Tabus und Grenzen

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      Das stimmt, Tabus hat in der Regel jeder.
      Mich hat es interessiert, was dazu führt.
      Ist es die Angst vor etwas? Wie bei mir das Element Wasser. Oder gibt es andere Gründe?
      Meine Freundin mag es z.B. nicht, wenn ihr Herr sie ignoriert. Prompt wurde das zu ihrem Tabu. So etwas finde ich sehr schade, weil meine Definition von Tabu halt ist "geht nicht, würde mich zerstören" wie @Louise es beschrieben hat.
      Aber etwas wählen, weil es mir "einfach nur nicht gefällt" finde ich schade.

      Wingardium schrieb:

      Aber etwas wählen, weil es mir "einfach nur nicht gefällt" finde ich schade.
      Mir gefällt es nicht, wenn meine Haut hinterher (noch so kleine) Narben hätte ;)
      Und mir gefällt es nicht, wenn ich Schmerzen erleiden müsste, die ich nicht in irgendeine Form von Lust umwandeln könnte.
      Panik, Ekel oder Trigger sind nicht der Grund dafür.

      Es gibt unterschiedliche Tiefen der Devotion und unterschiedliche Motive, sein BDSM zu leben.
      Manch einer kann überhaupt nichts mit Unterwerfung anfangen, manch einer nicht mit Schmerz.

      Ich mag auch keine Seile, in die ich kunstvoll verschnürt würde, ich mag sie als Mittel zum Zweck. Bondage mit Seilen wär also ein "Tabu", weil ich es nicht mag.
      Und ein Rigger hätte keinen Spaß an mir, bzw. wir würden gar nicht zusammenfinden, weil ich das vorher kommuniziere.

      Ich bin der Meinung, dass es keine Absolution eines potenziellen Herrn für meine Tabus geben muss, noch nicht einmal Verständnis, lediglich Akzeptanz. Es kann eben nur sein, dass wir nicht zusammenfinden würden, wenn er meint, ich übertreibe oder wir wären nicht bei "Wünsch dir was".

      Deine Freundin hat insofern Recht, dass es richtig ist, sich nicht komplett für seinen Herrn aufzugeben, seine Grenzen zu achten und seine Tabus zu bewahren. Wenn es aber genau deine Erfüllung ist, in deinem Subsein aufzugehen, ist doch alles gut. DU bist gut so, wie du bist!
      Auch wenn es widersprüchlich klingt:
      Ihr Ego muss stark genug sein, um seine begrenzte, defensive Haltung und Kontrolle aufgeben zu können.
      Sie brauchen ein starkes Ego, um das Ego transzendieren zu können.

      - John Bradshaw, Das Kind in uns -

      Wingardium schrieb:



      Mich hat es interessiert, was dazu führt.


      Aber etwas wählen, weil es mir "einfach nur nicht gefällt" finde ich schade.
      Nein. Nur weil es mir nicht gefällt, ist es für mich kein Tabu.
      Wenn ich zB. die Meine willentlich ernsthaft und vielleicht bleibend verletze, ist das für mich ein unverrückbares Tabu.
      Mir würde es psychisch danach nicht gut gehen.Warum sollte ich also daran rütteln?
      Wenn ich etwas nicht mag, die Meine das aber irgendwie ausprobieren möchte, ist das für mich eine Grenze.
      Darüber wird ganz sicher gesprochen und ggf. probiert.
      Das Leben ist kein Ponyhof. Aber geritten wird trotzdem !
      @Wingardium.. ich glaube, dass hängt mit deiner Vorerfahrung zusammen und inwiefern Du dann aus einer negativ - Erfahrung, einem belastenden Ereignis, daraus ein Tabu entwickelst...(nicht bearbeitet oder zu wenig! )

      Das muss aber nicht so sein...
      ich halte, dass eben aber mehr für ein willentliche Entscheidung DEINER... wie sehr Du etwas willst...oder eben nicht!

      Aus meiner Erfahrungswelt:
      Ich hätte dann wohl ganz klar nen Blowjob als Tabu deklariert, weil ich in dieser Situation eine Vergewaltigung erlebt habe..

      Dem ist aber nicht so...
      anfänglich war es eine harte Grenze, die sich aber über entsprechende positive Konditionierung aufgeweicht hat und nun zu einem Erleben MEINER gehört,
      welches mir sehr viel Lust bereitet und daher positiver Verstärker(Zuckerbrot) ist für alles was auf mich zu kommt...

      Wingardium schrieb:

      Aber etwas wählen, weil es mir "einfach nur nicht gefällt" finde ich schade.
      Sehe ich persönlich grundsätzlich genauso, allerdings fände ich das nicht nur "schade", sondern schlicht inakzeptabel. Quasi "on-demand-Tabus", um in der eigenen Komfortzone zu bleiben. Nach meinem Gefühl wäre das nämlich bereits "topping from the bottom" (was für sich auch völlig in Ordnung ist, nur für mich nicht).

      Aber: da gehören eben immer zwei zu! Wenn ihr Herr das so mitmacht... ist das doch für alle Beteiligten in Ordnung.
      Power is nothing without control.

      Trust me, I know what I'm doing!

      Bedenke den Spaß...

      Noctua schrieb:

      ich glaube, dass hängt mit deiner Vorerfahrung zusammen und inwiefern Du dann aus einer negativ - Erfahrung, einem belastenden Ereignis, daraus ein Tabu entwickelst...(nicht bearbeitet oder zu wenig! )
      dieser Aussage widerspreche ich. Mein Tabu entstammt einem traumatischen Erlebnis und ich habe es in einer Therapie bearbeitet. Dennoch bleibt es ein Tabu, weil ich es so will. Ich habe an sich Frieden gemacht mit dem Erlebnis, aber dieser Teilaspekt wird für mich negativ behaftet bleiben und mit äußerster Vorsicht behandelt werden. Hier sehe ich kein Problem und auch keine Herausforderung.
      Ich bin bei dir; du seist auch noch so ferne,
      Du bist mir nah!
      Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne.
      O, wärst du da!

      Johann Wolfgang von Goethe

      Noctua schrieb:

      @Wingardium.. ich glaube, dass hängt mit deiner Vorerfahrung zusammen und inwiefern Du dann aus einer negativ - Erfahrung, einem belastenden Ereignis, daraus ein Tabu entwickelst...(nicht bearbeitet oder zu wenig! )
      Jetzt musste ich meine Beiträge nochmal lesen, ob ich irgendwo über eine schlechte Erfahrung mit Wasser geschrieben habe.

      Ich hatte nie eine schlechte Erfahrung mit Wasser. Ich habe als Kind das Schwimmen gelernt, mochte damals dieses Element aber schon nicht. Meine Eltern "Wasserratten" haben alles versucht, mich spielerisch dahin zu bringen.

      Es ist aber nicht meins. Im Verlauf hat sich da immer mehr eine Angst entwickelt. Ein befreundeter Psychiater hat mir sogar geholfen, dass ich an unserem nahegelegenen See ohne Panikattacke mit meinem Hund spazieren kann.

      Also keine schlechte Erfahrung!

      Und auch wenn es eine Negativerfahrung gegeben hätte, sehe ich es wie @Louise, ich habe kein Problem damit.

      Noctua schrieb:

      nicht bearbeitet oder zu wenig!
      dem hier widerspreche ich, an keinem Punkt widerspreche ich Deinem Umgang mit Deinem Erlebnis. Ich widerspreche nur Deiner Aussage, ich hätte das meine zu wenig oder nicht bearbeitet, weil es sich noch immer um ein Tabu meinerseits handelt.
      Ich bin bei dir; du seist auch noch so ferne,
      Du bist mir nah!
      Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne.
      O, wärst du da!

      Johann Wolfgang von Goethe

      Wingardium schrieb:

      Meine Freundin mag es z.B. nicht, wenn ihr Herr sie ignoriert. Prompt wurde das zu ihrem Tabu. So etwas finde ich sehr schade, weil meine Definition von Tabu halt ist "geht nicht, würde mich zerstören" wie @Louise es beschrieben hat.
      Aber etwas wählen, weil es mir "einfach nur nicht gefällt" finde ich schade.
      Ich greife das jetzt mal auf, weil mich dieses Zitat überhaupt erst dazu angeregt hat, etwas zu schreiben.
      Ja, ein reines "gefällt mir nicht" ist vielleicht nicht immer ein nachvollziehbarer Grund für ein Tabu. Ich habe die aber auch. Einfach weil dieses "mag ich nicht" auch bedeuten kann "mag ich so wenig, dass es mich regelrecht aggressiv macht und ich aus Verzweiflung/Verteidigungsverhalten heraus anfange, Dinge zu sagen, die darauf ausgelegt sind, den anderen möglichst zu verletzen." Es sind also Tabus, die eher bestehen, um den Partner und nicht mich selbst zu schützen.
      Also meine Tabus haben definitiv mit Ekel zu tun.
      Aber ich bin auch der Meinung, dass Tabus auch begrenzt ein „ich will es einfach nicht“ sein dürfen, ohne dass ich als Wunschzettelsub gelte.

      Als Beispiel: Ich habe weder Ekel noch Angst vor Cuttings oder Brandings. Aber ich möchte nicht, dass ich bleibende, sichtbare Spuren an mir trage, geschweigedenn finde ich es persönlich einfach nicht schön.

      Deshalb für mich ein legitimes Tabu, dass ohne Angst oder Ekel behaftet ist
      Tabus habe ich natürlich auch. Bei mir sind es eher Sachen die ich nicht will: Cutting. Branding, Piercing oder Tattoos zum Beispiel. Ohrfeigen stehen auf meiner Grenzenliste, einfach, weil ich mir Sorgen mache, das meine Psyche da verückt spielen würde. Kommt aus der Kindheit.

      Grundsätzlich kann man ja durchaus seine Listen gemeinsam "überarbeiten"...Gilt das noch? Oder siehst du das inzwischen anders?
      Du spielst auf mir mit Meisterhand. Sämtliche Saiten berührst du auf dem Instrument meiner Seele und bringst ein Lied hervor, das alles bewegt und alles verzaubert!




      Irina Rauthmann, deutsche Aphoristikerin und Lyrikerin

      Wingardium schrieb:

      Aber etwas wählen, weil es mir "einfach nur nicht gefällt" finde ich schade.
      Das ist so grundsätzlich, wobei ich im konkret von Dir angesprochen Fall, das "Ignorieren eines Menschen durch den Partner", nicht sicher bin, ob das "Nichtgefallen" möglicherweise identisch sein könnte mit "weil es ernsthaft das Vertrauen in die Beziehung beschädigen könnte". Und Letzteres sollte grundsätzlich und selbstverständlich ausgeschlossen sein.

      Wingardium schrieb:

      Vielleicht ist es bei ihr ja auch so.

      Es gibt also durchaus andere "Übersetzungen" für "gefällt mir nicht", als die wörtliche.


      DerekReign schrieb:

      schlicht inakzeptabel. Quasi "on-demand-Tabus", um in der eigenen Komfortzone zu bleiben
      Nun, das genannte Motiv ist allein natürlich noch keine plausible Erklärung. Die Frage, welche sich stellt ist aber: stimmt die Interpretation des Motivs zur Handlung? Vorliegend scheint zumindest noch geklärt zu sein, was das "Nichtgefallen" tatsächlich ist. Den gleichen Effekt ("on-demand-Tabu") könnte man im Übrigen auch in jedes ausgesprochene Safeword reininterpretieren.

      Bei einem von sub erzwungenen Unterlassen - hier liegt doch regelmäßig der Entzug der Einvernehmlichkeit vor - stellt sich doch primär die Frage nach dem Motiv und dessen Begründung. Und beides schuldet natürlich sub. Daher gilt es mE seitens Dom zunächst tolerant und grds. vorurteilsfrei zu bleiben um eine Plattform für ehrliche Erklärungen zu gewährleisten. Sollten diese sich dann als unbegründete Beliebigkeit dadurch belegen, dass mangelnde oder widersprüchliche Argumente angeführt, systematische Wiederholungstaten erkennbar oder am Ende ein Geständnis der Art "keinen Bock" abgegeben werden, dann wäre das jeweilige natürlich geeignet, Gegenstand der Überlegungen zur weiteren individuellen "BDSM-Beziehungspädagogik" zu werden.

      DerekReign schrieb:

      bereits "topping from the bottom"
      Dem würde ich zustimmen, vorausgesetzt, das Verhalten entpuppt sich tatsächlich als unbegründetes Belieben oder gar als manipulative Systematik. Den Terminus selbst würde ich aber vornehmlich so verstehen, dass ein konkretes Verhalten, ein Tun des Aktiven bewusst von sub provoziert wird. Zum (erzwungenen) Unterlassen hingegen: siehe oben.

      Schönen Sonntag Euch allen

      HvR

      Wingardium schrieb:

      Meine Freundin mag es z.B. nicht, wenn ihr Herr sie ignoriert. Prompt wurde das zu ihrem Tabu. So etwas finde ich sehr schade, weil meine Definition von Tabu halt ist "geht nicht, würde mich zerstören" wie @Louise es beschrieben hat.
      Aber etwas wählen, weil es mir "einfach nur nicht gefällt" finde ich schade.
      Das ist für mich persönlich eine etwas fragwürdige Definition, was ein Tabu sein darf. Zwischen "würde mich zerstören" und "gefällt mir einfach nicht" liegen Welten.
      Ein Tabu ist etwas, an dem nicht gerüttelt werden darf, außer der, dessen Tabu es ist, möchte sich rantasten. Mir reicht es, wenn mein Partner glaubwürdig erklärt, etwas ist Tabu für ihn. Erklärt er warum, ist es gut, aber das muss nicht sein. Vertrauenssache.
      Grenze heißt: bis hierher und nicht weiter. Einstweilen. An diese Grenze kann ich. Und werde die Reaktionen meines Partner sorgfältig beobachten. Ob und wann sie sich verschieben lassen.

      LadySarah schrieb:


      Das ist für mich persönlich eine etwas fragwürdige Definition, was ein Tabu sein darf. Zwischen "würde mich zerstören" und "gefällt mir einfach nicht" liegen Welten.Ein Tabu ist etwas, an dem nicht gerüttelt werden darf, außer der, dessen Tabu es ist, möchte sich rantasten.
      Wir entwickeln seit etwa einem halben Jahr aus einer langen Beziehung heraus unser BDSM. Auf ihrer Tabu Liste stand zu Beginn sehr viel und auch jetzt noch. Aus diversen Gründen.
      Eines dieser Tabus war das Hauen/Schlagen/Spanken oder wie man es nun nennen möchte.
      Nach vielen Gesprächen und auch mal Andeutungen ist dieses Tabu vor kurzem gefallen. Sie hat ihr Go gegeben. Seit dem haben Flogger, Paddle und Rohrstock Einzug erhalten und so tasten wir uns nun an die Sache heran. Denn wo dabei ihre und meine Grenze liegt, das wissen wir noch gar nicht. Das werden wir nur durch ausprobieren und Kommunikation heraus finden, auch mit „On-Demand“ Kommunikation (wie @DerekReign es so schön genannt hat).

      Ein Tabu kann also unumstößlich sein, muss es aber nicht unbedingt.
      Am Ende muss ich sagen können: "I did it my way."