Die Nadel im Heuhaufen

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      Die Nadel im Heuhaufen

      Letztes Jahr im Sommer trennte ich mich von meinem ersten „Dom“. Auch wenn er nicht war, was ich brauchte (und ich für ihn wahrscheinlich auch nicht), so wusste ich doch: ich bin auf dem richtigen Weg.
      Lange Rede kurzer Weg, ich meldete mich unter anderem beim großen J an. Durch meine direkte Kommunikation auch im Bezug auf meinen Autismus, siebte ich die Interessenten sehr gut aus. Und es fühlte sich richtig an. Schließlich schrieb ich etwas länger mit einem älteren Mann, der zu meiner Neigung, und ich wohl zu seiner, passen konnte. Einziges Manko: er hatte keine reale Erfahrung. Nun gut, ein neutrales Treffen würde nicht schade und so wurde ein Termin vereinbart.
      Trotzdem schrieb ich weiter mit anderen, wenn es nette Anschreiben gab und kommunizierte das auch immer allen gegenüber.
      Das verabredete Treffen nur noch 24 h entfernt...und ich erhielt ein Kompliment, ein kleines klicken auf mein Bild. Und ich bedankte mich höflich... Der daraus resultierende Schriftverkehr entwickelte sich schnell...in Minuten. Freundlich, höflich, interessiert. Und es passierte etwas bei mir, das ich schon lange vermisst hatte: es kribbelte...ganz gewaltig.
      Nach etwa 30 min erhielt ich eine Nachricht meines Dates vom nächsten Tag: er musste überraschend absagen, auf unbestimmte Zeit...
      Ich denke, also spinne ich.
      ...nun saß ich da und fragte mich, ob mir das jemand glauben würde. Als ich schrieb: „Du glaubst nicht, was gerade passiert ist“ antwortete er nur: „Deine Verabredung für morgen hat abgesagt“. Ich war perplex und bejahte, mit der Beteuerung, nicht zu lügen. Er glaubte mir und wir verabredeteten, wenn wir es beide über die Woche nicht umentscheiden, uns am kommenden Freitag zu treffen.
      Es folgte eine verrückte Woche, in der wir ausrechneten, dass wir im Schnitt nur 3h Schlaf pro Tag hatten und letzt endlich 250 Seiten an Mails hin und her gingen. Er respektierte meinen Wunsch nicht zu telefonieren, bis wir uns gesehen hatten.
      Er wollte eine Spielbeziehung, ich wollte...keine Ahnung.
      Das geschriebene ging tiefer, vertrauter, emotionaler. Immer wenn etwas unklar war, schrieben wir so lange, bis es verstanden wurde. Immer freundlich. Wie hatte ich das gebraucht.
      Dann der erste verrückte Moment...wir wollten uns beide testen lassen. Wollten versuchen die Distanz zwischen uns, so wir uns gefallen, noch weiter schrumpfen zu lassen. Am Donnerstag schickten wir uns die Fotos der Resultate schon zu (die Originale brachten wir natürlich mit).
      Noch eine Änderung: ich ließ mich zuhause von ihm abholen und wir wollten dann zu einem Café für unser erstes Gespräche. Wie es dann weitergehen sollte, wussten wir nur im groben.
      Zum ersten Mal schrieb er etwas von einem kleinen Test. Ich kann mit Überraschungen nicht umgehen und so ließ er mich wissen: sollte ich bereit für ihn sein, mein Höschen auf der Toilette des Cafés auszuziehen und ihm zu bringen. Klassisch, simpel und ich sagte.....Nein.
      Darauf erklärte ich ihm den Weg zu meiner Devotion und ob er bereit wäre, das zu akzeptieren...
      Ich denke, also spinne ich.
      ...Diese Vorgehensweise war ihm neu. Und ich musste mehrmals versichern, dass es nicht anders ginge. Wir beschlossen auch das auf uns zukommen zu lassen.
      Der Freitag kam und ich stand aufgeregt an der Straße. Wie passend. Als er vorfuhr blickten wir uns kurz an, lächelten und ich stieg ein. Bei einem kleinen Bäcker in meiner Nähe wollten wir uns hinsetzten. Und als wir beide zeitgleich eine heisse Schokolade bestellten, blickten wir uns lachend in die Augen. Da wusste ich, der Abend wird schön.
      Wir konnten im realen Gespräch an unser geschriebenes nahtlos anknüpfen und ich konnte ihm in die Augen blicken. Ungewohnt für mich, es war mir mit ihm nicht unangenehm.
      Wir fanden beide in unserem Gegenüber die Person wieder, mit der wir geschrieben hatten. Nichts war gestellt, gekünstelt. Alles echt.
      Als wir später im Club waren, ging es ebenso harmonisch weiter. Ich war sogar in der Lage Verantwortung abzugeben an ihn, wenn auch nur ein wenig ;) .
      Später in der Nacht machte er sich dann noch selbst ein Geburtstagsgeschenk, indem er meinem Wunsch folgte. Er akzeptierte meinen Weg der Devotion und nahm sich, was nun sein Eigentum ist. Glückliches Eigentum.
      Es war verrückt, wie im Traum. Und ich fand meinen Platz.

      Das ist nun erst ein paar Monate her. Wir sehen uns fast jedes Wochenende und die Feiertage. Und im Sommer werden wir zusammen ziehen, denn getrennt sein voneinander geht nur schwer.

      Aus seinem Profil ist der Satz verschwunden: „Ich weiß, das ich hier nicht die Nadel im Heuhaufen finden werden.“

      Ich bin eine Nadel <3
      (Wie dieses kennenlernen gelaufen ist, ist für uns auch im Nachhinein nur schwer zu verstehen. Immer wieder freuen wir uns, dass er dieses kleine Kompliment gemacht hat und sind neugierig, wie es in der Zukunft für uns weitergehen wird. Das musste ich mir einmal aus den Gedanken schreiben.)
      Ich denke, also spinne ich.
      Ich danke euch :blumen:
      Uns ist bewusst, dass wir den Alltag noch integrieren müssen. Das wird Arbeit und Stress geben. Doch wenn wir weiter alles so besprechen wie bisher und den Worten dann auch weiterhin Taten folgen lassen wie bisher, dann glaube ich an eine schöne, gemeinsame Zeit.
      Ich denke, also spinne ich.