Mein Ich ist verloren gegangen

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      Mein Ich ist verloren gegangen

      Hallo Gemeinde,
      Ich habe da ein Problem. Es ist ernst und kostet mich ziemlich viel Überwindung, darüber zu schreiben. Deshalb möchte ich euch bitten, nur ernsthaft zu antworten und von jeglichem Eierzeigen und Spekulationen abzusehen. Danke
      Nun zum Problem:
      Ich bin nun schon seit fast einem viertel Jahrhundert dominant und auch durchaus sadistisch. Seit einiger Zeit habe ich das Problem, dass bei mir irgendwie der -sagen wir mal- der "Speicher gelöscht" ist. Mir fehlt es an den Ideen, an der konkreten Phantasie. Ich stelle fest, dass ich immer netter werde und mir der Spaß an der Quälerei abhanden kommt. Auch kann ich eigentlich nicht mehr auf mein früheres Ego zurück greifen. So sehr ich es auch will.
      Zu meiner persönlichen Situation. Ich bin seit rund neun Jahren glücklich verheiratet mit einer Frau, die ich sogar in diesem Bereich kennengelernt habe und wir haben ein Kind. Ich habe Asperger. Aus diesem Grund auch, ist meine emotionale Kontrolle ziemlich beschränkt (klingt komisch, da Asperger die Kontrolle selbst sind), was für mich in diesem Bereich eigentlich nie ein Hindernis war. Nur bin ich eben quasi aus meinem Selbst irgendwie rausgefallen und finde nicht wieder hinein.
      Vielleicht gibt es hier Leute, denen es ähnlich geht oder ging. Wie sind eure Erfahrungen, was habt ihr gemacht und wie kann ich mir selbst helfen?
      Ich danke euch für Ratschläge und Tips.
      Gruß Joker
      Mein erster, ernstgemeinter Gedanke dazu:

      Wenn du und deine Partnerin sich mit deinem neuen Ich arrangieren oder sogar anfreunden können, ist alles gut.

      Menschen verändern sich.

      Manchmal gehen beide in dieselbe Richtung, das liest man auch hier im Forum, da wird aus einem "Vanilla"paar ein perfekt eingespieltes Traum-BDSM-Paar.
      Warum sollte das nicht auch umgekehrt möglich sein?

      Manchmal geht einer schneller und der andere langsamer, aber beide in dieselbe Richtung. Da ist wichtig, dass der Schnellere ab und an inne hält.

      Manchmal geht einer weiter und der andere bleibt stehen, manchmal gehen beide in unterschiedliche Richtungen.
      Solange genug Toleranz da ist, können auch die letzten beiden Möglichkeiten gutgehen.

      Wenn es dich belastet, guck mal, warum es dich belastet. Was genau fehlt dir? Kannst du es mit irgendetwas anderem kompensieren?
      Auch wenn es widersprüchlich klingt:
      Ihr Ego muss stark genug sein, um seine begrenzte, defensive Haltung und Kontrolle aufgeben zu können.
      Sie brauchen ein starkes Ego, um das Ego transzendieren zu können.

      - John Bradshaw, Das Kind in uns -
      Nun, um mal kurz zu antworten. Die Sache ist, dass wir es beide wieder wollen und sehr großes Verlangen danach haben. Deshalb leiden wir auch beide darunter. Es macht mich einfach irre. Ich habe, als Aspi sowieso Probleme, meine Emotionen zu kontrollieren und dies ist dem nicht zuträglich. Versteht mich nicht falsch oder werft mich nicht in einen Topf. Ich verletze niemanden, außer mich selbst. Aber ich bestehe aus Wut deshalb. Mein jetziges Selbst stimmt immer allem zu und schluckt Protest runter, bis ich irgendwann explodiere, obwohl ich vorher hätte konstruktiv reagieren können. Meine Familie bekommt es nicht zu spüren, ich schlage an Bäume und trete mein Motorrad. Aber ich verzweifele fast, da ich nur noch ein eingesperrter Passagier in mir selbst bin.
      Wie lange ist das schon so? Geht es einher mit äußeren Einflüssen? Du scheinst dich unter Druck zu setzen, kann das sein?
      Mein Gedanke wäre jetzt, vielleicht mal weg von Zuhause. Abstand kann für viel Entspannung sorgen. Mal ein paar Tage nur für euch 2? Den Alltag hinter sich zu lassen kann ja Blockaden lösen. In der Richtung würde ich es mal versuchen.

      Ich kann nachvollziehen wie das ist. Meine Neigungen haben einen ziemlichen Wandel erlebt in den letzten beiden Jahren und das hat mir viel zu denken gegeben. Manchmal hatte ich auch das Gefühl mich zu verlieren. Heute weiß ich, ich hab mich neu gefunden.

      Mein Tipp an dich wäre ganz profan: hab Geduld mit dir und sei nachsichtig. Das findet sich wieder. Es läuft nicht immer alles konstant. Aber mit Asperger ist es schwer die Dinge laufen zu lassen, oder?

      Kalimaa schrieb:

      Wie lange ist das schon so? Geht es einher mit äußeren Einflüssen? Du scheinst dich unter Druck zu setzen, kann das sein?
      Mein Gedanke wäre jetzt, vielleicht mal weg von Zuhause. Abstand kann für viel Entspannung sorgen. Mal ein paar Tage nur für euch 2? Den Alltag hinter sich zu lassen kann ja Blockaden lösen. In der Richtung würde ich es mal versuchen.

      Ich kann nachvollziehen wie das ist. Meine Neigungen haben einen ziemlichen Wandel erlebt in den letzten beiden Jahren und das hat mir viel zu denken gegeben. Manchmal hatte ich auch das Gefühl mich zu verlieren. Heute weiß ich, ich hab mich neu gefunden.

      Mein Tipp an dich wäre ganz profan: hab Geduld mit dir und sei nachsichtig. Das findet sich wieder. Es läuft nicht immer alles konstant. Aber mit Asperger ist es schwer die Dinge laufen zu lassen, oder?
      Es geht mir so, seit ich Vater bin, also seit ca. 7 Jahren. Da fing es an.
      Ich denke, nachsichtig muss ich mit mir sehr sein, wenn ich wieder ich werden will.
      Eigentlich müsste gerade mein Asperger dem entgegen kommen. Bestehe ich doch großteils aus Logik und Kontrolle meiner Umwelt. Aber ich denke auch zu viel und irgendwie ist das Tier in mir, außer in der Wut, verschwunden.

      Anthophila schrieb:

      Muss ja noch nicht perfekt sein…aber gut ich würde auch verzweifeln …. hat schon seinen Grund, warum ich keine Boote festbinde…


      Dann anderer Ansatz….
      Gutes Beispiel für momentane Dummheit:
      Ich hab Daumenschellen. Richtig fiese Dinger. Hab sie gestern Abend meiner angelegt. Nach ca. 7 Minuten hatte ich ne andere Idee in den Kopf bekommen, also Schellen ab und was anderes.
      Später sagt meine, die mich wirklich sehr unterstützt auf meinem Weg zu mir "Die Daumenschellen waren klasse. Warum hast du die ab gemacht? Noch ein paar Minuten und die wären richtig fies geworden."
      Okay, hätte ich einen großen Nagel zur Hand gehabt, hätte ich mir den in den Kopf geschlagen...
      Mutter werden hat mich sehr weich gemacht im Gegensatz zu früher. Vielleicht hast du das auch erlebt?
      Logik und Kontrolle. Das funktioniert mit Kind nicht mehr so nach meiner Erfahrung.

      Dominanz und Sadismus können auf sehr leisen und sanften Pfoten daher kommen. Hast du es schon mit den ganz leisen Tönen versucht? Das kann auch sehr verführerisch und befriedigend sein und mit der Zeit wieder an Wucht gewinnen.

      Schreiben hilft mir oft um wieder in Gang zu kommen. Sowohl im Austausch mit Dom, als auch in Form von Geschichten. Habt ihr sowas schon probiert?

      Joker Jack schrieb:

      Mein jetziges Selbst stimmt immer allem zu und schluckt Protest runter, bis ich irgendwann explodiere, obwohl ich vorher hätte konstruktiv reagieren können. Meine Familie bekommt es nicht zu spüren, ich schlage an Bäume und trete mein Motorrad. Aber ich verzweifele fast, da ich nur noch ein eingesperrter Passagier in mir selbst bin.
      Mal so als Gedanke, Deine "neue" Rolle als Vater verlangt Sanftmut und eine ganz andere Art der Verantwortung als Du sie als Dom und Sadist der Deinigen gegenüber hast. Sprich in manchen Bereichen reiben sich die beiden Rollen. Vielleicht ist Deine unterschwellige Wut dadurch verursacht, dass Du Dir selbst zu viel Druck machst von einer Verantwortung in die andere zu tauschen und das zu einem Unzufriedenheitsfaktor wird, den Du momentan nicht kompensieren kannst, in der Form, in der Du es Dir wünschst?

      Auch Neigung ist ja eine stetige Entwicklung und man bleibt selten wirklich dauerhaft stehen, Dinge wandeln sich, dass heisst nicht die Neigung ist weg aber die Art sie auszudrücken ändert sich ...

      Erstmal sich selbst im "Istzustand" annehmen, macht auch das Selbstbewusstsein wieder stabiler und dann schauen wohin der gemeinsame Weg gehen soll.
      I disapprove of what you say, but I will defend to the death your right to say it


      Evelyn Beatrice Hall
      @Krat
      @Hera
      Ich muss gestehen, das Vater sein hat mich unheimlich sanft gemacht. Früher war ich doch eher FtW, aufm Bike, mit Kumpels abhängen, Rumpunken (ohne Assi sein und egoistischer.

      Seit den guten und konstruktiven Ratschlägen heute, für die ich euch danke, versuche ich mehr auf meine innere Stimme zu hören und auch mehr bei einer Sache zu bleiben. Ich habe festgestellt, dass wenn ich mir nur eine Sache vornehme und diese auch durchziehe, es durchaus mehr Spaß macht und nicht im Chaos eines versuchten und gescheiterten Versuch eines Pornos im FastForward endet, sondern entspannt und gut ist.
      Sein ‚Ich‘ zu verlieren klingt schwierig, weil es sich existenzbedrohend liest.

      Versteht sich Dein ‚Ich‘ als Einheit mit Deiner Partnerin? Dann sieh zu, dass Ihr qualitative Paarzeit erlebt, um gemeinsam zu reflektieren, was nicht gut läuft.

      Bist Du Dir selbst genug, tue etwas, um Dein eigenes ‚Ich‘ zu fühlen und zu stärken.
      Wenn Du Dich hast, kannst Du Dich auch selbst fühlen und wieder durchsetzen.