"will to please" oder auch Submission im Alltag

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

      "will to please" oder auch Submission im Alltag

      Puh, nun muss ich mal schauen, wie ich mein Gedankenchaos hier halbwegs sortiert auf den Bildschirm bekomme. Vorab sorry für den langen und an manchen Stellen auch vielleicht verwirrenden Text :blah:

      Im Großen und Ganzen wird das hier wahrscheinlich eher eine Art Feststellung von Beobachtungen, Eigeninterpretationen und Erklärung von persönlichen Empfindungen. Konkrete Fragen habe ich nur insoweit, ob ihr sowas von euch vielleicht auch kennt und wie ihr damit umgeht, oder ob es ein Problem für euch ist.



      Ich bin eine Sub durch und durch … zur besseren Erklärung - wie sieht meine innere Sub aus?

      Ich bin nicht „nur“ submissiv (unterwürfig), sondern ich bin wie ein Golden Retriever oder Labrador … ich habe den absoluten „will to please“, das heißt ich habe in fast all meinen Lebensbereichen das Bedürfnis zu „gefallen“ und eine gewisse Anerkennung zu bekommen.

      Das zu schreiben fühlt sich fast so an, wie ich es mir bei einem Süchtigen beim AA Treffen vorstelle … Hallo, ich bin Munchkin86 und ich habe den „will to please“ :rot:

      Warum sich das so anfühlt? Weil ich erst seit Kurzem verstanden habe, dass ich so bin und dass es eben meine Neigung ist und nicht nur Empathie und die Liebe zu den Menschen um mich herum.


      Ich muss dazu sagen, dass dieses Forum hier die einzige deutsche Plattform ist, mit der ich mich im Zusammenhang mit BDSM (und in meinem Fall insbesondere D/s) beschäftige. Mein BDSM ist englisch und dort insbesondere amerikanisch. Angefangen hatte das mit BDSM Romanen in Originalfassung (also auf englisch) und ging dann weiter über Autorengruppen und -foren derer Autoren, die selbst BDSM betreiben. Dort findet auch ein reger Austausch von BDSM’lern statt und so hat sich eben mein persönliches BDSM geformt.

      Dort habe ich dann irgendwann verstanden, dass es Teil meiner Neigung ist, den Menschen um mich rum zu gefallen, ihre Anerkennung zu bekommen … ihnen ein Stück weit zu „dienen“ … völlig ohne Sexbezug. Und dann fing ich an mal zu reflektieren … siehe da, es fügte sich alles zusammen.

      Schon in Kindertagen war es so, dass ich versuchte überall „gut Wetter“ zu machen, wenn mein Bruder mal wieder Mist gebaut hat und alle dadurch schlechte Laune hatten. Wenn meine Freunde/Bekannten Probleme hatten, hab ich IMMER alles stehen und liegen gelassen, um zu springen und für sie da zu sein. Meine (mittlerweile geschiedene) Ehe bestand hauptsächlich daraus, das völlig verkorkste Leben meines Mannes wieder in halbwegs gerade Bahnen zu lenken. Die zwei Doms, die ich danach hatte, hatten im Prinzip auch von Anfang an Sorgen/Nöte/Probleme, die ich irgendwie „reparieren“ wollte. Und meine letzte Vanilla- Beziehung, die Anfang des Jahres zerbrach, spiegelt auch so viele Situationen wider, die meinen „will to please“ zeigten. Das ging dann bei freiwillig angebotenen Fuß- und Rückenmassagen los, das Bedürfnis immer alles perfekt machen zu wollen, bis schlussendlich fast eine Selbstaufgabe nur damit der Partner glücklich und zufrieden ist. Ihm war das natürlich irgendwann auch schon unangenehm, weil er auch nicht „in der Lage war“, da einen Riegel vorzuschieben und mich auszubremsen.

      In meinem Job muss ich täglich – teilweise schwerwiegende – Entscheidungen treffen, aber selbst dort gehe ich besonders darin auf, wenn meine innere Subby gefüttert wird.


      Ich habe mittlerweile verstanden, wie ich ticke und kann dadurch besser auf mich aufpassen; es ist zwar immer nur ein Versuch, denn manchmal merke ich es zu spät und übernehme mich dadurch. Durch Gespräche mit einigen Leuten habe ich festgestellt, dass es eben bei mir „mehr“ ist als normale „Hilfe unter Freunden“, „Füreinander Dasein in einer Beziehung „, etc. Ich muss halt aufpassen, dass ich nicht – wenn auch unbewusst – ausgenutzt werde, weil ich teilweise mich auch zu sehr „angeboten“ habe mit meiner Hilfe.

      Im amerikanischen BDSM ist dieses Verhalten von Subbys gar nicht so unbekannt und unüblich und viele Doms dort sehen es als ihre Aufgabe, Sub entsprechend zu führen und zu schützen, dass dieser „will to please“ eben nicht außer Rand und Band geriet. Ich finde diese Vorstellung sehr schön, dass da jemand ist, der meine Submission verdient, mein Vertrauen hat und mir einen Platz gibt, diese Eigenschaft meinerseits auszuleben (im Alltag wie auch sexuell) :love: , der aber auch darauf achtet und mich dabei unterstützt, dass ich eben in allen anderen Bereichen etwas vorsichtiger damit umgehe und auch mal „Nein, heute kann ich leider nicht“ sage – nicht um dann eine „schlechtere“ Freundin zu sein, sondern um einfach besser auf sich selbst aufzupassen und seine eigenen Grenzen nicht zu überschreiten.


      Vielleicht habe ich es bisher hier immer überlesen, oder es ist doch irgendwie normaler für andere, sodass nicht speziell darüber geschrieben wird, oder es wird hier nicht als Teil des eigenen BDSM gesehen … aber für mich ist es Teil meiner Neigung und ich bin froh, dass ich das mittlerweile erkannt habe, denn nur so kann ich – solange ich alleine bin erst recht – besser auf mich aufpassen (denn die Menschen um mich rum können ja nix dafür) und mir meinen zukünftigen Partner bewusster wählen. Mag sein, dass ich auch belächelt werde für meinen Text / meine Erkenntnis über mich selbst, sicher gibt es auch einige, die es komplett anderes sehen, aber mir war einfach wichtig nochmal in einem solchem Forum eine von sicher vielen Ansichten zum BDSM aufzuführen, dass die Neigung nicht nur das Schlafzimmer oder andere körperliche Handlungen betreffen muss, sondern auch Denkweisen. aaarggh ;( ich finde nicht die richtigen Worte ... ich habe immer sehr darunter gelitten, dass ich nicht verstanden habe, warum Beziehungen zerbrochen sind oder warum ich manchmal "mehr" gebe als andere und für den Fall, dass es noch jemanden gibt, der so tickt und dem es vielleicht nicht gut damit geht, weil er/sie es nicht versteht, möchte ich halt hier einen Denkansatz als möglich Hilfestellung geben (da isser wieder der "will to please" :rot: )


      Ich habe bestimmt tausend Sachen vergessen zu erläutern, also bei Fragen einfach raus damit … es war nicht einfach mein Chaos im Kopf zu sortieren und das Ganze dann noch ins Deutsche zu übersetzen, denn wenn es um BDSM geht, schaltet mein Gehirn automatisch auf englische Sprache :pardon:
      Du bist nicht allein damit. Dein Text hat mir erneut bewusst gemacht, daß ich ganz genauso ticke und daß das auch ein (wesentlicher) Teil meines sub-Seins ist, den „in den Griff zu bekommen“ mir bis heute nicht gelungen ist, und irgendwie will ich das auch gar nicht, denn es gehört eben zu mir, auch wenn es dazu führt, daß man häufig ausgenutzt wird. Ich hadere damit nicht (mehr). Natürlich wäre es im Sinne der Ressourcen-Erhaltung nicht schlecht, jemanden zu haben, der in dieser Beziehung ein wenig auf einen aufpasst, ich habe aber Zweifel, ob ich mir eine gewisse Einschränkung dieser, meiner Persönlichkeit auf Dauer „gefallen lassen“ könnte.
      Wir brauchen dringend einige Verrückte. Guckt Euch an, wo uns die Normalen hingebracht haben! (G.B. Shaw)
      Es freut mich gerade riesig, dass du dich auch zu dieser "Kategorie" zählst @Trotzkopf
      Ich kann gar nicht genau sagen, dass ich damit "hadere", aber ich habe halt einfach manchmal Angst, dass mir das Ganze mal das Genick bricht.

      Ich denke, der "richtige Dom" für mich würde genau wissen, bis wohin Einschränkungen gesund für mich sind, sodass ich da wenig Bedenken habe, es als Einschränkung meiner Persönlichkeit zu sehen. Bis ich den gefunden habe, können natürlich auch noch einige nicht passende Doms dazwischen kommen :D

      Munchkin86 schrieb:

      Ich bin nicht „nur“ submissiv (unterwürfig), sondern ich bin wie ein Golden Retriever oder Labrador … ich habe den absoluten „will to please“




      Ihm war das natürlich irgendwann auch schon unangenehm, weil er auch nicht „in der Lage war“, da einen Riegel vorzuschieben und mich auszubremsen.




      sehen es als ihre Aufgabe, Sub entsprechend zu führen und zu schützen, dass dieser „will to please“ eben nicht außer Rand und Band geriet. Ich finde diese Vorstellung sehr schön, dass da jemand ist, der meine Submission verdient, mein Vertrauen hat und mir einen Platz gibt, diese Eigenschaft meinerseits auszuleben (im Alltag wie auch sexuell) :love:

      warum Beziehungen zerbrochen sind
      hm, munchkin, das ist ne Menge...
      Warum Beziehungen zerbrochen sind, kann man ohne die Leute zu kennen, schlecht sagen. Möglicherweise fühlten sie sich überfordert von deinem "will to please" und irgendwann wurde es zu viel....

      Es ist halt nicht jedermanns Sache, zu führen, zu schützen, Verantwortung zu übernehmen rund um die Uhr...

      Ich habe da einen Netzfund, der gut in mein Petplay passt, der irgendwo auch in deine Situation passt:

      She is your friend, your partner,
      your defender, your dog.
      You are her live, her love,
      her leader. She will be yours,
      faithful and true, to the
      last beat of her heart.
      You owe it to her to be
      Worthy of such devotion.
      Hey,

      also ich kann das auch sehr gut nachempfinden, mir gehts da nämlich ganz genau so. Ich bin noch sehr frisch in der "Sub" welt, und irgendwie muss ich mir immer wieder eingestehen das ich genau dort hingehöre.
      Dein Beitrag macht mir das auch wieder klar und führt mir wieder vor Augen was ich will.
      Ich hab immer gedacht ich wäre "Komisch" oder mit mir stimmt was nicht :rofl: heute weiß ich, das ich eben nur gewisse Neigungen hab. Hab mir das nie so wirklich eingestehen wollen, aber es ist wie es ist.

      Ich kann dich aber verstehen wenn du sagst "Du hast Angst das es dir das Genick bricht", denn genau so fühle ich mich auch ab und an. Manchmal geht man eben über seine Grenzen hinaus und verliert sich selbst dabei... Da ist es schwer den richtigen Mittelweg zu finden :gruebel:

      Liebe Grüße
      Hallo @Munchkin86


      Da hast etwas sehr treffend in Worte gekleidet, was auch mich recht gut beschreibt. ;) Auch ich will in erster Linie gefallen und zwar möglichst vielen. Das ist auf Dauer sehr, sehr anstrengend. Ich habe, vor allem im Laufe des letzten Jahres, gelernt, Grenzen zu stecken. Außer in meiner Beziehung :D Da ist dieser Wunsch, IHM zu gefallen, immer noch meine oberste Leitlinie.

      Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Begriff "Service-Sub" mit dem "will to please" gleichgesetzt werden kann. Aber das ist eine Begrifflichkeit, die mir - zumindest in meinem BDSM-Umfeld - schon häufiger begegnet ist für eine devote Person, die von sich aus für andere tut und macht.
      Carpe et diem et noctem.

      Trotzkopf schrieb:

      Natürlich wäre es im Sinne der Ressourcen-Erhaltung nicht schlecht, jemanden zu haben, der in dieser Beziehung ein wenig auf einen aufpasst, ich habe aber Zweifel, ob ich mir eine gewisse Einschränkung dieser, meiner Persönlichkeit auf Dauer „gefallen lassen“ könnte.
      Eine Einschränkung der eigenen Persönlichkeit ist immer schlecht. Und „will to please“ für mich eine durchweg positive Eigenschaft.
      Solange es dir (euch) damit gut geht ist das meiner Meinung auch total in Ordnung.

      Es gibt aber auch das sogenannte "Helfersyndrom" - in starker Ausprägung auch "pathologischer Altruismus" genannt. Die Symptome sind gleich oder zumindest ähnlich und die Risiken nicht unbedeutend! Deshalb ist es immer gut, wenn es jemand gibt, der ein bisschen mit aufpasst ;)
      Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.
      Da kann ich auch unterschreiben. Ich liebe Harmonie und ich möchte gefallen, bzw. nützlich sein und den Menschen, die ich mag, etwas Gutes tun.
      Bei der Arbeit bin ich da auch schon über meine Grenzen gegangen, aber die Zeiten sind passé. Inzwischen habe ich eine gewisse gesunde Biestigkeit entwickelt, wenn mir etwas gegen den Strich geht, bzw. es mir zuviel wird.

      Wie hat das mal ein Mann formuliert? "So höflich hat mir noch nie jemand zu verstehen gegeben, was für ein Arsch ich bin."

      Ich fasse das mal als Kompliment auf. :D
      Liebe Nachbarn, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen, Familie: Ich bin entsetzt, auf was für Seiten ihr euch rumtreibt! :frech:

      Lernen durch Schmerz ist nicht angenehm, aber unglaublich effektiv... :evilfire:
      Hmmm... spannende Frage. Ich würde nicht sagen, daß ich einen Willen zum Dienen oder Gefallen im Alltag habe.

      Ich würde eher sagen, ich vermeide Konflikte, wenn es irgendwie geht.
      Da ich Konflikte nicht mag, versuche ich auch bei anderen, zu vermitteln und Konflikte abzumildern.
      Ich helfe gern anderen, weil mich freue, wenn ich helfen kann, und ich nehme mich selbst oft nicht wichtig genug.
      Dazu habe ich ein sehr starkes Pflichtbewusstsein, bedeutet: Ich kümmere mich um fast alles in der Familie.
      Was ich noch sagen kann: Für mich ist es ganz schlimm, jemanden zu enttäuschen. Also tue ich fast alles, um das zu vermeiden.
      Ist das aber dann gleich ein "will to please"?
      "Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu gewinnen" Sigmund Freud
      Mir geht es sehr ähnlich, nur ohne den Teil mit der Anerkennung. Selbst ein "Danke" verstehe ich meistens nicht, weil es für mich selbstverständlich ist.
      Ich möchte gehorchen, dienen, und ein Stück weit auch gefallen.
      Wenn jemand den Plan hat, erwarte ich auch, dass der dann entsprechend angibt, was passiert.
      Genauso verhalte ich mich, wenn ich selber in dieser Position bin. Es gibt kein "Bitte" und kein "Danke", weil es für mich keinen Sinn ergibt. Auch, wenn das für andere wohl teilweise sehr anstrengend ist.
      Wenn es Streit gibt, nehme ich häufig meine Meinung zurück.
      Genauso möchte ich immer und überall dabei sein, einfach, weil ich helfen möchte.
      Für mich war es immer selbstverständlich, alles stehen und liegen zu lassen, wenn mich jemand brauchte. Ich habe auch schon Klausuren eher abgegeben, weil Master mir geschrieben hat und mich brauchte oder würde mitten in der Nacht quer durch Welt reisen. Ich habe auch überlegt, als Mädchen weiterzuleben (ich bin ftm-transgender), damit meine Familie glücklich ist.
      Von solchen "Dummheiten" hält Master mich dann immer ab (was auch gut ist). Aber für mich sind es selbstverständliche Dinge
      @Feuerpferd da ich mich in ganz vielen deiner Beschreibungen wiederfinde, sehe ich schon einen gewissen "will to please", aber ich gestehe, dass es bei mir manchmal noch über die von dir genannten Situationen hinausgeht, aber ganz grundsätzlich sehe ich in deiner Beschreibung über dich selbst auf jeden Fall auch - zumindest nach meiner Auffassung und Definition für mich - Alttags-Submission im Sinne von "will to please", besonders an dem Punkt, dass du auch nicht magst Menschen zu enttäuschen. aber natürlich gesteht man da jedem seine eigene Definition zu, für den fall, dass du dich mit der Beschreibung nicht so wohl fühlst :thumbsup:
      @Nachtwald meine "Belohnung" ist die Anerkennung, was ziehst du denn für dich dann aus dem Dienen, gehorchen und Helfen, wenn du die Anerkennung nicht brauchst? Ist es die Tat an sich, die dich glücklich macht? Für mich ist immer auch wichtig, dass ich mit der Handlung gefalle und wichtig bin/gebraucht werde ... ich finde es sehr spannend, wenn es jemand nicht braucht, eben weil ich es so gar nicht könnte
      Naja, es ist für mich selbstverständlich. Ich verstehe nicht, warum ich dafür Lob oder Dank verdient hätte.
      Und auf der anderen Seite reicht mir das wissen, gehorsam gewesen zu sein, etwas gutes getan zu haben, um glücklich zu sein. Ich sehe, dass es funktioniert, jemand glücklich, etc. Das reicht.
      Natürlich auch das Wissen, gebraucht zu werden, aber in erster Linie tatsächlich, meine Kraft in den Dienst der Gruppe/der Person gestellt zu haben und eben diese Selbstverständlichkeit, die das für mich hat
      ok, ich verstehe was du meinst. Ich selbst bin so nicht. Für mich sind zwar viele Handlungen meinerseits auch selbstverständlich, aber das gute Gefühl in mir kommt halt erst durch die Anerkennung.
      Das könnte aber auch daran liegen, dass viele Handlungen von mir ohne spezielle Aufforderung oder Hilfeanfragen erfolgen ... ich sehe halt eine Situation und habe das Bedürfnis xy zu tun (Partner ist erschöpft nach der Arbeit und ich massiere ihn, als Beispiel)