Streit in 24/7 Setting

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      Streit in 24/7 Setting

      Aus gegebenem Anlass habe ich eine recht spezifische Frage. Es geht mir um Beziehungsstreit, doch in einem weiteren Sinne auch anderer Formen von sehr emotionalem Dialog, z.B. in Zeiten von Trauer.

      Ein Paar Informationen, um das ganze etwas besser ein zu ordnen. Meine Freundin und ich sind beide noch sehr jung, 18 Jahre alt, doch wir sind seit fast 4 Jahren zusammen und haben in einem Gespräch nach nicht mal einem Monat beide klar gemacht das unsere Vorstellung irgendwo in die Richtung von etwas geht das ich heute wohl TPE und 24/7 nennen würde. Ich weiß wir haben jung angefangen, deshalb aber auch schon ein wenig Erfahrung, vor allem miteinander.

      Reden und Ehrlichkeit war nie ein Problem. Ich mochte sie weil sie der ehrlichste Mensch ist den ich kenne, und das beruhte wohl auf Gegenseitigkeit. Keiner von uns ist ein Freund von netten Umschreibungen oder Verharmlosungen. Sie ist sozial geschickter, aber ich bin schon öfter negativ aufgefallen. Ich halte eigentlich immer die Klappe in Situationen in denen man nicht die Wahrheit sagt, aber wenn man mich direkt fragt lüge ich, naja, nie will ich nicht sagen, jeder lügt, aber ich bin sehr vorsichtig damit, und kann die Lügen meines Lebens an einer Hand abzählen.

      Was die Beziehung angeht sehen wir das beide sogar noch radikaler, nicht nur Ehrlichkeit bei Nachfrage sondern auch Ehrlichkeit im Sinne keine als relevant empfundenen Dinge verschweigen oder verstecken. Wir sind beide, ich was das angeht wohl etwas mehr, ein wenig sonderbar im Bezug Beziehung. Als wir ein halbes Jahr zusammen und beide 14 Jahre alt wahren haben wir z.B. eine pro und kontra Liste gemacht mit Dingen Punkten wie "Sympathie", "Freundeskreis Kompatibilität", usw. jeweils mit Unterpunkten. Mag manchem komisch vorkommen, uns gefällts so.

      Was die ganze Angelegenheit mit TPE und 24/7 angeht, ich schätze unser "Drang" in die Richtung ist etwa gleich stark, nur ihr Vertrauen in mich ist größer als meins in mich. Währe es möglich würden wir sofort in eine Form von voll durchstrukturierter Beziehung dieser Art rein schlüpfen, nur in der Realität ist das alles natürlich nicht so einfach. Da kommt man schnell, vor allem am Anfang, in den Bereich von seltsam formulierten Regeln wie "aber wenn ich nicht innerhalb von x Stunden erreichbar bin tue y, und wenn das aus Grund z nicht geht mach wie du denkst". Eigentlich kein Wunder, könnte man ein einfaches, eindeutiges, Regelwerk aufstellen bräuchte es keine Richter mehr, die Angelegenheit währe einfach sofort klar.

      Ähnlich wie das Rechtssystem sind wir dann natürlich auch auf die unendliche Größe und Unberechenbarkeit der faktischen Realität gestoßen. Um das ganze mal kurz zu machen, im Laufe der letzten 3-3,5 Jahre sind wir in unseren Vorstellungen schon recht weit gekommen. Was die heute noch "ungeklärten" Bereiche der Sache sind, sind Gebiete in denen die stärksten, nicht sexuellen, Gefühle Auftreten. Streits, oder wie man mit einer Situation von Trauer umgeht. Das Problem ist, wir wollen diese Situationen, alle Situationen, in das Machtgefälle integrieren, doch wenn sie auftreten werde ich, unsicher will ich es nicht nennen, eher besorgt.

      Ich möchte das gern an zwei Beispielen festmachen.

      1.
      Vor etwa einem Jahr hatten wir einen Streit. Es ging fing an mit so einer verzwickten "ich weiß das ein Freund von mir eine Freundin von dir betrogen hat, ich sags dir weil ich dir vertraue, aber sags nicht deiner Freundin sonst breche ich sein Vertrauen" Geschichte an. Worum es ging ist auch eigentlich egal. Zu dem Zeitpunkt hatten wir so eine Art "Testsystem" also ein Regelwerk, an das sie sich zu halten hatte 24/7, doch wenn sie dagegen verstoßen hat hieß das nicht Strafe sondern darüber sprechen, und dann entweder das Regelwerk an dämlichen Stellen überarbeiten, oder Strafe, bei Einigkeit.

      Schon in den ersten 2-3 Minuten des Streits fiel sie mit einigen Dingen die an der Stelle auch unwichtig sind aus dem Regelwerk. Ich habe das ignoriert, weil ich nicht den Streit mit Ds Mitteln "lösen" wollte. Im Laufe des Abends, alles hatte sich schon völlig beruhigt, haben wir dann beide festgestellt das es gar nicht gut war aus dem Ds Mindset gefallen zu sein. Es hat die Situation nicht entspannt und lockerer gemacht, im Gegenteil, alles, Mimik, Gestik, etc. war viel unklarer, und viel schwieriger und auf eine seltsame Weise wahren wir uns in diesem Streitgespräch "fremder" als normal.

      Wir hatten seit dem 3 weitere Streits, keiner hat länger als einen Tag gedauert. Nach dem ersten Streit hatten wir uns darauf geeinigt das nächste mal einfach im Ds Mindset zu bleiben, doch das hat nicht wirklich funktioniert. Das Problem war das ich es nicht wirklich hin bekommen habe, wieder wollte ich den Streit nicht durch Ds lösen, und sie es extrem übertrieben hat, weil sie sich für Streit Nummer 1. die Schuld gab, "sie sei aus dem System ausgebrochen". Wie auch immer, danach haben wir verabredet beim nächsten Streit, nach ihrem Wunsch, das ich die Situation doch mit Ds löse. Mir hat der Gedanke nicht gefallen, aber ich dachte mir ein mal ausprobieren geht, ein mal. Naja, auf den ersten Blick hat es für beide gut funktioniert, nur das der gleiche Streit, Streit Nummer 3, gleich einen Monat später wieder kam. Meine Theorie, Streits mit Ds lösen funktioniert nicht, wurde also bestätigt.

      Hierzu nun meine erste Fragen.

      Wie löst ihr Streits innerhalb eines Machtgefälles?
      Habt ihr vielleicht eine Art Ritual, wie manche ein Ritual haben um Sessions oder Strafen ein und aus zu leiten?

      2.
      Vor 6 Monaten hat meine Freundin ein enges Familienmitglied verloren, und war natürlich in Trauer. Ich war mir sehr unsicher wie ich darauf reagieren sollte. Ich habe sie relativ in ruhe gelassen mit allem was Sex angeht, eher einfach reden und so weiter in dieser Zeit. Ich hab schon zu dem Zeitpunkt "gespührt" das das nicht die beste Idee war. Sie meinte später das Machtgefälle zu spühren hätte ihr in der Zeit eher Stabilität gegeben als sie zu überfordern.

      Mein Problem, bzw. unser Problem, wir wissen es beide nicht, kann man davon ausgehen das ihr Gefühl im Nachhinein stimmt? Und kann man von diesem Erlebnis auf andere verallgemeinern? Ich meine, nehmen wir mal an sowas passiert nochmal, und ich fange auf eine Weise an wie "ja, ja, ist schlimm ich weiß aber du hast Tagespflichten, raus aus dem Bett und nicht faul sein" (ihre Worte wie ihr das, im Nachhinein betrachtet am liebsten gewesen währe). Ich meine es währe sogar möglich das es so für sie auf lange Sicht am besten währe, selbst wenns ihr in diesem Moment unangenehm ist, vielleicht aber auch nicht und ihr Bauchgefühl stimmt einfach nicht.

      Dazu also noch ein paar Fragen:
      Wie geht ihr innerhalb eines Machtgefälles mit Trauer um, spüren lassen um Sicherheit zu geben oder lockern um Freiraum zu lassen (das man das nicht als Handbuch verallgemeinern kann weiß ich, ich bin eher auf etwas wie Erfahrungsberichte von beidem aus)?
      An Subs (oder doms die das mitgekriegt haben), kennt ihr Situationen in denen beharren auf dem Machtgefälle der/dem sub in dem Moment wirklich nicht behagt, doch ihr im Laufe von Wochen, Monaten, Jahren, euch wünschen würdet das Dom in solchen Situationen trotzdem darauf beharrt?

      Ich würde mich über alle Antworten freuen, doch ich suche kein Handbuch, sondern Erfahrungsberichte. Das meiste aus solchen ist natürlich nicht verallgemeinerbar aber meistens bleibt doch irgend eine Gedanke hängen der für eine Weile im Unterbewusstsein brodelt und irgend wann in der richtigen Situation hochkommt. Und das Reden wichtig ist weiß ich auch, das ist leider in diesen speziellen Situationen nicht sehr hilfreich, da die Situationen sehr emotional aufgewühlt sind. Im nachhinein ist reden nie ein Problem, auch im Moment selbst nicht, aber wenn sich die Dinge noch nicht gesetzt haben kommt man eben manchmal bei einem "ich weiß nicht was ich will" raus das sich erst nach Tagen langsam aufklärt.
      Lg
      Vergiss was du vergessen kannst, das was übrig bleibt ist wirklich von Bedeutung.
      Lieber @LordMarlboro,

      ich bewundere die vielen emotionalen und beziehungstechnischen Ebenen, die Deine Partnerin und Du da differenzieren könnt. Das ist beeindruckend und kann sicher oft hilfreich sein. Gerade, wenn man Regeln so abstrakt formulieren will wie in Deinem Beispiel aus der Anfangszeit (x-y-z), besteht natürlich die Gefahr des Verkopfens, aber ich glaube, damit kommt Ihr beiden gut klar (im Sinne von: Ihr seid zwar offenbar beide sehr kopflastig, aber da Ihr es eben beide seid, scheint es ganz gut zu funktionieren).

      Ich beantworte nur Deine ersten Fragen, weil ich zum Umgang mit Trauer oder dergleichen zu wenig Erfahrung habe, um Rat geben zu können:

      LordMarlboro schrieb:


      Wie löst ihr Streits innerhalb eines Machtgefälles?
      Habt ihr vielleicht eine Art Ritual, wie manche ein Ritual haben um Sessions oder Strafen ein und aus zu leiten?

      Wenn ich Dich richtig verstehe, hast Du die ersten beiden Male versucht, den Streit komplett auf Augenhöhe zu führen, was Euch beiden nicht gut getan hat. Daher hast Du, wenn ich Dich richtig verstehe, den dritten Streit mit einem Machtwort beendet ("mit Ds gelöst"). Das hat aber offenbar auch nicht funktioniert, weil das Thema kurz später wieder aufkam. Soweit korrekt?

      Dann folgende Gedankenanstöße:
      Einen Streit innerhalb des Machtgefälles zu lösen ist etwas anderes, als einen Streit durch Ausspielen des Machtgefälles zu lösen.
      Wenn ich ein Machtwort spreche und sage "ist mir egal, was Du davon hältst, ich führe Dich, deshalb machen wir das jetzt so, wie ich es für richtig halte", dann ist die Unsicherheit, wie verfahren wird, zwar aus der Welt. Die Meinungsverschiedenheit darüber aber natürlich nicht. Ich vermute, deshalb warst Du auch anfangs der Überzeugung, dass das nicht funktionieren würde.
      Ich kann aber auch den Argumenten gleichen Rang einräumen, den Streitenden aber nicht. So kann ich als Dom gewährleisten, dass der Streit im Großen und Ganzen in der Form meinen Regeln folgt, innerhalb derer aber beide ihre Argumente austauschen können. Wenn Sub eine bestimmte Formulierung verwendet, die mich triggert, kann ich diese Formulierung beispielsweise verbieten. Damit diene ich sogar der Konfliktlösung, weil mir das die Möglichkeit erhält, Subs Argumenten weiterhin Gehör zu schenken. Das erfordert natürlich eine gewisse Streitkultur und auch Selbstbeherrschung, kann in meinen Augen aber gut funktionieren.

      Je nach dem, was der Auslöser und der Gegenstand des Streits sind (das sind meist zwei Dinge, nicht verwechseln!), finde ich die eine oder die andere Variante besser geeignet. In argen Fällen halte ich es aber auch für klug, das Machtgefälle kurz zu verlassen. Immerhin sind wir ja ursprünglich alle frei und gleich an Rechten geboren worden ;)

      Mit einem Machtwort kann ich recht gut kleinere Streits beilegen, deren Gegenstand die konkrete Auslegung der Regeln ist. Abstraktes Beispiel: Sub soll "pro Tag" eine bestimmte Sache für eine bestimmte Zeit üben. Um kurz nach Mitternacht weise ich darauf hin, dass heute nicht geübt wurde und die Regel daher verletzt, weil ich das eigentlich bis 23:59 erledigt wissen wollte. Subs Argument: Man ist ja noch nicht ins Bett gegangen, es sei ja noch "heute". Ob der Tag im Sinne der Regel um Mitternacht endet, bei Sonnenaufgang, mit dem Schlafengehen oder sonst wie kann also Gegenstand einer Meinungsverschiedenheit sein und damit auch Gegenstand eines Streits. Da es aber meine Regel ist, die hier angewendet werden soll, steht es auch allein mir zu, sie auszulegen.

      Etwas anderes ist es, wenn Sub den ganzen Tag hindurch wahnsinnig viel zu tun hatte und deshalb erst um kurz nach Mitternacht mit dem Üben anfangen konnte. Auch hier ist der Auslöser des Streits eine unterschiedliche Auffassung darüber, wann "heute" endet. Der Gegenstand des Streits ist hier aber die Frage, ob "täglich" wirklich "täglich" bedeutet, selbst wenn das nicht oder nur unter größten Anstrengungen möglich ist - ob also die Regel wirklich ohne Ausnahme gelten soll. Da diese Frage gravierender ist als das Festlegen der "regelinternen Datumsgrenze", möchte ich hier Subs Meinung und Argumente hören. Wenn Sub aber im Streit ausfallend wird, mich beschimpft oder anschreit, stelle ich mithilfe des Machtgefälles die angemessene Form wieder her, um den Streit nicht eskalieren zu lassen (und weil wir beide das Machtgefälle ja eigentlich wollen). Dann könnte es auch passieren, dass ich für die Art des Streitens hinterher eine Strafe verhänge. Für das inhaltliche Widersprechen aber nicht.

      Der Extremfall wäre, wenn Sub beispielsweise plötzlich von der Regel getriggert wird. Sagen wir, der Tonfall, mit dem ich darauf hinweise, dass Mitternacht vorbei ist und die Regel daher nicht eingehalten wurde, weckt Erinnerungen an die absolut verhasste Klavierstunde aus der Kindheit, weshalb das Befolgen meiner Regel für Sub plötzlich nahezu unerträglich wird. In diesem Fall gestehe ich den Emotionen, die auf mich einprasseln, ihre Daseinsberechtigung zu und ignoriere, dass eigentlich gar nicht ich gemeint bin sondern die Eltern oder der Klavierlehrer oder wer auch immer es damals so furchtbar gemacht hat. Hier akzeptiere ich eine vorübergehende Augenhöhe, weil mir Subs emotionales Wohl mehr am Herzen liegt als unser Machtgefälle und ich um die befreiende Wirkung einer herausgeschrienen oder -geheulten Emotion weiß.
      (Die zweite Hälfte Deines Posts zielt genau auf die Frage ab, ob das sinnvoll ist. Vermutlich ist die Antwort "kommt darauf an, wie gefestigt man als Mensch ist, wie gefestigt das Machtgefälle ist, wie dringend Sub das Machtgefälle braucht etc.". Da ich damit aber keinerlei Erfahrung habe, beschränke ich mich auf diese eingeklammerte Vermutung).
      Der Auslöser des Streits war auch hier wieder die "Datumsgrenze", der Gegenstand des Streits hatte aber vielleicht nicht einmal mit mir zu tun. Trotzdem kann das Ergebnis auch sein, dass ich die Regel ändere oder ganz erlasse.


      Das Beispiel ist in allen drei Varianten übrigens rein fiktiv.


      Rituale für Streiten haben wir nicht. Da wir nicht zusammen wohnen, finden unsere Streits sowieso häufig per Telefon statt - da wären Rituale auch noch mal schwieriger, denke ich. Wir haben aber auch keine Rituale für Sessions. Ist vermutlich einfach nicht so ganz unser Ding. :pardon:


      Ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig weiterhelfen.
      Es gibt keine Grenze, die ich für eine Pointe nicht überschreiten würde.

      ...darf man sowas in einem BDSM-Forum überhaupt sagen? Oder ist das dann auch wieder eine Grenzüberschreitung?
      Hilfe, ich bin in einer Logikspirale gefangen!
      Streit innerhalb des gefestigten Machtgefälle ist per se nicht abwegig. Wie weit er ausufert liegt vor allem in der Hand des Doms, der das Ganze beenden kann, sei es nur temporär um das Thema später mit mehr Ruhe wieder aufzunehmen oder um es zu beenden mit einer definitiven Entscheidung.
      Dom muss auch hier führen und Sub muss sich fügen.

      Bezüglich Trauer, gerade hier ist das Machtgefälle enorm wichtig. Ein Machtgefälle gibt Stabilität und Sicherheit, in Phasen der Trauer ist es wichtig zu wissen , wo der "sichere Raum" ist und das sollte meines Erachtens die emotionale Beziehung sein. Wenn nun auch noch diese zu verwässern droht, dann verliert man einen wichtigen Anker. Machtgefälle bedeutet ja auch viel ( wenn nicht sogar hauptsächlich) Fürsorge, und wann hat man nicht ein grösseres Bedürfnis nach Fürsorge , nach Aufgefangen werden als im bodenlosen Gefühl der Trauer?
      @Dominantseptakkord
      Danke für deine Antwort.
      Du hast mich genau richtig verstanden.
      Ich stimme dir zu, es was deine Unterteilung in verschiedene Streitgrund und Auslöser Situationen angeht. Was "unbekannte" Gründe für emotionalen Stress angeht, ist es ein großer Vorteil das wir so jung sind. Wir kennen uns seit wir etwa 8 sind, damals nicht eng aber weiterer Freundeskreis, Geburtstagspartys und sowas alles. Es gibt wirklich nicht viele Probleme oder Traumata von denen wir gegenseitig nichts wissen. Man soll ja niemals nie sagen, aber ich halte es für unwahrscheinlich das es zur Zeit überhaupt welche gibt.

      @Viva
      Danke für deine Antwort. Der Gedanke das es in meiner Hand liegt macht mir genau zu einem gewissen Punkt Angst. Ich, als der Theorie und Kopf Mensch der ich nun mal bin, weiß ein paar Dinge über Psychologie, und was man so alles an Problemen damit entwickeln kann. Das Machtgefälle dreht sich zu einem Großteil um Fürsorge, gibt Halt und Sicherheit, stimmt ganz klar. Ich denke trotzdem immer an Kindererziehung und die unheimlich schwere, nicht ideal machbaren Balancen, Disziplin/Tyrannis, Freiraum/Vernachlässigung, etc.
      Dazu kommt noch, irgendwie habe ich den Eindruck, oft ist der "Idealzustand" am nähsten an der Katastrophe. Zum Beispiel, im Englisch sprachigen Raum hatte ich mal ein Gespräch mit einer Sub, die sehr auf rape-play stand, auch gewaltsam von Seiten des Doms, sie meinte es ziemlich wortwörtlich in einen "KO schlagen und machen" Sinn. Sie hatte Probleme, weil sie, um das richtig aus zu leben immer wieder in Situationen kam in der es ihr nicht gefiel. Sie meinte, sie könne es ihren Partnern nicht vorwerfen, da der Unterschied zwischen perfekt und furchtbar nur einer von minimal mehr oder weniger Druck, und sowas sei.
      Das ist ein extrem Beispiel, aber ich denke doch es macht Sinn. Wenn ich zum Beispiel an Regeln denke, Ich liebe es regeln zu machen, meine Freundin ihnen zu folgen. Das Problem, eine Regel mehr oder weniger kann den Unterschied zwischen perfekt und Überlastung machen.
      Man muss die Dinge eben ausprobieren, aber grade was eine so sensible Situation wie Trauer angeht, die noch dazu sehr selten vorkommt, ist da nicht viel mit Übung und Lernen, da gehts fast ausschließlich um Intuition, emotional gar nicht meine Stärke.

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      Update:

      Ich hatte grade einen Gedanken, bezüglich Streits. Ich werde nächstes mal wenn das vorkommt mal etwas neues probieren, so eine Art Gerichtsverhandlung. Leider, durch Abwesenheit eines neutralen Richters, nicht in der Tradition der römischen Rechtslehre, aber, naja, darum gehts hier ja grade auch ein bisschen.
      Klingt für manche vielleicht etwas seltsam, aber zu uns passt das relativ gut, wir haben es sogar schon mehrmals gemacht, da gings aber nie um wirkliche Streits. Ich erinnere mich gern an "die Hauptverhandlung zur Camping Packliste".
      Vergiss was du vergessen kannst, das was übrig bleibt ist wirklich von Bedeutung.
      Hallo @LordMarlboro, ich gebe dir mal meinen Subbiesenf dazu ;)

      Im Streit kann ich schon mal griffig werden und meine Meinung ganz klar vertreten. Allerdings weiß ich selbst dann, wo mein Platz ist.
      Ich versuche, mich anders auszudrücken, als ich es bei einem Vanillapartner gemacht hätte. Im Kopf sage ich dann etwa "Ich finde das echt unverschämt", aus meinem Mund kommt dann aber "Ich finde das nicht in Ordnung".

      Wenn ich körperlich oder psychisch angeschlagen bin und @Pat bekommt es mit, läuft unser BDSM auf Sparflamme. Ich glaub, ich hab noch keinen Tag erlebt, an dem er nicht gefragt hat, wie ich mich fühle.
      Es gab auch Situationen, wo ich einen Moralischen hatte und ihn gebeten habe, dort ein paar Tage verweilen zu dürfen. Manchmal brauche ich das, mich in dem Gefühl zu suhlen, weiß aber auch, es ist in ein paar Tagen von allein vorbei. Diesen Wunsch hat er mir bisher jedesmal erfüllt, es kam aber nur 2x vor in den beiden Jahren.

      Und schlussendlich gibt es Phasen, in denen ich aufmüpfig oder laissez faire werde und das Ende nicht finde und da dann auch von mir aus darum bitte, wieder an meinen Platz verwiesen zu werden. Das geschieht mit Anweisungen, Aufgaben, virtuellen strengen Spielen.

      Also auch deine Subbie ist in der Verpflichtung, dir mitzuteilen, wenn sie deine Führung oder auch ein wenig weniger Strenge benötigt,
      du musst nicht hellsehen können ^^
      Auch wenn es widersprüchlich klingt:
      Ihr Ego muss stark genug sein, um seine begrenzte, defensive Haltung und Kontrolle aufgeben zu können.
      Sie brauchen ein starkes Ego, um das Ego transzendieren zu können.

      - John Bradshaw, Das Kind in uns -
      Hallo @LordMarlboro,

      zu Frage 2:

      Wenn es mir sehr schlecht geht, ich emotional nicht so richtig eins mit mir bin und/oder trauere (aus welchem Grunde auch immer), kann es vorkommen, dass ich mich ziemlich verloren, unsicher und 'ängstlich' fühle, Schwierigkeiten mit dem Treffen von Entscheidungen habe und mir ganz besonders viel Halt wünsche. Das Machtgefälle ist da sehr hilfreich! Wenn mein Herr etwas anordnet/verlangt, finde ich eher den Antrieb und einen 'guten Grund', es umzusetzen. Andernfalls würde ich mich in solchen Phasen sicher mehr gehen lassen. Gewohnte Strukturen beizubehalten, finde ich gerade dann aber besonders wichtig, eben weil sie Halt und Sicherheit geben.

      (Noch mehr) Veränderungen sind in solchen Zeiten nicht hilfreich für mich, im Gegenteil. Sie machen mir eher Angst und ich bekomme das Gefühl noch mehr - und zwar etwas, was mir wichtig ist, gut tut und viel bedeutet (→ das Machtgefälle, den Schutz und die Sicherheit, die es mir gibt etc.) - zu verlieren.

      Rituale, Regeln und dass bestimmte Dinge weiterhin von mir erwartet werden, können wie ein Rettungsanker wirken. Sie geben Halt und Sicherheit. Ich fühle mich dadurch gestützt und geborgen.

      Deine Unsicherheit, wie du in Zeiten der Trauer mit deiner Freundin/Sub umgehen sollst, verstehe ich aber auch. Meinem Herrn ging/geht es ähnlich, vielleicht war es bei ihm sogar noch intensiver. Wenn es solche oder ähnliche Situationen gab, hat er das Machtgefälle meistens fast ganz aufgelöst, weil er der Meinung war, er könne doch jetzt nichts von mir einfordern, oder weil er dachte, er würde mir zu viel zumuten, mich überfordern oder mir damit schaden. Aber nein, immer nur 'Köpfchen streicheln' (im übertragenen Sinne), mir so viele Freiräume wie in einer reinen 'Vanilla'-Beziehung zu lassen und BDSM fast komplett außen vor zu lassen, war dann überhaupt nicht gut für mich. (Gründe s. o.) Mir fehlte der Rahmen, in dem ich mich sonst so gut und sicher aufgehoben gefühlt habe.

      Du hast aber recht damit, dass es auch viel auf die Intuition ankommt. Ich bin jedenfalls trotzdem - obwohl ich mir wünsche, dass das Machtgefälle im Großen und Ganzen bestehen bleibt - dankbar, wenn mein Herr manches nicht ganz so eng sieht und nicht auf Dingen beharrt, zu denen ich mich gerade wirklich nicht in der Lage fühle. Die Regeln und Rituale, die wir im gemeinsamen Alltag haben, sollten aber unbedingt bestehen bleiben. Die tun dann einfach gut. Alles in allem möchte ich seine Macht weiterhin spüren und meine geliebte Position nicht verlassen müssen.

      Wenn er mich jetzt fragen würde, was ich im Falle von Situation xyz (Trauerfall, akute Depression aufgrund von sehr belastenden Erlebnissen o. ä.) bräuchte, könnte ich das vermutlich nicht ganz klar sagen. So leicht sind Emotionen nicht voraussehbar - es zeigt sich oft erst in der Situation selbst, wie man emotional auf diese reagiert und welche Bedürfnisse daraus resultieren. Er muss sich da sehr auf seine Empathie, auf sein Feingefühl verlassen. Gar nicht immer so einfach, ich weiß... Ich bin aber eigentlich immer imstande, es zu artikulieren, wenn es 'akut' ist. Wenn er sich das anhört, kann er das in seine Gedanken mit aufnehmen und in sein Handeln mit einfließen lassen. Ich brauche dann einfach mehr Aufmerksamkeit und dass er noch intensiver auf meine Gefühlswelt eingeht.
      Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe ist alles nichts.
      Hallo @LordMarlboro,


      danke für deine Beiträge. Ich find sie bereichernd.

      Zum Thema 24/7 und Streit:

      Anders als @Viva (wenn ich dich richtig verstanden hab, Viva), sehe ich es nicht so, dass es grundsätzlich vor allem in Doms Hand liegt, wie weit ein Streit ausufert (oder ob es überhaupt dazu kommt). Ich sehe die Verantwortung dafür zu mindestens 50% bei mir. Natürlich kann mein Herr alles unterbinden. Aber bei uns läuft es harmonischer ab, wenn wir uns beide gleichermaßen dafür einsetzen, das Machtgefüge auch während heftiger Diskussionen durchgängig lebendig zu halten.
      Eine Ohrfeige, die ich während einer solchen mal bekommen habe (einvernehmlich), hat die Situation nicht vereinfacht, sondern schwieriger gemacht. Hilfreich wirkt es aber, wenn er mich dazu bringt, zwischendurch kurz die Luft anzuhalten.

      Zum Thema Trauer:

      Mir hat in Trauer insbesondere geholfen, dass mein Herr und mein Mann so spontan und einfühlsam reagiert haben. Ich konnte zwar für den Moment sagen, was mir gut tut (abgesehen davon, dass ich vergessen hätte, zu essen und zu trinken, wenn man mich nicht daran erinnert hätte), aber ich wusste nicht, was ich in einer halben Stunde, in zwei Stunden, in zwei Tagen oder Wochen brauchen werde. Sie haben mich im Blick behalten und jeweils situativ reagiert. Konkret war das ein Hin- und Her, für das ich mich ziemlich geschämt hab. Aber sie haben signalisiert, dass das total in Ordnung ist in so einer krassen Ausnahmesituation. <3

      Ich war froh, dass die alltäglichen DS-Regeln und Routinen weiter gegolten haben. Sicherheit in der Normalität, im Gewohnten finden. Das hat gut getan. Gleichzeitig war ich dankbar, dass mein Herr eine Anweisung, der ich in dieser Zeit eigentlich täglich hätte folgen sollen, ausgesetzt hat.

      Zur Trauerbegleitung gibt es mittlerweile einen breiten Erfahrungsschatz, tolle Texte und bewährte Vorgehensweisen aus dem psychologischen Bereich oder der Seelsorge. Wenn du ein bisschen recherchierst, findest du bestimmt schöne Modelle oder Texte, die dir Wissen vermitteln, mit dem du in gewisser Weise vorbereitet reagieren kannst, wenn jemand trauert. Angenehm übersichtlich und hilfreich finde ich z.B. weh weh weh punkt ...
      betanet.de/umgang-mit-trauernden.html
      betanet.de/erstreaktionen-auf-den-tod-naher-angehoeriger.html
      betanet.de/trauer.html

      Im Zweifelsfall (wenn man zweifelt, alleine oder als Paar mit der Trauer gesund umgehen zu können) würde ich dazu raten, sich nicht zu scheuen, eine professionelle Trauerbegleitung zu Rate zu ziehen. Das kann man u.U. auch für den trauernden Partner organisieren, der vielleicht gerade nicht den Kopf hat, nach entsprechenden Telefonnummern oder Anlaufstellen zu recherchieren.



      Viele Grüße
      Frl. Irrlicht

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Frl. Irrlicht () aus folgendem Grund: Klammer eingefügt

      @Isegrim_w_devot
      Danke für deine Antwort.
      Ein kleiner Teil deiner Antwort war ein wenig an meiner Frage vorbei, mir ist das auch bei anderen hier aufgefallen, eindeutig meine Schuld da ich in meiner Beschreibung nicht ganz präzise war. Es geht darum was ich mit Regeln und Machtgefälle, und Verstöße dagegen während eines Streits genau meine. Da ich das nicht näher definiert habe kann es natürlich zu Unklarheit kommen. Ich habe kein Problem damit wenn Sub ihren Punkt heftig vertritt, ich habe nicht mal ein Problem mit Gefluche oder ähnlichem wenn es Subs Emotionen wahrheitsgemäß darstellt, ich hätte sogar ein Problem mit dem Gegenteil, einem ändern dieses Verhaltens.
      Die Beispiele für Regelverstöße auf die ich hier Bezug nehme wahren ein mal ein Verstoß gegen eine mäßig strenge CMNF Regel, ein anderes mal gegen die Regel das sie nicht gehen darf ohne um Erlaubnis zu fragen, etc.
      Das war wirklich ungenau von mir, wenn man von Streit schreibt ist natürlich klar das andere annehmen es geht um Regeln bezüglich Ton oder Wortwahl.
      @Zofe
      Danke für deine Antwort.
      Ich glaube dein Dom und ich denken was die Trauer angeht wirklich sehr ähnlich. Das war genau mein Problem, vielleicht kommts auch von Unterschieden in der Persönlichkeit. Ich für meinen Teil will eigentlich nur meine Ruhe wenn ich eine schwere Zeit habe. Ich will nicht darüber reden, ich hab kein Interesse an Ablenkung, Beschäftigung, dem Alltag oder ähnlichem. Für mich wird das Reden über mich selbst erst interessant wenn ich weiß was ich dazu zu sagen habe, und wenn ich über mich selbst nach einer Veränderung wie einem Todesfall rede, hatte ich bisher immer den Eindruck ich rede mir selbst irgend was ein was nicht stimmt, und ich kann das dann später aufräumen. Wenn ich mir aber im stillen klar werde was ich denke und fühle musste ich bisher nie in mir selbst aufräumen.
      @Frl. Irrlicht
      Danke für deine Antwort.
      Meine Meinung zu Trauerbegleitung ist eine wohl relativ ungewöhnliche, doch soweit ich das überblicke ist sie psychologisch fundiert. Mein Ziel, sowohl bei mir selbst als auch bei anderen Personen war immer mich oder die andere Person zu "langweilen". Als eine Art von Toleranz aufbau. Das es hilfreich ist sich mit den Problemen auseinander zu setzen ist in allen psychologischen Schulen anerkannt, die Unterschiede liegen nur darin ob man den Patienten jetzt mit seinem Verhalten, seiner Vergangenheit, Gegenwart, etc. konfrontiert.
      Wenn ich nun jemanden kenne der trauert, oder z.B. nach einer Kündigung oder dem wechsel von der Schule auf die Uni eine schwere Zeit hat, setze ich mich mit der Person hin und fange an Fragen zu stellen. In einem Trauerfall z.B. über Erinnerungen mit der verstorbenen Person, über Situationen in denen die Person fehlen wird (auf der eigenen Hochzeit, etc.), und so weiter und so fort. Das mache ich dann so lange bis bei der trauernden Person die allgemeine Stimmung von "es ist furchtbar das das passiert ist" zu "oh man, hör doch mal mit deiner dämlichen Fragerei auf" wechselt.
      Vergiss was du vergessen kannst, das was übrig bleibt ist wirklich von Bedeutung.

      LordMarlboro schrieb:



      @Frl. Irrlicht
      Danke für deine Antwort.
      Meine Meinung zu Trauerbegleitung ist eine wohl relativ ungewöhnliche, doch soweit ich das überblicke ist sie psychologisch fundiert. Mein Ziel, sowohl bei mir selbst als auch bei anderen Personen war immer mich oder die andere Person zu "langweilen". Als eine Art von Toleranz aufbau. Das es hilfreich ist sich mit den Problemen auseinander zu setzen ist in allen psychologischen Schulen anerkannt, die Unterschiede liegen nur darin ob man den Patienten jetzt mit seinem Verhalten, seiner Vergangenheit, Gegenwart, etc. konfrontiert.
      Wenn ich nun jemanden kenne der trauert, oder z.B. nach einer Kündigung oder dem wechsel von der Schule auf die Uni eine schwere Zeit hat, setze ich mich mit der Person hin und fange an Fragen zu stellen. In einem Trauerfall z.B. über Erinnerungen mit der verstorbenen Person, über Situationen in denen die Person fehlen wird (auf der eigenen Hochzeit, etc.), und so weiter und so fort. Das mache ich dann so lange bis bei der trauernden Person die allgemeine Stimmung von "es ist furchtbar das das passiert ist" zu "oh man, hör doch mal mit deiner dämlichen Fragerei auf" wechselt.
      Das , mein Lieber, nennt man dann Den Finger in die Wunde legen.
      Bei einem durchschnittlich sensiblen Menschen müsstest du schon lange Bohren und Fragen. Da ist der jenige eher zusammen gebrochen oder fleht darum das du endlich aufhörst, weil es einfach weh tut.
      Du erreichst damit keinen Zustand der Genervtheit der hilfreich wäre, sondern treibst den Trauernden nur weiter in den Schmerz.
      Kann natürlich auch sein das dein Ziel ist die 6 Phasen der Trauer auf ein paar Stunden zu komprimieren und den Trauernden quasi im Eilverfahren da durch zu jagen , ist aber weder nötig noch hilfreich.
      Auf welche Psychologischen Grundlagen baust du denn dein Verhalten in dem Fall ?
      Nie gezählte Tage liegen hinter dir,
      in denen der Moment, so oft,
      so wichtig für dich war.
      Es ist doch dein Traum,
      mit dem du diesen Weg gegangen bist,
      deine Gefühle, die dich haben glauben lassen
      und deine Sehnsucht, die dich noch immer
      nicht zu Ruhe kommen lässt.
      Es ist noch immer dein Weg,
      der zu dir gehört.
      Fang dir deine Träume - Staubkind.
      @M.J. Craw-Corteaz
      Danke für deine Antwort.
      Zuerst, worauf berufe ich mich, großteils auf C.G. Jung, ich denke hauptsächlich auf "Psychologie und Religion", "Erinnerungen, Träume, Gedanken" und die auf Wandel und Zerfall bezogenen Teile von "Die Archetypen und das kollektive Unbewusste".
      Abgesehen davon noch ein bisschen auf Carl Rogers "Being Yourself", und ein paar Dingen die ich in Verhaltensforschung aufgeschnappt habe, was das angeht kann ich aber nicht behaupten ein Experte oder sowas zu sein.

      Der Grundlegende Gedanke, der von allen psychologischen Schulen geteilt wird, ist das man Probleme nur durch Konfrontation bewältigen kann. Zum Beispiel, wie überwindet man die Angst vor Aufzügen? Man schaut sich Bilder von Aufzügen an, geht in die Nähe von Aufzügen, bleibt so lange dort stehen bis man sich wohl fühlt, geht näher ran, fast die Tür vom Aufzug an, steht bei offener Tür im Aufzug, etc. etc. das ganze über Wochen oder länger, solange es eben dauert.

      Im Bezug auf Trauer, ich denke da muss ich ein Stück weiter ausholen. Wieso erinnern wir uns eigentlich an irgend etwas? Mein Wissensstand dazu ist, das wir Fehler nicht wiederholen. Wenn man emotional bei einem Thema ist, das länger als 18 Monate in der Vergangenheit liegt ist der einzige Grund dafür das man noch nicht die nötige Lektion gelernt hat, nicht die Erinnerung ideal verstanden und verarbeitet hat.

      Trauer für sich allein ist schlimm genug, doch sie geht oft mit allerhand anderem einher. Man kann entweder sich oder jemand anderem die Schuld geben, man kann etwas bereuen das man getan oder nicht getan hat, und so weiter. Im Bezug auf die Trauer kann man nicht viel machen, doch diese ganzen, verkomplizierenden "Begleitprobleme" sind durch durchdenken und bewältigen lösbar.

      Von "in wenige Stunden quetschen" war nicht die Rede, genau so wenig wie von hektischem, stressigem beharren bis die Person völlig verzweifelt. Das dauert natürlich seine Zeit, und muss in einem Tempo stattfinden das individuell völlig verschieden ist. Dennoch, unausgesprochenes, vergrabenes, ist die Ursache für so ziemlich jedes psychologische Problem, und auch wenn ein konfrontieren mit etwas über das man nicht nachdenken will vielleicht unsensibel ist, ist es dennoch besser als vergrabener Ballast.

      Ich kenne, aus dem sehr weiten Familien Kontext, einen Fall in dem jeder einer Frau "erlaubt" hat so zu tun als sei ihre Mutter noch am leben, für Monate, Jahre, wahrscheinlich bis heute. Das ist auf jeden Fall nicht gesund.

      Ich hoffe das hat klarer gemacht was ich meine. Wenn dich das ganze sehr interessiert, es ist eine Weile her das ich mich mit Psychologie, vor allem den Psychoanalytikern wie Freud und Jung auseinander gesetzt habe, aber falls es dich stark interessiert kann ich die Quellen für das ganze aus alten Lesezeichen Ordnern von einer Festplatte rauskramen.

      Lg
      Vergiss was du vergessen kannst, das was übrig bleibt ist wirklich von Bedeutung.
      Danke für die Ausführliche Erklärung.
      Ich kann in der Tat besser nachvollziehen was du meinst :)

      Wirkt auch gleich viel besser :D
      Nie gezählte Tage liegen hinter dir,
      in denen der Moment, so oft,
      so wichtig für dich war.
      Es ist doch dein Traum,
      mit dem du diesen Weg gegangen bist,
      deine Gefühle, die dich haben glauben lassen
      und deine Sehnsucht, die dich noch immer
      nicht zu Ruhe kommen lässt.
      Es ist noch immer dein Weg,
      der zu dir gehört.
      Fang dir deine Träume - Staubkind.

      LordMarlboro schrieb:

      Dennoch, unausgesprochenes, vergrabenes, ist die Ursache für so ziemlich jedes psychologische Problem, und auch wenn ein konfrontieren mit etwas über das man nicht nachdenken will vielleicht unsensibel ist, ist es dennoch besser als vergrabener Ballast.
      Hallo @LordMarlboro

      Also ich bin da eher vom Schlag, das der Konfrontation(-stherapie), wenn nicht richtig und nicht zum rechten Zeitpunkt angewendet wird, als gefährlich/ungesund ansehe. Ausser man ist wie ich und das Hirn schaltet sich während der Session einfach ab und nix bleibt hängen :thumbsup: was aber dann einfach im besten Fall ne Null-Nummer ist.

      Klar kann das Vergrabene mit der Zeit anfangen zu moodern/faulen. Aber nur weil auf der Pakung steht das der 10Kg Sack Zucker in `im nächsten Jahr` abläuft, geh ich jetzt nicht auf ne Binge.

      Ich denke einfach das am Schluss man einfach "nur" der Partner/Dom ist und da hilft meiner Meinung nach einfach:
      da sein, helfen das man den Bezug zur Realität nicht verliert (mit stubsen auf Rituale die früher gut getan haben), und Zeit geben.

      Lg Sheila
      Goodreads is` schuld das Ihr mich habt, sorry :saint:
      Um mal wieder zurück zum Thema Streit im D/s Setting zu kommen:

      Grundsätzlich werden bei uns Streits außerhalb des Machtgefälles gelöst.
      Wir haben das so festgelegt, nachdem ich bei einem Lösungsversuch im Machtgefälle schlimm getriggert wurde und einen Weinkrampf hatte.
      Wenn wir streiten ist es aber nicht so, dass wir laut werden, Beschimpfungen, Flüche etc. ausstoßen, sondern eher unsere individuellen Wahrnehmungen austauschen und diskutieren, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen oder eben den Dissens darlegen und es dabei belassen.
      Emotionale Ausraster gibt es bei uns nicht, wir können uns sehr gut selbst regulieren.

      Ich persönlich brauche das Gefühl als eigenständig denkender Mensch wahrgenommen und geachtet zu werden. Erst auf dieser Basis kann ich ein Machtgefälle überhaupt akzeptieren.
      Mein Herr schätzt genau das an mir, dass ich ihm eben nicht abverlange im Falle eines Streits eine Lösung für uns Beide zu finden.
      Unsere Ansichten sind in einigen Bereichen doch sehr verschieden, aber wir akzeptieren, dass jeder in seiner eigenen Welt was Wahrnehmungen, Erfahrungen und die daraus resultierenden Handlungsmuster sowie ethischen Maßstäbe angeht, lebt.
      Wir wollen im Streit nicht beide Recht haben, einander nicht übertreffen oder gar gewinnen sondern lediglich, dass unsere jeweilige Meinung akzeptiert wird.

      Ist ein Streit/Konflikt ungelöst oder befindet sich einer von Beiden oder Beide emotional aufgrund von massivem Stress, Trauer etc. nicht im Gleichgewicht, wird unser D/s auf das Minimale (einhalten von langfristigen Regeln) reduziert und auch nicht gespielt, da wir so SSC nicht mehr gewährleisten können, unserer Meinung nach.
      Bei uns muss erst die normale Beziehungsebene auf Augenhöhe stimmen, damit wir immer bewusst und uns jedes Mal neu entscheidend in ein Machtgefälle treten können.
      Selbstverantwortung und Autonomie sind uns wichtig, erst wenn wir dies für uns selbst im Alltag gewährleisten können, leben wir BDSM aus.
      Sollte das nicht mehr so sein, setzen wir eben aus und sehen zu, dass wir für uns selbst oder für uns einander als normales Paar sorgen.
      Ein Ausleben von BDSM würde in solchen Situationen bei uns Beiden eher zu noch mehr Überforderung führen.
      “Everything has been figured out, except how to live.” (Jean-Paul Sartre)

      LordMarlboro schrieb:

      Zuerst, worauf berufe ich mich, großteils auf C.G. Jung, ich denke hauptsächlich auf "Psychologie und Religion", "Erinnerungen, Träume, Gedanken" und die auf Wandel und Zerfall bezogenen Teile von "Die Archetypen und das kollektive Unbewusste".
      Abgesehen davon noch ein bisschen auf Carl Rogers "Being Yourself", und ein paar Dingen die ich in Verhaltensforschung aufgeschnappt habe, was das angeht kann ich aber nicht behaupten ein Experte oder sowas zu sein.
      Dass du dich viel mit Psychologie beschäftigst, finde ich grundsätzlich erstmal nicht verkehrt. Ich selbst habe mich auch jahrelang intensiv mit verschiedenen Teilbereichen der Psychologie auseinandergesetzt. Dennoch bin ich nach wie vor der Meinung, dass es eine Menge Situationen im Leben gibt, in denen es einen wenig weiterbringt, sich auf Bücher und Theorien zu stützen. Insbesondere im zwischenmenschlichen Bereich ist es oftmals viel hilfreicher, sich auf sein eigenes Gefühl zu verlassen und dementsprechend zu handeln. 'Xyz hat ja mal die These aufgestellt, dass es so und so ist...' bringt einen da leider nicht immer weiter.

      Nicht alle Menschen ticken gleich. Nicht alle Menschen haben die gleichen Bedürfnisse, selbst wenn sie sich in vergleichbaren Situationen befinden. Seelische Strukturen weichen teils doch sehr stark voneinander ab und was dem einen gut tut, ist für den anderen eher kontraproduktiv und schädlich.

      Ich verlasse mich bei emotionalen Belangen grundsätzlich auf mein Gefühl und meine Intuition und da ich sehr feinfühlig bin, bin ich damit bisher immer gut gefahren. Sicher ist vieles, was es von den großen Psychoanalytikern zu lesen gibt, gut und richtig und kann sinnvolle Denkanstöße geben. Die besten Erfahrungen habe ich aber gemacht, wenn ich mich gedanklich und emotional aufmerksam und achtsam auf die jeweilige Person und deren Probleme eingelassen habe.
      Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe ist alles nichts.

      LordMarlboro schrieb:

      Zuerst, worauf berufe ich mich, großteils auf C.G. Jung, ich denke hauptsächlich auf "Psychologie und Religion", "Erinnerungen, Träume, Gedanken" und die auf Wandel und Zerfall bezogenen Teile von "Die Archetypen und das kollektive Unbewusste".
      Abgesehen davon noch ein bisschen auf Carl Rogers "Being Yourself", und ein paar Dingen die ich in Verhaltensforschung aufgeschnappt habe, was das angeht kann ich aber nicht behaupten ein Experte oder sowas zu sein../.

      . /. Wenn dich das ganze sehr interessiert, es ist eine Weile her das ich mich mit Psychologie, vor allem den Psychoanalytikern wie Freud und Jung auseinander gesetzt habe, aber falls es dich stark interessiert kann ich die Quellen für das ganze aus alten Lesezeichen Ordnern von einer Festplatte rauskramen.

      Ich wollte eigentlich meine Erfahrungen dazu schreiben, da fiel mir etwas ins Auge.

      Laut deines Profils bist du 18 - wie tief musst du in alten Festplatten stöbern bis Jung & Freud in deine Erinnerung wieder auftauchen?

      Oder ist dir ein Fehler unterlaufen bei der Altersangabe in der Neuanmeldung.

      LG

      Hamlet