Von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

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      Von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

      Es ist Lichterfest, Zeit für mich das Jahr auch abzuschließen. Meine Gedanken kreisen um Erlebtes, um Vergangenes und den Istzustand und auch darum was ich im "Neuen Jahr" davon noch brauche.

      Wir sortiert man nun ein Jahr? 365 Tage Gefühl, Erleben, Wachsen und Reifen. Ein Jahr das mich extremer geprägt hat, als alle anderen zuvor? 12 Monate die mich nachhaltig verändert haben.
      Ich bin eine Frau die viel denkt, reflektiert und hinterfragt. So erlebe ich gerade eine Reise durch das Jahr und ich erkenne Aspekte, die ich in der Turbulenz des Erlebens völlig unbeachtet lies.

      Januar 2019:
      Fragen über Fragen und völlig ohne Antworten, im Dezember hatte ich begonnen, hier zu lesen. Noch nicht angemeldet in diesem Forum stöberte ich.
      Ich fand Themen, die mich mit dem Kopf schütteln ließen und welche die mir einen wohligen Schauer über den Rücken jagten.
      Ich hatte noch nicht verstanden was mit mir passierte, was mich triggerte und worin ich mich wirklich wohl fühlte. Loslassen kam nicht in Frage.
      Ich brauchte Antworten, für mich, Antworten die mir niemand geben konnte. Hier bekamen die Gedanken ein Gesicht und ich wusste ich würde Austausch finden, wenn ich es denn wollte. Am 09 Januar traute ich mich und meldete mich an.

      Februar 2019:
      Und so lief ich, mit all meinen sexuellen Ideen im Kopf, mit einem Mann an meiner Seite, der nur so vor Selbstbewusstsein strotzte, der mir alle Türen öffnete. Wir kannten uns nun fast 5 Monate, erst als "Affäre" ohne BDSM und dann öffnete sich nach und nach der Weg ins D/s. Für mich war er bereits mein Dom, spätestens, als ich ihm versprach, seinen Anweisungen Folge zu leisten. Ich bin keine Frau, die einfach folgt. Wir hatten uns schon ein paar Mal getroffen, miteinander gespielt, wie er es nannte und ich rannte. Ich hatte die 7 Meilen Stiefel bereits, willentlich angezogen. Seine Welt war verlockend.
      Ich lernte was es bedeutete benutzt zu werden und es zu genießen. Seinen Wünschen zu entsprechen und ihm zu dienen. Ich erfuhr das es ein wunderschönes Gefühl ist, festgebunden auf einem Bett zu liegen, zu bitten und zu danken. Zu sehen wie D/s funktioniert war mein Wunsch und ich durfte sehen und spüren was in mir ruht.
      Was ich auch lernen durfte, in diesem Februar, war was passiert, wenn man nach einem solchen Flug allein da steht. Wenn man Kommunikation benötigt, diese aber nicht möglich ist.
      Die Arbeit und die Familie meines Gegenübers gingen nun mal vor und ich verstand das auch, auf der einen Seite, auf der anderen Seite fragte ich mich, was denn so schwer daran sein sollte eine kurze Nachricht zu schreiben?

      März 2019:
      Ich akzeptierte seine Ruhe und seinen Rückzug, so lange bis ich es nicht mehr ertragen konnte. Ich bettelte um Resonanz und lies mich selbst total aus den Augen. Am 21. März zog ich die Reißleine. Ich lies mein Gegenüber wissen, nachdem ich viel und häufig mich erklärt und meine Not gezeigt hatte, dass ich diese Beziehung unter diesen Umständen nicht weiter führen wollte.
      Es ging einfach nicht mehr. Der Absturz war zu hart gewesen und ab einem gewissen Punkt hatte auch ich die Kommunikation eingestellt, mich nicht mehr gezeigt und mich zurück gezogen.
      Er konnte das nicht so stehen lassen und auf einmal hatte er auch wieder Zeit. Er kämpfte regelrecht darum dass ich nicht weg renne, wir seien doch erst am Anfang. Was soll ich sagen, ich ging wieder auf ihn ein. Ende März hatte er mich in der Tasche.

      April 2019:
      Ich wusste, dass dies unser letztes Treffen sein würde. Mein Instinkt hat es mir bereits verraten, aber sehen wollte ich es nicht.
      Etwas hatte sich zwischen uns verändert und während ich ihm im Spiel noch traute, war mein menschliches Vertrauen in ihn schwer erschüttert.
      Ich fragte mich, ob man da differenzieren kann? Menschlich jemanden nicht mehr trauen zu können, sexuell aber durchaus dazu in der Lage zu sein. Ich ging mit mehr Fragezeichen nach Hause, aber auch mit einem unvergesslichen, sexuellen Erlebnis. Es war wie zwischen den Welten zu sein.

      Mai 2019:
      Ich bin endlich verifiziert, bin nun offizieller Teil des Forums, welches mich jeden Tag begleitet. Ich lese wie eine Irre, gebe hier und da auch meinen Senf ab und ich habe meinen ersten Blog geschrieben. Ich hatte das Gefühl, das ich zu diesem Mann hatte, niedergeschrieben. Wie sehr er mich bewegte und auch zwischen uns lief es wieder besser. Er meldete sich regelmäßig, wir schmiedeten Pläne, schrieben uns Geschichten, es gab erste Aufgaben und wir hatten unsere Rituale gefestigt. Ich kaufte teure Wäsche, schicke Nylons, beringte meine Brüste, bestellte einen Flogger. Wir waren wieder in unserer Welt und es ging heiß her. Vielleicht hatte ich mich ja getäuscht und er war wirklich nur zu beschäftigt im Monat März.

      Juni 2019:
      Die Kommunikation geht wieder rückwärts. Ich schreibe hier im Forum, verbringe hier meine Zeit und mein Gegenüber ist wieder gefangen in seiner Welt. Die Arbeit, die Familie und die Hobbies fressen ihn auf. Keine Zeit für mich, nicht für jemand der ein solches Sprechbedürfnis hat, ich war nicht mehr unkompliziert und es tat mir weh. Immer wieder fragte ich nach, ob alles in Ordnung sei und immer wieder sagte er mir: "Mach dir keinen Kopf, alles gut!" Es ging mir nicht gut, aber er forderte mein Vertrauen ein und ich tat es, ignorierte die kleine Stimme in meinem Kopf.

      Juli 2019:
      Ich fiel und fiel und fiel... Den Boden unter den Füßen hatte ich komplett verloren. Ich war tot!
      August 2019:
      Vom Führen und Loslassen, was bleibt, wenn es vorbei ist. Ich schrieb auf, hier bei meinen Perversen, was passiert ist und dann bekam ich Geschenke in Form von Menschen. Ich bekam Nachrichten und Antworten und ich lernte dass es wichtig ist, viele Sichtweisen kennen zu lernen. Dabei waren mir die, die gnadenlos ehrlich mit mir waren, die liebsten. Einen muss ich da besonders erwähnen: Mein Bär! @Voodoobear, mein Freund, war der Erste, der mir ganz klar und deutlich, Einblick in die Verantwortung eines Doms aufzeigte. Seine Sprache war gerade, er war gnadenlos ehrlich mit mir und er kümmerte sich um mich. Freundschaftlich bringt er mich seitdem, fast jeden Tag, zum Lachen und Nachdenken. Wir sprachen über alles mögliche, über die Art und Weise wie Menschen miteinander umgehen und wir begleiteten uns.

      September 2019:
      Am 09.09 ging es für mich zum Herbert Grönemeyer Konzert. Ich hatte mich herausgeputzt und zum ersten Mal seit Juli spürte ich leise etwas wie Elan. Ich hatte meine Beziehungskiste durchgekaut, hatte mit meinen Forenfreunden viel gesprochen und hatte das Gefühl, langsam zu heilen. Ich hatte alle Verbindung zu meinem Ex abgebrochen. Er wollte so gerne mein Freund bleiben, aber ich konnte es nicht. Ich hätte niemals loslassen können. Durch die vielen Gespräche über D/s, über Neigungen und Fetische lernte ich mich erst mal kennen. @steinhart und ich telefonierten an diesem Tag das erste Mal. Im Gegenüber fand sich ein Mann, der in seinem Leben auch genug Erfahrung gemacht hat, die nicht immer positiv waren. Wir tauschten uns aus, erzählten uns voneinander und machten uns vertraut. Ich hatte sehr viele Stolperfallen und er eine Menge Geduld, genauso wie ich auf der anderen Seite. Kommunikation war, von Anfang an, das allerwichtigste. Ich habe nichts ausgelassen und wann immer ich etwas nicht sagen wollte oder konnte, habe ich selbst das erklärt. Wir sprachen über Wünsche und Sehnsüchte und häufig waren die Gedanken sehr gleich. Wir gaben uns Sicherheit und Vertrauen.

      Oktober 2019:
      Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben eine Ledermaske getragen, es war ungewohnt, aber nicht abschreckend. Ich durfte zum ersten Mal in meinem Leben die Seile spüren und ich durfte mich in Ledergurten ausliefern. Noch nie habe ich eine solche Erfahrung gemacht und zu spüren, wie mein Körper darauf reagiert war wundervoll. Zu lernen dass auch eine Spielbeziehung Tiefe haben darf und auch gar kein Spiel in dem Sinn, für uns, sein muss. Wir spielen nicht miteinander. Wir nehmen uns ernst, hören einander zu und setzen nach und nach unsere Fantasien um, Begrenzungen gibt es nur wenige und es wird einfach probiert was Spaß macht. Wir wählen unser Tempo, passen uns an.

      November 2019:
      Der Wunsch nach Führung kehrt zurück. Immer mehr klopft meine Sub an die Türe, sie will wieder rein. Ich hatte sie ausgesperrt, konnte sie nicht zulassen, weil ich Angst hatte. Diese Angst ist völlig unberechtigt und das wird mir klarer, je mehr Zeit ich mit @steinhart teile. Ich öffne mich wieder und zeige auch die devote Seite. Während ich in den vergangenen Monaten extrem vorsichtig war, mir meine Devotion noch zurück hielt, habe ich nun das Gefühl dies nicht zu müssen. Gleichzeitig kommt aber auch die dominante Seite immer mehr zum Vorschein. Eine Seite die klar bei mir angelegt ist, die ich aber noch nie ausgelebt habe. Als Switcherin werde ich mich erst bezeichnen, wenn ich diesen Weg auch beschritten habe. Mein Herr und ich sind uns einig dass wir alle Zeit der Welt haben um herauszufinden, was wir wissen wollen.

      Dezember 2019:

      Die Nähe zu meinem Dom wächst von Tag zu Tag, turbulente Zeiten haben wir hinter und mit Sicherheit noch vor uns. BDSM ist unser Beziehungspunkt, Menschlichkeit steht dabei ganz weit oben. Wir haben beide aus der Vergangenheit gelernt und versuchen nun das erlebte und erlernte miteinander umzusetzen. Wir waren zusammen auf dem Stammtisch in Dortmund, waren dort als Paar und haben ein für uns besonderes Wochenende geteilt. Dabei durfte ich dann auch endlich meine lieben Telefonfreunde @Causa11 und @Kirie Omega persönlich kennen lernen. Ich bin immer noch froh über diese besondere Zeit bei besonderen Menschen.

      Das Jahr neigt sich nun dem Ende zu... Was habe ich gelernt?
      Erstmal habe ich gelernt, dass ich meinem ehemaligen Dom nicht mehr böse bin. Klar war das nicht schön und es hat geschmerzt, aber ohne ihn wäre ich nicht hier.
      Ich habe gelernt das es wichtig ist immer zu reden, wenn ich das nicht getan hätte, gäbe es meine Beziehung zu @steinhart heute nicht.
      Ich habe gelernt, dass es Menschen gibt, die die Dinge anders sehen als ich und auch das ist okay. Jeder macht so seine Erfahrung.
      Ganz wichtig, eine Beziehung ohne das menschliche Vertrauen funktioniert für mich nicht. Eine Beziehung in der die Kommunikation einseitig ist, kann ich nicht ertragen.
      Die beste Entscheidung die ich treffen konnte, war mich in diesem Forum anzumelden. Ich kann das jedem Einsteiger/in nur empfehlen.


      Ich wünsche euch eine besondere Adventszeit, Liebe und Licht und das ihr die Kommunikation nie verliert.
      Vielen Dank fürs Lesen!

      Herzlichst Eure
      Orchid
      Vielen lieben Dank für dein Resümee, @Orchid! :blumen:

      Liest sich für mich, als hättest du wirklich alles reflektiert.
      Das zeugt von großer Stärke und einem Selbstbewußtsein im Sinne von sich selbst spüren und sich bewußt sein, was einem wirklich wichtig ist und was einem wirklich gut tut.

      Gerade dieser Beitrag kann vielen Neueinsteigern helfen, sich selbst und seine Neigung zu finden.
      Liebe dich selbst, nimm dich selbst am wichtigsten.