6.12. .★. Das Adventskalenderexperiment – Nikolaus

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      6.12. .★. Das Adventskalenderexperiment – Nikolaus

      Wenn euch die Geschichte gefallen hat, dann braucht ihr in diesem Fall natürlich nicht auf meinen Kommentar unter der Geschichte warten, sondern ich freue mich direkt hier über eure Likes und Kommentare!

      .★.— 6. Dezember —.★.

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      Das Adventskalenderexperiment
      Nikolaus

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      von
      silk_n_desire

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      Diese Geschichte hat einen 1. Teil:

      1.12. –♥– Das Adventskalenderexperiment

      GESCHICHTE ZUM ANHÖREN
      Zu dieser Geschichte gibt es hier eine Hörversion:

      Adventskalendergeschichte - 6.12. .★. Das Adventskalenderexperiment – Nikolaus
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      „LOUISE!“ Ich schrecke auf. „Das nervt!“
      Ich schaue links an meinem großen Monitor vorbei rüber zu meiner Kollegin, die auf gleicher Höhe rechts um ihren Bildschirm herum zu mir sieht.
      „Der Stift – hör auf, damit auf den Tisch zu tippen“, grinst sie mich an.
      „Oh, sorry“, stammele ich.
      „Alles gut bei dir?“, fragt sie und zieht dabei eine Augenbraue hoch.
      Jetzt muss ich grinsen, denn wenn sie das macht, sieht sie immer sehr lustig aus. „Ja, alles gut. Und wenn du mich noch einmal ‚Louise‘ nennst, komm ich dir da gleich rüber!“

      Louise nennt mich sonst nur meine Mutter. Dank ihr habe ich auch diesen klassischen Namen, ein Erbstück, wenn man so will, von meiner Oma. Seit meiner Kindheit sagen alle anderen einfach ‚Lou‘ oder ‚Loulou‘, was mir auch bei weitem lieber ist.

      „Ich würde sagen, wir machen Feierabend, oder? Immerhin ist Nikolaus und 17 Uhr ist auch schon vorbei. Genaugenommen – seit genau einer Minute!“ Sie grinst mich weiter seitlich von ihrem Monitor aus an. „Wollen wir heute Abend noch zur Nikolaus-Party im ‚Frederick‘s‘ gehen? Letztes Jahr war es doch echt lustig da!“
      „Total gerne, aber ich kann nicht. Ich hab‘ schon was vor“, gebe ich kleinlaut zurück und ärgere mich über mich selbst.
      „Man, Lou! Seit fast einer Woche waren wir nach der Arbeit nicht mehr raus. Was ist los mit deinem Terminkalender? Sonst sind wir jeden zweiten Abend unterwegs. Ein neuer Typ etwa?“, kommt von ihr leicht verärgert, aber mit ihren fröhlichen Augen zwinkert sie mich an: „Erzähl!“

      Eigentlich ist gerade nicht alles gut bei mir. Seit fünf Tagen macht sich Frustration in mir breit, die von Tag zu Tag, oder vielmehr sollte ich sagen, von Nacht zu Nacht, schlimmer wird. Und ich würde es ihr so gerne erzählen! Sie ist nicht nur meine Kollegin, sondern auch meine beste Freundin. Und wem, wenn nicht ihr?! Aber ich kann nicht …

      „Nein, kein neuer Typ. Das würde ich dir doch sofort erzählen!“, lüge ich sie an und werde dabei rot. Hoffentlich fällt es ihr nicht auf. „Nur einfach viel Kram zu erledigen. Meine Mutter will ständig was von mir und ich muss ihr helfen. Du weißt doch, die besinnlich, stressige Weihnachtszeit.“

      Meine letzten Abende – eine Mischung aus Schmetterlingen und Steinen im Magen. Genaugenommen hat es vor mehr als vier Wochen begonnen, als eine Einladung mit der Post kam. Eine Einladung für ein Adventskalenderexperiment der etwas anderen Art. Den Absender hatte ich auf einem Maskenball kennengelernt. Sein Experiment sah einen Adventskalender vor, an dem 24 Frauen teilnehmen werden. Diese Frauen werden in einem Schloss 24 Tage lang, entsprechend einem Adventskalender vom 1. bis zum 24. Dezember, übernachten. Tagsüber haben sie frei, so dass sie normal arbeiten können und abends haben sie sich bis 21 Uhr im Schloss einzufinden, um dann die Nacht dort zu verbringen. In der Nacht stehen sie ihm dann einzeln zur freien Verfügung. Den Frauen ist freigestellt, das Experiment jederzeit abzubrechen und zu verlassen. Die von ihm versprochene Aufwandsentschädigung in Höhe von 10.000 Euro ist dann verständlicherweise hinfällig. In welcher Nacht er zu wem, oder ob er überhaupt kommt, wissen die Frauen nicht. Die Anweisung ist lediglich, jede Nacht um 0 Uhr für ihn bereit zu sein. Die detaillierten Vorgaben erfahren die Frauen morgens in einer brieflichen Nachricht. Eine feste Zusage für ein Treffen gibt es jedoch nicht.

      Heute morgen lag abermals kein Brief oder eine Nachricht vor meiner Tür. Frustriert habe ich das Schloss, mein nächtliches Gefängnis auf Zeit, daher wieder verlassen und bin zur Arbeit gefahren. „Heute Nacht ist die letzte Nacht, die ich das mit mir machen lassen“, denke ich im Stillen. Wenn auch morgen keine Nachricht von ihm vor der Tür liegt, werde ich das Experiment abbrechen. Scheiß auf die 10.000 Euro! Wobei es mir in erste Linie überhaupt nicht um das Geld geht, sondern um den Mann dahinter. Schon auf dem Maskenball, auf dem wir uns das erste Mal begegnet sind, hat er mich fasziniert. Seine dunklen, glattgegelten Haare, sein voller dunkler Bart und das Blitzen in seinen Augen, das ich hinter der Maske erkennen konnte. Er hat mich einfach umgehauen und seine Aura hat mich in seinen Bann gezogen.

      Nun harre ich Nacht für Nacht in meinem schicken, modernen Zimmer in einem heruntergekommenen Schloss aus, warte und hoffe, dass er wieder zu mir kommt. In der ersten Nacht war er bei mir, danach habe ich ihn nicht mehr gesehen. Und auch sonst keine Menschen im Schloss. Die 23 anderen Frauen, die mit mir im Schloss sein sollen, gehen mir dabei auch nicht aus dem Kopf. Nimmt er sich wirklich jede Nacht eine andere? Hat er wirkliche 23 verrückte Frauen neben mir gefunden, die so ein vollkommen verqueres Experiment mitmachen? Zudem bin ich auch noch keiner von ihnen in Schloss begegnet. Ich kann es mir nach den ersten Nächten nicht vorstellen, dass dem so ist, daher habe ich noch die Hoffnung, dass er bald wieder zu mir kommen wird.
      „Bitte, bitte, bitte!“, flehe ich gen Himmel oder besser gesagt, an die Decke von meinem Büro.

      Um mich herum ist es ruhig geworden. Alle Kollegen auf meiner Etage sind mittlerweile gegangen und ich bin die letzte hier. „Kein Wunder, ist ja auch Nikolaus“, murmelte ich. Die einen werden auf irgendwelchen Partys sein, die es heute Abend zu Hauf gibt, und die anderen bei ihren Liebsten oder Familien zuhause, um für die Kinder den Nikolaus zu spielen. „Wobei ich gerade Knecht Ruprecht etwas mehr abgewinnen kann, er hat so eine schöne Rute“, denke ich und grinse. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es kurz nach sieben ist und ich beschließe, auch Schluss zu machen, und fahre meinen Rechner herunter.

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      Da es in meinen Augen wenig Sinn macht, noch kurz nach Hause zu fahren, da ich direkt für eine ganze Woche gepackt hatte, mache ich mich mit dem Auto langsam durch den Verkehr auf den Weg raus aufs Land zum Schloss.

      Während der Fahrt gehen mir wieder die gleichen Gedanken durch den Kopf. „Nur noch heute. Die letzte Nacht. Seine letzte Chance. Wenn ich ihn heute Nacht nicht sehe, dann war es das!“ Ich bin schon so frustriert davon, ihn nicht mehr gesehen und nichts von ihm gehört zu haben, dass mir vor Verzweiflung und Wut jetzt die Tränen kommen. Das Warten in Kombination mit der leisen Hoffnung ist für mich das Schlimmste an dieser Situation. „Totaler Idiot! Der hat mich echt nicht verdient!“, geht es mir erst wütend durch den Kopf. Resigniert denke ich noch, „Wenn es nicht sein soll, soll es halt nicht sein.“ Traurig fahre ich weiter.

      —. ★.—

      Endlich! Ich streiche mit dem Finger über das schöne feste Papier mit der silbernen Prägung, das ich schon kenne. Die ersehnte Nachricht! Und daneben liegt sogar noch ein großes Paket. Eilig schließe ich meine Zimmertür auf und kann es gar nicht abwarten, den Umschlag zu öffnen. Plötzlich sind die Verzweiflung und die Wut von eben verflogen und mein Puls rast. Da sind sie wieder, die Schmetterlinge im Bauch! Ich fühle mich wie im siebten Himmel, obwohl ich noch nicht einmal weiß, was überhaupt in dem Brief steht. Ohne mir die Schuhe oder die Jacke auszuziehen, setze ich mich aufs Bett und reiße den Brief auf.

      Mylady,
      deine letzten Tage sollten soweit angenehm gewesen sein und du wirst dich von unserer ersten Begegnung ein wenig erholt haben. Ich bin heute Abend eingeladen und werde dich als meine Begleitung mitnehmen.
      Du wirst alles anziehen, was in diesem Geschenk liegt.
      Du wirst alles sinngemäß benutzen, was ich für dich besorgt habe.
      Du wirst um 21 Uhr in der Mitte deines Zimmers stehen.
      Du wirst der Tür zugewandt sein.
      Dein Blick ist gesenkt.

      Mit großer Aufregung reiße ich das Paket auf und traue meinen Augen nicht.

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      Um Viertel vor neun stehe ich vor dem Badezimmerspiegel und schaue mich selber an. „Ich sehe total albern aus!“, schüttele ich den Kopf, „wie Karneval! Das kann nicht sein Ernst sein! Es scheint eine Kostümparty zu sein … es MUSS eine Kostümparty sein! Es muss, es muss, es muss …“

      Ich sehe einen Engel in einem hauchdünnen, weißen Negligé aus zartem Nichts mit großen, weißen Flügeln aus Federn auf dem Rücken, die unten bis zur Hüfte reichen und oben weit über meinen Kopf hinausragen. Die halterlosen, weißen Nylons schließen oben mit derselben Spitze ab, die den Saum des Kleides schmückt. Das zarte Nichts bedeckt dabei gerade mal meinen Po. Wobei das eigentlich falsch ist, denn bedeckt wird nichts, dafür ist der Stoff viel zu dünn. Ich war dennoch erleichtert, dass sowohl ein weißer BH als auch ein weißer Slip in dem Paket lagen. Die weißen Pumps hätte ich mir zwar selber nie gekauft, aber zum Outfit passen sie perfekt. Leider, wie viele hohen Schuhe, sind sie nur ein wenig unbequem. „Naja, Geschmack hat er“, denke ich. „Oder zu viel Geld“, geht es mir etwas gehässig weiter durch den Kopf und ich schäme mich sofort dafür. „Alles ist hochwertige Luxuswäsche und qualitativ weit von einem Karnevalsoutfit entfernt.“ Nur den albernen Flügeln kann ich weiterhin nichts abgewinnen.

      Ich schaue mir im Spiegel direkt ins Gesicht. Der blassrosa Lippenstift und der helle Lidschatten lassen mein Gesicht sehr weich und feminin aussehen, geradezu niedlich und unschuldig – Wimperntusche stand leider nicht auf seiner Einkaufsliste.

      Weiterhin sehr aufgeregt, schaue ich rüber ins Schlafzimmer auf die große, runde Uhr an der Wand. Ihr Aussehen lässt mich immer noch den Kopf schütteln. Mit ihrer nostalgischen Optik, den alten Zahlen, den schnörkeligen Zeigern und dem silberfarbenen Rahmen, ist sie der einzige Einrichtungsgegenstand, der nicht zum Rest der modernen Möbel passt. Meine feuchten Hände wische ich mir noch einmal am Handtuch ab, bevor ich mich in die Mitte des Zimmers begebe, um auf ihn zu warten.

      Mit geschlossenen Beinen, den Armen seitlich zum Rücken hin und den Händen unter den Flügeln auf meinem Po ineinander gefaltet, senke ich meinen Blick und versuche, ruhiger zu werden. Ich atme langsam ein und aus, dennoch fange ich an, leicht zu schwitzen.

      Das Klopfen an der Tür lässt mich vor Schreck zusammenzucken. Zum zweiten Mal bei diesem Experiment vernehme ich, wie er die schwere Zimmertür öffnet und mit langsamen Schritten eintritt und stehen bleibt. Minuten vergehen, ohne dass er etwas sagt.

      „Hallo, Mylady. Sehr schön siehst du aus.“ Ich traue mich nicht den Kopf zu heben und ihn anzuschauen, sondern schließe sogar noch die Augen. „Danke“, erwidere ich mit zittriger Stimme. Seine Schritte kommen näher und in aller Ruhe geht er um mich herum. Der Duft seines, mir schon bekannten Parfums, löst zusammen mit dem leichten Lufthauch, den seine Bewegungen machen, sofort Erregung in mir aus. Ich verharre still in meiner Position und habe das Gefühl, dass er mein Herz schlagen hören muss.

      Von hinten neigt er seinen Kopf zu mir und legt seine Lippen an mein Ohr. „Braves Mädchen, du hast deine Aufgabe erfüllt. Ich habe es wohlwollend geprüft“, flüstert er leise.
      „Danke“, sage ich abermals und entspanne mich ein wenig. Langsam öffne ich meine Augen, ohne jedoch den Kopf zu heben, und blicke auf den Boden vor mir.
      Aus den Augenwinkeln sehe ich einen dunkelroten Stoff und drehe leicht meinen Kopf in die Richtung. Erst kann ich es nicht zuordnen, doch dann verstehe ich es und bin erleichtert. Es ist eine Kostümparty! Er ist auch verkleidet! Zum Glück!
      Der rote Stoff, wahrscheinlich ein Mantel, bewegt sich um mich herum und steht nun vor mir.
      „Sieh‘ mich an!“, sagt er wieder leise zu mir. Ich traue mich jedoch nicht, meinen Kopf zu heben. Werde ich ihn jetzt wirklich sehen? Sein Gesicht? Wirklich?
      „Mylady, sieh mich an!“
      Langsam und zögerlich hebe ich meinen Kopf, wie er mir befohlen hat.

      Ich werde ihn sehen, endlich! Mein Blick wandert den dunkelroten Stoff nach oben. Es folgt ein weißer Baumwollstoff, der links und rechts vom roten Stoff eines Umhangs gesäumt wird. Auch eine goldbestickte Stola funkelt vor meinen Augen.

      Vor Aufregung, gleich sein Gesicht zu sehen – wenn ich Glück habe und er keinen falschen Bart trägt – schließe ich noch mal kurz die Augen. Ich öffne sie langsam wieder … und sehe ihn an.

      Ich muss grinsen. Er trägt zwar keinen weißen Polyesterbart, hat sich seinen aber schneeweiß angemalt oder gefärbt. Auch seine Augenbrauen sind weiß. Auf dem Kopf trägt er eine große Bischofsmütze und in der Hand hält er einen Stab mit Krümme.

      Geflashed, ihn endlich zu sehen, starre ich ihn einfach nur an. Wow, er sieht so gut aus! Ich kann es nicht fassen! Ich kann meinen Blick nicht von ihm abwenden, seine funkelnden Augen blicken mich geradezu spitzbübisch an und sein Mund formt ein sexy Grinsen.

      „Du darfst den Mund wieder schließen, Mylady. Ich deute das mal als Kompliment, dass ich dir auch ohne Maske gefalle.“ Oh Gott, wie peinlich. „Äh, klar, … äh, ja, ich weiß, ich … ähm… entschuldige bitte … oh, nein ... entschuldigen SIE bitte!“, stammele ich unkontrolliert.

      „Nachdem deine Inspektion nun scheinbar auch positiv ausgefallen ist, sollten wir mal los. Sagte ich bereits, dass du toll aussiehst?“, grinst er mich weiter an. „Nein, ähm … ja, doch, eben. Danke!“ Man, was ist denn mit mir los? Ich bekomme keinen zusammenhängenden Satz zustande. Ich freue mich gerade wie ein Kind zu Weihnachten über den gutaussehenden, charmanten Nikolaus, der da vor mir steht. „Ja, gerne, ich bin fertig“, bringe ich dann doch flüssig heraus und drehe mich um, um einen Mantel zu holen.

      „Dass du fertig bist, habe ich nicht gesagt!“, herrscht er mich hinter meinem Rücken an. „Ich sagte lediglich, dass wir mal los sollten.“ Abrupt halte ich in meiner Bewegung inne und drehe mich wieder zu ihm um. „Eine Sache habe ich noch, die dein Outfit für heute Abend komplettiert“, kommt von ihm. Er hält mir eine kleine weiße Schachtel hin.
      Dunkelheit, was habe ich dich vermisst … nicht, denke ich bei mir, während der Wagen durch die nächtlichen, dunklen Straßen fährt. Die erste Freude über das kleine Geschenk hatte sich schnell gelegt, als ich den Inhalt sah – Kontaktlinsen. Schwarze.

      Nach ein wenig Gefummel eben noch im Bad, deswegen war wohl auch keine Wimperntusche in meinem Paket, saßen sie nun in meinen Augen und tauchten meine Welt in ein fast schwarzes Loch. Im Zimmer hatte ich noch schemenhaft Umrisse erkennen können, im Flur, auf dem Weg zum Auto und jetzt im Innenraum bin ich jedoch von Dunkelheit umgeben. Na ja, Winter halt. Gleichzeitig schlägt mein Herz immer schneller und meine Aufregung nimmt beständig zu.

      „Es gibt eine Regel für heute Abend: Du wirst nur sprechen, wenn ich eine direkte Frage an dich richte, ansonsten wirst du schweigen.“ Ich muss schlucken, den Abend habe ich mir anders vorgestellt. „Okay“, gebe ich zögerlich zurück. In meinem tiefsten Inneren muss ich mir jedoch eingestehen, dass ich dieses Spiel, als das empfinde ich diesen Abend mit der Kostümierung, durchaus lustig finde. Und nicht nur lustig, durchaus auch erregend … sehr erregend sogar.

      Leise surrt der Motor im Hintergrund, gepaart mit chillig-ruhigen Sounds aus den Boxen. Ich lächele zaghaft und versuche, mich zu entspannen. Seine Anwesenheit und seinen Geruch genieße ich für den Rest der Fahrt stillschweigend.

      „So, da sind wir, Mylady“, sagt er, nachdem der Motor zum x-ten Mal während der Fahrt ausgegangen ist, und reißt mich aus meiner Stille. So blind, wie ich die Fahrt erlebt habe, ist es schon etwas irritierend, wenn ständig der Motor an der Ampel ausgeht. Bei den ersten Malen hat mein Herz jedes Mal noch einen Sprung gemacht, dann kam die Gewöhnung an dieses Prozedere.

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      „Vor dir ist nun die Bar. Wenn du deine Hand ausstreckst, kannst du die Theke fühlen.“ Erleichtert atme ich auf und taste danach. Mein Finger fühlen die Rundung des warmen Holzes. Der Weg vom Auto hierhin war jedoch eine Odyssee für mich. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass es mir so schwerfallen würde, souverän zu gehen, wenn ich dabei nichts sehe. Eine eigenartige Erfahrung.

      Obwohl er mich fest im Griff hatte, waren meine Schritte zögerlich und ich versuchte den Boden zu ertasten, den mein nächster Schritt berühren würde. Mein freier rechter Arm versuchte irgendwie herauszufinden, ob und wo eine Wand neben mir war, die mir irgendeine Orientierung gegeben hätte. Die Orientierung über die Location, wo wir nun gerade sind, fehlt mir darüber hinaus komplett.

      „Was möchtest du trinken, einen Sauvignon Blanc?“, wispert seine Stimme an meinem Ohr und mischt sich mit dem allgemeinen Gemurmel der, für mich nur hörbaren, anderen Gäste. „Ja, sehr gern, danke“, erwidere ich und versuche, mich dabei gerade hinzustellen und keinen Anschein von einer Beeinträchtigung zu machen. „Ich bin gleich wieder da, hinter dir steht ein Barstuhl. Wenn du ein kleines Stück zurück gehst, wirst du ihn finden.“ Ich lächele in die Richtung, aus der ich seine Stimme gehört habe. „Danke!“, murmele ich leise vor mich hin und suche nach dem Stuhl. „Zwei.“ „Zwei?“, frage ich erstaunt, „zwei was?“ „Drei.“

      Ich verstehe gerade nicht, was er meint. Wie „zwei“ oder „drei“? Während ich mich auf den Stuhl setze, den ich hinter mir ertastet habe und mich gerade frage, ob ich etwas falsch gemacht habe und was es sein könnte, spricht mich eine Frauenstimme an: „Du Süße, du siehst so hübsch aus! Schade, dass ich deine Augen nicht wirklich sehen kann. Du trägst schwarze Kontaktlinsen, oder?“ Überrascht und erschrocken drehe ich meinen Kopf in ihre Richtung. „Äh, ja, ich … merkt man das? Oh Gott!“ „Süße, mein Junge musste da auch schon durch. Genieße den Abend! Es macht das Erlebnis noch besonderer. Viel Spaß!“ „Äh, danke…“, kann ich nur stammeln, aber ich glaube, sie steht schon gar nicht mehr neben mir.

      Unbeholfen, so fühle ich mich gerade, sitze ich auf dem Stuhl, meine Hand als einziger Halt an dem runden Abschluss der Theke, und warte. Wie lange kann es wohl dauern, einen Wein zu organisieren? Doch irgendwie … irgendwie … genieße ich den Moment gerade sehr. Eine interessante Erfahrung … und es erregt mich auch … und es ist lustig. Schrägerweise, so denke ich, habe ich gerade Spaß dabei. Mein Kopf versucht den dominanteren Geräuschen zu folgen, die ich aus der Menge entnehmen kann. Mehr als kurze Gesprächsfetzen sind es jedoch nicht.

      „Dein Wein steht jetzt vor dir“, schreckt mich seine Stimme hoch. Oh Gott, hat er mich etwa die ganze Zeit heimlich beobachtet, geht mir durch den Kopf. „Danke, das ist lieb“, antworte ich und taste mit meiner Hand nach dem Glas. Erst jetzt merke ich, dass mein Mund ganz trocken ist und ich freue mich auf den ersten, kalten Schluck. Zum Trinken muss ich dann beide Hände ans Glas nehmen, damit ich den Rand des Glases überhaupt zielsicher zu meinem Mund geführt bekomme. Das dürfte für die umstehenden Gäste wahrscheinlich ein bisschen komisch aussehen, wenn sie, anders als die Frau eben, nicht erkannt haben, dass ich nichts sehen kann.

      „Ach, by the way, vier.“ – Vier was? Oh nein, in dem Moment fällt es mir wieder ein: Sprich nur, wenn ich eine direkte Frage an dich stelle. Mein innerliches „Hmmmpf“ verkneife ich mir daher geflissentlich und ärgere mich über meine eigenen, guten, höflichen Umgangsformen.

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      Klack, klack, klack! Es hört sich an, als ob ein Stock oder ähnliches auf einen Holzboden geschlagen wird. Das allgemeine Gemurmel verstummt. „Sehr geehrte Ladies and Gentlemen, liebe Sklavinnen und Sklaven! Ich möchte Sie herzlich auf Schloss Belle Mey begrüßen. Ich freue mich sehr, dass Sie an diesem besonderen Abend meiner Einladung nachgekommen sind und meinem Wunsch gefolgt sind, diesen besonderen Anlass in entsprechender Garderobe zu verbringen“, spricht eine fremde Stimme.

      Ich muss schlucken. Sklavin? Ich? Nein! Im Leben nicht! Was ist das hier?! Das kann nicht sein Ernst sein! Ich bin entsetzt, dennoch versuche ich ruhig zu bleiben und mich nicht in etwas hineinzusteigern, was vielleicht gar nicht ist.

      „Ladies and Gentlemen, sofern Sie Ihre Sklavinnen und Sklaven nun zur Begutachtung zur Verfügung stellen möchten, bitte ich Sie, mir in das Kaminzimmer zu folgen.“
      Oh doch, es scheint das zu sein, was mir gerade auch in den Sinn gekommen ist. Er stellt mich jetzt anderen zur Verfügung?! Das kann nicht sein! Da bin ich raus!!!
      „Herr, ich …“, setze ich an und flüstere in die Richtung, in der er steht.
      „Schhh, alles gut, keine Sorge. Du gehörst mir“, flüstert er zurück.
      Noch leiser fügt er ein „Fünf“ hinzu.

      Mir wird flau im Magen. Oder sind es Schmetterlinge? Absurd und erregend zugleich. Tausend Gedanken gehen mir durch den Kopf. Ich bin frei, ich kann jederzeit abbrechen, ich kann jederzeit die Kontaktlinsen rausnehmen, ich kann um Hilfe schreien, ich kann um mich schlagen, ich kann mich wehren, ich kann … ich will nichts von alle dem. Es ist anders. Es ist neu. Es ist spannend. Es erregt mich immer mehr. Und ich vertraue ihm. Warum auch immer. Mein Gefühl sagt es mir einfach.

      „Mylady, steh auf!“ Ich taste nach der Theke vor mir und schiebe mit den Beinen meinen Stuhl nach hinten. Hilflos stehe ich da, bis ich seine Hand an meiner spüre. „Fast vergessen, gib mir bitte eben noch deine rechte Hand. Du bekommst noch ein kleines besonderes Armband von mir.“ Ein Armband? Was für ein Armband mag das sein? Er fummelt ein wenig an meinem Handgelenk herum.
      „So, fertig. Hübsch, das Blau steht dir!“, höre ich ihn, „gehen wir!“
      „Wir gehen?“, frage ich erstaunt. Quatsch, klar, nein, ja, wir gehen ja nicht. Wir gehen in das ominöse Kaminzimmer. Mein Kopf kommt irgendwie mit dem Stress, den das Wort Sklavin eben in mir ausgelöst hat, nicht klar. Dennoch versuche ich, weiter ruhig zu bleiben und erst mal abzuwarten, was passiert. Außerdem spüre ich, dass sich mein Körper durchaus auf das Kaminzimmer freut, ich kann die Vorfreude zwischen meinen Beinen spüren. Und zur Not habe ich schließlich auch ein Safeword, mit dem ich jederzeit abbrechen kann, geht mir durch den Kopf.
      „Sechs!“
      Ich kann ihn förmlich grinsen hören.
      Seinen Arm legt er wieder um meine Taille, als er mich neben sich herführt. Immer noch fällt mir das blinde Gehen schwer. Dennoch gebe ich mir die größte Mühe, mich souverän und zügig seinen Schritten anzupassen.

      Nach einem kurzen Weg, sind wir scheinbar schon im Kaminzimmer angekommen und er lässt mich los. Von hinten raunt er in mein Ohr: „Genieße es! Ich bin in deiner Nähe.“ Oh Gott, was kommt jetzt, was soll ich genießen? Gleich von fremden Menschen betatscht zu werden? Oder was? Ob man das genießen kann, weiß ich aber nicht … oder doch? Ich muss lächeln. Ob ich es genießen werde, kann ich gerade noch nicht sagen. Der Gedanke jedoch, dass ich nicht sehen kann, was auf mich zukommt und wer da vor mir steht und dass mich eine fremde Person gleich anfasst – vielleicht ein wenig am Arm streichelt, hoffentlich nur nicht zu intim, und auf gar keinen Fall küssen – beschert mir gerade eine Gänsehaut und freudige Erregung. Letzteres bestätigt mir auch die gewisse Stelle zwischen meinen Beinen … da dürfte es mittlerweile nass sein.

      Klack, klack, klack! „Liebe Sklavinnen und Sklaven, willkommen im Kaminzimmer! Für mich ist es immer ein sehr besonderer Augenblick an diesem besonderen Abend. Ihr aller Antlitz, wie Sie hier teils bekleidet, teils nackt, teils gefesselt, teils frei, teils auf Ihren eigenen Wunsch, teils auf den Wunsch Ihres dominanten Parts, stehen, ist fulminant und wahrlich betörend! Neben Ihnen und meiner Wenigkeit, ist eine Jury aus ausgewählten Ladies und Gentlemen anwesend, die Sie in der ersten Runde nun optisch beurteilen werden. Genießen Sie die Aufmerksamkeit! Viel Vergnügen!“
      Oh Gott! Ich schließe die Augen, obwohl ich eh nichts sehen kann, dafür ist die Beleuchtung hier im Schloss viel zu dunkel, und senke meinen Kopf gen Boden. Da habe ich es ja noch gut getroffen, denke ich, ich habe immerhin was an, auch wenn es ein etwas albernes Engelskostüm mit kitschigen Flügeln ist.

      Was mich interessieren würde, ist, wie viele Personen hier wohl gerade durch den Raum gehen. Immer mal wieder kann ich ein anderes Parfum riechen, das von einem Lufthauch der Bewegung an mir vorbei getragen wird. Ich muss mir eingestehen, dass ich es wirklich genieße, das hätte ich gar nicht erwartet. Es ist durchaus eine außergewöhnliche Form der Aufmerksamkeit.

      Klack, klack, klack! „Sehr geehrte Jury, bitte beenden Sie Ihre Runde. Ein erstes Bild haben Sie sich nun machen können. Liebe Sklavinnen und Sklaven, wir machen nun weiter mit Runde zwei. Sie alle tragen ein kleines Armband anhand dessen Farben die hier Anwesenden Ihre Bereitschaft erkennen können. Darüber hinaus können Sie alle mit dem Wort „Mayday“ einen sofortigen Abbruch von Ihrem Gegenüber bewirken. Seien Sie jedoch versichert, dass ich meine Auswahl der Jury sehr gewissenhaft getroffen habe und für jeden bürgen kann.“

      Und, und, und, was bedeuten nun die Farben, schießt mir durch den Kopf. Ich habe ein blaues, was bedeutet das? Grün wäre mir klar gewesen, rot wäre mir klar gewesen, aber blau?!? Ich werde unruhiger. Ich drehe ein wenig meinen Kopf, obwohl es mir nichts bringt. Zu gern wüsste ich jetzt, wo er steht. Steht er hinter mir, neben mir oder vor mir? Sein Parfüm kann ich gerade nicht wahrnehmen. Oder ist er etwa selber in der Jury und betatscht jetzt andere Frauen?! Der Gedanke gefällt mir gar nicht …

      Ich ergebe mich in mein, durchaus selbstgewähltes, Schicksal, denn wenn ich wirklich nicht bei diesem Spiel hätte mitspielen wollen, wäre ich schon längst ausgestiegen. Das Selbstbewusstsein und die Durchsetzungskraft besitze ich, das weiß ich. Ich harre also der Dinge, die da kommen werden, jedoch nicht ohne zu merken, dass es mich immer mehr kickt.

      Plötzlich berührt mich eine fremde Hand am Arm und ich zucke kurz zusammen. Die Berührung kam etwas zu unerwartet. Die fremde Hand ist kalt und ich merke an der Art der Bewegung eine gewisse Unsicherheit der Person. Ich glaube nicht, dass sie zu meinem Nikolausbegleiter gehört, denn seine Hände waren bisher immer warm.

      So plötzlich wie sie da war, so schnell ist sie auch schon wieder weg. Lange muss ich jedoch nicht warten, bis weitere Hände mich mal am Arm, mal am Dekoletté und mal an der Wange streicheln. Jede Berührung lässt mich innerlich kurz zusammenzucken und ist ein wenig befremdlich, vor allem jedoch, weil ich nichts sehen kann. Genauso befremdlich wie es ist, genauso erregend ist es jedoch auch. Ein warmer angenehmer Schauer geht durch meinen Körper und mein Herz beschleunigt sich. Ich fange an, tiefer ein- und auszuatmen und mein Brustkorb dürfte sich sichtbar heben und senken.

      Wieder berührt mich eine Hand. Sie beginnt an meiner Wange, fährt dann mit zwei Fingern meinen Hals hinab, um dann meine beiden Schlüsselbeine nachzuzeichnen. Dann macht sie sich weiter auf den Weg nach unten und ist kurz davor, über den hauchdünnen Stoff des Kleidchens über meiner linken Brustwarze zu streichen. Wird die Person es wagen? – Sie wagt es! Ich halte die Luft an. Der Mut oder die Dreistigkeit dieser Person, ich bin mir nicht sicher, was von beidem zutrifft, beeindruckt mich durchaus und, anders als ich es erwartet hätte, empfinde ich es nicht als unangenehm. Sondern genau das Gegenteil, der Kick, den es mir verschafft, ist unglaublich geil!

      Mein Kopf ist total ausgeschaltet, denken kann ich nicht mehr. Alles dreht sich nur noch um die leichten, zarten, winzigen Berührungen, dieser zwei Finger. Mein ganzer Körper ist angespannt und ich brenne darauf zu merken, wie weit diese Person noch gehen wird. Gespannt stehe ich still da und warte, was als nächstes passiert.

      Die Finger gleiten weiter zu meiner Körpermitte und über dem Stoff über meinen Bauchnabel weiter bis zum Bund meines Slips. Meine Atmung wird immer schneller und schneller und ich bin kurz davor körperlich zu zerspringen. Und sie machen immer noch nicht Halt. Sie gleiten langsam weiter zu meinem Venushügel. Ein leises Stöhnen verlässt meinen Mund, ohne dass ich es steuern kann, und mein Herz rast mittlerweile.

      Die Finger wandern weiter an der Innenseite meines Oberschenkels nach unten, jedoch nur, um den dünnen Stoff meines Kleides ein wenig Beiseite zu schieben und sich dann den Weg unter diesem wieder zurück zu meinem Venushügel zu suchen. Sie fahren an dem seitlichen Rand meines Slips zwischen meinen Beinen entlang. Erst auf, dann wieder ab, dann wieder auf und schieben sich plötzlich unter meinen Slip und zwischen meinen Schamlippen in meine klitschnasse Spalte. Ich keuche und schnappe gleichzeitig nach Luft – und mein Kopf schaltet sich in der Sekunde wieder ein. Was?!? Wer?!? Ich öffne meinen Mund, um mich lautstark zu wehren und gleichzeitig schießt meine Hand zu der fremden Hand, als ich seine Stimme höre: „Alles gut, ich bin’s. Du gehörst mir. Ich würde es nie zulassen, dass dich eine fremde Person gegen deinen Willen intim berührt.“

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      Immer noch schwer atmend stehe ich da, während sich mein Puls nur langsam beruhigt. Er steht neben mir und seine Hand streichelt meinen Nacken.
      „Der Herr, Ihr Schlüssel“, höre ich die fremde Stimme, die zwischen uns leise spricht.
      „Danke Ihnen.“

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      Die schwere Zimmertür fällt hinter mir ins Schloss, ein Schlüssel wird herumgedreht. „Vor dir steht ein Sessel, die Rückenlehne ist dir zugewandt. Zieh dein Kleid hoch und beug dich vorne über. Du wirst mitzählen. Laut und deutlich. Wenn ich eine Zahl nicht gut genug hören kann, wird sie wiederholt. Wenn du darüber hinaus sprichst, ohne eine direkte Frage, ebenfalls. Ich hoffe, ich habe dir bisher einen schönen Abend geboten. Jetzt wirst du mir einen schönen Abend bescheren, meine liebste Mylady. Wie viele waren es, die du bisher gesammelt hast?“
      „Sechs“, kann ich nur noch flüstern, „aber wann war denn die „eins“?“
      „Wie passend, heute ist Nikolaus! Die „Eins“ war dieses klitzekleine Du bei deiner gestammelten Entschuldigung noch bei mir, erinnerst du dich?“, höre ich ihn süffisant antworten. „Übrigens, jetzt sind es sieben. Das ist jedoch erst der Anfang, Mylady…“


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