Dr. Jekyll und Mr. Hyde

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      Dr. Jekyll und Mr. Hyde

      Wenn ich manchmal so über mich nachdenke komme ich mir schon mal schizophren vor. Auf der einen Seite lehne ich Gewalt ab und bin durchaus für die Gleichberechtigung der Frau. Mit einer Partnerin möchte ich auch auf Augenhöhe kommunizieren können, bin an ihrer Meinung interessiert .
      Auf der anderen Seite genieße ich meine Macht über eine Sub. Sie steht mir jederzeit zur Verfügung und erträgt die ihr zugefügten Schmerzen. Das Machtgefälle bringt es mit sich, dass sie meinen Wünschen widerspruchslos folgen wird. Schwieriger noch, sie muss den Wechsel vom „normalen“ Partner zum Dom erkennen und sich ebenfalls sofort umstellen können.

      Wie geht ihr mit diesen, doch zwiespältigen, Gefühlen um?
      1. Wie erlebt Sub solche Situationen? Ich bin auf eure Meinung gespannt.
      Always happy trails

      Thomas aka Braintickler
      Irgendwie sehe ich meinen Partner immer auch als solchen, ich teile ihn nicht in unterschiedliche Persönlichkeiten auf.

      Ebenso habe ich keinen Submodus der aktiviert werden muss.

      Im restlichen Alltag ist man auch in unterschiedlichen "Rollen".
      Mal ist man Elternteil, mal Partner, mal Angestellter oder Chef, mal bester Freund/Freundin ect...
      Auch da ändert man ja nicht bewusst etwas.

      Eine Beziehung mit BDSM sucht man sich freiwillig aus, weil es zur eigenen Neigung passt. Das hat für mich nichts mit Gewalt oder Unterdrückung zu tun, denn dass wäre etwas das ich in einer Beziehung auch nicht wollte. Von daher gibt es auch für mich keinen Widerspruch.

      Braintickler schrieb:

      Das Machtgefälle bringt es mit sich, dass sie meinen Wünschen widerspruchslos folgen wird. Schwieriger noch, sie muss den Wechsel vom „normalen“ Partner zum Dom erkennen und sich ebenfalls sofort umstellen können.
      Das empfinde ich nicht so. Bei mir ist es nicht das Machtgefälle, dass ich den Wünschen meines Herrn @Gordon widerspruchslos folge, sondern, es ist seine Liebe, Achtsamkeit, Vertrauen, Beharrlichkeit und konsequente Führung, die er sich im Laufe unserer Beziehung bei mir erarbeitet hat und mir täglich zeigt und fühlen lässt. Erst dadurch kam bei mir das Verlangen, ihm meine Hingabe zu schenken und ihm das Vertrauen zu geben, dass er sich das nehmen kann, was er in der Situation von mir verlangt.
      Wenn ich bei ihm bin, leben wir in der Zeit 24/7 unser BDSM und unseren Alltag aus. Das erleichtert uns unser Miteinander.
      Na ja, also erstmal betrachte ich BDSM keinesfalls als Gewalt. Insofern besteht kein Gegensatz darin, Gewalt abzulehnen und dennoch Spaß daran zu haben, Schmerzen zuzufügen oder zufügen zu lassen. Der Begriff Gewalt impliziert für mich ein aggressives Verhalten ohne Konsens.

      Auch den Punkt "widerspruchslos" sehe ich so nicht. Wo bliebe denn da der Spaß? Würde ja jegliche Grundlage für Strafen wegfallen ;) Abgesehen davon kommt es ja drauf an, was für eine Art von BDSM Beziehung es ist. Mehr D/s lastig, mehr SM Schwerpunkt, 24/7, TPE usw. Alle diese Modelle haben ganz unterschiedliche Dynamiken. Mein Mann und ich befinden uns zum Beispiel außerhalb einer Szene immer auf Augenhöhe und führen eine ganz normale, gleichberechtigte Ehe. Und was den Wechsel in den DOM-Modus betrifft: Viele Paare die ich kenne, haben dafür bestimmte "Erkennungszeichen" etabliert, sei es subtiler wie der Wechsel der Tonlage bis hin zu ganz klaren Signalen wie z.B. dem Anlegen eines Halsbands.
      A gentleman is a man who knows when not to be gentle.
      Ich lebe mit meiner Sub 24/7 und trotzdem auf Augenhöhe. So bin ich immer Dom, sie immer Sub. Aber es fällt nicht immer auf. Das läuft eher unterschwellig.
      Ich hänge auch die Wäsche auf, bringe den Müll raus oder mache die Küche sauber. Aber immer als Dom. So entstehen diese zwiespältigen Gefühle bei uns gar nicht erst und keiner muss sich umstellen. Ich weiß nicht, ob ich das Dom sein ausblenden könnte meiner Partnerin gegenüber. Ich helfe ihr natürlich, ich tröste sie wenn nötig und pflege sie auch wenn sie mal krank ist aber auch immer als Dom. Und natürlich als Partner, Mann, Geliebter Freund und Seelenverwandter. Ich versuche eigentlich immer alles gleichzeitig zu sein.
      @Braintickler Wenn du nicht Dom bist, empfindest du dann auch nicht so oder blendest du es aktiv aus bzw. unterdrückst es?
      Wäre es nicht einfacher für euch ein 24/7 Setting zu leben, das mal mehr und mal weniger restriktiv ist? Unser Wahlspruch ist "Beide auf Augenhöhe aber sie mit gesenktem Blick"

      SkinoDom schrieb:



      @Braintickler Wenn du nicht Dom bist, empfindest du dann auch nicht so oder blendest du es aktiv aus bzw. unterdrückst es?
      Wäre es nicht einfacher für euch ein 24/7 Setting zu leben, das mal mehr und mal weniger restriktiv ist? Unser Wahlspruch ist "Beide auf Augenhöhe aber sie mit gesenktem Blick"
      Es war eher so ein Gedankenspiel. Normalerweise denke ich gar nicht drüber nach, handle eher wie Du. Nur wenn ich mir die Szene bewußt vor Augen führe komme ich auf so einen Vergleich.
      Always happy trails

      Thomas aka Braintickler
      Hallo @Braintickler,

      Sätze wie diese habe ich früher auch häufig von meinem Herrn gehört:

      Braintickler schrieb:

      Auf der einen Seite lehne ich Gewalt ab und bin durchaus für die Gleichberechtigung der Frau.
      [...]
      Auf der anderen Seite genieße ich meine Macht über eine Sub.

      Er hat es ebenfalls als Zwiespalt oder sogar als Widerspruch wahrgenommen und hatte Schwierigkeiten damit, den Gentleman, der er 'eigentlich' ist, mit seiner dominanten Seite zusammenzubringen und zu vereinen. Er war einfach nicht eins mit sich und hat sich selbst nicht verstanden. Das hat dazu geführt, dass er immer wieder Rückzieher gemacht hat, übervorsichtig und ziemlich nachgiebig war. Seine Unsicherheit schien zeitweise komplett verschwunden - und dann gab es wieder Phasen, in denen er mit sich und seiner Neigung gehadert hat und sich nicht so recht 'getraut' hat, diese neu entdeckte Seite zuzulassen.

      Ich kann das schon gut nachvollziehen. Und doch ist es sehr schade, da es bei näherer Betrachtung eigentlich gar kein Widerspruch ist: Das eine ist die grundsätzliche, allgemeine Einstellung gegenüber der Frau (→ Gleichberechtigung usw.) bzw. zum Thema Gewalt (→ Ablehnung). Und das andere ist seine Neigung, die er nicht mit jeder x-beliebigen Frau ausleben wollen würde, schon gar nicht, wenn es nicht von beiden Seiten gewollt ist. BDSM basiert ja nun mal auf Einvernehmlichkeit! Seine Dominanz kommt nicht im Kontakt mit jedem Menschen (spezieller: nicht bei jeder Frau) zum Vorschein. Sein Bedürfnis, Macht auszuüben, mir Schmerzen zuzufügen (was ohnehin nichts mit 'echter' Gewalt zu tun hat) u. ä. hat sich nur entwickelt, weil ich das genauso will wie er und das passende Gegenstück zu seiner Neigung bin: devot, submissiv und masochistisch. Er würde das alles nicht wollen, wenn ich es nicht auch wollte. Übrigens: An meiner Meinung ist er immer interessiert, egal ob das Machtgefälle gerade klar im Vordergrund steht oder wir uns eher auf Augenhöhe bewegen :!:


      Das Machtgefälle ist bei uns nicht permanent ganz deutlich spürbar. Aber es ist so gut wie jederzeit abrufbar und unterschwellig immer vorhanden. Einen wirklichen Wechsel nehme ich eher selten war; vielmehr ist es ein fließender Übergang vom einen ins andere. Von daher muss ich mich auch nicht von jetzt auf gleich 'umstellen' oder mich unerwartet seinen Wünschen und Bedürfnissen anpassen. Die Sub in mir ist immer da - und die passt sich ihm im Grunde in jeder Situation automatisch an. Es ist keine bewusste Entscheidung im jeweiligen Moment. Ich mache es immer (aber nur bei ihm), weil ich eben so bin.

      Aber doch, es gibt durchaus Momente, in denen er irgendwie 'umschaltet'... Das sehe ich sofort in seinem Blick! Ich liebe diese Momente und finde sie sehr, sehr reizvoll! Bei mir findet dann, wie gesagt, kein Umswitchen mehr statt. 'Die Sub in mir' und ich - wir sind eins. Eine klare Trennung gibt es bei mir im Innern nicht mehr. (Und in ihm schlummert mittlerweile auch immer 'der Herr' unter der Oberfläche. Ich bekomme es nur nicht permanent so deutlich zu spüren. Aber auch dann ist diese Seite von ihm nicht einfach für einen unbestimmten Zeitraum 'weg'.)
      Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe ist alles nichts.
      ...ich erlebe das so...

      Die LIEBE ist schon zwischen uns die treibende Kraft...und sie wächst von TAG zu TAG,an dem wir ALLES (Zeit,Leidenschaft,Alltag...)miteinander teilen...(es war auch schon mal anders-sehr begrenzt).

      Je mehr die Liebe sich vermehrt,desto intendiver fühle und spüre ich auch SEINE sadistische Neigung an mir.

      Ich erlebe keine zwei unterschiedliche Persönlichkeiten...nur Facetten SEINER ,die mich bewegen und mein Feuer der Hingabe zum ^Brennen -Lodern ^bringt ...
      Hier die Meinung einer "neuen" Sub.

      Aufs Wesentliche reduziert sehe ich das wie @dornenspiel. Man hat im Leben eh unterschiedliche Rollen. Meinem Chef gegenüber trete ich anders auf als Kollegen gegenüber, bei meiner besten Freundin anders als bei einem Kunden etc.

      Es sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Ich weiß aus tiefster Überzeugung, dass mein Partner ein liebevoller Mensch ist, der mich gern hat und der sich an Wert mir nicht überlegen fühlt. In manchen Situationen, die dann von mir ja auch in der Form gewollt sind, zeigt er mir aber deutlich, worin er mir überlegen ist: Stärke, Dominanz, Willen zur Führung, Willen eine Situation aktiv nach seinen Wünschen zu gestalten.

      Ich genieße diese Seite an ihm, und weiß parallel trotz aller evtl. "erniedrigender" Behandlung um meinen Wert und meine Stärken. (Klar zähle ich die dann nicht im Kopf auf, ich empfinde aber eigentlich in jeder Lebenssituation immer eine tief in mir verankerte Überzeugung von meinen Stärken und meinem Wert .)

      Ja. Viele Worte, um zu sagen: solange man sich als Person geschätzt fühlt und keine harten Grenzüberschreitungen passieren habe ich kein Problem mit "der dunklen Seite".

      Aber wie gesagt, ich bin neu und vllt. Ändert sich meine Meinung mit steigender Erfahrung.
      Hallo @Braintickler,


      mittlerweile fühle ich mich durchweg eins mit meiner Neigung. Das war aber nicht immer so.

      Als ich meine Neigung erkannt hab, ist sie nicht gleich flüssig mit meinem Selbstbild verschmolzen. Ein paar Monate hab ich mich vor mir selber rausgeredet: Mich erregen diese Dinge, aber ich immerhin bin ich nicht die Aktive. Ich mache nicht, ich lasse mit mir machen. Das ist löblicher und unschuldiger als das Verhalten meines Spielpartners. Würde er mich nicht mit seiner dominanten Art hierzu bringen bzw. in einvernehmlichem Rahmen dazu zwingen, würde ich es nicht wollen. Meine Weste ist demnach rein. Ganz unbefleckt! :engel:
      Ich konnte eben nicht gleich 100%ig akzeptieren, dass ich das alles will - und zwar aus mir heraus, und nicht weil mich mein Spielpartner überwältigt oder mit seiner dominanten Art quasi wehrlos macht und ich mich dann hingeben oder bestimmte Dinge sagen / tun / mit mir machen lassen muss. Ich hab ungefähr zwei Jahre, einige entscheidende Gespräche und etliche Stunden nachdenklicher Innenschau gebraucht, um meine Neigung und deren Ausmaß/Ausprägungen voll zu akzeptieren und mich eins mit ihr zu fühlen.

      Wobei... In manchen Dingen bin ich mit meinem neigungsbezogenen Selbstbewusstsein immer noch nicht so hundertprozentig zufrieden. Das betrifft Praktiken, die mir viel bedeuten und die unter BDSMlern eher unüblich sind oder für einen Großteil sogar als Tabu gelten. Darum freue ich mich immer besonders, geistreich und gefühlvoll verfasste Schilderungen dazu von Menschen zu lesen, die entsprechende Vorlieben teilen. <3 Das kommt allerdings nicht so häufig vor, wie Äußerungen, die in diese Richtung gehen: Ich find das total eklig, unästhetisch, stumpfsinnig, sinnlos, hirnlos, reizlos, würde mich dabei zuhältermäßig / billig / wertlos fühlen etc. Das macht die Akzeptanz ungewöhnlicher Vorlieben nicht leichter. Aber es hat ja auch niemand gesagt, dass es leicht wird. :pump:


      Viele Grüße
      Frl. Irrlicht


      PS: Jetzt dämmert mir, dass ich deine Frage an die Subs vielleicht falsch verstanden und womöglich eine Themaverfehlung geschrieben hab. Mist.
      Ich bin überzeugter Demokrat - nur nicht in meiner Beziehung.
      Ich bin der Meinung, jeder Mensch sollte absolut frei sein - nur nicht in meiner Beziehung.
      Ich bin für die völlige Gleichstellung aller Geschlechter - nur nicht in meiner Beziehung.
      Ich bin gegen jede Form körperlicher Gewalt* - nur nicht in meiner Beziehung.

      Da das aber genau den freiheitlich gefassten Wünschen meiner Partnerin entspricht, funktioniert das ganz gut gleichzeitig. Emotional fällt es mir manchmal auch noch schwer, diese beiden Überzeugungen zusammenzubringen. Rational hingegen sehe ich darin überhaupt keinen Widerspruch. Ihre Unterordnung ist freiwillig und damit Ausdruck ihrer grundsätzlichen Gleichberechtigung (nur wer eigentlich gleichberechtigt ist, kann sich dann bewusst und willentlich unterwerfen).

      ________
      * Ich weiß, jetzt juckt es manche in den Fingern, zu schreiben, dass BDSM nichts mit Gewalt zu tun habe. Das ist eine andere Frage, die an anderer Stelle gern behandelt werden darf. Meine Intention wird aber klar, oder? ;)
      Es gibt keine Grenze, die ich für eine Pointe nicht überschreiten würde.

      ...darf man sowas in einem BDSM-Forum überhaupt sagen? Oder ist das dann auch wieder eine Grenzüberschreitung?
      Hilfe, ich bin in einer Logikspirale gefangen!
      Ich denke: Zwei Menschen haben sich ja deshalb ausgewählt, weil sie eben diese zwei Menschen sind. Wenn dann noch die Neigungen deckeln, dann zieht man gemeinsam 24/7 an einem Strang.
      Ich würde da nicht groß unterscheiden, auch nicht moralisch. Es sei, ich mache das alles wegen "einem Knacks aus der Kindheit" oder etwas ähnlich Ungesundem.

      Ich genieße sie als Mensch, weil sie unfassbar viel Power hat, so dermaßen fest im Leben steht und es trotzdem nie in den Sinn käme nicht zu tun was ich gesagt habe. Ich empfinde es also eher als Stolz, dass ICH an ihrer Seite bin, denn für mich gilt immer:
      Ich wäre ohne sie "nichts", sie wäre ohne mich "nichts".

      Da es eine freiwillige, weil passende, Aufgabe ist, habe ich da Null Wertungen im Kopf, versuche nur einfach den Überblick über die reale und alltägliche Machbarkeit zu behalten.

      ICH bin aber auch jemand, der mit Strafen in Form von "ich versohle den Hintern, weiß aber, dass sie das eigentlich mag" absolut nichts anfangen kann. Das ist Spiel, aber keine Strafe. Es hat daher nichts mit Gewalt zu tun, in meinen Augen.