Gesellschaftliche Akzeptanz von BDSM

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      Gesellschaftliche Akzeptanz von BDSM

      Wurdet ihr aufgrund eurer Neigung schon mal stigmatisiert? 94

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      Ihr Lieben,

      ich weiß nicht, ob es das Thema schon an anderer Stelle gibt, aber ich meine hiermit nicht, vor wem ihr geoutet seid oder so etwas.
      Auf was ich hinaus will ist in gewissem Sinne politischer:
      Fühlt ihr euch durch die Gesellschaft in der Art, in der ihr leben wollt eingeschränkt?
      Würdet ihr euch wünschen, dass es in der Allgemeinbevölkerung mehr Wissen über BDSM gibt und weniger Vorurteile?
      Welchen Vorurteilen seid ihr schon begegnet? Seid ihr schon mal aufgrund eurer Neigung stigmatisiert worden?
      Hättet ihr bei einem Outing mit gesellschaftlichen Konsequenzen zu rechnen? Beispielsweise Stigmatisierung, Verlust des Arbeitsplatzes etc.?

      Ich für meinen Teil kann die erste Frage ganz klar mit einem Ja beantworten. Manchmal sind es nur die kleinen Dinge, in denen ich mich eingeschränkt fühle: Fragt eine Kollegin, was ich am Wochenende gemacht habe, kann ich entweder lügen, verschweigen oder eine Halbwahrheit erzählen. Natürlich möchte ich ihr keine Details aus meinem Sexleben erzählen, aber ich kann eben nicht sagen "Ich hab ein tolles Wochenende mit meinem Spielpartner verbracht." sowie ich sagen könnte "Ich hab ein tolles Wochenende mit meinem Freund verbracht."

      Ein weiteres Beispiel: Ich liebe es an der Leine geführt zu werden. Das hat für mich je nach Situation bzw. Kontext nicht unbedingt etwas sexuelles, sondern erzeugt ein angenehmes Gefühl von Zugehörigkeit und Unterwerfung. Ich kann das aber nicht ausleben ohne nicht mindestens 20 km weit weg zu fahren oder im Dunkeln auf einsamen Feldwegen. Aus Angst ich könnte z.B. einen Kollegen treffen.

      In meinem Studium gab es einen Tutor, der nach einem unfreiwilligen Outing von allen nur noch "Rohrstock-Robert" genannt wurde. Ich bin mir sicher, dass dieser Name Auswirkungen auf sein soziales Leben an der FH hatte.

      Vergleichen wir die Situation von BDSMlern mal mit der von Menschen, die nicht heterosexuell sind. Bei der gesellschaftlichen Akzeptanz von LGBTQI* hat sich in den letzten Jahren viel getan. Ich habe schon den Eindruck, dass es da mit der Akzeptanz von Menschen, die ein dauerhaftes oder temporäres Machtgefälle leben (also alles was über kinky Sex hinaus geht) noch sehr hinterher hinkt. Ich glaube, vielfach fehlt es da auch an Wissen. Gerade der Punkt, dass BDSM weit über Sex hinaus geht und nicht mal unbedingt Sex beinhalten muss.

      Manchmal habe ich das Gefühl, so eine Art geheimes Hobby zu haben, da für mich BDSM nicht so einen großen Stellenwert in meinem Leben einnimmt. Aber wie ist das für Menschen, denen das mehr bedeutet? Habt ihr das Gefühl ein Doppelleben zu führen?

      Ihr habt sicher auch viele Beispiele. Für mich stellt sich die Frage: Welche Konsequenzen zieht ihr daraus? Was müsste sich ändern? Wie sollte man mit dem Thema BDSM in der Gesellschaft wünschenswerterweise umgehen? Wie könnte man das erreichen?
      Gute Morgen Melody Ponds,

      Die Frage ist, für mich, so wie sie gestellt ist und mit welchen Beispielen sie unterfüttert ist, nicht beantwortbar.

      @MissRiversong schrieb:

      Wurdet ihr aufgrund eurer Neigung schon mal stigmatisiert?
      Meinst du jetzt wirklich "stigmatisiert"?
      Dann fehlt meine Antwort: Nein, noch nie.

      Meinst dur "Fühlt ihr euch auf Grund eurer Neigung manchmal in eurem Handeln eingeschränkt?"?
      Auch dann fehlt die Antwort: Nein, noch nie.

      Meinst du jedoch "Fühlt ihr euch beim Ausleben eurer Neigung manchmal in eurem Handeln eingeschränkt?", dann könnte ich schon fast mit "Nein, noch nie." leben.

      Natürlich wäre es schön, wenn man mit seiner Sklavin an der Kette spazieren gehen könnte und sich niemand dran stört.
      Ähnlich wie ein homosexuelles Paar es händchenhaltend kann.
      Die Frage ist jedoch: will ich das?
      Nein.

      Und zwar nicht, weil ich dann von meinem Umfeld geächtet werden würde, sondern weil es niemanden was angeht, wie ich lebe.
      Liebe, in all ihren Schattierungen und im Sinne von Zuneigung, Zugewandtheit, ist etwas sehr Schönes.
      Ich mag es sehr ein verliebtes Paar zu sehen...

      Nur nicht mehr, wenn sie sich permanent anschmachten und jedem ihre Liebe plakativ auf's Auge drücken.

      Bei Neigungen sehe ich das noch enger:

      Im Gegensatz zuder Emotion "Liebe" die beim Händchenhalten und Küssen gezeigt wird ist das öffentlich sichtbare Führen an der öffentlich sichtbaren Kette
      • das Ausleben einer Neigung und damit etwas das nicht in die Öffentlichkeit gehört
      • ein sehr plakater Akt der, mMn., nur der Selbstdarstellung dient.
      • andere zwingt ein Teil der Inszenierung zu werden


      Ich muss bei keinem virtuell im "Schlafzimmer" dabei sein und die Zeiten von Romeo und Julia, in denen man sich öffentlich zur wortreichen Geschwafel genötigt sah, weil die/der Angebetete zur 'Zeit nicht auf der Bühne stand, sind vorbei.
      Wenn jemand das macht, dann denke ich mir nur "Sucht euch ein Zimmer!"

      Ich muss nicht sehen, wie ein Mann einem anderen Mann in der Öffentlichkeit auf den Schoß hüpft.
      Oder eine Frau einer anderen in besagter Öffentlichkeit an den Busen greift.
      Oder ein Hetero-Paar in einen heftigen Zungenringkampf geht.

      Ebensowenig muss ich sehen, wie jemand einen anderen Menschen an der Leine führt.
      Vor allem muss das mein Kind nicht sehen müssen.
      Und mein Kind ist bei solchen Dingen total cool drauf, so dass ich mir da keine "bleibenden Schäden" bei ihm erwarten würde.

      Fazit: Eine Emotion wie "Liebe" und das nicht-plakative Ausleben von Emotionen ist für mich immer wünschenswert.
      So bald esum das Auslaben von Neigungen geht und man dazu gezwungen wird Teil des Geschehens zu werden ist es für mich nicht mehr ok.

      Und seien wir doch einmal ehrlich: Heimlichkeit ist doch soo viel aufregender.
      Ebenso die heimlich Kette, der heimliche Griff in den Nacken, der gestohlene Kuss.

      Gruß

      imaginary

      PS: Das Ausleben im Club ist etwas ganz anderes. Da ist es ja auch ein Teil des "Spiels" dass man gesehen wird.
      Die Gedanken sind frei.
      Denken muss man sich erarbeiten.

      Frei nach Quigley: "ich habe gesagt, daß ich mit `nem Flogger nicht viel anfangen kann, nicht daß ich damit nicht umgehen kann."

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von imaginary () aus folgendem Grund: PS eingefügt. Bsp. mit Hetero-Paar eingefügt und Typos entfernt.

      Ich möchte imaginary zustimmen .
      Mein Privatleben geht nur mich etwas an und ich muss es nicht wie eine Fahne vor mir hertragen , über das anderer Menschen muss ich auch nicht alles wissen und sehen .
      Das ist durchaus nicht abwertend gemeint , aber nicht nur in Zeiten von FB kann ich gut darauf verzichten ,immerzu alle und jeden zu informieren , was ich esse , trinke , wo ich bin und mit wem , warum ich waagerecht in den Seilen hänge . :engel:
      Ich denke es gibt für mich selbst wichtigere Dinge .
      ich stimme @imaginary zu und muss ergänzen, dass auch, wenn ich den Leidensdruck hinter dieser Frage verstehe, ich ihn für mich selbst als "Jammern auf hohen Niveau " einordne. Ich habe in der Zeit in der ich mit einer Frau offen in einer Ehe gelebt habe Stigmatisierung, Diskriminierung und Ausgrenzung erfahren, die wirklich mein Leben torpediert hat. BDSM mit einem heterosexuellen Partner ist so geschmeidig auszuleben ohne ,dass es jemand mitkriegen muss. Und wenn es um den Austausch mit anderen geht,die muss man sich halt suchen, ich kann mich auch mit 99 Prozent meiner Kollegen etc nicht über meinen Lieblingssport austauschen, weil sie ihn nicht kennen.
      Ja es ist schlimm, wenn Menschen aufgrund ihres Privatleben Schäden erfahren, wie der besagte Dozent, das will ich nicht klein reden.

      MissRiversong schrieb:

      Verlust des Arbeitsplatzes etc.?
      Dazu würde mich mal interessieren, auf welcher Rechtsgrundlage das überhaupt möglich sein soll. Ich kann mir nämlich keine vorstellen, schließlich geht den Arbeitgeber mein Privatleben (und erst Recht meine Sexualität) nichts an. Es sei denn, jemand trägt seine Neigung auch in der Firma (oder gar im Kundenkontakt) plakativ vor sich her, aber wer tut das schon?

      Manchmal werden rund um das Thema Outing auch Ängste geschürt, die ich für übertrieben halte. (Das ist jetzt nicht als Vorwurf an dich gemeint, du bist ja nicht die erste, die solche Befürchtungen aufgreift und weitergibt.)
      Da muss ich @Adrian_2015 leider widersprechen. Wenn es in einer Firma schon ein ungutes Betriebsklima gibt,

      macht ein "cleverer" Rechtsanwalt eine "erhebliche Störung" des Betriebsfriedens daraus und den Druck, der dann von anderen

      "Kollegen" aufgebaut wird, kann durchaus zu negativen Konsequenzen führen. Siehe Tutor weiter oben.

      Ich könnte jetzt die große Klappe haben, weil ich Freiberufler und Firmeneigentümer bin, aber auch als solcher ist man

      vom "Wohlwollen" seiner Umgebung abhängig und es können durchaus Aufträge gefährdet sein wenn man als

      Bösewicht, der Frauen verprügelt, hingestellt wird und man sich nicht gegen Vorwürfe dieser Art wehren kann,

      denn meistens sind sie anonym und werden nur "hinter vorgehaltener Hand" weiter gegeben.
      Die Frauen kosten uns achtzig Prozent unserer Kraft, aber ohne Sie hätten wir gar keine.


      Dieter Noll, "Kippenberg"

      Mermaid schrieb:

      ich wurde in meiner Scheidung durch meinen Ex als Fem Dom zwangsgeoutet.
      Die Folgen waren recht unangenehm im Sorgerechtsstreit , auch wenn letztendlich die Kinder bei mir bleiben durften.
      Ja, das verstehe ich durchaus als Stigmatisierung. Das ist aber auch kein "Vorsichhertragen" oder "in der Öffentlichkeit ausleben". Das ist eine miese Nummer.
      Vergleichbar mit der Stigmatisierung von LGBTQ.

      Worauf ich mich bezog ist die Mehrheit der von der T.E. angeführten Beispiele.

      Wie z.B.

      MissRiversong schrieb:

      Manchmal sind es nur die kleinen Dinge, in denen ich mich eingeschränkt fühle: Fragt eine Kollegin, was ich am Wochenende gemacht habe, kann ich entweder lügen, verschweigen oder eine Halbwahrheit erzählen. Natürlich möchte ich ihr keine Details aus meinem Sexleben erzählen, aber ich kann eben nicht sagen "Ich hab ein tolles Wochenende mit meinem Spielpartner verbracht." sowie ich sagen könnte "Ich hab ein tolles Wochenende mit meinem Freund verbracht."

      Ein weiteres Beispiel: Ich liebe es an der Leine geführt zu werden. Das hat für mich je nach Situation bzw. Kontext nicht unbedingt etwas sexuelles, sondern erzeugt ein angenehmes Gefühl von Zugehörigkeit und Unterwerfung. Ich kann das aber nicht ausleben ohne nicht mindestens 20 km weit weg zu fahren oder im Dunkeln auf einsamen Feldwegen. Aus Angst ich könnte z.B. einen Kollegen treffen.

      MissRiversong schrieb:

      Vergleichen wir die Situation von BDSMlern mal mit der von Menschen, die nicht heterosexuell sind. Bei der gesellschaftlichen Akzeptanz von LGBTQI* hat sich in den letzten Jahren viel getan. Ich habe schon den Eindruck, dass es da mit der Akzeptanz von Menschen, die ein dauerhaftes oder temporäres Machtgefälle leben (also alles was über kinky Sex hinaus geht) noch sehr hinterher hinkt. Ich glaube, vielfach fehlt es da auch an Wissen. Gerade der Punkt, dass BDSM weit über Sex hinaus geht und nicht mal unbedingt Sex beinhalten muss.

      Manchmal habe ich das Gefühl, so eine Art geheimes Hobby zu haben, da für mich BDSM nicht so einen großen Stellenwert in meinem Leben einnimmt. Aber wie ist das für Menschen, denen das mehr bedeutet? Habt ihr das Gefühl ein Doppelleben zu führen?

      Für mich ist das freiwillige öffentliche Ausleben einer Neigung und der daraus resultierenden Ablehnung in keinster Weise vergleichbar mit (Nicht-)Akzeptanz von LGBTQ oder einem Zwangsouting und den daraus resultierenden Repressalien.

      Im ersten Fall habe ich es selber in der Hand ob und wer etwas erfährt.
      Im 2. Fall und letzten Fall um die (Nicht-)Akzeptanz von sexueller Orientierung .
      Bzw. Um eine unfreiwillige Bekanntgabe einer Privatangelegenheit.

      Gruß

      imaginary
      Die Gedanken sind frei.
      Denken muss man sich erarbeiten.

      Frei nach Quigley: "ich habe gesagt, daß ich mit `nem Flogger nicht viel anfangen kann, nicht daß ich damit nicht umgehen kann."
      Viel hab ich garnicht beizusteuern, aber:

      Adrian_2015 schrieb:

      schließlich geht den Arbeitgeber mein Privatleben (und erst Recht meine Sexualität) nichts an.
      Klar gibts keinen Kündigungsgrund wgen BDSM. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass - wenn ich in bestimmten Umfeldern arbeite - das so unschön werden kann, dass man von selber gehen muss. Wäre ich - das fällt mir jetzt mal so spontan als Beispiel ein - z.B als Kindergärtnerin bei einem kirchlichen Träger angestellt, wär ich da auch 2019 schon eher vorsichtiger :yes:
      Ich so: "Warum nehmt Ihr mich nie ernst?!!" ;( Forum so: "Hihi. Der war gut!" :rofl:

      Adrian_2015 schrieb:

      auf welcher Rechtsgrundlage das überhaupt möglich sein soll

      Selbstverständlich wird das nicht als Kündigungsgrund angegeben, aber Arbeitgeber können recht "inovativ" sein, wenn sie jemanden loswerden wollen. Es wurde mir von einem Jurist berichtet, der nach Outing und Jobverlust gegen den Arbeitgeber vorging. Er verlor, weil er den Kündigungsgrund nicht nachweisen konnte.

      Ich habe mit "Nein, weil nur wenige Menschen von meiner Neigung wissen" abgestimmt. Ausschliesslich BDSMler kennen sie. Meinen Freunden gegenüber habe ich mich nicht geoutet, weil auch vorher schon sexuelle Vorlieben nicht Thema innerhalb unserer Freundschaft waren. Warum also sollte ich es jetzt aufs Tapet bringen? Diese Form der Intimität lebte ich immer schon ausschliesslich mit meinen Sexualpartnern aus. Nur sie müssen meiner Meinung nach wissen, was für mich lustvoll ist und umgekehrt.

      Wichtig ist mir hingegen, dass BDSM in der Öffentlichkeit nicht als pervers, krank etc. hingestellt wird, sondern dass es die gleiche Akzeptanz bekommt und geniesst, welche heute gleichgeschlechtlichen Paaren rechtlich zusteht. Damit es nicht wie bei @Mermaid von EXpartnern dazu missbraucht werden kann, sich selber Vorteile zu verschaffen.

      Ich finde, wir sollten den Fokus darauf legen aufzuklären. Und das - glaube ich jedenfalls - erreichen wir nicht, wenn wir unsere Neigung öffentlich "spazieren führen". Zwang ist auch eine Form von Gewalt und Druck erzeugt Gegendruck, was im Endeffekt uns BDSMlern in der Gesellschaft mehr Schaden als Nutzen bringt.

      Dieses Forum ist der interessierten Öffentlichkeit frei zugänglich. Du @MissRiversong hast im öffentlichen Bereich deine Umfrage gestartet. Das ist genau die Form von Aufklärung, die ich mir wünsche. :thumbsup:
      Zwischen dem, was ich denke, dem, was ich sagen will, dem, was ich zu sagen glaube und dem, was ich wirklich sage und

      dem,

      was Du hören willst, dem, was du wirklich hörst, dem was du zu verstehen glaubst, dem, was Du verstehen willst und dem, was Du wirklich verstehst, gibt es 9 Möglichkeiten, sich nicht zu verstehen.

      Passagno
      Du darfst jemand auch nicht wegen Krankheit kündigen, und trotzdem passiert es.

      Wenn man jemanden loswerden will und der eigentliche Grund es nicht hergibt, findet man eben einfach andere Gründe.

      Zudem denke ich, dass manche Arbeitgeber einfach auch über den Grund „Wirkung nach außen“, „rufschädigung“ bzw „Vertrauensverlust in das Unternehmen, falls es publik wird“ argumentieren könnten.gerade bei Leuten, die zb auch ein Stück weit in der Öffentlichkeit stehen oder eine Vertrauensposition oder wie man das nennt, innehaben (Lehrer, Arzt, ....).
      „and because you want it, too.“
      „I do“, I whisper. „Never… then … never while“. „I know.“ he says

      Elisabeth McNeill

      Annimax schrieb:

      Klar gibts keinen Kündigungsgrund wgen BDSM. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass - wenn ich in bestimmten Umfeldern arbeite - das so unschön werden kann, dass man von selber gehen muss. Wäre ich - das fällt mir jetzt mal so spontan als Beispiel ein - z.B als Kindergärtnerin bei einem kirchlichen Träger angestellt, wär ich da auch 2019 schon eher vorsichtiger
      Ok, ich sehe ein, dass das branchenabhängig sein kann.

      Ich kann jetzt nur meine Branche sprechen: Wir sind ein Betrieb, in dem wir sowieso chronisch unterbesetzt sind und ständig am Limit arbeiten müssen. Was hätten wir als Team denn davon (oder was hätten die Vorgesetzten davon), wenn wir eine Kollegin/einen Kollegen "wegekeln" würde, nur weil er oder sie (einvernehmlich gelebte) BDSM-Neigungen hat?

      Damit würden wir uns alle ins eigene Fleisch schneiden, schließlich müssen die Aufgaben dann auf andere Kollegen verteilt werden, die ohnehin genug Stress haben. Wir sind dankbar für jeden, der uns tatkäftig mit entsprechender Qualifikation unterstützt, da kann es sich niemand leisten, sich über das Privatleben eines Anderen zu echauffieren und daraus einen Kündigungsgrund zu machen.

      Im Zweifel wird man den- oder diejenige vielelicht in einem persönlichen Gespräch bitten, dezenter mit dem Thema umzugehen und im Betreib nicht mehr darüber zu sprechen, aber wie gesagt: Eine Kündigung belastet das ganze Team und wäre mit Sicherheit nur das allerletzte Mittel.

      Mich interessierne die sexuellen Vorlieben der Kollegen auch nicht, solange ich fachlich und menschlich gut mit ihnen zusammenarbeiten kann. Und auch die Vorgesetzten haben mit Sicherheit keinen Grund, unnötig Unruhe und Verunsicherung ins Team zu bringen.

      Ich sehe aber ein, es läuft vielleicht nicht überall so optimal.
      Ich kann „Nein, noch nie.“ ankreuzen.
      Was sicherlich auch damit zusammenhängt, dass dies kaum jemand weiß. Und es muss auch niemand wissen, den wir privat kennen, finde ich. Wir wir unsere Sexualität und unsere Beziehung leben, geht prinzipiell ja auch keinen - außer uns beide - an.
      Und wir brauchen ja auch nur uns zwei dafür...
      Kommen doch einmal vorsichtige Nachfragen, dann eher aus der Motivation des „Verstehen-Wollens“.

      Einschränkend empfinde ich Gespräche mit KollegInnen überhaupt nicht. Spreche ich über mein Wochenende kann ich doch wunderbar darüber berichten, dass wir auf Sylt oder sonstwo waren und unsere Beziehung gepflegt haben. Ich muss ja nicht jedes Detail erzählen ;) ...wie, wo, was, wann :saint: .

      Das Führen an der Leine könnte ich mir durchaus öfters vorstellen - er sich übrigens auch. Da ich allerdings ahne, dass es verstörend auf meine Mitmenschen wirken könnte, stelle ich diesen Wunsch zurück.
      Dabei ist die Leinenführung aber nicht nur als Neigung zu verstehen, wie es in einem anderen Beitrag beschrieben wurde. Sondern es ist hier Ausdruck eines tiefen Gefühls; ich würde es als Zeichen von Liebe bezeichnen. Es geht viel tiefer als Küssen oder Händchenhalten für uns. Und dennoch leben wir dies nur in den eigenen vier Wänden oder auf Veranstaltungen aus.
      Er hat aber schöne Alternativen gefunden, wenn wir einfach so unterwegs sind und er spürt, dass mir etwas fehlt. Er führt mich dann zum Beispiel ganz eng an sich gedrückt, mit seiner Hand in meinem Nacken. Es kommt dem Gefühl dann doch sehr nahe und stößt nicht negativ in der Außenwelt an.

      Das Gefühl, ein Doppelleben zu führen, habe ich gar nicht. Wir leben es ja sehr authentisch zwischen uns aus, das sättigt uns völlig.

      kara schrieb:

      Das Führen an der Leine könnte ich mir durchaus öfters vorstellen - er sich übrigens auch. Da ich allerdings ahne, dass es verstörend auf meine Mitmenschen wirken könnte, stelle ich diesen Wunsch zurück.
      Bin da bei Kara. Es ist doch immer noch ein Unterschied zu seiner Neigung zu stehen oder sie "in your face" vorzuführen.Ich finde Subbie in der Öffentlichkeit anzuleinen jetzt nicht so übergriffig, das ich sagen würde :VERBOTEN!, würde aber Menschen zugestehen, dass Sie "im höflichen Rahmen" mitteilen, das sie sich gestört oder verstört fühlen. :pardon:

      Darauf Rücksicht zu nehmen, würde ich dann auch nicht als "Einschränkung" sehen. Ich persönlich für mich möchte diese Reaktionen nicht hervorrufen und deshalb lass ich das eben.
      Ich so: "Warum nehmt Ihr mich nie ernst?!!" ;( Forum so: "Hihi. Der war gut!" :rofl:
      Ich bin mit meiner Neigung eine Minderheit.
      Ob ich das jetzt gut finde, spielt leider keine Rolle.
      Das mit an der Leine führen ist ein gutes Beispiel. Die Meine möchte das auch gern, aber wir verzichten in unserem Umfeld darauf, weil genau dieses Kopfschütteln der ach so aufgeklärten Mehrheit kommen würde.
      Du kannst in dieser Mehrheit beim Kaffetrinken ohne Probleme,50 Shades besprechen, aber wenn du dann sagst, du machst das auch und wirfst mehr als als Wattebäusche, weisst du nicht, was hinter deinem Rücken daraus gemacht wird.
      Das Leben ist kein Ponyhof. Aber geritten wird trotzdem !
      Ich bin mit meiner Neigung in der Minderheit :pardon: . Das habe ich zu akzeptieren und deshalb Rücksicht auf die Mehrheit zu nehmen, finde aber dropsdem, dass wir zumindest rechtlich hier in D schon ganz gut dran sind :yes: . Sah vor 20 Jahren noch viel schlimmer aus - aber außerhalb Europas :D , etwa in GB, kennt das (Straf-)Gesetz oftmals kein Einverständnis. Da ist Spanking dann immer auch Körperverletzung, egal, ob das "Opfer" völlig damit einverstanden ist oder nicht :pardon: .
      Mir ist eine Stigmatisierung zwei Mal im Kontext der Therapeutensuche passiert.

      Die erste hat mich allen Ernstes gefragt, warum ich damit ein Problem hatte, das ein Ex von mir sich einfach genommen hat was er wollte, wenn ich doch auf sowas stehe. Da wollte der Aspekt des Konsens nicht begriffen werden... Sie meinte dann mit jemandem wir mir könne sie nicht arbeiten.

      Die zweite war der Meinung meine Neigung sei pathologisch. An sich erstmal kein Problem darüber zu reden, ob es sich tatsächlich um etwas krankhafter handelt. Hab ich ihr auch so gesagt, aber sie bestand nach nur 3 Stunden mit mir darauf daß es pathologisch ist und da Hab ich dann die Reißleine gezogen... Da gab es die Option das ich so eine Neigung haben könnte einfach nicht.

      Dazu muss ich sagen, dass ich wegen was ganz anderen hin bin und nur im Rahmen von anderen Problemen von meiner Neigung erzählt habe. Für mich war es nicht das Hauptproblem, sondern wurde zu einem solchen gemacht.

      Leider findet man ganz selten Listen mit kink friendly Therapeuten, aber ich habe am Ende jemanden gefunden, der es erstmal so nehmen kann und sich um die Probleme kümmert, wegen denen ich hin gehe.
      @AkiChan das war auch ein großes Problem für mich, den psychologischen und pädagogischen Gutachtern klarzumachen, dass ich nicht Jackline Ripper bin und krankhaft sadistisch hilflose Opfer quäle

      sondern erwachsene , gesunde, starke , duchsetzungsfähige und lebenstüchtige Männer mit deren Einverständnis safe, sane und consensual bespiele :|

      die Peitschen im Haus nur für den Hausherren, nicht aber für die Kinder sind ;(

      kara schrieb:

      Das Führen an der Leine könnte ich mir durchaus öfters vorstellen - er sich übrigens auch. Da ich allerdings ahne, dass es verstörend auf meine Mitmenschen wirken könnte, stelle ich diesen Wunsch zurück.
      Dabei ist die Leinenführung aber nicht nur als Neigung zu verstehen, wie es in einem anderen Beitrag beschrieben wurde. Sondern es ist hier Ausdruck eines tiefen Gefühls; ich würde es als Zeichen von Liebe bezeichnen. Es geht viel tiefer als Küssen oder Händchenhalten für uns.
      Genau das meine ich damit: Das an der Leine Führen kann ein Zeichen von Liebe, Zusammengehörigkeit und Respekt sein wie bei Vanillas das Händchenhalten. Vielleicht habt ihr mich falsch verstanden, ich setze diesen Wunsch nicht um, eben da es auf viele verstörend wirken könnte. Aber ich sehe das ganz anders als imaginary, dass das ein plakativer Akt wäre, der nur der Selbstdarstellung dient. Würdest du das auch einem Pärchen unterstellen, was händchenhaltend im Park spazieren geht? So nach dem Motto: "Ihr haltet nur Händchen, um euch in der Öffentlichkeit als verliebtes Paar zu präsentieren." Sicher ist das immer auch ein Aspekt dabei, aber doch sicher nicht der einzige Grund das zu tun. Mir ist bewusst, dass man durch das öffentliche an der Leine Führen auch eine Provokation erreichen kann, die einem einen Kick gibt, aber darum geht es mir nicht. Das ist eine völlig andere Intention. Wüssten alle Menschen, dass manche Menschen in ihren Beziehungen Liebe und Zusammengehörigkeit auf unterschiedliche Weise ausdrücken und eine Art eben auch die Leine sein kann, wäre das Ganze nicht mehr problematisch als öffentliches Händchenhalten.

      Bezüglich des Verlustes des Arbeitsplatzes meine ich, dass ich tatsächlich in diesem Forum mal eine Geschichte dazu gelesen habe, unter unfreiwillige Outings oder so.


      AkiChan schrieb:

      Die zweite war der Meinung meine Neigung sei pathologisch
      Davor hatte ich auch große Angst. Als ich mir nach ein paar Sitzungen einen ganz guten Eindruck von meiner Therapeutin gemacht hatte, habe ich mich geoutet und es war zum Glück auch kein Problem.

      Zum Thema Doppelleben: Ich habe mal ein Paar kennen gelernt, die TPE leben und was die so berichtet haben, was sie alles verheimlichen müssen und was für Tricks sie sich ausgedacht haben, damit keiner mitbekommt was sie da tun hörte sich schon sehr nach Doppelleben an und vor allem auch sehr anstrengend.
      Anonym bat mich folgendes einzustellen:
      "Ich bin in meiner Gegend recht bekannt. Die meisten Einwohner hier sind sehr konservativ. Einen schönen Berufsalltag habe ich nur, so lange sie mir vertrauen. Ein nicht zu unterschätzender Teil dieser Menschen würde mir wahrscheinlich das Vertrauen entziehen, wenn sie erfahren würden, dass ich z.B. Schläge zum Lustgewinn toll finde. Dann könnte ich zwar meinen Beruf weiter ausüben, aber mein Berufsalltag wäre dann wohl unerfreulich und mühsam. Vielleicht würde ich mich in dem Fall entscheiden, umzuziehen oder den Beruf zu wechseln, obwohl ich ihn und die Gegend hier liebe. Insofern ist mir sehr daran gelegen, dass ich nicht unfreiwillig geoutet werde. Das empfinde ich als Einschränkung, denn ich würde z.B. gern ohne Ängste an nahegelegenen Playparties oder bestimmten einschlägigen öffentlichen Events teilnehmen können, ohne mich bis zur Unkenntlichkeit zu vermummen. Das Argument: "Wenn dich dort jemand erkennt und outet, hast du ja auch was gegen ihn/sie in der Hand", zeugt aus meiner Sicht von Unverständnis. Es gibt mittlerweile sehr viele Berufe, in denen man von einem Outing nichts zu befürchten hat. Wer sich in dieser glücklichen Lage befindet, kann andere denunzieren, ohne sich selbst dabei ein Bein zu stellen. Manche sagen: "Ja, aber warum sollte das jemand tun?" Ja, warum? Warum fangen Menschen Kriege an, warum führen sie Rosenkriege bis aufs Blut, warum gibt es sogar BDSM-Stammtische, auf denen sich die Menschen gegenseitig unfreiwillig outen? Ich erklär es mir mit der menschlichen Natur und bin lieber zu vorsichtig, als zu unvorsichtig.

      Schade finde ich, dass die Problematik anscheinend selbst in den eigenen Reihen nicht von vielen erfasst wird. Auch ich hab kein Interesse daran, mein BDSM in der Fußgängerzone zur Schau zu stellen. Darum geht es nicht. Insofern freu ich mich über jeden Beitrag, der deutlich macht, worum es geht."