Aus Rücksicht belogen worden

Das ist gerade alles noch sehr frisch, euer klärendes Gespräch war erst gestern, richtig? Das merkt man dem, was du schreibst, sehr deutlich an - du willst es im Grunde noch gar nicht wahrhaben, egal, wie detailliert du es beschreibst. Eigentlich willst du noch immer glauben, dass er einen nachvollziehbaren Grund für sein Verhalten - seine wiederholten Lügen - hatte, und dass ihr das, nachdem ihr jetzt darüber geredet habt, hinter euch lassen könnt. Es liegt aber nicht hinter euch, sondern umgibt euch, durchzieht eure gesamte Beziehung. Wie du selbst geschrieben hast: Es gab keinen äußeren Druck, unter dem er gelogen hat, sondern er hat es aus freien Stücken wieder und wieder getan, selbst nachdem er schon gesagt hatte, er bereue es, die drei Worte ausgesprochen zu haben. Um dich zu manipulieren, dich zu binden, warum auch immer, aber Fakt bleibt, dass seine Liebesbekundungen gelogen waren.

Und wenn du ehrlich zu dir bist, weißt du, dass das nicht die einzigen Lügen waren, oder? Er schreibt dir, er brauche dich, du seist "alles" für ihn? Obwohl er eine Freundin hat, die er mehr liebt als dich, obwohl er genau weiß, dass er keine Beziehung mit dir will und seine Gefühle nicht tief genug sind? Der Mann hat keine Hemmungen, dir das zu sagen, von dem er denkt, dass du es hören willst, völlig unabhängig davon, ob es der Wahrheit entspricht.

Es tut mir leid, das so hart zu sagen, aber guck dir doch noch mal an, was du selbst geschrieben hast: Er hat mehrfach in euren Gesprächen erst Dinge gesagt und sie danach - nach 10 Minuten oder ein paar Stunden - wieder zurückgenommen. Erst die Sache mit der angeblichen Trennungsabsicht, und gestern beteuert er erst noch, dass er es aber wirklich ganz ehrlich so gemeint habe, als er gesagt hat, dass er dich liebt, und am selben Abend sagt er dir dann, dass es gelogen war?! Du kannst bei ihm doch überhaupt nicht mehr wissen, woran du bist, kannst dich auf nichts verlassen, was er sagt. Wie soll das der Anfang von etwas Besserem sein?

Was @his_Alice zur eigentlichen Bedeutung von "Ich will dich nicht verletzen" geschrieben hat, würde ich unterschreiben bzw. noch einen Schritt weitergehen und sagen, oft bedeutet es "Ich will nicht mit den Konsequenzen leben müssen, die die Wahrheit eventuell hätte", also nicht nur, dass er dein Verletztsein nicht aushalten will, sondern dass er vermeiden wollte, dass du Stress machst oder ihn womöglich verlässt.

Ich würde dir raten, jetzt noch nichts zu entscheiden, sondern das Ganze etwas sacken zu lassen. Nicht nur der Trauer Raum zu geben, sondern auch der berechtigten(!) Wut.
Und weil das in deiner Beschreibung so ein bisschen durchklang: Er ist mit Sicherheit nicht der einzige Dom, mit dem du deine Neigung ausleben kannst.

Stille Wasser schrieb:

Mein Entschluss steht fest: Wenn er mich weiterhin möchte, will ich ihn auch. Ich kann mit vielem leben, aber ich möchte absolute Ehrlichkeit. Egal wann, wo, warum, ich will nicht mehr angelogen werden. Meint ihr, das ist zu viel verlangt? Ich möchte die Wahrheit, und zwar gleich und nicht erst wenn ich danach frage.Ich möchte nicht andauernd alles infrage stellen müssen, was er mir sagt. Wenn er mir was sagt, möchte ich es glauben können.
Ist das nachvollziehbar?

Ich kann das sehr, sehr gut nachvollziehen. Nur glaube ich inzwischen: die Erwartung, absolute Ehrlichkeit zu bekommen, ist unrealistisch.

Bei uns bin ich die betrogene Frau. Mein Mann führt seit Jahren eine Zweitbeziehung (am Arbeitsort). Sie wusste von Anfang an Bescheid. Ich nicht. Weil er mich "nicht verletzen wollte". Aber das ist Quatsch. Er hatte eher Angst vor meiner Reaktion. Und hat mir dadurch Jahre "gestohlen". Aber auch ich bin schuld, weil ich trotz Ahnung (des Betrugs, nicht der Beziehung) zu lange geschwiegen habe. Nur habe ich, als ich eindeutige Beweise hatte, anders als gedacht reagiert. Die Beziehung nicht beendet, sondern mir das gleiches Recht herausgenommen. Damit kann er nun gar nicht umgehen (dazu noch meine Neigungen). Ehrlichkeit bekomme ich von ihm aber immer noch nicht. Er versucht sich mit Lügen, Verschweigen und Angriffen zu schützen. So unangenehm die Wahrheit manchmal auch sein kann, ich würde mir das wünschen. Aber so geht er den Weg des geringsten Widerstandes (denkt er) und er verdrängt, was er nicht hören will.

Na ja, das ist jetzt aber seeehr großzügig interpretiert. Nach dem, was @Stille Wasser geschrieben hat, hat er ja nicht mal versucht, seine widersprüchlichen Aussagen mit "Gefühlschaos" oder dass er sie beide lieben würde, zu begründen, sondern er selbst hat gesagt, dass es gelogen gewesen sei, als er gesagt hat, er würde sie lieben, das hat ihm also niemand unterstellt.

Und er hat es eben NICHT (nur) als Antwort auf ein "Ich liebe dich" von @Stille Wasser gesagt, sondern erstens als Erster und zweitens wiederholt von sich aus, die Entschuldigung zieht also nicht.

Du möchtest das er ehrlich zu dir ist? Es ist deine Entscheidung! Sag ihm ganz klar, dass dir Ehrlichkeit wichtig ist und das du ansonsten keine Beziehung mit ihm führen möchtest (wenn es so ist!). So lange du da nicht klar bist, wird er dich weiter belügen, weil er es kann (was ich gar nicht verurteilen möchte). Er belügt dich, ja, aber du nimmst es hin. Es ist deine Verantwortung, die richtigen Schlüsse für dich zu ziehen. Das kann durchaus sein, dass du trotzdem bei ihm bleibst. Wenn du damit glücklich bist: super. Du kannst dich dafür entscheiden, mit ihm zusammen zu sein, obwohl er nicht aufrichtig ist. Es ist allein deine Entscheidung, treffe sie bewusst und übernehme die Verantwortung dafür. Bei ihm für deine Enttäuschung die Schuld zu suchen, bringt dich nicht weiter.

Du wusstest spätestens im Dezember, dass er sein „Ich liebe dich“ nicht ernst gemeint hat. Jetzt bist du enttäuscht, weil die Male danach auch nicht ehrlich waren. Er sagt dir, dass er keine „richtige Beziehung“ mit dir führen will, trotzdem hegst du die Hoffnung, dass es anders ist oder zumindest wird. Vielleicht versuchst du dir mal zu beantworten, warum du seine Aussagen nicht für voll nimmst und wo du dich selbst belügst?

Du hast geschrieben, dass er dir viele schöne Dinge geschrieben hat, und du das Gefühl hattest, etwas Besonderes zu sein und jetzt aber alles in Frage stellst. Ob das jetzt ehrlich von ihm war oder nicht: du bist auf jeden Fall etwas Besonderes, ganz egal ob dir das jemand sagt oder nicht. Erlaube dir selbst, etwas Besonderes zu sein, erlaube dir, die Beziehung zu ihm als etwas Schönes zu sehen. Es ist dein Leben und du allein entscheidest, was für dich schön und besonders ist. Es gibt deine Wahrheit und seine. Sie müssen nicht übereinstimmen, damit deine Wahrheit richtig ist. Aber sei ehrlich zu dir selbst: was ist schön und was nimmst du hin, weil du denkst, mehr geht nicht?

Was bist du dir wert? Was wäre deine Idealvorstellung, wie hättest du es gern, wenn du dir alles wünschen könntest? Da sollte dann deine Messlatte liegen sei dir selbst so wichtig, deine Vorstellungen zu leben. Niemand anders ist für dein Glück verantwortlich.

Ich finde es übrigens gar nicht bekloppt (deine Worte ), weiterhin mit ihm zusammen zu sein. Es ist gerade das, was du in deinem Leben haben möchtest und das hat niemand zu beurteilen, außer du selbst.

Ich wünsche dir eine schöne Zeit

Manche Männer sagen "ich liebe dich" recht automatisch. Ein Moment der Verbundenheit und diese Worte sprudeln einfach heraus.
Etwas Mein Ex- und *ein bisschen wieder*-Sub ist auch so ein Mensch. Der sagte es schon nach dem zweiten Treffen. Ich fuhr ihm über den Mund und sagte ihm, er solle sich diese Worte aufsparen, bis er sie wirklich ernst meint. Tat er natürlich nicht. Seinen Wunsch, eine tiefergehende Beziehung einzugehen, schätze ich als mässig vorhanden sein. Was ja auch der Grund für die Trennung war. Und trotzdem sagt oder schreibt er öfters, dass er mich liebt. Ich nehme es nicht ernst.
Und ich vermute, dass dein Meister genauso ein Mensch ist. Ihm werden wohl diese drei Worte zu gedankenlos über die Lippen kommen. Und er bedenkt nicht, dass das für andere eine tiefergehende Bedeutung hat. Etwas auslösen kann.
Wenn der Rest für dich passt, schalte deine Ohren und vor allem deine Gefühle für diese Worte auf Durchzug. Ist besser.

Ich weiß nicht, was du dir jetzt hier für einen Rat erhoffst. Du sagst, du möchtest die Affäre mit ihm nicht beenden. Das ist deine Entscheidung und die Sache ist damit doch eigentlich beendet?

Du sagst einerseits, die Erkenntnis über seine Unehrlichkeit habe dir den Boden unter den Füßen weggezogen, sagst aber andererseits, dass du es, mit der Begründung er wollte deine Gefühle nicht verletzen, nachvollziehen kannst. Dann erwartest du wiederum absolute Ehrlichkeit, von jemandem, der ( meiner Meinung nach ) aufgrund der Tatsache, dass er betrügt, ohnehin schon keinen ehrlichen Charakter aufweist. Kann ich persönlich alles nicht nachvollziehen. ,,Aus Rücksicht" belogen zu werden, stellt für mich zudem keinen Unterscheid zum einfachen belogen werden dar. Ich mag keine Lügen, egal, welcher Intention diese folgen.

Du sagst, du wirst mit deiner Enttäuschung klarkommen, und möchtest also bei ihm bleiben. Das ist doch dann jetzt die Endsituation, die du anstrebst, oder nicht? Was möchtest du also hören? Ich persönlich hätte mich nicht in solch eine Situation begeben, da ich Untreue als ziemlich abstoßend empfinde und folglich wenig Lust hätte, mit jemandem, der fremdgeht, irgendeine Art ( sogar lediglich Freundschaft ) von Beziehung einzugehen. Aber ich habe da eben sehr feste Werte und es geht hier ja um dich, und für dich stellt dies ja keinerlei Problem dar.
Und, was die Gefühle und die jetzige Situation betrifft, wenn es dir nicht schlecht damit geht, dann bleibe eben bei ihm, da du dies ja möchtest. Wenn es dich doch runterzieht und die Situation, für dich, zu sehr verändert, solltest du deinen Selbstwert erkennen, und das Ganze beenden.