Von schwarz/weiß zu bunt

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      Von schwarz/weiß zu bunt

      Vor ganz langer Zeit gab es für mich nur SM. Zwischendurch mal in den Medien mir irgendwelche Berichte angesehen, die nur „Domina peitscht Sklaven“ aus beinhalteten. Ein anderes Bild hatte ich nie.

      Dieses Bild veränderte sich, als ich mit diesem Thema konfrontiert wurde und aus nur SM wurde BDSM. In unzähligen Gesprächen kam ich dem näher und es entstand ein vages Bild in meinem Kopf. Ich begann mich damit zu beschäftigen. Googelte hier, las dort und es kamen Romane dazu.

      Ich entschied mich, mich in einem Forum anzumelden. Zu dem Zeitpunkt war BDSM immer noch etwas sehr dunkles, grobes für mich. Ich bemerkte schnell, dass es mich eher abschreckte. Nichts für einen Weichkeks, wie mich. Nur was für ganz Harte.
      Ich war irritiert, denn in den Gesprächen, die ich zuvor hatte, klang alles irgendwie sehr schön. Nichts davon schreckte mich ab, im Gegenteil. Ich ließ es also wieder sein und meldete mich dort ab.

      Aber wie es so ist im Leben, wenn man sich mit etwas auseinandersetzt, zieht man unbewusst immer wieder das Thema an.

      Irgendwann fand ich die Hauptseite von Gentledom und noch mal viel später den Weg ins Forum. Noch immer hatte ich nur eine vage Vorstellung.
      Eine Themenvielfalt auf beiden Seiten flashte mich und es kamen noch mehr, mir bis dahin völlig unbekannte Begriffe dazu. Und wenn mich etwas interessiert, kann ich es nie einfach so stehen lassen. Ich muss es ausklamüsern und wenn es Tage dauert, bis ich endlich verstehe, worum es überhaupt geht. Ich studierte also weiter und in meinen Gedanken baute sich ein Konstrukt auf.
      Und nebenbei lernte ich eine Gleichgesinnte kennen. Sie brachte mich dem Ganzen wieder ein Stück näher. Und schnell war auch klar, wer auf welcher Seite war. Eine dominante Wirkung hatte ich auf sie und erst da wurde mir das klar. Mir wurde auch klar, was ich nicht wollte und so beendete ich es wieder.

      So kamen und gingen sie und für jede einzelne Begegnung bin ich dankbar.
      Mein Konstrukt erweiterte sich. Auch mit dem Gelesenen konnte ich was anfangen. Ich filterte heraus, was ich als schön empfand und was ich mir so gar nicht vorstellen konnte.

      Nebenbei las ich ein Buch über weibliche Dominanz, ein Handbuch. Bis zur Mitte kam ich und entschied mich nicht weiter zu lesen. Was bringt mir all das zu lesen?
      Schöner wäre es, es auszuleben, zu probieren. Irgendwie.
      Es verging wieder eine Zeit und manchmal so schien es, war mir das Thema gar nicht mehr so präsent, aber im Hinterkopf war es immer.

      Und so lernte ich eine neue Frau kennen. Es entstand eine Verbindung und wir mochten uns (das hat sich nie geändert). Wir entschieden es zu probieren, auf Entfernung. Es gelang uns und wir bauten einen Rahmen um uns. Jede für sich und doch zusammen. Es kam mein Konstrukt, was ich in meinem Kopf hatte, das erste Mal zum Einsatz.
      Regeln, Verbote, Tagebuch, Strafpunkte, Tabus. Ich bemerkte was das für Arbeit mit sich bringt und ich passte auf, das auch ja alles zu seiner festgelegten Zeit passierte.
      Härter wurde es ganz plötzlich, als auch Strafen eine ungeahnte Emotionalität mit sich brachten. Das Miteinander emotionaler wurde. Sie Dinge machte, die sie das erste Mal ausprobierte. Sie mir ihr Vertrauen schenkte. Und ich mich von einer anderen Seite kennenlernte.

      Ihr Feedback war immer mein persönliches Handbuch, wie sie was empfand, was überhaupt nicht ging und was für sie toll war. Ich lernte dazu. War oftmals nicht sicher und hinterfragte mich ständig, ob das alles so seine Richtigkeit hat. Manchmal kam ich mit ihrer Aufmüpfigkeit gar nicht klar. Ich machte Fehler.
      Meine Kommunikation war nicht richtig, sie verstand falsch. Ich kam nicht damit klar, dass sie doch nur mich so sehr reizt, um zu schauen, wie weit sie gehen kann. Ich verstand das nicht.

      Und alles was sich bis dahin gut anfühlte, war mit einem Schlag weg. Unsere Verbindung wurde unterbrochen.
      Wir taten uns in keinster Weise mehr gut. Egal, wie sehr wir es versuchten. Damit brach auch unser erarbeitetes Konstrukt gänzlich zusammen. Fehlerfrei war keine von uns Beiden. Wir beendeten es.

      Wir brauchten Zeit. Wir arbeiteten auf. Es half uns, besser damit umzugehen und es brachte uns wieder ein bisschen näher.

      Freundschaft, das wollten wir. Doch immer wieder schlich sich „unsere Ebene“ ein. Und erneut fanden wir uns darin wieder. Ohne Konstrukt. Der Rahmen war klar, für Beide. Dieser war plötzlich unsichtbar. Es gab keine Regeln, Verbote und all das. Nichts mit festgelegter Zeit. Unsere Ebene war nicht mehr etwas festgelegtes. Wir befanden uns nur dann wieder dort, wenn uns danach war. Ich probierte mich anders aus und sie ging diesen Weg mit mir. Ich fühlte mich freier, spontaner. Es war anders – ich war strenger, konsequenter und ich wurde unberechenbarer. Sie mochte es. So wie es war, fühlte es sich plötzlich ganz richtig an. Es war nicht mehr, nur das oder dieses, sondern es hätte alles sein können. Es bot sich mir eine andere Vielfalt, es auszuleben. Es wurde bunter und es glich so gar nicht mehr meinen Vorstellungen. Ich ging von meinem schwarz/weiß Denken weg.
      Es konnte sehr sinnlich, romantisch, grob und ruppig, oberflächlich oder gezielt unterschwellig werden. Es wurde das, wonach mir war, was sie brauchte, ihr gut tat. Aus der Situation heraus. Ich kratzte ihr Kopfkino an und ließ sie damit in ihrem Alltag zurück. Ließ sie zappeln, in für sie unbequemen manchmal auch schmerzhaften Positionen knien, es wurde neues Spielzeug ausprobiert, ein Spaziergang war nicht mehr so leichtfüßig zu gehen, wenn bei jedem Schritt sich pieksende kleine Steine in die nackten Fußsohlen bohrten. Geschundene Füße gepflegt werden mussten. Ich war aufmerksamer, war für sie da, war die Bremse. War liebevoll, wenn sie etwas nicht schaffte oder aushalten konnte.
      Ich war die, die sie hielt, wann immer sie es brauchte.

      Was ich vorher nicht sah, kam mir dann wie selbstverständlich vor und dennoch ist es das nicht. Und auch sie sah es mit einem anderen Blick. Eine Richtung, die stressfreier für Beide war.
      Unsere Verbindung wurde noch enger, vertrauter und inniger. Nach nur so kurzer Zeit.

      Sie ist meine Herzenssub. Und jedes mal wird dies deutlicher für mich. Sie berührt mich dort, wo niemand zuvor es jemals hin schaffte.
      Unsere Ebene, die wir noch immer haben, fühlt sich wie ein zartes Streichkonzert in der Seele an.

      Es braucht dafür noch nicht mal Härte, keine Schläge, kein Zubehör. Gut platzierte Worthiebe – ein, zwei Sätze bringen sie auf ihren Platz oder sinnbildlich in die Knie. Lässt sie wieder ruhiger werden, ihre große Klappe wird um einiges kleiner. Dafür bedarf es nicht mehr viel.
      Eine unfassbare Vertrautheit, die ich so nicht kenne. Es würde kein Blatt Papier zwischen uns passen.

      Und eigentlich weiß ich bis heute nicht, was das mit uns ist. Vielleicht muss ich das auch nicht wissen.
      Es zu benennen, wäre aber irgendwie hilfreicher für mich.

      Trotz allem, geniesse ich es sehr ... mit ihr.
      Vielen lieben Dank für diesen schönen Beitrag, in dem sich deine und auch eure gemeinsame Entwicklung wiederspiegelt.

      LeNoir schrieb:

      Und eigentlich weiß ich bis heute nicht, was das mit uns ist. Vielleicht muss ich das auch nicht wissen.
      Es zu benennen, wäre aber irgendwie hilfreicher für mich.
      Manchmal muss nicht alles wissen oder verstehen.
      Und wäre es wirklich hilfreicher?
      Liebe dich selbst, nimm dich selbst am wichtigsten.
      Ich lese es jetzt schon zum wievielten Mal und weiss gar nicht, was ich sagen soll, so wunderschön ist unser Werdegang beschrieben. Und so glücklich macht er mich. Selbst wenn wir es nicht definieren können, so ist es doch genau, wie du beschreibst und nichts zaubert mir am Tag schneller ein Lächeln aufs Gesicht.
      Ich hoffe, wir haben diese Verbindung noch viele, viele Jahre :blumen: und du bleibst meine Seelendomme, die perfekt so ist, wie sie ist!
      Ich habe euch zu danken, für eure Rückmeldungen. Lieben Dank :blumen:
      @topaz hilfreich wäre es, um verstehen zu können, was zwischen uns passiert. Dem Ganzen einen Namen geben. Ich habe immer das Gefühl, alles muss einen Namen haben. Hier könnten es aber auch nur zwei Freundinnen mit dem gewissen Etwas sein. Eine exklusivere Freundschaft.
      Dennoch steckt zwischen uns auch sehr viel Gefühl und genau das bringt mich etwas aus der Bahn. Und hat vielleicht in einer Freundschaft nichts zu suchen? Da kommen andere Verhaltensmuster ins Spiel. Und was das Zwischenmenschliche angeht, bin ich dann doch sehr oldschool ...