18.12. .★. Kling Glöckchen

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      18.12. .★. Kling Glöckchen

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      . ★ .— 18. Dezember —. ★ .

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      Kling Glöckchen

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      von
      @Lemming

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      Diese Geschichte hat einen 1. Teil:

      18.12. –♥– Adventskalender

      GESCHICHTE ZUM ANHÖREN
      Zu dieser Geschichte gibt es hier eine Hörversion:

      Adventskalendergeschichte - 18.12.2019 - Kling Glöckchen
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      Wieder hörte ich das leise Klingeln aus der Küche und ich machte einen weiteren Strich auf das Blatt Papier, das neben mir lag, ohne dabei das Buch von Sebastian Niedlich, Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens, aus der Hand zu legen oder aus den Augen zu lassen.
      Es begann vor zwei Wochen, am ersten Advent. Lisa und ich lagen auf dem Sofa, zum ersten Mal nach langer Zeit, richtig entspannt. Ihr Kopf lag auf meinem Schoß und ich kraulte ihr durchs Haar. Der Fernseher war aus, keine Musik, alles war still, bis Lisa sich endlich traute.
      „Erinnerst du dich an das letzte Jahr, als ich dein lebender Adventskalender sein durfte? Stephan, wir waren so lange nicht mehr auf dem Dachboden. Ich vermisse es so sehr.“
      Zum ersten Mal sprach Lisa es an. Ich hatte immer damit gerechnet und mich gefürchtet davor, aber sie schwieg, und ich bewunderte ihre Geduld mit mir.

      Im Januar gab es große Veränderungen in unserer Firma. Ich war kaum noch zuhause und zusätzlich brachte ich noch Arbeit mit. Schon im Februar fühlte ich mich mies und hatte eine Ahnung, wo das enden würde. Aber viel Zeit, darüber nachzudenken, geschweige denn nach Lösungen zu suchen, hatte ich nicht. Mir ging es bald schlechter als damals, zu der Zeit, als Lisa in mein Leben trat. Sie war meine Medizin und wirkte sofort, in dieser nasskalten Nacht, in der ich auf den letzten Bus wartete, der, passend zu meiner ewig anhaltenden Pechsträhne, einfach nicht kommen wollte. Sie brachte das Licht zurück in meine dunkle Welt, von der ich mich gedanklich bereits verabschiedet hatte.

      Und nun schien es wieder dunkel zu werden. Ich fühlte es. Alles lief falsch und fühlte sich auch falsch an. Lisa ahnte es nicht. Sie kannte diese dunkle Zeit nicht, weil sie das Dunkle vertrieben hatte. Für sie arbeitete ich einfach zu viel und sie wusste nicht, was daraus folgen würde. Und dass ich es nicht ändern konnte, nahm sie hin.

      Anfang April passierte es dann. Ein paar Wochen zuvor war ich stark unter Druck geraten, was mich sehr mitgenommen hatte. Ich tat alles für diese Firma, aber es war nie genug. Man machte mir klar, dass man mehr von mir erwarten würde. Es hatte ein ernstes Gespräch mit meinen Vorgesetzten gegeben, die ihrerseits Druck aus der Zentrale bekamen. Ich saß in meinem Büro und wusste, dass etwas nicht in Ordnung war. Das Atmen fiel mir schwer, weil ich das Gefühl hatte, nicht genug Sauerstoff zu bekommen, und mein Herz raste. Es war ein beklemmendes Gefühl, das ich selbst damals nicht beschreiben konnte.

      Es dauerte mindestens eine halbe Stunde, bis jemand durch die offene Bürotür bemerkte, dass ich mich ewig nicht bewegt hatte und stur auf die immer gleiche Stelle an der Wand starrte. Ich konnte nicht aufstehen, ja nicht mal meinen Arm heben. Ich war kraftlos und hatte das Gefühl, zusammenzusacken. Als ich mich auf mehrmaliges besorgtes Nachfragen endlich flüsternd mitteilen konnte, ging alles ganz schnell. Ein Krankenwagen wurde gerufen. Die Notärztin meldete sich auf dem Weg zur Firma und wollte mit mir sprechen. Das Sprechen fiel mir schwer und ich konnte ihr nur langsam und leise antworten. Schmerzen hatte ich keine, aber mir war irgendwie hundeelend zumute, fasste mir ständig an den Brustkorb und fühlte mich zittrig.

      Mit gutem Zureden der Notärztin und Unterstützung der Notfallsanitäter, schaffte ich es auf eigenen, wackeligen Beinen in den Krankenwagen, der direkt auf dem Firmengelände vor dem Bürogebäude auf mich wartete. Natürlich standen alle an den Fenstern und drückten sich die Nasen platt. Vielleicht hofften sie sogar, dass ich nicht zurückkäme und sich dadurch vielleicht auch für sie etwas ändern würde. Denn wir steckten ja alle in dem gleichen Hamsterrad und wussten, was Sache war.

      Im Krankenwagen wurde direkt mein Blutdruck gemessen, ein Zugang auf meinem Handrücken gelegt, ein erstes EKG erstellt und die Notärztin stellte jede Menge Fragen, an die ich mich nicht mehr erinnern kann. Nur dass sie es nicht gut fand, dass ich meine Gesundheitskarte nicht dabei hatte, weiß ich noch. In der Notaufnahme ging es gleich weiter mit den Untersuchungen. Eine sehr junge, freundliche Frau zog mir die Schuhe aus, berührte an verschiedenen Stellen meine Füße, strich mit den Fingern darüber und fragte, ob ich etwas fühlen würde. Ich schämte mich meiner feuchten Socken, war aber froh, dass sie die nicht auch noch auszog, weil ich nicht wusste, wann ich meine Füße zum letzten Mal angemessen gepflegt hatte.

      Ich kam an den Tropf, wurde an einen kleinen Monitor angeschlossen, der hinter mir an der Wand hing und es wurde ein blutdrucksenkendes Mittel gespritzt. Im Minutentakt erschienen Ärzte und Pfleger, die sich um mich kümmerten, bis es plötzlich ruhiger wurde. Das Interesse an mir nahm rapide ab und bald fühlte ich mich beinahe alleingelassen. Nur die junge Frau war noch da, war aber mit anderen Patienten beschäftigt. Und sie erschien mir jetzt nicht mehr so freundlich wie zuvor, weil sie mich nicht mehr beachtete.

      Erst da bemerkte ich, dass ich mich besser fühlte. Ich fühlte mich nicht nur besser, sondern gut, vielleicht sogar sehr gut. Abgesehen davon, dass ich die Kontrolle über mich abgegeben hatte und nicht wusste, was auf mich zu kam. Ich sah die anderen Patienten an, die teilweise stöhnten, weil sie starke Schmerzen hatte. Und plötzlich kam ich mir vor wie ein Simulant und fühlte mich auch so behandelt.

      Es wurde nichts festgestellt, körperlich war alles in Ordnung und so wurde ich an meinen Hausarzt verwiesen, der ausgerechnet zu dem Zeitpunkt im Urlaub war. In der Notaufnahme war einmal eine Psychologin an meinem Bett und stellte mir einige Fragen. Sie sorgte sich und fragte, ob ich mit einigen psychologischen Untersuchungen einverstanden wäre. Ich bejahte das, hörte danach aber nichts mehr von ihr. Das wäre der richtige Ansatz gewesen, wie ich später noch erfahren sollte.

      Nach einer kurzen Auszeit saß ich wieder im Büro und ein paar Wochen später lag ich in der Klinik. Burnout. Glaubt einem keiner. Selbst Lisa durfte nicht zu mir. Zumindest riet man ihr dazu, mich nicht zu besuchen, und sie hielt sich daran, weil es den Heilungsprozess beschleunigen sollte. Als sie dann Wochen später zum ersten Mal in mein Zimmer kam, sah ich, dass sie zuvor geweint hatte, aber sie versuchte zu lächeln. Sie wollte strahlen für mich, meine Sonne sein, weil sie wusste, wie sehr ich es mochte.

      Wir gingen durch den Park und sie hielt meine Hand. Lisa ließ mir Zeit und setzte mich nicht unter Druck. Auch auf der Bank schwiegen wir, obwohl Lisa sicher so viel zu erzählen hatte und selbst voller Fragen war. Unsere ganze Kommunikation bestand allein aus dem Streicheln ihres Daumens über meinen Handrücken. Und ich genoss es. Irgendwo löste sich ganz langsam ein scheinbar unlösbarer Knoten in mir. Es mag eine Ewigkeit gedauert haben, aber dann drehte ich meinen Kopf und nahm zum ersten Mal wieder diese wundervolle Frau an meiner Seite wahr. Und ich sah, wie sehr sie sich für mich herausgeputzt hatte. Und ich sah dieses ganz besondere Strahlen, das tief aus ihrem Inneren kommt, unabhängig von ihrem aktuellen Gesichtsausdruck. Und ich antwortete ihr mit einem zaghaften Lächeln.

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      Als ich zurück war, fehlte noch etwas. Ich musste in meinem Leben aufräumen und alles verbannen, was mir nicht gut tat. Ich kündigte, das war der wichtigste Schritt. Was nützt all die scheinbare Sicherheit, wenn sie die Lebensfreude nimmt und einen am Ende umbringt. Wie es beruflich weitergehen sollte, wusste ich noch nicht. Die Ersparnisse würden sicher eine Weile reichen, aber ganz ausruhen konnte ich mich darauf nicht. Trotzdem fühlte ich mich befreit. Hätte ich mein Geld früher nicht so sinnlos verprasst, oder in eine teure Scheidung investiert, wäre ich locker bis zur Rente über die Runden gekommen. Von der gigantischen Fehlspekulation mal ganz abgesehen, zu der ein geschniegelter Finanzjongleur mir 2007 ganz dringend geraten hatte. Aber das juckte mich nicht mehr, das war Schnee von gestern. Es geht immer irgendwie weiter und wenn sich irgendwo eine Tür schließt, dann öffnet sich irgendwann eine neue.

      Wieder hörte ich das Klingeln. „Scheiße!“, rief Lisa, dann polterte irgendetwas und es klingelte gleich noch dreimal hinterher. Jetzt musste ich aufpassen beim Zählen. Das waren sicher mehrere Glöckchen gleichzeitig. Und für das Fluchen gab es direkt noch zwei Striche oben drauf, das konnte sie sich denken. Mittlerweile zog ein wunderbarer Duft aus der Küche herüber. Lisa hantierte schon fast seit drei Stunden. Ich legte das Buch aus der Hand, sah auf den Zettel neben mir und zählte die in Fünferblöcken zusammengefassten Striche. Da war eine Menge zusammengekommen, aber das überraschte mich nicht. Die Aufgabe war wirklich nicht leicht, denn wenn die Plätzchen aus dem Ofen mussten und ihr die Hitze entgegenschlug, wenn sie die Backofentür aufzog, dann waren vorsichtige Bewegungen fast ein Ding der Unmöglichkeit.

      Schade, dass sie mein Grinsen nicht sehen konnte, als ich an sie dachte, es hätte sie sicher sehr erfreut. Aber vielleicht konnte sie es sich vorstellen. Ein bisschen Fluchen würde sie sicher dabei, wenn sie daran dachte, aber dann würde es ihr ein Lächeln auf die Lippen zaubern und ihr Herz erwärmen. Vielleicht hätte ich ihr zusehen sollen, aber ich wollte ihre Konzentration nicht stören. Das hatte nichts damit zu tun, dass es mich nicht interessierte und ich sie nur abschieben wollen würde. Das wusste sie. Sie hatte sicher das Leuchten in meinen Augen bemerkt, als ich ihr die Manschetten, an denen die Glöckchen befestigt waren, um Hand- und Fußgelenke geschnallt hatte. Ich freute mich diebisch über die Idee, die mir plötzlich kam, als Lisa mir erzählte, dass sie Plätzchen backen wollte. Und ich wusste, wie sehr sie meine Einfälle vermisste und sich danach sehnte, dass ich in dieser so besonderen Art und Weise an sie denke. Und sie wusste, dass jedes Klingeln einen Strich bedeutete, der sich später in einen Schlag verwandelte.

      Ganz langsam kam Lisa mit einem Teller voller Plätzchen um die Ecke. Die hohen Schuhe, auf die ich bestanden hatte, machten es ihr sicher nicht leichter. Genauso wie der lange, enge Lederrock, der ihre Bewegungen einschränkte. Die seidene Bluse, auf die sie immer so achtgab und die sie auch noch tragen musste, war da fast schon egal. Nein, das war nicht das Outfit, das sie für sich selbst zum Backen gewählt hätte, aber sie tat alles, was ich ihr auftrug, und sie tat es für mich.

      Als es wieder klingelte, weil sie den Fuß zu schnell abgesetzt hatte, und deshalb die Augen verdrehte, sagte ich ihr, dass ich nicht mehr mitzählte. Die Aufgabe war beendet. Dankbar ließ sie sich in den Sessel fallen, nachdem sie den Teller auf dem Tisch abgestellt hatte, was ich mit einer hochgezogenen Augenbraue quittierte. Sie musste sich ja deshalb nicht gleich so gehen lassen.

      „Hast du mitgezählt?“, fragte ich, während ich eins von den mit Schokolade überzogenen Plätzchen probierte.
      „Nur Anfangs, dann habe ich aufgegeben, weil ich schon mit dem Auswiegen und Abzählen der Zutaten durcheinander kam. Hast du mal versucht, ein Ei aufzuschlagen, ohne dass das Handgelenk vibriert? Und guck mal, alles ist voller Mehl, weil ich mich nicht mal abklopfen konnte. Wenigstens die Schürze hättest Du mir erlauben können.“
      „Bist du verärgert?“ Lisa stoppte und sah mich einen Moment lang entgeistert an. Dann lächelte sie endlich.
      „Nein, ich bin glücklich.“ Und nun lächelten wir beide.
      „Willst du schätzen, wie viele Striche ich gemacht habe?“
      „Nein.“
      „Wenn du willst, gebe ich dir die Möglichkeit, Striche zu tilgen, indem du dich bei einer neuen Aufgabe zusammenreißt. Dabei kann aber auch passieren, dass weitere Striche hinzukommen, wenn du ungeschickt bist.“
      „Wie?“
      „Verrate ich nicht. Du musst vorher entscheiden, ob du es versuchen willst.“
      „Habe ich eine faire Chance?“
      „Du hast eine Chance.“
      Lisa schaute zuerst skeptisch, fing dann aber an zu schmunzeln. Ich glaube, sie fühlte sich gut, weil sie mich endlich zurück hatte.
      „Okay, ich versuche es“, sagte sie. „Schlimmer kann es ja gar nicht mehr werden.“ Mein Grinsen hätte ich lieber vor ihr verborgen, weil es sehr verräterisch war, aber es gelang mir nicht. Jetzt konnte Lisa davon ausgehen, dass sie auf den Handel besser nicht eingegangen wäre, weil er mehr eine zusätzliche Strafe für sie bedeutete. Aber es gab natürlich kein Zurück mehr.
      „Gehe ins Schlafzimmer und ziehe dich aus. Die Manschetten mit den Glöckchen bleiben natürlich dran und die Schuhe kannst Du auch anbehalten. Ich komme gleich nach.“
      Als ich ins Schlafzimmer kam, war Lisa bereits nackt und wartete mitten im Zimmer stehend auf mich. Aus der Küche hatte ich den Timer mitgebracht. Ich hatte ihn auf zehn Minuten eingestellt und hielt ihn hoch, damit Lisa ihn sehen konnte.
      „Zehn Minuten“, sagte ich, während ich den Timer, der noch nicht gestartet war, auf dem Nachttischchen abstellte. „Wenn es dir gelingt, die Glöckchen innerhalb zehn Minuten weniger klingeln zu lassen, als ich zuvor gezählt habe, wird die Differenz von deinem Konto abgezogen. Wenn es also nur zehnmal klingelt, sind es auch nur zehn Striche, die übrig bleiben.“

      Während ich sprach, ging ich zu einem kleinen Schrank und zog eine Schublade auf, aus der ich einen schwarzen Seidenschal herausnahm.
      „Wenn du die alte Zahl allerdings übertriffst und es zum Beispiel zehnmal häufiger klingelt, dann werden die Zehn zu deinem bisherigen Konto hinzugezählt. Es bleibt dann also bei der neuen Zahl.“
      Als ich hinter Lisa zum Stehen kam, machte sich in mir eine angenehme Erregung breit. Ich genoss ihre Nähe und dass sie sich mir völlig hingab. Schwarze Seide glitt durch meine Hände, als ich den Schal vor ihre Augen führte und sie damit bedeckte. Eng zog ich ihn herum und verknotete die Enden hinter Lisas Kopf.
      „Du bist gemein“, sagte Lisa plötzlich.
      „Warum?“
      „Weil ich so eine blöde Vorahnung habe.“
      „Mein kleines Mädchen hat eine Vorahnung?“
      „Ja“, hauchte sie kaum hörbar und leicht erregt.
      „Breite deine Arme aus und spreize die Beine. Ich werde jetzt den Timer starten.“

      Als der Timer begann, rückwärts zu zählen, blieb ich noch einen Moment lang stehen und sah Lisa an. Ich liebte es, sie so ungestört ansehen zu können. Ihre Augen mit schwarzer Seide bedeckt, die Lippen rot. Sie war anmutig und voller Stolz, der sich in ihrer ganzen Haltung widerspiegelte. In völliger Dunkelheit stehend, ahnte sie, dass ich sie bald berühren würde, ohne zu wissen, wann oder wo. Und da klingelte es bereits zum ersten Mal an ihrem rechten Handgelenk, weil sie den Arm bewegte, ohne dass ich in ihrer Nähe war.
      „Du zählst mit“, sagte ich, während ich langsam auf sie zuging und anfing, sie zu umrunden, und sie antwortete mit: „Eins.“

      Lisa atmete schneller und es fiel ihr immer schwerer, ruhig zu bleiben. Noch immer hatte ich sie nicht berührt, aber sie rechnete jeden Augenblick damit. Ihre Arme wackelten und sie konnte ein weiteres Klingeln nicht verhindern.
      „Zwei!“ rief sie artig.
      „Du bist süß“, sagte ich und blies ihr dabei sanft in den Nacken, was dazu führte, dass sie mit beiden Armen herumfuchtelte und eine Kettenreaktion auslöste.
      „Drei! Vier! Fünf! Sechs! Sieben!“ rief sie hektisch und fing an zu schnaufen. Nur mit Mühe beruhigte sie sich wieder. Ich blieb still stehen und bewunderte sie dafür. Ich wusste um ihre Berührungsempfindlichkeit. Selbst zehn Schläge mit dem verhassten Rohrstock konnten sie nicht annähernd so aus der Fassung bringen, wie eine winzige Berührung, die sie nicht kommen sah, oder noch schlimmer, eine, die sie in Ungewissheit erwartete, die aber einfach nicht kam.
      Langsam war ich um sie herum gegangen und vor ihr stehen geblieben. Ihre Atmung war unkontrolliert, aber sie versuchte, sich zusammenzureißen. Sanft blies ich gegen eine ihrer Brustwarzen, während ich mich ihr näherte und sie dann zwischen die Lippen nahm. Lisa schien zu ahnen, dass nicht mehr passieren würde, und so klingelte es nur einmal.
      „Acht!“
      „Braves Mädchen“, sagte ich anerkennend und berührte dabei mit den Fingern ihren Rippenbogen, ohne dass ich es wollte. Es passierte ganz automatisch.
      „Neun! Zehn! Elf! Zwölf! Dreizehn!“
      „Entschuldige, das tut mir leid“, sagte ich ehrlich, aber sie glaubte mir natürlich nicht. Dabei war eine unabsichtliche Berührung nicht halb so schön, wie eine beabsichtigte, auf die man hinarbeitet und die man schon im Vorfeld genießt, bevor dann die erwünschte Reaktion einsetzt.
      „Beruhige dich“, sagte ich leise, um sie nicht zu erschrecken.
      „Du hast gut reden. Wollen wir tauschen?“ Ich musste grinsen.
      „Nein.“

      Trotzdem wurde sie ruhiger, was sich aber änderte, als ich sie wieder umrundete und hinter ihr stehen blieb. Hinter sich hatte sie mich nicht so gern, obwohl es doch eigentlich egal sein musste, da sie doch ohnehin nichts sah. Sie lauschte jeder meiner Bewegungen, um zu erahnen, wo ich war. Es fiel ihr auch schon deutlich schwerer, die Arme in Position zu halten. Immer wieder sackten sie ab. Trotzdem konnte sie verhindern, dass es klingelte. Ich sah auf den Timer. Drei Minuten waren vergangen. Wenn ich dreimal dreizehn rechnete, hatte sie noch gute Chancen, sich zu verbessern und ihre Strafe zu reduzieren. Aber ich hatte ja noch gar nicht richtig angefangen.

      Ohne Vorwarnung berührte ich ganz sanft die Unterseite ihrer Oberarme. Sofort schüttelte Lisa sich und alle vier Glöckchen erklangen gleichzeitig, sodass sie gar nicht mehr wusste, wie sie zählen sollte. Außerdem mischte sich ein langgezogenes „Tiiiihihihihiii“ dazwischen. Ich hielt nur kurz inne und machte dann ohne große Pause gleich unter ihren Achseln weiter. Die Wirkung war fast die gleiche, oder eher noch schlimmer. Nicht eine Zahl war ihr dabei über die Lippen gekommen, obwohl es reichlich klingelte.

      „Kann es sein, dass Du das Zählen vergessen hast?“
      „Ich weiß nicht mehr, wie viele es waren und wie viele dazu kamen.“
      „Klar, wenn du nicht mitzählst.“
      Lisa atmete heftig und wusste nicht was sie sagen sollte. Sie war total verunsichert, das sah ich ihr an.
      „Für jede Serie, die du nicht mitzählen kannst, rechnen wir einfach zehn hinzu, dann sind wir jetzt bei 33. Okay?“
      „Ja.“
      „Dann sag 33.“
      „Dreiundiiiihiiihiiihiii.“ Meine sanfte Berührung in ihren Achseln löste ein lang anhaltendes Kichern und lautes Klingeln aus. Da war sie mit weiteren zehn noch gut bedient, aber sie zählte schon wieder nicht mit.
      „Was ist?“ fragte ich barsch.
      „Ich habe die letzte Zahl vergessen“, schnaufte sie angestrengt, und dabei klingelte es schon wieder, weil sie kaum noch ruhig stehen konnte, selbst wenn ich sie nicht berührte.
      „Lisa! Das macht so keinen Spaß. Außerdem verliere ich kostbare Zeit. Machst du das mit Absicht?“
      „Nein.“
      „Ich hatte die Zahl doch gerade erst zweimal genannt, 33, und dann hast du sie schon wieder vergessen?“
      „Du machst mich total fertig und weißt wie sehr ich es hasse, gekitzelt zu werden. Da kann ich mich gar nicht auf irgendwelche Zahlen konzentrieren. Wenn ich dich wenigstens sehen könnte und wüsste, was du treibst.“ Lisa klang beinahe hysterisch, ihre kurzen Atemstöße beschleunigten sich noch einmal und es klingelte schon wieder links und rechts.
      „Sei jetzt still“, sagte ich ruhig. „Zähle in Gedanken mit. Ich werde dich großzügig nach oben hin korrigieren, wenn dein Ergebnis dann nicht meiner Vorstellung entspricht. Du hast noch fünf Minuten.“
      Lisa sagte nichts, aber ich wusste, dass es in ihr rumorte. Weitere fünf Minuten, die erschienen ihr unerträglich. Ich wusste, dass sie mir gerne einige Unfreundlichkeiten an den Kopf geschleudert hätte, aber sie hatte Angst vor möglichen Reaktionen meinerseits und so riss sie sich schweren Herzens zusammen.

      Ich stand immer noch hinter ihr. Wenn ich sie berührte, egal wo, klingelte es, weil sie jedes Mal zusammenzuckte. Sie konnte es einfach nicht verhindern. Ich ging in die Hocke und verlagerte das Ziel meiner Berührungen. An ihren Beinen war sie sehr empfindlich, besonders, weil ich die bis dahin ausgespart hatte. Langsam arbeitete ich mich an den Innenseiten ihrer Schenkel hinauf, bis ich zwischen ihren Beinen landete. Zunächst umkreiste ich das Zentrum noch und kraulte ihre Scham. Zwischen dem nach Protest klingenden Stöhnen, mischten sich nun die ersten wohligen Seufzer.

      „Warum bist du denn so feucht?“, fragte ich, als ich mit dem Mittelfinger meiner linken Hand mühelos in sie hinein tauchte und mein Daumen sanft den kleinen Knoten berührte, der sich mir aus seinem Versteck heraus willig entgegenstreckte. Lisa legte den Kopf in den Nacken, atmete schwer und antwortete: „Weil ich so lange schon auf dich gewartet habe.“ Unter dem Beben Lisas klingelten die Glöckchen um uns herum ohne Unterlass und sie hörten erst auf, als die immer noch blinde Lisa auf dem Bett in meinen Armen gelandet war und ich sie so fest hielt, wie ich nur konnte. Dass wir an diesem Tag nicht mehr auf dem Dachboden gelandet waren, konnte Lisa mir verzeihen, wohl wissend, dass es besser für sie war, dass wir es aber sehr bald nachholen würden.


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      Wenn euch die Geschichte gefallen hat, dann freut sich der Autor über eure Likes und Kommentare! Bitte liked jedoch nicht diesen Beitrag, da er nicht vom Autor eingestellt wurde, sondern im Rahmen des Geschichtenadventskalender. Der Autor wird, sofern er es möchte, zeitnah hier eine Antwort posten. Diese dann bitte liken, so dass eure Likes auch bei ihm ankommen.
      Als schon im Frühjahr die Planung begann und die ersten Türchen verteilt wurden, hatte ich plötzlich zwei Geschichten, die sich für den Adventskalender anboten und die mir gleichermaßen am Herzen lagen. Und so war es fast unvermeidbar, dass ich in diesem Jahr doppelt vertreten bin, obwohl ich mich an den Gedanken, einen so großen Raum einzunehmen, erst gewöhnen musste...

      Vielen Dank für das gute Zureden und all das andere :blumen:
      Vielen Dank, für die sehr, sehr lieben Worte, die ich hier vorfinde. Ich freue mich noch immer über jedes kleine Zeichen und das wird sich wohl nie ändern. Vermutlich wird es jedem so gehen, aber wer nicht selber schreibt, kann sich vielleicht gar nicht richtig in die „einsame Schreiberseele“ hineinversetzen, die nach getaner Arbeit nach Reaktionen hungert. Danke für die Nahrung, die uns wohl alle am Leben erhält...

      Ich weiß nicht, ob das im Kopf überhaupt richtig zur Geltung kommt, oder eventuell schnell überlesen wird. Ich war ja nicht der erste mit einer Fortsetzung auf die Geschichte aus dem letzten Jahr, aber ich fand bis jetzt keinen Hinweis darauf, dass die Links entdeckt wurden (vielleicht täusche ich mich). Deshalb möchte ich es hier an dieser Stelle noch einmal erwähnen. Meine Geschichte ist die Fortsetzung aus dem Vorjahr: 18.12. –♥– Adventskalender

      Lemming schrieb:


      Ich war ja nicht der erste mit einer Fortsetzung auf die Geschichte aus dem letzten Jahr, aber ich fand bis jetzt keinen Hinweis darauf, dass die Links entdeckt wurden (vielleicht täusche ich mich).

      Du täuschst dich ;)
      Vor deiner Geschichte, unter dem Hinweis, den Post vom Autor zu linken, steht der Link

      silk_n_desire schrieb:

      Du täuschst dich
      Da hast du mich missverstanden, @silk_n_desire Ich habe den Link natürlich gesehen (ich wusste ja auch davon), war mir aber nicht sicher, ob er von anderen leicht übersehen werden kann, wenn sie schnell zum Anfang der Geschichte scrollen. Nicht jeder wird so intensiv den Kopf inspizieren, weil sich darin ja vieles wiederholt. Aber das ist ja nur eine Vermutung von mir und nicht so wichtig. Alles gut :)