Meinung nach gibt es so viele verschiedene Arten von Subs (und auch Doms), dass man da keine allgemeingüültige These aufstellen kann.
      "Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu gewinnen" Sigmund Freud
      Das ist wohl eine Frage, die man am besten Experten überlässt, um das wissenschaftlich zu ergründen.
      Die meisten hier haben wohl nur begrenztes Fachwissen dazu.

      Ich auch :)
      Was ich weiß ist: Es ist idR kompliziert.

      Ich habe mir aber auch schon häufiger Gedanken dazu gemacht und für mich ein paar Ideen festgehalten.

      nachträglich wiedereingefügt (weil versehentlich gelöscht):
      Ich halte eine rein genetische Erklärung für zu sehr vereinfacht und werde entsprechende Theorien(teile) bis zum Beweis des Gegenteils ablehnen :)


      Mein Input:
      Dominant oder submissiv vereinfacht zu sehr. Beide sind einzelne Verhaltensmuster aus einem komplexen Spektrum von Verhaltensweisen und jedes Individuum kann beide Verhaltenmuster zeigen. Dominanz kann keinesfalls mit Aggressivität gleichgesetzt werden.
      Dann muss man beachten, dass wir permanent von sexuellen Neigungen reden und diese, wir hier schon oft genug belegt, getrennt von dem alltäglichen Auftreten zu betrachten sind.
      Und was ist denn der größte Überlebensvorteil? - Anpassungsfähigkeit
      Dazu sollte man beide Verhaltensmuster in sich tragen. Trotzdem fahre ich auf die "submissive (sexuelle) Neigung gibt es weil das ein Überlebensvorteil bietet"-Theorie überhaupt nicht ab. Das ist viel zu kurz gedacht.

      Meine Theorie (wahrscheinlich typisches Switcher-denken :icon_lol: :(
      Spielverhalten. Spielerisches Ausleben von Verhaltensweisen und Bedürfnissen die nun mal in uns allen angelegt sind, wenn auch zu unterschiedlichen Teilen. Der Mensch ist probierfreudig, macht einen Haufen Dinge, die aus simpler Evolutionsbetrachtung keinen richtigen Sinn ergeben. Und er ist gut darin, Ideen zu entwickeln, wie er seine großen und kleinen Bedürfnisse befriedigen kann. Und bei diesen Bedürfnissen geht es um mehr als simple Dominanz und Submission. Ich habe bspw. in der dominanten Rolle durchaus Freude daran, meinem Partner besondere Fürsorge und Geborgenheit zu spenden, wenn auch in einer von außen betrachtet ungewöhnlichen Art. In der submissiven Rolle habe ich nicht nur Freude an der Geborgenheit, sondern ganz klar auch an dem Kick, den das Ausgeliefert-sein bewirkt. Das würde ich definitiv nicht dem "submissivem Spektrum" an Verhaltensweisen zuordnen.

      Off- (Neben-)Topic:
      Passend zu dem glaube ich, dass ebenso wie wahrscheinlich viele Nicht-BDSMler BDSM-Neigungen haben, ohne dass sie im Klaren darüber sind, viele reine Subs und Doms an beiden Rollen Freude hätten. Wahrscheinlich nicht alle, weil große Stichprobe und so, aber... ;)
      Wir haben alle ein so großen Spektrum an Verhaltensweisen und Bedürfnissen, dass ich es nicht glauben kann, dass man in der bunten BDSM-Welt nichts auf der anderen Seite genießen kann. Ich vermute eher, dass es da am Outing vor sich selbst oder den Möglichkeiten (monogamen Beziehungen) scheitert.

      Rehlein schrieb:

      dass wir permanent von sexuellen Neigungen reden und diese, wir hier schon oft genug belegt, getrennt von dem alltäglichen Auftreten zu betrachten sind
      Genau so sehe ich das auch. Und damit ist auch der Belohnungsfaktor hinreichend erklärt.

      Du @bad_intentions vermutest hinter deiner Neigung einen gesellschaftlich-evolutionären Sinn, dann begründe das doch mal, weil ich dann vielleicht besser verstehe, worauf du hinauswillst.

      Ich vermute hinter meiner Neigung einen Ausgleich zu meinem täglichen Leben. Eventuell ist das ja ein gesellschaftlich - evolutionärer Sinn so wie du ihn verstehst. Soviel zu deiner Theorie Alpha und BetaTiere ;) .


      bad_intentions schrieb:

      Könnte es eventuell auch was mit der elterlichen Erziehung/Prägung zu tun haben?
      Hier bin ich hingegen ganz bei dir. Es gibt Beispiele dafür, dass in der Kindheit massiv Unterdrückte öfters dominante, sexuelle Vorlieben entwickeln und es gibt Beispiele dafür, dass Kinder, die früh die Kontrolle für ihr Leben übernehmen mussten, submissive, sexuelle Vorlieben haben. Aber ebenso gibt es Beispiele, dem gar nicht entsprechen. Wir haben hier im Forum mal versucht, dem auf den Grund zu gehen, eine allgemeingültige Erklärung war nicht zu finden. Sicher aber ist, dass die Psyche und die Erfahrungen einen Einfluss auf die sexuelle Neigung in BDSM Kontext haben. Nur in welcher Ausprägung... hmm... und welche zusätzlichen Faktoren noch hineinspielen (siehe auch sensation seeking als Charakterbestandteil), da ist noch zu viel Raum für Spekulation meiner Meinung nach.
      Zwischen dem, was ich denke, dem, was ich sagen will, dem, was ich zu sagen glaube und dem, was ich wirklich sage und

      dem,

      was Du hören willst, dem, was du wirklich hörst, dem was du zu verstehen glaubst, dem, was Du verstehen willst und dem, was Du wirklich verstehst, gibt es 9 Möglichkeiten, sich nicht zu verstehen.

      Passagno
      @bad_intentions und dann gibt es noch viele Männer, die im Alltagsleben dominant und im Bett devot sind

      kompliziert ist das :D wie willst du das nun in deine Theorien packen

      so: draußen War Lord oder Machiavellis Urenkel im Büro und daheim die Dominanz seiner Frau genießen?

      Fem Subs habe ich auch so kennengelernt, triffst du sie im öffentlichen Leben kämst du nie auf die Idee, was ihr Dom so alles mit ihnen machen darf =O
      Ich habe hier mittlerweile noch ein paar andere Threads zu dem Thema gefunden, offenbar drehen sich die Diskussionen immer im Kreis. :D Es ist ein bisschen wie der Beweis von Gott. Man kann leider nicht beweisen, dass es ihn nicht gibt. Das gleiche gilt halt auch fürs flying Spaghetti-Monster.

      Saubi 63 schrieb:

      Du @bad_intentions vermutest hinter deiner Neigung einen gesellschaftlich-evolutionären Sinn, dann begründe das doch mal, weil ich dann vielleicht besser verstehe, worauf du hinauswillst.

      Ich will eigentlich auf nix wirklich hinaus, glaube ich... ich will vor allem die Bedürfnisse von Subs besser verstehen. Ich denke, wenn ich die Neigung in ihrem Grundbedürfnis erfassen könnte, würde mir das als Neu-/Wiedereinsteiger irgendwie helfen. Deswegen meinte ich anfangs, ich weiß, was mich am dominant sein kickt, würde aber gerne verstehen, was Subs am devot sein kickt. Worin liegt evolutionär der Sinn dieses Kicks? Gibt es den überhaupt usw.?
      Mir ist aber klar, dass die Ausprägungen und Vorlieben submissiven Verhaltens sehr individuell sind und teilweise mit masochistischen Zügen verschwimmen können.


      Bei der Dominanz glaube ich eben an die Selektion. Dominanz gibt es in der Tierwelt, in jeder Kultur weltweit, und schon Kleinkinder fangen im Sandkasten damit an, anderen die Schippchen und Schaufeln wegzunehmen. Man erkennt bei vielen Spezies, die in Verbänden leben, bereits sehr früh, wer ein dominater und wer ein eher devoter Vertreter werden wird. Das hat auch nicht immer etwas mit körperlicher Überlegenheit zu tun.

      Mermaid schrieb:

      draußen War Lord oder Machiavellis Urenkel im Büro und daheim die Dominanz seiner Frau genießen?
      Dominanz im Beruf könnte auch eher angelerntes Verhalten sein. Es ist ja eine Art künstliche Dominanz, da sie eben durch eine Position (Verantwortung, soz. Stellung, Vermögen) aufrecht erhalten wird. Wenn der Super-CEO mal aus der Firma geworfen wird und seine Konten eingefroren, ist von dem einst dominanten Verhalten/Wesen vielleicht nicht mehr viel übrig.
      Ganz extrem habe ich das beim Bund erlebt. Da wird jemand zum... keine Ahnung, Hauptmann, weil er Anzahl X Jahre dabei ist, hat aber selber gar keine natürliche Dominanz, sondern muss sich dieses Verhalten künstlich auf Lehrgängen anlernen und immer wieder auf seinen Rang pochen. Als dominanter Mensch ist das eine schwierige Sache, sich so einem Drei-Käse-Hoch unterordnen zu müssen. :D Zuhause ist der Hauptmann sicher froh, wenn er sich mal in seine devote Rolle fallen lassen kann…?
      Ist man deswegen im Umkehrschluss automatisch devot, weil man einem Vorgesetzten gehorcht? Eher nicht... es handelt sich halt um ein künstliches Macht-Gefüge.

      Wie gesagt, ich habe zu dem Thema jetzt viel gelesen, offenbar gibt es noch keine eindeutige Studie, die alle Zweifler zufrieden stellt. Ich nehme das jetzt einfach mal so hin und versuche das Beste draus zu machen... :saint:
      Ich denke auch, dass jede/r Sub da ganz eigene, individuelle Erklärungsansätze hat...

      Für mich verhält es sich so: Wenn ich mich submissiv verhalte, ‚himmele‘ ich gleichzeitig das Dominante in ihm an. Warum ist das so?

      Wenn ich ehrlich reflektiere, würde ich mich auf diese Art und Weise nur mit einem authentisch überlegenen Menschen (also der das nicht ‚nur’ im Bett, sondern auch in der Aussenwelt lebt) verbinden, um möglichst starken Nachwuchs zu bekommen. Das für mich bestmögliche Genmaterial habe ich in ihm bereits ganz zu Beginn unserer Verbindung identifiziert. Und die Natur gab meinem Instinkt recht...dieser Aspekt ist tatsächlich sehr ursprünglich und animalisch.

      Nun würde ich einerseits Einiges dafür tun, um zu verhindern, dass er seine Gene auch mit anderen Frauen teilt. So ein Umstand würde seine großzügigen Ressourcen für die Kinder und mich in Gefahr bringen - das will ich nicht. Hingabe dient also durchaus auch dem Selbstzweck; ganz nüchtern betrachtet. Indem ich ihm alles gebe, was er braucht, fokussiert er sich sexuell gesehen nur auf mich. Was will ich mehr :D ?

      Andererseits ist seine Erfüllung meine Erfüllung. Ich liebe es, ihn glücklich zu machen...zu hören, wie er sagt, dass ich wie eine Droge für ihn bin und das gemeinsame Leben wie ein Rausch ist. Dass ich das Wichtigste für ihn auf der ganzen Welt bin. Ich sehe den Wahrheitsgehalt in seinem Blick, höre es in seiner Stimme und verstehe es in seinen Worten. Das gibt mir einen Kick im Kopf und verstärkt das Belohnungsgefühl nach Schlägen, Erniedrigung und Demütigung noch zusätzlich enorm.

      Wenn er glücklich ist, bin ich es auch. Das so brachial runterzubrechen, liest sich fast zu einfach. Dennoch ist es so.
      Es ist eine für mich sehr innige Form, Liebe zu spüren.