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✵ 1. Advent (28.11.) ✵
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Advent, Advent
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von anonym
✵ 1. Advent (28.11.) ✵
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Advent, Advent
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von anonym
Stilvoll, ansprechend und weihnachtlich sollte das Outfit sein. Lina stand augenrollend vor ihrem Kleiderschrank und schimpfte still vor sich hin. Bzw. sie führte ein wütendes Selbstgespräch mit ihrer besten Freundin Diana, die sie in einer Stunde abholen würde, um mit ihr zu dieser unsäglichen Adventsparty zu gehen. Diana war nämlich der Meinung, dass Lina nun nach ihrer Trennung von Stefan mehrere Monate zuvor lange genug zu Hause gesessen und Trübsal geblasen hatte. Energisch hatte sie daher ihrer Freundin den Termin am 27.11., 21 Uhr, in den Kalender diktiert und mit den bereits gekauften zwei Eintrittskarten vor Linas Nase herumgewedelt. Lina wusste, wenn Diana sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war sie chancenlos. Nach mehreren lahmen Versuchen, sich Dianas Bestreben, sie aus dem Haus zu holen, zu widersetzen, hatte sie eher gequält als freudig zugestimmt.
Nun also überlegte sie, was sie anziehen sollte. Ihre Blicke glitten über ihre Kleider und Röcke, aber so richtig gefiel ihr nichts für den Anlass, zumal ihr Diana außer den drei Worten „stilvoll, ansprechend und weihnachtlich“ nichts weiter über die Party erzählt hatte und sich in geheimnisvolles Schweigen hüllte. Doch da blieb ihr Auge an einem Kleid hängen, das sie schon lange nicht mehr getragen hatte. Es war ein Kleid im Vintage-Stil der 50er-Jahre, schwarz, mit kleinen weißen Polka Dots, Herzausschnitt sowie einer Schleife aus schwarzem Satin um die Taille und einem Nackenband. Das war es.
Irgendwo musste doch auch noch der Petticoat sein… Ah ja, ganz hinten hatte er sich in ihrem Kleiderschrank versteckt. Um das Outfit perfekt zu machen, griff sie nach den hauchzarten schwarzen Nylonstrümpfen mit Naht und dem kleinen Fascinator in rot. Das war ausreichend weihnachtlich, befand Lina. Sie streifte die dünnen Strümpfe gewissenhaft über ihre wohlgeformten Beine, rückte die Naht gerade, so dass man mit einem Lineal hätte nachprüfen können, dass sie auch senkrecht verliefen. Anschließend wählte sie zu dem Outfit passende Dessous in schwarzer Spitze aus und als sie auch Petticoat und Kleid angezogen hatte, betrachtete sie sich zufrieden im Spiegel. Noch ein dezentes Make-up, ein Hauch Parfüm; ja, so war sie herzeigbar.
Als ihr Ebenbild sie aus dem Spiegel anblickte, musste sie Diana recht geben. Sie hatte sich nach der Trennung von ihrem Partner viel zu lange vergraben. Lange hatte sie getrauert, um das Ende ihrer Verbindung, die mehr gewesen war als nur eine langjährige Beziehung. Stefan war ihr Vertrauter, ihr sicherer Hafen, ihr Zufluchtsort, ihr Partner und ihr Herr gewesen, aber irgendwann hatten sich ihre Wünsche, Lebensträume und Sehnsüchte verändert, zeichnete sich ab, dass der Weg der beiden unterschiedlich verlaufen würde. Und so hatten sie sich in einem schmerzhaften Prozess voneinander gelöst. Nun war es an der Zeit, nach vorne zu blicken, sich selbst etwas Gutes zu tun, Spaß zu haben. Sie beschloss, diesem Abend ganz bewusst eine Chance zu geben, ein guter Abend zu werden.
Als Diana an der Tür klingelte, öffnete Lina gelöst und entspannt. Die beiden Freundinnen umarmten sich und Diana bedeutete ihrer Freundin, sich um ihre eigene Achse zu drehen, um Linas Outfit begutachten zu können. „Das Kleid steht dir unglaublich gut, du siehst zum Anbeißen aus“, befand Diana. Aber auch Diana konnte sich sehen lassen. Während Lina eher der feminine Typ Frau war, mit ein paar Kurven an den richtigen Stellen, war Dianas Schönheit eher von herber Natur. Sie trug einen eleganten Nadelstreifenanzug sowie eine weiße, hochgeschlossene Bluse und ihre straff zu einem Pferdeschwanz gebundenen Haare vervollständigten ihren strengen Look. „Du bist soweit“, stellte Diana fest. „Komm, das Taxi wartet unten schon.“ Rasch schlüpfte Lina in ihren schwarzen Wintermantel, denn es war Ende November, der erste Schnee lag bereits auf den Straßen und es war empfindlich kalt geworden. „Jetzt verrate mir doch endlich, wohin es geht“, quengelte Lina. Sie hasste Überraschungen und Geheimnisse und wollte endlich wissen, was ihre Freundin vorhatte. Die lächelte aber nur, legte den Zeigefinger auf die Lippen ihrer Freundin und erwiderte nichts.
Die Freundinnen hatten eine enge und vertraute Beziehung und so verwunderte es nicht, dass Diana von Linas devoter Neigung wusste. Diana war bereits seit geraumer Zeit Single, aber das schien sie nicht groß zu stören. Sie wusste die Zeit zu nutzen und ging neben ihrem fordernden Beruf als leitende Redakteurin diversen Hobbys nach. Während der Fahrt zur Veranstaltung erzählte sie von ihrem neuesten Projekt, einer größeren Fotoreihe, die Frauen porträtierte. Nach etwa einer halben Stunde Fahrt durch die Stadt hatten sie den Club erreicht und als Lina den Namen las, blieb ihr der Mund offen stehen. „Das ist nicht dein Ernst, hast du noch alle Tassen im Schrank?!“ Diana lachte schallend. „Ich wusste, wenn ich dir sagen würde, wohin es geht, hättest du dich geweigert. Auf jetzt. Keine Widerrede!“ Sie packte Lina energisch an der Hand und zog sie Richtung Eingang. Lina sträubte sich nach wie vor, aber sie hätte ein schlechtes Gewissen, wenn sie ihre Freundin jetzt sitzen lassen würde und so folgte sie zögernd.
Diana hatte Lina zu einem bekannten Szeneclub gelotst. Lina wusste von ihrer Freundin, dass sie dort öfters zu Partys ging, mit und ohne Begleitung. Auch sie selbst war neugierig, aber Stefan und sie hatten ihre Dominanz und Devotion stets in den eigenen vier Wänden, jedenfalls aber nie so ausgelebt, dass Dritte davon etwas mitbekamen. Sie errötete bei dem Gedanken, was sie erwarten könnte, aber Diana nahm ihr ihre Ängste. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Erstens bist du als meine Begleitung hier und bereits deswegen tabu für andere, zweitens ist das kein Laden, in dem Frauen als Freiwild betrachtet werden und drittens wirst du sehen, dass alles sehr stilvoll zugeht.“ Tatsächlich waren alle Gäste elegant gekleidet, sie erinnerten eher an Operngäste als an Gäste eines BDSM-Clubs. Vermutlich lag das auch am Motto und den damit einhergehenden Kleidervorschriften, aber schlussendlich war das auch egal. Jedenfalls traf es Linas Geschmack. Sie entspannte sich ein wenig, während sie ihrer Freundin noch schüchtern in die Räumlichkeiten folgte. Sie war überrascht. Keine Folterkeller, kein Darkroom, keine Haken an den Decken, sondern ein geschmackvoll gestalteter Club mit Bar, Tanzfläche und gemütlichen Rückzugsmöglichkeiten. Weihnachtsdekoration, wie Tannengrün, Kugeln und Weihnachtssterne sorgten für eine stimmige Atmosphäre. Als ob Diana Gedanken lesen konnte, grinste sie ihre Freundin an. „Du bist überrascht und vermisst die Spielräumlichkeiten? Keine Sorge, die habe ich gut vor dir versteckt.“ Lina musste ebenfalls lachen und nach einem Glas Sekt wurde sie gelöster und betrachtete interessiert Gäste und Szenerie. Es waren tatsächlich überwiegend Paare in unterschiedlichen Konstellationen zu sehen, bei manchen war das Machtgefälle dezent erkennbar, bei anderen schien es unklar, ob jemand und, wenn ja, wer den dominanten und wer den submissiven Part innehatte.