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. ★ .— 12. Dezember —. ★ .
╔══════════ . ★ . ══════════╗
Tahir
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von
@Der Hamburger DOM
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Tahir
╚══════════ . ★ . ══════════╝
von
@Der Hamburger DOM
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Tahir,
die kleinste der heiligen Städte,
lag wie tot in der letzten Vollmondnacht des Jahres.
Die berühmten weißgetünchten Türme von Kloster und Tempel ragten fahl und unwirklich hinter der niedrigen, dunkelgrauen Stadtmauer auf – so wie Knochen im Steingutnapf eines Hundes.
Endlich sahen die Augen des Schmiedes einen winzigen Lichtschein oben auf dem höchsten Tempelturm. Bald darauf hörte er weit entfernt 12 Metallschläge durch die klare Nacht, als der Türmer die Glocke schlug. 12 Uhr. Mitternacht. Der 12. des 12. war angebrochen. Jetzt würde sich im Herzen der Stadt das Klostertor öffnen und der Zug stumm in Bewegung setzen.
Aber das konnte er nicht sehen. Nach dem Großen Brand wurde der alte Stadtschmied als Schuldiger angeprangert und gerichtet. Die neue Schmiede wurde vor die Tore der Stadt verbannt und sein Großvater damals als neuer Schmied aus dem Süden angeworben. Immerhin lag die Schmiede an der Reichsstraße, die zu Tahirs wichtigstem Tor führt. Die Hütte des Abdeckers dagegen lag auf der anderen Seite der Stadt.
So musste der Schmied mit seiner Familie also außerhalb der Stadtmauern leben. Wobei Tahirs Mauern höchstens vor einer besseren Räuberbande Schutz boten. Aber als heilige und Reichsstadt beschützte sie nicht nur der Respekt vor den Göttern, sondern auch der Imperator persönlich. Auch wenn die Felder hier im Norden karg waren und sich in den umliegenden Bergen keine Schätze finden ließen, auch wenn Tahir dem Imperator kaum Schwerter bieten konnte und nur wenig mehr als den Ruf seines Klosters, so würde er nicht seinen Schutz und seine Gunst von einer Stadt nehmen, die solch einen Tribut entrichtet.
Seit Stunden schon stand der Schmied an der Tür und wartete. Der Ofen war voll angeheizt, auch wenn heute Nacht nur winzige Teile zu schmieden waren. Die massiven Fensterläden der Schmiede waren etwas ausgestellt und die Tür einen guten Spalt offen, um die Ofenhitze entweichen zu lassen. Die Werkzeuge, die Ringe, der Stuhl, der Amboss – alles war schon lange vorbereitet. Auch wenn er schon drei Mal die Ehre hatte, die Beringung vornehmen zu dürfen, war er doch nervös.
Der Zug müsste sich jetzt leise durch die dunkle Stadt bewegen. Ehrbare Bürger würden schlafen, aber der eine oder andere Bewohner würde doch neugierig durch den Spalt seiner Fensterläden lugen, um einen Blick auf dieses seltene Schauspiel zu ergattern. Und mit dem Gesehenen dann den Klatsch in der Stadt zu füttern.
Auch der Schmied war mindestens einmal jede Woche innerhalb der Stadtmauern. Als götterfürchtiger Mann nahm er jeden Mondtag am Götterdienst im Mondtempel teil. Nach der Andacht kehrte er hin und wieder noch in eine Schankwirtschaft ein, wo bei einem Bier Nachrichten, Gerüchte und Sagen aus der Stadt und der Welt geteilt wurden. So hatte auch er die Geschichte der diesjährigen Gabe gehört. Dass sie eine heimlich Wohlgeborene sei, illegitime Tochter eines Ritters aus einem der großen Täler im Westen. Und ihre Mutter soll eine hochgewachsene Lesende gewesen sein.
In jedem Fall bedauert er die Gabe. Majestätsbeleidigung stand in Tahir unter strenger Strafe und die Stadtwache hatte ihre Spitzel überall, aber trotzdem war Tratsch über den Imperator weit verbreitet und auch an ihm nicht vorbeigegangen. Er versuchte sich an den Text eines Spottverses zu erinnern: „... einst beliebt, jetzt beleibt ... frisst der Tiger heut' nur noch zahme Lämmer ... maßloser Hunger, nicht mehr nach Ruhm, nur mehr nach Rum – und zartem Fleisch...“
Da sah er eine Bewegung am Mondtor. Es wird sich jetzt geöffnet haben. Der Zug wird die Reichsstraße betreten haben und legt jetzt die Viertelmeile durch die schneelose Landschaft zur Schmiede zurück. Und während sich der Anblick in den Augen des Schmiedes langsam von erahnen zu erkennen wandelte, dachte er an seine Frau. Und an seine jüngste Tochter. Wie sie bei ihrer Geburt ihr Leben gegen das ihrer Mutter tauschte. Noch in der Nacht nach diesem schrecklichsten Tag legte er eigenhändig das Neugeborene vor der Findlingspforte des Klosters ab. Wie hätte er es ohne Weib versorgen können?
Der graue Zug war jetzt nah genug, dass die drei Reihen zu erkennen waren. Die mittlere Reihe glomm etwas heller im Vollmondlicht. Hier ging, angeführt von der höchsten Schwester, die Hohe Schwesternschaft, mit ihren weißen Hauben über den grauen Mänteln. Rechts und links davon die viel längeren Reihen der gewöhnlichen Schwestern, jede mit einem mannshohen Stock. Da die Stadtwache Tahir nach Torschluss nicht verlassen durfte wurde die Gabe auf dem kurzen Weg zur Schmiede von der gesamten Schwesternschaft eskortiert. Für die jungen Schwestern war diese Nacht eine der ganz seltenen Gelegenheiten das Kloster, ja sogar die Stadt zu verlassen. Und eine dieser grau verhüllten Gestalten müsste seine jüngste Tochter sein.
Ein ungewohnter Gedanke. Seit der letzten Beringung vor drei Jahren hatte er kaum einmal an seine Letztgeborene gedacht. Die Götter hatten ihm ein sechstes Kind geschenkt. Und sein Weib genommen. Dafür hatte er ihnen das sechste Kind gegeben. Es war damit nicht mehr Teil seiner Familie. Während sein Erstgeborener bei ihm lernte um sein Erbe anzutreten, während die beiden jüngeren Söhne schon das Haus verlassen hatten, mussten die beiden älteren Töchter die tote Mutter ersetzen. Nachdem die Älteste letzten Sommer einen Krämer in der Stadt geheiratet hatte, führte jetzt die Mittlere alleine den Haushalt. Sie, die sie der Mutter in ihrer Jugend so ähnlich sah, würde erst heiraten können, wenn ihr ältester Bruder von der Wanderschaft zurückkehrt, seine Meisterprüfung besteht und eine Ehefrau findet. Wenn, wenn, wenn. Unter den Zwängen, den Härten und Schicksalsschlägen des Lebens hier im Norden hatte der Schmied nur selten einen Gedanken an sein jüngstes Kind verloren.
Aber jetzt war der Zug nur noch einen guten Steinwurf entfernt. In der Mitte der mittleren Reihe war eine Gestalt ganz in weiß zu erkennen. Die Gabe. Zartes Fleisch für einen alten Tiger.