Die langsame Entfaltung des Sadismus

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      Die langsame Entfaltung des Sadismus

      Eine gute Freundin von mir bezeichnet sich selbst einmal nicht unbedingt als Masochistin, und doch ist Schmerz ein wesentlicher Bestandteil ihres submissiven Daseins und dessen, was sie braucht. Mit ihr hatte ich viele schöne und auch lange Gespräche, über D/s und SM. In diesen Gesprächen wurde mir nach und nach immer mehr bewusst, was es heißt, als dominanter Mann die Verantwortung über eine, in ihrem tiefsten Kern submissive Frau zu übernehmen. Aber zu diesem Thema später eventuell einmal mehr.
      Hier in diesem Post geht es mir vor allem um die Seite des Sadisten. Und warum er, meiner bescheidenen Meinung nach, oftmals jemand ist, der sehr viel empathischer ist, als man gemeinhin denkt. Auch dies ist mir in den oben erwähnten Gesprächen klar geworden und hat mir – auch wenn ich bereits seit einigen Jahren mit diesem Kink unterwegs bin – noch einmal etwas mehr über mich selbst klargemacht.

      Sadisten wissen, dass es ihnen gefällt anderen weh zu tun, oder besser gesagt Schmerzen zuzufügen. Sie leben von den so erzeugten Reaktionen beim Gegenüber, aber auch dem Wissen, dass im Aushalten des Schmerzes sehr viel Lust liegt.
      Ich habe über die Jahre ein paar Sadisten kennengelernt und mich auch mit einigen von Ihnen länger unterhalten. Ihren Weg dorthin und auch ihr „Coming out“ vor sich selbst.

      Für die meisten brauchte es Zeit, um zu damit klarzukommen. Genau so wie bei vielen Subs ebenso Zeit braucht, um zu begreifen, dass ihre Phantasien nichts sind, womit sie alleine dastehen. Und selbst, wenn Du akzeptiert hast, dass Du dieses Verlangen hast…, dass es Dich anmacht jemandem Schmerzen zuzufügen, ist es nicht so einfach, Vertrauen mit einer neuen Person aufzubauen. Dieser Person zu zeigen, dass man sich um sie sorgt und dennoch ihre Qualen genießt…, das braucht Zeit. Ich glaube, dass nur wenige so viel Zurückhaltung üben, wie Sadisten.

      Das bedeutet m.E. aber auch, dass Sadisten mit tiefem emotionalem Bewusstsein große emotionale Risiken mit ihren Partnern eingehen. Dies führt dann zu einem Verhalten, dass eine Freundin ganz liebenswert „die langsame Entfaltung des Sadismus“ nennt.
      Sadisten tendieren dazu, langsamer in eine neue Beziehung zu starten als andere dominante Männer. Sie verursachen nicht gleich jede Menge Schmerz. Nein, sie testen es langsam aus und gehen dann auch noch mal einen Schritt zurück. Ein Aufflackern von Qual und dann wieder zurück zu sanft und lieb. Dann treiben sie es ein bisschen weiter, nur um dann wieder zurückzuweichen. (Manche ungeduldige Sub verurteilen interpretieren das gern schnell als zu weich oder „der ist ja gar nicht…!“)
      Mit der Zeit erzeugen Sadisten so einen sicheren Raum für ihre Sub – eine sichere Umgebung, in der sich die Sub ihren Qualen hingeben und nach Herzenslust leiden, sich wieder erden kann. So verdienen sie sich das Vertrauen ihrer Sub und zeigen, dass sie Kontrolle über sich und die Situation haben, und so auch Grenzen erforschen und respektieren.

      Zur gleichen Zeit erzeugen sie somit Gelegenheiten für ihre Sub, damit sie sich ebenso sein Vertrauen verdienen können. Vertrauen, das auch ein Sadist benötigt – Vertrauen, dass er nicht zurückgewiesen wird und dass alles in beiderseitigem Einverständnis erfolgt. Sadisten brauchen diese Rückversicherung. Hat sie das ausgehalten, weil sie dazu eine Verpflichtung hat? Oder wollte sie es? Bedeutet es ihr etwas?
      Sadisten brauchen das Gefühl…, das Wissen, dass es diese besondere Verbindung zwischen ihm und ihr über den Schmerz gibt. Sie müssen wissen, dass es sie anmacht. Sie müssen wissen, ob sie mehr braucht.

      Und dann diese Momente, die Masochistinnen so lieben! Sie lieben dieses Aufglühen der Lust in den Augen ihres Sadisten, bevor er ihnen diesen süßen Schmerz zufügt. Sie lieben sein teuflisches Grinsen, aber auch das selige Lächeln, wenn er dann mit seinen Fingern über die Quaddeln auf ihrem Po fährt. Sadisten brauchen die Ehrlichkeit, das Wissen über die Limits. Erst dann dient dieses (be-)Dienen seiner Lust durch Schmerz auch seinen Zweck.

      Und ich liebe diesen Moment, wenn ich ihr tief in die Augen schaue und ihr sage, dass ich ihr die Tränen aus dem Gesicht lecke, während ich sie zum Schreien und Fluchen bringe. Und dann tut sie es. In diesem Moment weiß ich, dass sie mich hereingelassen hat…, dass sie mir ein Vertrauen geschenkt hat, dass nur wenige Menschen je zu Gesicht bekommen werden…, den Blick bis an den Grund ihrer Seele.

      Das ist so ein wundervolles Gefühl und es ist jede Minute wert, um genau dorthin zu kommen.
      Existence could not resist the temptation of creating me
      Sehr schön beschrieben!

      Ich als Masochistin, hatte schon immer gr0ßen Respekt vor Sadisten.
      Weil ich denke, das es eine Gratwanderung ist.

      Existentmale schrieb:

      Erst dann dient dieses (be-)Dienen seiner Lust durch Schmerz auch seinen Zweck.
      Und genau das macht das Zusammenspiel von Masochistinnen und Sadisten aus.
      Es geht nicht ums "Ertragen", sondern um Hingabe.
      Und wenn der Sadist das erkennt, macht es ihn glücklich.
      Ich bin ich. Manchmal auch wir.
      Vielen herzlichen Dank für den Text! - Meinen Sadismus hab ich erst vor kurzem entdeckt und gerade finde ich mich in deinen Worten einfach wieder... Ein paar quälende Gedanken konnten sich somit lösen, ich bin anscheinend doch auf dem richtigen Weg =)
      - Flauschige Grüße von Fuchsherz
      P.S. Umarmung gefällig? Egal ob wegen schlechter Laune oder einfach so - bedient euch! *Topf mit Umarmungen hinstellt*