Alte Wunden

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      Ich verirre mich im Labyrinth meiner Gedanken. Einen klaren zu fassen, scheint mir kaum noch möglich. Was ist passiert, frage ich, was hat sich verändert seit ich in die Welt hinausgetreten bin; seit ich meinen Gefühlen, meinen Wünschen und Hoffnungen Ausdruck verliehen habe?

      Zuvor war ich mir stets über meine Gefühle im Klaren. Ich musste sie nicht nach außen tragen, ich konnte sie in meinem Inneren belassen, ohne dass mich das belastet hätte. Im Gegenteil, ich war mir meiner Stärke bewusst, meiner Kraft, jede Situation zu meistern, und wenn sie noch so schwierig erschien. Und wenn doch einmal negative Gefühle erzeugende Ereignisse eintraten, dann habe ich sie zur Kenntnis genommen und ad acta gelegt, beiseitegeschoben, damit sie mich nicht meiner Kraft beraubten, die mir auferlegten Aufgaben mit Energie und Sorgfalt zu erledigen. Und ich hatte Recht damit, denn meistens vergingen die negativen Gefühle, und nur in seltenen Fällen blieb ein leises Echo des auslösenden Ereignisses zurück, eine Erinnerung. Über einige konnte ich später sogar lachen, andere behielten einen bitteren Beigeschmack; viele hinterließen nicht einmal mehr eine Erinnerung.

      Und plötzlich trat ein Ereignis, oder vielmehr die Folge vieler Ereignisse zu einem einzigen verdichtet, aus den tiefsten Tiefen vergrabener Verletzungen hervor. Verletzungen, die ich längst verarbeitet zu haben glaubte, explodierten; wurden herausgeschleudert, einem Vulkanausbruch gleich. So sehr ich auch versuche, die alten Wunden wieder zu schließen, es will mir nicht gelingen.

      Du hast gefragt, was sich in mir verändert hat im letzten Jahr. Es ist mein Selbstvertrauen, mein Selbstvertrauen ist zerstört, wie schon einmal vor Jahrzehnten. Und ich weiß, wie lange es gedauert hat, um es aufzubauen, und dass das zurückhalten meiner Gefühle vor der Außenwelt eine wesentliche Hilfe dabei war. Aber wie es scheint, kann ich nicht mehr zurück.

      Selbstvertrauen ist die Grundlage jedes Vertrauens. Wem kann ich noch vertrauen? Entweder bin ich zu vertrauensselig oder ich vertraue niemandem mehr? Du hast mich auch gefragt, ob ich heute erkennen kann, wenn ich belogen oder manipuliert werde. Meine Antwort heute ist eine andere als vorgestern: Nein, ich kann es nicht.

      anima submissa schrieb:

      Verletzungen, die ich längst verarbeitet zu haben glaubte, explodierten; wurden herausgeschleudert, einem Vulkanausbruch gleich. So sehr ich auch versuche, die alten Wunden wieder zu schließen, es will mir nicht gelingen.

      Vielleicht weil das:

      anima submissa schrieb:

      Und wenn doch einmal negative Gefühle erzeugende Ereignisse eintraten, dann habe ich sie zur Kenntnis genommen und ad acta gelegt, beiseitegeschoben, damit sie mich nicht meiner Kraft beraubten
      ...eben nicht wirklich verarbeiten bedeutet, sondern lediglich Verdrängung ist, wenn es sich um wirkliche Belastungen und tiefgehende Verletzungen handelt.

      BDSM kann in der Praxis emotional sehr tiefgehend sein. Damit macht man sich automatisch verletzlich. Dass das vom Partner - sei es nun in einer gefestigten Beziehung oder einer eher 'lockeren' Spielbeziehung - nicht ausgenutzt wird, darauf sollte man vertrauen können. Aber es kann leider auch anders kommen - und sogar unbeabsichtigt und ohne bösen Willen passieren.

      Zum Thema Vertrauen möchte ich dir ein Zitat hierlassen, das ich vor Kurzem gelesen habe und sehr schön finde:

      Nicht müde werden zu vertrauen, nicht aufhören enttäuscht zu werden; trotzdem nicht müde werden zu vertrauen: das bedeutet Menschsein bis auf den Grund.
      (Friedrich Kayssler)


      Alles Liebe füt dich.
      Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe ist alles nichts.
      Liebe @anima submissa ; und genau nach diesem Spruch von Kayssler lebe ich inzwischen. Hab sehr lange dazu gebraucht, zu akzeptieren, dass man im Laufe eines Lebens sehr oft enttäuscht wird,und trotzdem immer wieder versucht zu vertrauen. Und ja, man baut so eine Art Schutzwall um sich auf. Und mag dadurch auch unnahbar erscheinen. Bringt aber letztlich nur, dass "Wunden" noch tiefer gehen. Meine persönliche Erkenntnis. * Wünsche Dir alles Gute für die Zukunft.
      Anmerkung: Ich scheine nach langem das Glück gefunden zu haben, bzw hat es mich gefunden..Und das nun im 4. Jahr... :)
      Teufelchen im Blut, Engelchen im Herzen
      und ein bisschen Wahnsinn im Kopf 8)
      @Zofe

      Die Verletzungen, von denen ich rede, sind Jahrzehnte her und haben nichts mit BDSM zu tun. Und es sind auch nicht die, die ich beseite geschoben habe. Ich habe sie mehrfach therapeutisch bearbeitet und war davon überzeugt, sie verarbeitet zu haben.

      Alle weiteren Verletzungen, die darauf gefolgt sind, habe ich nicht mehr nah an mich herangelassen und das, davon bin ich immer noch überzeugt, war richtig so. Und das hat in erster Linie nichts mir Verdrängung zu tun. Zu jeder Verletzung gehören mindestens 2, einer, der verletzt oder verletzen will, und einer, der sich davon verletzen lässt - oder eben nicht.

      Nun, im vergangenen Jahr kam dann eine Verletzung, die in der Lage war, diese alten Veletzungen wieder hervor zu holen, die in der Lage war, mein Selbstvertruen und mein Vertrauen zu erschüttern.....

      Und dein Zitat in allen Ehren, aber es gibt Verletzungen, die weit über Enttäuschung hinausgehen.....
      Ich kann es nachfühlen und ich glaube es zu kennen. Und meine Erfahrung: Es passiert immer wieder in meinem Leben, dass die Schmerzen, die kein Thema mehr waren, durch irgendwas wieder spürbar sind, sich im Hier und Jetzt wieder zeigen und leider (wieder) oder neu ganz real sind. Mit all ihren unschönen Begleiterscheinungen (Tränen, Schmerz, Misstrauen, Instabilität, usw...).

      Jedes Mal verarbeite ich dann die vergangenen Ereignisse in Kombination mit den Neuen anders und immer wieder neu.

      Im Idealfall ist die Gegenwart sicherer, als die Vergangenheit.
      Aber ich habe es auch schon anders erlebt und auf den Schmerz der vergangenen Ereignisse, setzte sich noch ein neuer obendrauf. Und ich kann leider sagen, dass das einfach nur schrecklich ist und Eines für mich zählt:

      Immer weiter machen, mit dem Leben. Immer wieder hoffen und glauben, immer wieder leiden und lachen.

      Alles ist im Fluss, in Bewegung und vor allem in Entwicklung.

      Ich wünsche Dir erstmal Halt!

      Und wenn Du wieder auf Deinen zwei Beinen stehst, nach dem schlimmen Sturm, dann wieder, wie in der Vergangenheit auch, dass Du einen Schritt vor den anderen setzen kannst und magst und das Schöne im Leben genießen kannst.

      Alles Gute

      E`s d (Liza)
      Liebe @anima submissa
      Ich glaube, es ist normal wie Du Dich fühlst.
      Manche Sachen dauern, kommen in Wellen und gehen. Niemand versteht wie das wirklich funktioniert.
      Zum Beispiel alte Kriegserinnerungen können bei Demenz (1/3) wieder aufbrechen.
      Belastbare Situationen können auch alte Erinnerungen, Emotionen reaktivieren.
      Die gehen dann aber wieder. Werden immer schwächer.
      Liebe @anima submissa,
      tiefe, blutende Wunden hinterlassen Narben und verheilen nie ganz. Deswegen können sie im schlimmsten Fall auch wieder aufbrechen. So auch seelische Wunden. So sehr wir es uns wünschen und auch wenn wir denken, es verarbeitet zu haben. Garantien gibt es leider nicht.
      Vertrauen ist eine andere Sache. Ich musste lernen, Vertrauen kann man weder einfordern noch aufbauen. Vertrauen kann ich nur schenken, in dem Bewusstsein, dass mein Gegenüber entscheidet, wie er damit umgeht. Aber ich versuche, mir selbst zu vertrauen, dass meine Gedanken und Gefühle, mein Weg richtig und gut für mich ist.
      Those who don´t jump will never fly.
      Vertrauen ist ein Vorschuss.
      Diesen Vorschuss man sich m.E. verdienen.
      Warum sollte ich umsonst einen Vorschuss geben?

      ‚Vergrabene Verletzungen’ sind oft ein Zeichen mangelnder Aufarbeitung und Reflexion.
      Aktuelle Verletzungen sollten je nach Resilienz angemessen bearbeitet werden, wenn die Ressourcen zur Verfügung stehen.
      Wenn alte Verletzungen stets erneut hervorbrechen, wurden sie nicht angemessen behandelt, aufgearbeitet und reflektiert.

      ‚Alte Wunden‘?
      Müssen schnellstmöglich analysiert und letztendlich bearbeitet werden.
      Sonst werden alte Wunden zu neuen Wunden führen, was nur in einem traurigen Kreislauf endet.

      Sei nicht zu vertrauensselig:
      Vertraue in erster Position nur einer Person:
      Dir <3 .