BDSM ist kein Glaubenskonstrukt

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      BDSM ist kein Glaubenskonstrukt

      Wenn ich außerhalb des Forums Diskussionen lese, habe ich bei Themen wie SSC/Rack, Metakonsens und Safeword ja/nein öfters das Gefühl, es geht um Glaubensgrundsätze und jeder der an dem eigenen Glaubensgrundsatz zweifelt, der ist böse/verrückt/ungläubig. Nein, auch im Forum haben wir diese Auseinandersetzungen aber hier geht es in meinen Augen noch, klar sind die Fronten auch bei uns teilweise verhärtet aber es gibt dennoch einen steten Dialog. So las ich die Tage eine Diskussion bei der eine Sub mit ihrem Dom in Zukunft ohne Safeword spielen will. Die Antwort mit den meisten Likes war direkt jene die nur wenige Minuten nach Veröffentlichung der Frage kundgetan wurde:

      „Das ist eine dumme Idee und wird zu Problemen führen“

      Ich vertrete auch die Meinung, dass ein Spiel ohne Safeword nicht klug ist, aber ist nicht klug direkt dumm und vor allem woher nehmen die Safewordbefürworter die Weißheit, dass es zu Problemen führen wird. Ich kenne durchaus Paare die seit Jahren ohne Safeword spielen und dies führte bei ihnen nie zu Problemen. Zum einen kann man vorsichtig spielen, zum anderen kann man sich sehr gut kennen und mal ehrlich, wenn ich in 19 Jahren noch nie das Safeword gehört habe, weil ich zu weit gegangen bin, dann stellt sich bei meinem BDSM die Frage, wäre ein Spiel ohne Safeword wirklich so dumm und unverantwortlich gewesen? Für mich sprechen dennoch zu viele Punkte für die Nutzung eines Safewords, nicht nur die Sicherheit bei Subbi sondern auch die meine.

      Die pro Safewordseite postete dann noch Statements wie:

      „Ich kenne nur Leute, die ohne Safeword spielen und definitiv kein verantwortungsvolles BDSM betreiben und bei deren Subs kam es immer zu psychischen Problemen.“ >Da fragt man sich wen die Person alles kennt.

      „Es ist einfach nur unverantwortlich ohne Safeword zu spielen“ >Es ist sicher schwerer der Verantwortung nachzukommen aber unmöglich ist es nicht.

      „Ohne Safeword zu spielen ist nicht safe!“ >Interessant BDSM steht also für Bondage, Disziplin, Safeword und Masochismus. Tja liebe Sadisten ihr seid nun offiziell keine BDSMler mehr :D

      "Ein Safeword gehört dazu, sonst ist es kein BDSM.“ >Wer bestimmt das denn bitte schön?

      „Wenn er nur einen Schritt zu weit geht, macht er sich strafbar und du könntest psychische Folgen davon tragen“ > Ja, das liest die Gegenseite nicht gern aber endlich mal eine relativierende Antwort die ich so unterschreiben könnte.

      „Sag net es hätte dich keiner gewarnt wenn du eine Therapie deswegen machen musst.“ >Super konstruktiver Beitrag.

      Nachdem sich also lange Zeit die Pro Safeword ausgelassen haben, kamen jene dazu, die davon nichts halten. Wie meist preschten erst mal die Doms vor.

      „Ich spiele von Anfang an ohne Safeword und hey, alle meine Subbies leben noch“ >Super wenn das Grad der Verantwortung die man hat darin gemessen wird, ob alle noch leben.

      „BDSM geht nur ohne Safeword, sonst hat Dom nicht die Kontrolle“ >Schön, wenn mir nun diese Seite auch sagt, dass DS scheinbar nur ohne Safeword geht, echt blöd für mich als DSler.

      Es ist gut und richtig, dass vor den Gefahren von BDSM ohne Safeword gewarnt wird. Gerade Anfänger und Leute deren BDSM sehr weit geht und die noch nicht 100% aufeinander eingespielt sind, sollten auf dieses meiner Meinung nach keinesfalls verzichten. Jedoch gibt es Personen, denen ich das Spiel ohne Safeword zutraue und das sind eben nicht nur jene die sich schon ewig kennen, sondern auch jene die eine sehr sanfte Form des BDSM praktizieren.

      Aber warum muss man die andere Seite so hart angreifen? Warum kann man nicht mehr konstruktiv darüber diskutieren. Es ist doch nicht schwer die Vorteile der jeweiligen Spielart herauszuarbeiten und diese zu benennen. Der anderen Seite ständig absprechen zu müssen, sie würden eben kein BDSM betreiben ist doch nur lächerlich. Was für mich der richtige Weg ist, muss noch lange nicht der richtige Weg für meinen Nachbarn sein und BDSM ist doch keine Religion, bei der es nur eine Wahrheit und eine Auslegung geben darf. BDSM ist bunt und natürlich kann man vortrefflich darüber streiten, ob die ein oder andere Spielart noch BDSM ist oder eben die gemeinsame Basis verlassen hat.

      Seit BDSM in der Mitte der Gesellschaft angelangt ist, hat der Druck von Außen auf die BDSM Szene stark nachgelassen. Wo dieser Druck fehlt, da wird man weniger zusammengeschweißt das Gefühl, wir sitzen alle im gleichen Boot ist nicht mehr so vorhanden, wie es mir vor gut 20 Jahren erschien. Auch ist der sichtbarer Anteil, der Leute die ohne Safeword spielen, immer geringer, daran könnten durchaus auch Aufklärungsprojekte wie dieses ihren Anteil tragen. Alle Projekte, die ich kenne sprechen sich ganz oder eben tendenziell für das Konstrukt Safeword aus. Zwar wird es nur wenige überzeugen die ohne ein Safeword spielen, jedoch könnte sich durch die Neuzugänge der Anteil der Safewordbefürworter erhöhen. Neuzugänge sind oft lauter in den ersten Jahren (sie suchen ja Austausch) und wenn eine Gruppe gefühlt immer kleiner wird, kann ich verstehen, dass diese sich abkapselt oder auch aggressiv verteidigt, wenn es zu viel Druck zu geben scheint.

      Ich bin sehr froh, dass wir hier im Forum eine Diskussionskultur haben, die funktioniert. Natürlich gibt es auch bei uns so etwas wie Gruppenkeile, aber in meinen Augen nur dort, wo das eigene BDSM als überlegen dargestellt wird und die fällt natürlich umso heftiger aus, umso größer das Lager ist, welches eine andere Meinung vertritt.

      Wäre ich Anfänger würden mich solche Diskussionen eher abschrecken. Das Bild was sich bei solchen Auseinandersetzung in meinem Kopf entwickelt ist jenes eines heillos zerstritten Kleingärternvereins, bei welchem der eine Teil dem anderen nicht seine individuellen Gartengestaltungswünsche durchgehen lassen will.

      Für mich ist BDSM keine Religion, bei der es nur die eine Wahrheit und den einen Weg gibt. BDSM ist bunt, vielschichtig und verzweigt und ich stelle mir BDSM nicht wie eine Tafel mit Geboten vor, sondern wie einen prächtig blühenden Baum mit diversen Verästelungen, die für die verschiedenen Abzweigungen stehen. Alle Äste werden von den gleichen Wurzeln gespeist, wiegen gemeinsam im Wind und jede Verästelung sorgt mit ihrem Beitrag dafür, dass der Baum gedeiht. In diesem Sinne sollten wir nicht vorschnell dafür plädieren einen Ast absägen, nur weil wir eine andere Abzweigung für uns genommen haben.
      "Es ist gleich willkürlich, ob man den Leuten sagt: ihr sollt nicht frei, oder: ihr sollt und müsst gerade auf diese und keine andere Weise frei sein." Joseph von Eichendorff

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Gentledom ()

      Vielen Dank für deinen Blog, @Gentledom!
      Er sensibilisiert wieder einmal mehr.

      Gentledom schrieb:

      Ich bin sehr froh, dass wir hier im Forum eine Diskussionskultur haben, die funktioniert. Natürlich gibt es auch bei uns so etwas wie Gruppenkeile, aber in meinen Augen nur dort, wo das eigene BDSM als überlegen dargestellt wird und die fällt natürlich umso heftiger aus, umso größer das Lager ist, welches eine andere Meinung vertritt.
      Ja, aber wir sind halt alle Menschen und nicht unfehlbar und zum anderen konditioniert.

      Gentledom schrieb:

      Wäre ich Anfänger würden mich solche Diskussionen eher abschrecken. Das Bild was sich bei solchen Auseinandersetzung in meinem Kopf entwickelt ist jenes eines heillos zerstritten Kleingärternvereins, bei welchem der eine Teil dem anderen nicht seine individuellen Gartengestaltungswünsche durchgehen lassen will.
      Dazu brauche ich manchmal gar kein Anfänger zu sein.
      Liebe dich selbst, nimm dich selbst am wichtigsten.
      Erst mal vielen Dank für den Beitrag.

      Ich bin bei neuen Verbindungen klar dafür - aber ich denke auch - so wie du das ja auch schon sagst - wenn man so deutlich aufeinander eingespielt ist und man in 19 Jahren das Safewort noch nicht einmal gehört hat - dann kann man es unter Umständen auch weglassen. Ist eben immer eine Sache des einzelnen Gespanns bzw wie es eben zusammenpasst. Aber ich sehe BDSM generell so. Ich mach das nicht alleine - ich mach das mit meinem Gegenüber und unterm Strich muss es für beide passen.
      Auch wenn es in 19 Jahren kein Safeword gab um aus einer Situation zu entkommen die ich übersehen habe, bedeutet es nicht, dass es weitere 19 Jahre so laufen wird, gerade mit Personen die ich dann evtl noch nicht so gut kenne. Wobei auch ein Safeword keine absolute Sicherheit bietet und ich habe ab und an das Gefühl, dass einige wirklich glauben, nur weil es ein Safeword gibt, ist es safe... Sub kann auch etwas übersehen und in einer Situation gefangen sein und Dom wird nicht immer alles erkennen können... daher bedeutet 19 Jahre ohne Safeword nicht, dass man immer alles richtig gemacht haben muss. Aber zumindest tat man so viel, dass man sich rechtlich und moralisch keine Vorwürfe machen muss, wenn doch etwas schief geht und man neben dem Safeword noch auf andere Faktoren achtgegeben hat.
      "Es ist gleich willkürlich, ob man den Leuten sagt: ihr sollt nicht frei, oder: ihr sollt und müsst gerade auf diese und keine andere Weise frei sein." Joseph von Eichendorff

      Gentledom schrieb:

      Wäre ich Anfänger würden mich solche Diskussionen eher abschrecken. Das Bild was sich bei solchen Auseinandersetzung in meinem Kopf entwickelt ist jenes eines heillos zerstritten Kleingärternvereins, bei welchem der eine Teil dem anderen nicht seine individuellen Gartengestaltungswünsche durchgehen lassen will.

      das ist aber kein einzigartiges problem hier sondern in vielen gruppen / kreisen / foren / vereinen - sei es online oder real. je mehr man die infos filtern kann die man liest, desto mehr rennt man sich in eine richtung mit scheuklappen fest. da alle um einen herum auch dann mit der zeit mehr und mehr so denken, weil man ja alle anderen rechts und links liegen gelassen hat, findet man stetig gegenseitig die bestätigung der eigenen position. und dann kann man sich wunderbar einreden, dass man ja ganz offen und liberal usw ist, während man objektiv ziemlich krass das gegenteil ist, da alle die auch nur einen deut von dem was man als gut empfindet abweichen dann crazy dumm sind, weil die ja nicht erkennen wie naiv sie selbst sind und sich doch nun bitte retten lassen wollen, damit für sie noch hoffnung besteht. sei es dabei endlich vegetarisch zu sein, links zu wählen oder sklavin zu werden ;)
      Freut sich immer über liebe PM.s... :)
      Vielen Dank für Deinen Beitrag @Gentledom.

      Es wird immer Fraktionen geben, die meinen, ihre Ansicht sei Allgemeingültig. Dabei finde ich es immer gut, auch mal nach links oder rechts zu schauen. Was für den Einen richtig ist und sich gut anfühlt, muss für den Anderen noch längst nicht gelten.

      Für jemanden, wie mich, der seine Erfahrungen erst seit etwa einem halben Jahr macht, ist das Safeword wichtig. Es ist ein Anker, an den ich mich festhalten kann, wenn mich etwas überfordert. Wenngleich ich es noch nicht gebraucht habe, da ich Schritt für Schritt an neue Dinge herangeführt werde.

      Wenn Paare, die sich lange kennen und sehr großes Vertrauen zueinander haben, dann kann man Ihnen gewiss auch zutrauen, dass sie ohne ein Safeword auskommen. Insofern sollten man sich nicht anmaßen, das erstmal
      Pauschal in Frage zu stellen.
      Bei all dem Gesagten,bleibt noch unerwähnt,dass es auch die Situation gehen kann,dass ich eigentlich ein Safeword habe,es nicht verwende,auch durchaus,bewusst nicht verwende,nicht weil ich es nicht mehr schaffe es auszusprechen,und dann im Nachhinein feststelle,dass ich mich absolut mies fühle.

      Das ist mir so,bei meinen ersten Erfahrungen passiert.
      Im Grunde genommen konnte ich mich selbst nicht wirklich einschätzen und der Dom mit dem ich in der Session war,konnte es auch nicht,da wir uns noch nicht lange kannten.

      Völlige Sicherheit wird es nie geben,dass nicht etwas falsch läuft.
      Aber heute bin ich mir eigentlich sicher,dass mein Partner/ Dom wahrnehmen würde,wenn etwas nicht stimmt,da er mich kennt.
      Auch ohne dass ich ein Safeword habe.
      Es bleibt ja auch die Möglichkeit,dass gezielt zu vereinbaren,wenn etwas Neues ,evtl.auch an Grenzen führendes geplant ist.
      Hi!

      Ja, bei manchen Reizthemen rund um Beziehungsmodelle,Treue,Sicherheit und Rollen innerhalb des Spiels, bzw. wie diese verstanden oder ausgelebt werden, geht's hier oft auch recht harsch zu. Da prallen unverrückbare Meinungen, Allgemeinplätze und Empfindsamkeiten aufeinander.

      Ich versteh das manchmal nicht, weil, auch, wenn unser Thema, wie @Gentledom sagt, "in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist", gibt's erstens immer noch genügend Angriffe und Missverständnisse uns gegenüber, dass sich ein "Zusammenrücken" zumindest im öffentlich zugänglichen Bereich lohnt.
      Andererseits, wenn einem die Auffassung anderer BDSMler dazu angetan scheint, das Bild von häuslicher Gewalt oder verantwortungsloser Drauflosprügelei öffentlich zu verstärken, grenzt man sich vielleicht bewusst stärker, harscher ab. Dann wird überzogen reagiert.

      Zum Thema Safeword ja oder nein... ich konnte nur einige Monate lang spielen und wie bereits an anderer Stelle erwähnt, hatten wir von Anfang an kein Safeword. Es passte einfach nicht zu unserer Herangehensweise. Er hat mich gelesen wie ein Buch und wir waren uns beide des Risikos bewusst,dass es mal schiefgehen kann. In unserem Fall,in UNSEREM Spiel war es einfach (noch)nicht nötig.

      Ich habs geschafft, mir sowas wie "beginners mind" zu erhalten. Für mich ist es immer noch, als liefe ich als Kleinkind durch das Spielzeugparadies. Ich bin froh über all die Möglichkeiten und interessiert daran, wie andere das machen. Für mich zählt immer der gesunde Menschenverstand und gegenseitiges Ernstnehmen. Die, die ohne Safeword spielen, werden das, so vermute ich mal auch so erleben. Es ist ja nicht so, als entschiede man sich, mal eben die Bremsen beim Auto auszubauen....da gehts ja um Menschen, die in Wirklichkeit jederzeit STOP sagen können.

      Meine Meinung....Izrah
      ......ich mag Vergleiche......

      Äpfel mit Birnen zum Beispiel :yes:
      Ich Finde ein Apfel ist um so vieles leckerer als eine Birne....man kann mit ein Apfel mehr machen als mit einer Birne.... u.s.w.

      Es gibt Menschen die sagen man kann Äpfel nicht mit Birnen vergleichen... :frech: (geht doch)

      Ich distanziere mich nach Möglichkeit von jedem Extremismus, egal ob rechts/links-extremismus egal ob ein Rückwärtsgewandter Koran oder ein Extremer Bhudismus. Über VW Diesel brauchen wir nicht reden, sehr uncool, aber der Kreuzzug den die DUH
      anzettelt ist um längen schlimmer.
      Niemand, und auch im BDSM Bezug, hat das Recht anderen Seine Sichtweise aufzudrücken.

      Das teilen und bereden, das geben und nehmen sollte immer mit einem Anteil Respekt dem anderen gegenüber stattfinden.
      Aber selbst diejenigen die eine feste Überzeugung haben und diese unbedingt anderen Predigen müssen, sage ich lieber einfach nur: "ich glaube du bist im unrecht" und wende mich ab.

      Ein Safewort zu verabreden ist wichtig, aber es "muss" ja nicht genutzt werden ;)
      Das Einverständnis zu Sexuellen Handlungen abzugeben ist noch nicht "Pflicht" wie in Schweden, aber hej ich finde es Sinnvoll.

      Ich glaube das viele den "Respekt" ansich verloren haben.
      Respekt vor dem Leben anderer, vor der Lebensweise anderer, vor dem BDSM anderer u.s.w.


      Ich hoffe das die Menschen um mich herum ein wenig Respekt haben, dann fühle ich mich schon wohl :thumbsup: ....so wie ich mich hier wohl fühle....

      Mfg Talon
      :dance: