Hallo allerseits :)!
In Anlehnung an den Faden "Mal an die Eltern unter euch..." und ähnliche habe ich einige Fragen und möchte gerne auch selbst kurz meine Erfahrungen schildern.
Ich lese häufiger mal in so Fäden, in denen es darum geht, ob die Kinder etwas vom BDSM der Eltern mitbekommen sollen:
"Auf keinen Fall. Die Kinder sollen ihre Sexualität selbst entdecken und nicht in eine Richtung gedrängt werden."
Drängt es Kinder nicht aber auch in eine Richtung, wenn man das Thema tunlichst vermeidet?
Ich habe selbst noch keine Kinder, kann also nur von meinem Elternhaus berichten.
Meine Eltern haben BDSM auch nie thematisiert und ich dachte daher immer, sie haben entweder gar keinen Sex mehr oder nur noch sehr selten. Ich habe da auch nie was mitbekommen, außer halt, dass im Badezimmer Verhütungsmittel waren.
Ich habe immer gedacht, sie hätten, wenn überhaupt, Vanilla-Sex.
So gesehen haben sie mich irgendwo auch in eine Richtung gedrängt, nämlich die, dass ich von BDSM gar nichts wusste und sehr lange dachte, ich wäre irgendwie nicht in Ordnung, ganz anders als sie, und könne kein Verständnis erwarten.
Erst als Erwachsene bin ich in der Wohnung meiner Eltern versehentlich auf "Material" gestoßen, durch das ich mir sicher bin, dass BDSM ein Thema für sie ist. Rückblickend machen auch viele Dinge viel mehr Sinn, die zwischen ihnen passiert sind, ich als Kind aber nicht einordnen konnte. Ihre Rollenaufteilung, ihr Beziehungsleben. Ich glaube, wenn ich gewusst hätte, was los ist, hätte ich das sehr viel besser einordnen können und nicht das Gefühl bekommen, ein Elternteil bei uns Zuhause unterdrückt den anderen oder sie seien unglücklich oder sowas.
Für mich ist die Botschaft, die durch die Heimlichtuerei entstanden ist: "BDSM zu mögen ist irgendwie nicht okay und pervers, man muss es geheim halten und sich dafür schämen. Wenn andere es erfahren, ist das ein großes Problem, weil das eigentlich etwas Verbotenes, etwas Falsches ist."
Klar gibt es Menschen, die generell mitteilsamer oder verschwiegener sind. Das Ulkige an meinen Eltern ist aber, dass sie eigentlich total offen sind. Homosexualität, Transgender, Polyamorie - alles Konzepte, über die mit mir als Kind gesprochen worden sind und wo ich genau weiß, dass sie damit kein Problem haben. Daher finde ich es ja so bemerkenswert, dass sie BDSM nie erwähnt haben.
Ich meine, ich hätte nie gewollt, dass sie mir irgendwelche Details erzählen. Das geht mich nichts an und möchte ich auch gar nicht wissen. Ich frage mich nur manchmal, warum es okay sein soll, seinen Kindern zu sagen, wie Verhütung funktioniert und wie Sex an sich abläuft, man aber nicht sagen soll, dass manche Menschen beim Sex gerne gehauen werden und andere gerne hauen und das okay ist, solange beide Partner das so wollen. Ich glaube, mir hätte das so manche Selbstzweifel erspart und meine Eltern hätten mich nicht negativ beeinflusst. Wenn Eltern über etwas ganz Bestimmtes nicht sprechen, ist das genauso eine Aussage als wenn sie es thematisieren - man kann nicht nicht kommunizieren. Außerdem könnte ich mir vorstellen, stellt es auch einen Schutz vor Übergriffen darf, wenn man seinen Kindern sagt: "Ja, es gibt BDSM und das ist okay. Es ist aber genauso okay, das nicht zu mögen, und man darf jederzeit "Nein." sagen, wenn man etwas nicht möchte." Auch so Dinge, mit wem man darüber reden sollte und mit wem nicht, könnte man thematisieren.
All diese Dinge, die ich jetzt aufgezählt habe, habe ich mit den Jahren auch alleine rausgefunden. Es ist also bestimmt kein Muss, mit seinen Kindern darüber zu sprechen. Ich frage mich nur eher, warum man davon ausgeht, dass ein Schaden entsteht,wenn man es - ohne ins Detail zu gehen - doch anspricht. Das kann man ja auch ganz kindgerecht machen, in dem Sinne:"Die Mama hat bei uns eher das Sagen, weil wir beide das so lieber mögen." Oder: "Die Mama mag es, wenn der Papa sie zum Spaß kneift. Und wenn sie es mal nicht mag, sagt sie "Nein.", und dann muss der Papa auch aufhören und macht das auch."
Manchmal heißt es ja: "Wenn die Kinder etwas über BDSM wissen wollen, werden sie schon fragen." Ich hätte meine Eltern allerdings nie aus dem Blauen heraus gefragt, ob die Dinge, die ich wollte, und die ich zu der Zeit sehr erschreckend fand, okay sind. Bis heute habe ich noch nie mit ihnen gesprochen, weil mich ihre Heimlichtuerei verunsichert, und ich befürchte, dass sie mit sich selbst nicht im Reinen sind.
Zusammenfassend könnte man sagen, dass ich nicht glaube, dass man seine Kinder völlig unbeeinflusst aufwachsen lassen kann. Wenn Kinder bei uns irgendwann mal ein Thema sein sollten, was nicht unwahrscheinlich ist, werde ich wohl natürlich und offen damit umgehen. Selbstverständlich sollten die Kinder uns beim Sex keinesfalls sehen und möglichst auch niemals hören, aber unser Beziehungsmodell nehmen wir ja auch mit in den Alltag und das beeinflusst sie ja ganz automatisch. Völlig auf Augenhöhe sind wir niemals und das waren wir auch nie - ich wüsste gar nicht, wie das gehen sollte.
Das Einzige, was aus meiner Sicht dagegen spricht, seine Kinder auch in dem Bereich BDSM aufzuklären, ist, dass sie vielleicht echte Gewalt, die man nicht ausüben darf und gegen die man sich wehren muss, und ein "Spiel" nicht auseinanderhalten könnten. Das zu vermitteln wäre wohl so das Kernelement.
Was meint ihr? Bin ich völlig schief gewickelt? Oder bietet es auch Vorteile, offen mit dem Thema BDSM umzugehen? Welche Nachteile befürchtet ihr?
Ich behaupte jetzt einfach mal ganz kühn, dass man seine Kinder durch sein Verhalten weder zu BDSMlern machen, noch sie davon abhalten kann. Genauso wenig, wie man Kinder nicht homosexuell/heterosexuell machen kann oder sie dazu bringen kann, die eigene Lieblingsfarbe zu übernehmen.
LG boireannach
In Anlehnung an den Faden "Mal an die Eltern unter euch..." und ähnliche habe ich einige Fragen und möchte gerne auch selbst kurz meine Erfahrungen schildern.
Ich lese häufiger mal in so Fäden, in denen es darum geht, ob die Kinder etwas vom BDSM der Eltern mitbekommen sollen:
"Auf keinen Fall. Die Kinder sollen ihre Sexualität selbst entdecken und nicht in eine Richtung gedrängt werden."
Drängt es Kinder nicht aber auch in eine Richtung, wenn man das Thema tunlichst vermeidet?
Ich habe selbst noch keine Kinder, kann also nur von meinem Elternhaus berichten.
Meine Eltern haben BDSM auch nie thematisiert und ich dachte daher immer, sie haben entweder gar keinen Sex mehr oder nur noch sehr selten. Ich habe da auch nie was mitbekommen, außer halt, dass im Badezimmer Verhütungsmittel waren.
Ich habe immer gedacht, sie hätten, wenn überhaupt, Vanilla-Sex.
So gesehen haben sie mich irgendwo auch in eine Richtung gedrängt, nämlich die, dass ich von BDSM gar nichts wusste und sehr lange dachte, ich wäre irgendwie nicht in Ordnung, ganz anders als sie, und könne kein Verständnis erwarten.
Erst als Erwachsene bin ich in der Wohnung meiner Eltern versehentlich auf "Material" gestoßen, durch das ich mir sicher bin, dass BDSM ein Thema für sie ist. Rückblickend machen auch viele Dinge viel mehr Sinn, die zwischen ihnen passiert sind, ich als Kind aber nicht einordnen konnte. Ihre Rollenaufteilung, ihr Beziehungsleben. Ich glaube, wenn ich gewusst hätte, was los ist, hätte ich das sehr viel besser einordnen können und nicht das Gefühl bekommen, ein Elternteil bei uns Zuhause unterdrückt den anderen oder sie seien unglücklich oder sowas.
Für mich ist die Botschaft, die durch die Heimlichtuerei entstanden ist: "BDSM zu mögen ist irgendwie nicht okay und pervers, man muss es geheim halten und sich dafür schämen. Wenn andere es erfahren, ist das ein großes Problem, weil das eigentlich etwas Verbotenes, etwas Falsches ist."
Klar gibt es Menschen, die generell mitteilsamer oder verschwiegener sind. Das Ulkige an meinen Eltern ist aber, dass sie eigentlich total offen sind. Homosexualität, Transgender, Polyamorie - alles Konzepte, über die mit mir als Kind gesprochen worden sind und wo ich genau weiß, dass sie damit kein Problem haben. Daher finde ich es ja so bemerkenswert, dass sie BDSM nie erwähnt haben.
Ich meine, ich hätte nie gewollt, dass sie mir irgendwelche Details erzählen. Das geht mich nichts an und möchte ich auch gar nicht wissen. Ich frage mich nur manchmal, warum es okay sein soll, seinen Kindern zu sagen, wie Verhütung funktioniert und wie Sex an sich abläuft, man aber nicht sagen soll, dass manche Menschen beim Sex gerne gehauen werden und andere gerne hauen und das okay ist, solange beide Partner das so wollen. Ich glaube, mir hätte das so manche Selbstzweifel erspart und meine Eltern hätten mich nicht negativ beeinflusst. Wenn Eltern über etwas ganz Bestimmtes nicht sprechen, ist das genauso eine Aussage als wenn sie es thematisieren - man kann nicht nicht kommunizieren. Außerdem könnte ich mir vorstellen, stellt es auch einen Schutz vor Übergriffen darf, wenn man seinen Kindern sagt: "Ja, es gibt BDSM und das ist okay. Es ist aber genauso okay, das nicht zu mögen, und man darf jederzeit "Nein." sagen, wenn man etwas nicht möchte." Auch so Dinge, mit wem man darüber reden sollte und mit wem nicht, könnte man thematisieren.
All diese Dinge, die ich jetzt aufgezählt habe, habe ich mit den Jahren auch alleine rausgefunden. Es ist also bestimmt kein Muss, mit seinen Kindern darüber zu sprechen. Ich frage mich nur eher, warum man davon ausgeht, dass ein Schaden entsteht,wenn man es - ohne ins Detail zu gehen - doch anspricht. Das kann man ja auch ganz kindgerecht machen, in dem Sinne:"Die Mama hat bei uns eher das Sagen, weil wir beide das so lieber mögen." Oder: "Die Mama mag es, wenn der Papa sie zum Spaß kneift. Und wenn sie es mal nicht mag, sagt sie "Nein.", und dann muss der Papa auch aufhören und macht das auch."
Manchmal heißt es ja: "Wenn die Kinder etwas über BDSM wissen wollen, werden sie schon fragen." Ich hätte meine Eltern allerdings nie aus dem Blauen heraus gefragt, ob die Dinge, die ich wollte, und die ich zu der Zeit sehr erschreckend fand, okay sind. Bis heute habe ich noch nie mit ihnen gesprochen, weil mich ihre Heimlichtuerei verunsichert, und ich befürchte, dass sie mit sich selbst nicht im Reinen sind.
Zusammenfassend könnte man sagen, dass ich nicht glaube, dass man seine Kinder völlig unbeeinflusst aufwachsen lassen kann. Wenn Kinder bei uns irgendwann mal ein Thema sein sollten, was nicht unwahrscheinlich ist, werde ich wohl natürlich und offen damit umgehen. Selbstverständlich sollten die Kinder uns beim Sex keinesfalls sehen und möglichst auch niemals hören, aber unser Beziehungsmodell nehmen wir ja auch mit in den Alltag und das beeinflusst sie ja ganz automatisch. Völlig auf Augenhöhe sind wir niemals und das waren wir auch nie - ich wüsste gar nicht, wie das gehen sollte.
Das Einzige, was aus meiner Sicht dagegen spricht, seine Kinder auch in dem Bereich BDSM aufzuklären, ist, dass sie vielleicht echte Gewalt, die man nicht ausüben darf und gegen die man sich wehren muss, und ein "Spiel" nicht auseinanderhalten könnten. Das zu vermitteln wäre wohl so das Kernelement.
Was meint ihr? Bin ich völlig schief gewickelt? Oder bietet es auch Vorteile, offen mit dem Thema BDSM umzugehen? Welche Nachteile befürchtet ihr?
Ich behaupte jetzt einfach mal ganz kühn, dass man seine Kinder durch sein Verhalten weder zu BDSMlern machen, noch sie davon abhalten kann. Genauso wenig, wie man Kinder nicht homosexuell/heterosexuell machen kann oder sie dazu bringen kann, die eigene Lieblingsfarbe zu übernehmen.
LG boireannach
Schwächen zu zeigen macht einen stark.