Missbrauch oder nicht?

      Ui, was habe ich denn da jetzt angerichtet. :D Da habe ich etwas ganz durcheinander gebracht.

      Ich fange nochmal bei meiner Definition von Missbrauch an:
      Es ist ein Missbrauch bzw. Fehlgebrauch oder "falscher"/"schlechter" Gebrauch einer Person, wenn man versucht das Verhalten einer anderen Person zu kontrollieren, um seine Bedürfnisse zu erfüllen, ohne auf die Bedürfnisse der anderen Person zu achten und dies ohne ihrer Zustimmung passiert. (Man "gebraucht" den anderen also für seine eigenen Zwecke, ohne Rücksicht zu nehmen.)

      Analog ist es ein "guter"/"richtiger" Gebrauch einer Person, wenn man entweder
      • versucht das Verhalten einer anderen Person zu kontrollieren, um seine Bedürfnisse zu erfüllen, ohne auf die Bedürfnisse der anderen Person zu achten und dies mit ihrer Zustimmung passiert. Oder:
      • wenn man nicht versucht das Verhalten einer anderen Person zu kontrollieren, sondern darum bemüht ist zusammen die Bedürfnisse aller Beteiligten zu erfüllen.

      Zusätzlich möchte ich noch zwischen einer zweiten Art von Missbrauch unterscheiden:
      Es ist ein Missbrauch, wenn der Schweregrad oder die Häufigkeit des oben genannten "Fehlgebrauchs" ein Maß überschreitet, ab dem der angerichtete psychologische Schaden zu groß wird. (Was dabei "zu groß" ist, muss jeder für sich selber entscheiden.)

      Um diese zweite Definition von der ersten abzugrenzen, nenne ich den oben genannten "Fehlgebrauch" mal eine Grenzüberschreitung. Mit "Missbrauch" meine ich jetzt nur noch die zweite Definition.

      Mir ist nach euren Antworten auf meinen letzten Beitrag aufgefallen, wie einfach und unbewusst ich in meinem Kopf zwischen diesen beiden Definitionen hin und her gesprungen bin, ohne mir dessen überhaupt bewusst zu sein. (Yay, wieder was über mich gelernt! ^^ ) Und das hat natürlich zu vielen Missverständnissen geführt. Zusätzlich hat da der Philosoph in mir zu viel Freude am Diskutieren gehabt und dadurch die Praktische Seite der Geschichte vernachlässigt. Das möchte ich nochmal nachholen:

      Diese oben genannten Grenzüberschreitungen passieren ständig in unserem Alltag. Und jedes mal senden wir damit eine Botschaft: "Deine Bedürfnisse sind unwichtig." bzw. "Dein Wohlergehen ist mir (im Moment) egal."

      Das ist aber nicht zwingend ein Problem. Jede Person und Beziehung verkraftet ja einige Grenzüberschreitungen ohne sofort auseinander zu brechen. Es dürfen bloß nicht zu viele werden. Aber solange wir uns nicht bewusst darüber sind, dass wir im Alltag viele kleine Grenzüberschreitungen begehen, können wir auch schwer einschätzen, wann es zu viele werden und daraus Missbrauch wird. Das wollte ich einfach mal bewusst machen, damit wir Missbrauch gar nicht erst aufkommen lassen.

      Für mich nehme ich auf jeden Fall mit, dass mein "zu viel" an Grenzüberschreitungen wohl ein bisschen niedriger liegt als das von vielen anderen. Außerdem werde ich auf jeden Fall darauf achten, Grenzüberschreitungen nicht mehr als Missbrauch zu bezeichnen (auch, wenn es auf Meta-Ebene einen "Fehlgebrauch" darstellt), damit ich nicht unbewusst zwischen beiden Konzepten hin und her springe und Missverständnisse und Unbehagen auslöse.

      Danke, dass ihr mir dabei geholfen habt, meine Gedanken zu sortieren! :thumbup:

      PS: Findet ihr Grenzüberschreitung ist ein passender Begriff dafür? Oder wie würdet ihr das nennen?

      AppreciationPrince schrieb:

      PS: Findet ihr Grenzüberschreitung ist ein passender Begriff dafür? Oder wie würdet ihr das nennen?
      Wofür? Bzw. wie würde ich was nennen?
      Zu versuchen, jemanden zu überreden, mit mir auf eine Party zu gehen? Das ist für mich keine Grenzüberschreitung, sofern ich ein klares Nein dann auch akzeptiere. Dann nenne ich den Überredungsversuch normale zwischenmenschliche Interaktion.
      Es gibt keine Grenze, die ich für eine Pointe nicht überschreiten würde.

      ...darf man sowas in einem BDSM-Forum überhaupt sagen? Oder ist das dann auch wieder eine Grenzüberschreitung?
      Hilfe, ich bin in einer Logikspirale gefangen!

      AppreciationPrince schrieb:

      PS: Findet ihr Grenzüberschreitung ist ein passender Begriff dafür? Oder wie würdet ihr das nennen?
      Ich schließe mich D7 an, Du möchtest gerne für die Beschreibung von ganz persönlichen Grenzen einen allgemein gültigen Begriff definieren, das scheitert meiner Meinung nach daran, dass das viel zu individuell ist.

      So als Denkanstoss für Deine Suche nach einem passenden Begriff, zur Grenzüberschreitung gehört auch eine klare Ziehung der Grenze des Gegenübers, nimm den Partybesuch wieder als Beispiel ... gab es da vorher eine klar definierte Grenze? Eher nicht also kann mein "komm doch mit ohne Dich ist es doof" schon keine Überschreitung sein.

      Mir verliert sich die Diskussion hier zu sehr im Theoretischen, ich hoffe ich durfte das nochmal zum Ausdruck bringen :saint:
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      Evelyn Beatrice Hall

      AppreciationPrince schrieb:

      @Dominantseptakkord
      Was ich meinte war: Wie würdest du es nennen, wenn man versucht das Verhalten einer anderen Person zu kontrollieren, um seine Bedürfnisse zu erfüllen, ohne auf die Bedürfnisse der anderen Person zu achten und dies ohne ihrer Zustimmung passiert?

      Also in deinem Beispiel, wenn du ein nein nicht akzeptieren würdest.
      Das würde ich tatsächlich als (versuchte) Grenzüberschreitung bezeichnen.

      Missbrauch ist für mich deutlich gravierender und geht mit einer schwerwiegenden Bedrohung oder Verletzung der körperlichen und/ oder psychischen Unversehrtheit der missbrauchten Person einher. Daher mein Appell, den Begriff bedachtsam zu gebrauchen.
      Eine Grenzüberschreitung kann dagegen bereits wesentlich niederschwelliger stattfinden.
      "Unsere Sehnsüchte sind unsere Möglichkeiten. "
      Robert Browning
      Ohne auf einzelne Dinge dezidiert einzugehen, ist deine Betrachtung - aus meiner Sicht stark- Kopf gesteuert.
      Einige Dinge von Beziehungen im BDSM sind innerhalb der handelnden Personen von außen betrachtet, kritisch zu sehen.
      Wenn ich mir - von mir eingestellten - Bilder meiner geliebten Sub ansehe und die roten Spuren auf ihrem Arsch ansehe, kommen schnell Gedanken an zu stark , zu viel, zu lange auf.
      Ist es aber nicht. Sage nicht ich, sondern sagt sie! Sie ist übrigens stolz darauf!
      Auf eine Frage eines Forumsmitgliedes ob ihr Herr sich des Missbrauchs schuldig gemacht haben könnte, würde sie etwas irritieren!
      Ich glaube, das ich, wie fast alle hier, die Regeln und die Ansprüche des anderen sehr wohl besprochen und verinnerlicht haben. Des weiteren bin ich trotzdem auch sicher, die Grenzen auch mal überschritten zu haben.
      Aber ist das wirklich Missbrauch?
      Du kannst hier mehrere Stunden zum Thema zum Unterschied Grenzen und Tabus lesen. Einige Sachen sind manchmal nicht zu 100% zu trennen.
      Das Leben ist kein Ponyhof. Aber geritten wird trotzdem !
      Für mich ist das alles kein Missbrauch, denn der ist für mich mit Kindern/Schutzbefohlenen verbunden. (Und sorry, für jeden, der wirklichen Missbrauch erlebt hat, sind manche der Beispiele echte Lappalien!)
      Ich zitiere jetzt mal unsere Bundesregierung: "Sexueller Missbrauch an Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor Mädchen und Jungen gegen deren Willen vorgenommen wird oder der sie aufgrund körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen können. Der Täter oder die Täterin nutzt dabei seine/ihre Macht- und Autoritätsposition aus, um eigene Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen."
      Bei erwachsenen Menschen würde ich dann eher von (sexualisierter) Gewalt, Nötigung oder Vergewaltigung sprechen. Damit bewegen wir uns aber nicht spezifisch im BDSM. Dort sind viel mehr Absprachen, Tabus und Grenzen üblich. Und so lange gegenseitiger Konsens besteht, würde ich es nie als Gewalt o.ä. definieren. Aber wie in jedem Lebensbereich gibt es auch im BDSM toxische Beziehungen. Deswegen würde ich weder im richtigen Leben und schon gar nicht in einem Forum jemanden in so einer Situation auf Missbrauch ansprechen. Sondern denjenigen (vorsichtig) fragen, ob er in der Beziehung glücklich ist oder ob der Beziehungspartner eventuell nicht passend ist.
      Those who don´t jump will never fly.

      Majasdom schrieb:

      Ohne auf einzelne Dinge dezidiert einzugehen, ist deine Betrachtung - aus meiner Sicht stark- Kopf gesteuert.
      Da stimme ich dir zu. Das soll an der Stelle ja auch sein.

      Nicht alles was sich gut anfühlt ist immer unproblematisch und nicht alles was sich schlecht anfühlt ist problematisch. Da finde ich, dass ein durchdachtes theoretisches Modell einen zusätzlichen Schutz bietet um unsere Gefühle zu überprüfen. Und da bietet sich ein Forum ja geradezu an um Sichtweisen auszutauschen und weiter zu entwickeln.

      Über meine Gefühle rede ich dann lieber irl oder in einem anderen Thread.

      bluehorse69 schrieb:

      Und sorry, für jeden, der wirklichen Missbrauch erlebt hat, sind manche der Beispiele echte Lappalien!
      Ich wäre vorsichtig, das so zu verallgemeinern und Behauptungen darüber aufzustellen, wie schlimm bestimmte Dinge für andere sind. Jeder empfindet anders.

      AppreciationPrince schrieb:

      Da finde ich, dass ein durchdachtes theoretisches Modell einen zusätzlichen Schutz bietet um unsere Gefühle zu überprüfen.
      Du bleibst immer wieder an der Theorie hängen aber grau ist alle Theorie wenn sie sich in der Praxis als schlecht umsetzbar erweist.
      Ich habe heute morgen das Stehen im Stau dazu genutzt mal Deine theoretische Rangehensweise gedanklich praktisch umzusetzen, nein, da wäre ich deutlich mehr mit Theorie als mit leben beschäftigt und würde sowohl emotional als auch sprachlich ständig stolpern.

      AppreciationPrince schrieb:

      Ich wäre vorsichtig, das so zu verallgemeinern und Behauptungen darüber aufzustellen, wie schlimm bestimmte Dinge für andere sind. Jeder empfindet anders.
      Und ich sage mal vorsichtig, Du kennst die Menschen und ihre ureigenen Erlebnisse hier nicht .... ;)
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      Evelyn Beatrice Hall

      Hera schrieb:

      Und ich sage mal vorsichtig, Du kennst die Menschen und ihre ureigenen Erlebnisse hier nicht .... ;)
      Genau! Und deshalb finde ich es problematisch diese Erlebnisse zu verallgemeinern indem man sagt "für jeden, der wirklichen Missbrauch erlebt hat, sind manche der Beispiele echte Lappalien!". Das Entwertet die Erfahrung derjenigen, die es nicht als Lappalie wahrnehmen.

      AppreciationPrince schrieb:

      Genau! Und deshalb finde ich es problematisch diese Erlebnisse zu verallgemeinern indem man sagt "für jeden, der wirklichen Missbrauch erlebt hat, sind manche der Beispiele echte Lappalien!". Das Entwertet die Erfahrung derjenigen, die es nicht als Lappalie wahrnehmen.
      Ich bin ja ein Kind direkter Worte ;) darf ich mal fragen worum es Dir bei all dem konkret geht?
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      Evelyn Beatrice Hall

      AppreciationPrince schrieb:

      Dass mir hier die Validität meiner eigenen Missbrauchserfahrung nicht abgestritten wird. Das empfinde ich als extrem unangenehm. Und ich möchte auch nicht, dass das anderen passiert.
      Ok, jetzt wird langsam ein Schuh draus und ich habe eine Ahnung warum Dir die der theoretische Aspekt hier so wichtig ist.

      Vielleicht sollte man aber auch nicht vergessen, dass sowohl der Sprachgebrauch als auch die Empfindungen, die mit Wörtern verknüpft sind sehr individuell sind. Es führt jetzt hier im Thread sicher zu weit aber Verständnis hat nicht nur etwas mit verstehen von einzelnen Begriffen zu tun sondern auch mit dem Verständnis für das was gesagt werden möchte. Sender-Empfänger ...

      Aber das führt jetzt sicher zu weit, also sorry für ein bisschen OT
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      Evelyn Beatrice Hall
      Dann hat das Kind jetzt also einen Namen. Und dass du eine Missbrauchserfahrung machen musstest, @AppreciationPrince, tut mir aufrichtig leid. Ich glaube allerdings nicht, dass jemand die Validität deiner eigenen Erfahrungen abstreitet. Das kannst du außerdem nur für dich selbst bestimmen! Niemand kann von außen beurteilen, wie sich eine Situation für jemanden ANFÜHLT oder ANGEFÜHLT HAT, wie schlimm eine Situation ist oder war, welche Folgen das für denjenigen hat. Ich kann für dich nur hoffen, dass du einen Weg gefunden hast, damit umzugehen. Und wenn du diesen Weg noch nicht gefunden hast, wünsche ich dir viel Kraft dazu.

      helen85 schrieb:

      Ich glaube allerdings nicht, dass jemand die Validität deiner eigenen Erfahrungen abstreitet. ... Niemand kann von außen beurteilen, wie sich eine Situation für jemanden ANFÜHLT oder ANGEFÜHLT HAT, wie schlimm eine Situation ist oder war ...
      Und genau das wird aber gemacht, wenn man behauptet, dass es "für jeden eine Lappalie" sei. Das ist halt eine Behauptung, dass eine alternative Erfahrung nicht möglich sei. Es ist die Behauptung, dass auch meine Erfahrung eine Lappalie war. Und das war sie eben nicht.

      Ich unterstelle @bluehorse69 da keine Böswilligkeit. Aber ich möchte darauf hinweisen wie problematisch solche verallgemeinernden Behauptungen sein können.

      AppreciationPrince schrieb:

      Dass mir hier die Validität meiner eigenen Missbrauchserfahrung nicht abgestritten wird. Das empfinde ich als extrem unangenehm. Und ich möchte auch nicht, dass das anderen passiert.
      Wer streitet dir deine Erfahrungen ab? Du hattest bisher nichts über deine Erfahrungen geschrieben. Das tut mir leid, wenn dir schlimme Dinge passiert sind (und damit bist du hier nicht alleine). Aber aus deinen eigenen Erfahrungen heraus kannst du solche Dinge - gerade im BDSM - nicht verallgemeinern. Was für dich schlimm ist, ist für andere ein Spiel im Konsens. Eine Beurteilung kann nur jeder für sich selbst vornehmen. Deswegen wäre ich immer vorsichtig, dabei bei anderen Menschen Missbrauch zu unterstellen. Vor allem in einem Forum, solange man die Person persönlich nicht kennt.
      Those who don´t jump will never fly.

      bluehorse69 schrieb:

      Für mich ist das alles kein Missbrauch, denn der ist für mich mit Kindern/Schutzbefohlenen verbunden. (Und sorry, für jeden, der wirklichen Missbrauch erlebt hat, sind manche der Beispiele echte Lappalien!)
      Ich zitiere jetzt mal unsere Bundesregierung: "Sexueller Missbrauch an Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor Mädchen und Jungen gegen deren Willen vorgenommen wird oder der sie aufgrund körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen können. Der Täter oder die Täterin nutzt dabei seine/ihre Macht- und Autoritätsposition aus, um eigene Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen."
      Bei erwachsenen Menschen würde ich dann eher von (sexualisierter) Gewalt, Nötigung oder Vergewaltigung sprechen. Damit bewegen wir uns aber nicht spezifisch im BDSM. Dort sind viel mehr Absprachen, Tabus und Grenzen üblich. Und so lange gegenseitiger Konsens besteht, würde ich es nie als Gewalt o.ä. definieren. Aber wie in jedem Lebensbereich gibt es auch im BDSM toxische Beziehungen. Deswegen würde ich weder im richtigen Leben und schon gar nicht in einem Forum jemanden in so einer Situation auf Missbrauch ansprechen. Sondern denjenigen (vorsichtig) fragen, ob er in der Beziehung glücklich ist oder ob der Beziehungspartner eventuell nicht passend ist.
      Lieber @AppreciationPrince, ich verstehe, dass die Diskussion dich als Betroffenen triggert, das tut sie mit mir auch. Allerdings glaube ich (@'bluehorse69', korrigier mich da bitte, falls ich falsch liege!) dass ihr beide eine völlig andere Definition von "Missbrauch" habt. Das macht sie meiner Meinung nach deutlich, indem sie sagt, das "Missbrauch" für sie das ist, was das Gesetz als solchen bezeichnet, nämlich den Missbrauch von Kindern bzw. Schutzbefohlenen. Und da stimme ich ihr zu, ein "Missbrauch" in der Form, dass ich jemanden dazu nötige, mich zu einer Party zu begleiten, steht auf keinen Fall auf einer Stufe mit z.B. eine(m/r) Elternteil/ Sporttrainer*in/ Pastor*in/ Priester/ Lehrer*in/ *wasweißichwer*, der oder die ein Kind missbraucht. Eigene Erfahrungen hin oder her. Das IST schlimmer. Das ist gesellschaftlicher Konsens, der so im StGB niedergeschrieben ist. Das halte ich nicht für einen Angriff auf dich oder die Validität deiner Erfahrungen. Höchstens vielleicht für eine unglückliche Formulierung aufgrund völlig anderer Vorstellungen, was "wirklicher Missbrauch" ist. Und für den Kontext, in dem das "jeden" fiel, habe ich den vollständigen Post von @bluehorse69 oben zitiert...
      Um ehrlich zu sein, verstehe ich die Antworten hier nicht mehr. Vergleiche:

      Primrose schrieb:

      Woher nehme ich mir das Recht zu beurteilen, wie es dem anderen geht?

      Shayleigh schrieb:

      Es gehört sich nicht, Menschen zu erzählen, wie sie sich zu fühlen haben.

      AppreciationPrince schrieb:

      Ich wäre vorsichtig, das so zu verallgemeinern und Behauptungen darüber aufzustellen, wie schlimm bestimmte Dinge für andere sind. Jeder empfindet anders.

      Warum wird denn meine Aussage abgetan, während Primrose und Shayleigh für die selbe Aussage mit likes überhäuft werden? Was passiert denn hier gerade? ?(

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von AppreciationPrince () aus folgendem Grund: typo

      helen85 schrieb:

      Lieber @AppreciationPrince, ich verstehe, dass die Diskussion dich als Betroffenen triggert, das tut sie mit mir auch. Allerdings glaube ich (@'bluehorse69', korrigier mich da bitte, falls ich falsch liege!) dass ihr beide eine völlig andere Definition von "Missbrauch" habt.
      Mich haben manche der Aussagen auch getriggert. Sehr sogar.
      Anschreien, erpressen, drohen, was auch immer, das finde ich natürlich (außerhalb des Konsens) nicht gut. Trotzdem hat es für mich (!) nichts mit Missbrauch zu tun. Ich bin erwachsen und in der Lage "Nein" zu sagen (Oder denjenigen zum Teufel zu schicken). Das war ich als Kind nicht.
      Deswegen würde ich aber nicht sagen, dass Erfahrungen, die man als Erwachsener macht, weniger schlimm sind. Trotzdem sollte man seine eigenen Erfahrungen niemandem (ungefragt) überstülpen.
      Those who don´t jump will never fly.
      es ist doch aber nicht das gleiche, etwas zu empfinden und etwas zu benennen. Ich überspitze jetzt ganz bewusst, ohne Dein Erlebnis (welches für Dich offenbar traumatischer Natur war) in irgendeiner Weise herunterspielen oder herabwürdigen zu wollen: es gibt im BDSM beispielsweise "Vergewaltigungsspiele" oder "Militaryspiele". Für jemanden, der eine reale Vergewaltigung erlebt oder beim Militär bis zum Trauma behandelt wurde, sind solche Spiele ganz sicher ein Schlag ins Gesicht. Menschen, die so etwas nicht erleben mussten, haben damit keinen persönlichen Schmerz.

      Ich offenbare hier mal was Persönliches. Ich habe in der Jugend eine traumatische Erfahrung mit Suizid machen müssen. Ich ziehe dieses Thema seither irgendwie an bzw. bin sehr sensibilisiert diesbezüglich. Jemand, der das Glück hatte, diesem Thema noch nie persönlich begegnet zu sein, spricht den Begriff und ähnliche einfach aus, ohne darüber nachzudenken. Mir persönlich versetzt es jedes Mal, wenn jemand davon spricht, einen Stich ins Herz. Trotz therapeutischer Aufarbeitung. Dennoch muss ich damit leben und kann anderen nicht die Verwendung der Begrifflichkeiten verbieten, weil es MICH triggert. Es ist in meiner Verantwortung, dafür zu sorgen (wenn ich es schaffe), damit umzugehen. Ansonsten wären wir bald alle sprachlos, weil jeder Angst haben müsste, das Gegenüber zu triggern.
      Ich bin bei dir; du seist auch noch so ferne, Du bist mir nah! Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne. O, wärst du da!
      Und Trost ist nicht, da du mein Trost gewesen; Und Rat ist nicht, da du mein Rat gewesen; Und Schutz ist nicht, da du mein Schutz gewesen; Und Liebe nicht, da ich um deinetwillen; Die Welt geliebt.
      Aber in meinem Herzen ist eine Stelle - Da blüht nichts mehr.
      [J. W. v. Goethe, M. L. Kaschnitz u. R. Huch]