Langjährige Beziehung - Wie starten mit BDSM?

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      Langjährige Beziehung - Wie starten mit BDSM?

      Hi zusammen,

      ich versuche meine aktuelle Situation kurz zusammenzufassen:

      - Seit 10 Jahren mit meiner Freundin zusammen (mit 16 zusammen gekommen)
      - Unsere Beziehung ist sehr harmonisch und liebevoll
      - Sie wollte in unserer Beziehung nie viel Sex, ich war immer der aktive Part, der auf sie zukam
      - Oftmals geäußert, dass Bondage sie heiß macht, in der Vergangenheit dann auch erste Erfahrungen damit gemacht

      Vor ca. 6 Monaten hat sie dann einen anderen Typ kennengelernt. Dieser war sehr dominant und sie hatte einige Male physisch, sowie mehrmals virtuell etwas mit ihm.
      Vor einigen Wochen hat sie es mir dann gestanden. Ich kann ihre Perspektive verstehen und möchte weiter an der Beziehung festhalten. Sie sagte mir, dass es sie das Spiel extrem heiß gemacht hat ("ich war einfach seine Sklavin") und dies in ihr nie dagewesene Lust geweckt hat.

      Wenn ich sie fessle, spanke usw. macht mich das auch sehr heiß. Ich kann mich also durchaus in der dominanten Rolle sehen. Diese möchte ich aber rein auf das Sexleben beschränken und nicht auf die gesamte Beziehung ausweiten. Nun ist mir natürlich bewusst, dass es durch unsere Nähe schwer wird den D/S Part vollständig auszuleben und dies vermutlich ein langwieriger Prozess ist. Zumal es sich für mich immer natürlicher anfühlt in der Situation (also während dem Sex) dominant zu sein. Im Vorhinein Aussagen zu machen, wie bspw. "zieh dich aus, wir haben jetzt Sex" (Bin dankbar für bessere Vorschläge ;)), um dominant in die Situation einzusteigen, fällt mir aber sehr schwer und es fühlt sich ungewohnt an, was sie dann natürlich auch merkt.

      Daher meine Fragen:

      - Habt ihr Erfahrungen damit, BDSM nachhaltig in einer langjährigen Beziehung zu etablieren?
      - Ist es möglich eine D/S Dynamik zu erlangen und die anderen Vorteile der Beziehung (Nähe, Geborgenheit, ...) dabei nicht zu verlieren?
      - Wie würdet ihr hier vorgehen? Wie starte ich am Besten?

      Besten Dank für eure Hilfe! Ich freue mich über jeden Tipp.


      Viele Grüße
      Hallo @Mindful94,

      erstmal nur eine kurze Antwort, weil es mir gerade nicht so gut geht: Ich möchte dir auf jeden Fall Mut zusprechen und dir sagen, dass ich es toll finde, dass du / ihr es versuchen möchtet!

      Zu deinen Fragen:
      Ja, ich habe Erfahrung damit. In meiner letzten langjährigen Beziehung wurde BDSM auch erst nach mehrere Jahren Teil unseres Sex- und Beziehungslebens. Vorher war es einfach gar kein Thema. Aber wir haben es für uns entdeckt und es Schritt für Schritt in die Beziehung (auch in den Alltag) integriert. Die Nähe, Geborgenheit und Vertrautheit haben darunter keineswegs gelitten, eher im Gegenteil. Diese neue, intensive Ebene hat uns einander sogar noch viel näher zueinander geführt. Da waren plötzlich ganz andere Seiten am jeweils anderen zu entdecken, die wir bis dahin nicht kannten - oder anders gesagt: es gab 'plötzlich' noch mehr, was wir aneinander lieben lernten! Es hat die Bindung sehr gestärkt.

      Zur Vorgehensweise: Frag dich nicht, wie du starten solltest, sondern wir ihr es angehen wollt / könnt. Auch wenn du der aktive Part bist, ist und bleibt BDSM immer ein Zusammenspiel und ein Geben und Nehmen. Beide Seiten tragen dazu bei, dass es funktioniert.

      Ihr könntet kleine Rituale einführen. Vielen Paaren hilft z. B. das Anlegen eines Halsbandes oder eines anderen Zeichens, um einen Einstieg in eine Session oder BDSM-lastigen Sex zu finden. Das muss meiner Meinung nach auch nicht immer von dir ausgehen. Wenn deine Freundin Lust hat, kann sie das Halsband (oder Fesseln / Seile / was auch immer) ja einfach holen und 'bereitlegen'. Wenn du ebenfalls Lust hast, gehst du darauf ein - oder eben nicht. Ich denke, es ist wichtig, dass ihr euch eindeutige Signale gebt, damit ihr beide wisst, was Sache ist. Dazu gehört auch, dass ihr möglichst viel redet (wobei ich glaube, dass manches auch wunderbar funktioniert, indem man es einfach ausprobiert und dabei wirklich gut auf den anderen und seine Reaktionen achtet). Tauscht euch über eure Fantasien aus, erzählt euch von euren Ideen und Wünschen, aber sagt auch deutlich, was euch nicht gefällt / gefallen hat und was ihr definitiv nicht möchtet.

      Ich wünsche euch viel Freude beim Ausprobieren sowie beim Kennenlernen der 'neuen' Facetten, die ihr aneinander kennenlernen werdet!
      Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe ist alles nichts.
      Lieber @Mindful94, ich muss tatsächlich schmunzeln, weil du hier fast schilderst, wie es mir anfangs ergangen ist ^^ Wir waren zu Beginn nämlich so ein Paar, glücklich und etwas gelangweilt verheiratet, wir liebten uns sehr, waren ein gutes Team und gute Freunde. Und dann kam meine devote Neigung in finsterster Nacht zur Sprache, als ich mich meinem Mann offenbarte. Ob er dominant ist, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht einzuschätzen. Stück für Stück haben wir es gemeinsam ans Tageslicht geholt, und seitdem bereichert es unser Leben mehr als jede andere Entscheidung <3

      Ich schildere dir jetzt einfach mal, wie wir es gemacht haben - in der Hoffnung, dass du was damit anfangen kannst :rolleyes:
      Reden ist so wichtig, das kann ich nicht oft genug schreiben. Zuhören auch! Wir haben sehr viel geredet, über unsere Träume und Vorstellungen, wir haben ausprobiert, verworfen, gelacht und gestritten. Anfangs wollten wir beide nicht, dass D/s unser Leben bestimmt. Also waren wir weiterhin ein richtig harmonisches Ehepaar, das über einen Onlineshop das preisgünstige Equipment durch probiert hat. Sozusagen unser Einstieg, was uns überhaupt gefallen könnte. Das Zeug haben wir benutzt, reflektiert, was es mit uns macht und bestimmte Vorlieben entwickelt. Ich zum Beispiel mag Handschellen, Begrenzung aller Art, Augenbinde und ein edles Korsett. Plugs mag ich nicht, und wenn mein Mann mich schlägt, kullern die Tränen. Das hat uns dann zum nächsten Schritt geführt, nämlich den Gedanken zuzulassen, dass mein Mann mich fordern / kontrollieren / zwingen könnte. Und ich habe entdeckt, dass ich sehr viele Dinge aushalten kann, um ihm zu gefallen - was dann auch mir viel Befriedigung und Wärme bringt. Über diesen "Kanal" haben wir uns vorsichtig an D/s heran getastet, und uns bei SM orientiert, was jedem von uns zusagt. Denn wie fest er zuschlagen kann, ohne mich kaputt zu machen, wann beim würgen Schluss ist und wie ich auf diverse Spielzeuge reagiere, mussten wir halt Stück für Stück ausprobieren. Er erwartet, dass ich ehrlich in meiner Meinung bleibe, und meine Grenzen benennen kann. Es ist auch keine Schande, wenn mir oder ihm manches nicht gefallen hat. Menschen sind und bleiben wir immer :D

      Dazu wollten wir im Lauf von einigen Wochen Regeln festlegen, die uns sinnvoll und förderlich erschienen. Mein Mann liebt es nicht, wenn ich allerhand Kram achtlos rumliegen lasse. Also hat er mir eine bestimmte Strafe angedroht, wenn es doch mal vorkommt. Freche Antworten schätzt er auch nicht, damit konnte ich dann austesten, was eine strafende Ohrfeige auslöst, und was eher ein liebevolles Tätscheln nach sich zieht :whistling: Die Strafe zog er immer mit aller Konsequenz durch, was meinen Respekt wachsen ließ, aber auch das Gefühl von Sicherheit, Zusammengehörigkeit. Andere Regeln haben wir nicht strafbewehrt eingeführt, sondern durch try & error anlaufen lassen, weil wir nach einem Mittel suchten, um meine Ergebenheit zu untermauern. Er wählt im Restaurant für mich, was gelegentlich auch Reibungsfläche bietet, aber insgesamt von uns beiden als wunderschön empfunden wird. Die Milch in seinen Kaffee gieße ich, und nur ich. Ins Bett gehe ich dann, wenn er mich schickt oder ich vorher gefragt habe. Niemals berühre ich mich selbst, ohne seine Erlaubnis eingeholt zu haben. Vielleicht habt ihr Lust, ähnliche Absprachen zu treffen, wie ihr euren Alltag und das Sexleben organisieren wollt? Unser absolutes Machtgefälle hat sich im Lauf der Jahre irgendwie eingeschlichen, verfestigt und zum zentralen Ankerpunkt innerhalb der Ehe entwickelt.

      Eine Session bewusst zu planen, fand ich anfangs sehr gut, und ich liebe diese Situationen noch immer. Wenn mein Mann mir aufträgt, bestimmtes Zubehör raus zu legen, ausgewählte Kleidungsstücke zu tragen, und er sich auch in seinen Boss-Anzug schmeißt :love: Oho, das macht mich ganz wuschig.... Ich hab nämlich für mich gemerkt, dass ich Männer im Jogginganzug wenig dominant finde, und selber fühle ich mich in einem schönen Kleid auch besser, als im Nachthemd. Äußerlichkeiten sind nicht alles, ganz klar, trotzdem mag ich einen ansprechenden Rahmen. Er legt mir bewusst das Halsband an, ich entzünde ein paar Kerzen, er lässt mich knien und streichelt mich zart, bevor er mich über die Bettkante legt und mit der Gerte ausholt.... Er erschafft eine Atmosphäre die gut zu uns beiden passt, und dann finden wir auch leicht rein. Das heißt aber nicht, dass ich es nicht auch mal quick & dirty im Keller mag, fünf Minuten bevor die Kinder mit dem Schulbus kommen :evil:

      Wir haben angefangen, ganz anders miteinander zu sprechen, und auch zu streiten. Wenn es Konflikte gibt, knie ich auf einem Bodenkissen, schildere mein Anliegen, breite meine Seele sozusagen vor ihm aus. Dann kann, darf und muss er entscheiden, was er damit anfängt. Seine Pflicht ist es, mich anzuhören. Meine Pflicht ist es, gehorsam zu sein. Wie er letztendlich entscheidet, liegt nicht in meinem Einflussbereich, aber das will ich auch gar nicht haben. Für mich gibt es bei Meinungsverschiedenheiten nur eine einzige Aufgabe: die Dinge anständig vorbringen, meine Gefühle und Argumente gut erklären. Alles weitere nimmt mein Mann in die Hand, dem ich als meinem Herren gehorsam sein will. Das empfinde ich als großes Privileg. Hier war es meine bewusste Entscheidung, Kontrolle abzugeben, und dafür so unendlich viel Geborgenheit und Fürsorge zu bekommen. Warum es so gut funktioniert, weiß ich leider nicht genau. Wahrscheinlich, weil wir es immer immer immer gut miteinander meinen.

      Ganz am Anfang fand mein Mann es vielleicht auch seltsam, mir zu sagen: "Weib, leg dich hin, ich schlage dich jetzt und danach musst du mir einen blasen" X/ Wie er es genau angestellt hat, diese völlig selbstverständliche Ruhe und Sicherheit zu erlangen, kann ich jetzt nur vermuten. Aber es hat geholfen, dass ich für mich völlig klar und geordnet war, dass er der Bestimmer ist. Kein blödes Sticheln und Kaspern von meiner Seite, keine Versuche, seine Autorität zu untergraben und ihm von vornherein die Lust an der Sache zu nehmen. Ich wollte seine Sub sein, also hab ich mich auch so verhalten. Ob das ein allgemeiner Rat ist, weiß ich nicht ^^ Für mich jedenfalls gehörte es absolut dazu, ihn zu unterstützen in diesem gemeinsamen "Projekt", und es nicht ständig scheitern zu lassen.

      Die Zeit macht vieles leichter, und so ist es uns auch mit einer gewissen Routine gegangen, die wir entwickelt haben. Es hört sich komisch an, aber es ist tatsächlich auch Übungssache, sich an einen bestimmten Lebensstil zu gewöhnen. Dranbleiben und im Gespräch bleiben, da ist es, was unser Machtgefälle am Leben erhält.
      Das Forum durchforsten, mit Gleichgesinnten auf einem Stammtisch sprechen, vielleicht auch ein einschlägiges Buch lesen fällt mir noch ein. Oder deiner Partnerin vorschlagen, sich auch hier im Forum zu informieren. Auf manche Ideen mussten wir erstmal gebracht werden, weil uns das im Leben nicht eingefallen wäre :rolleyes:

      Alles Gute euch :blumen: Ich bin ja der festen Überzeugung, dass eine grundsätzlich vorhandene und kompatible Neigung immer ausbaufähig ist <3
      Du gibst meinem Suchen ein Finden, meiner Liebe schenkst du fruchtbaren Boden, meinen Ungehorsam bezwingst du mit Güte, mein Lachen findet sich wieder in deinen Augen, und meiner Sehnsucht, Herr, gibst du Heimat.

      Mindful94 schrieb:

      - Habt ihr Erfahrungen damit, BDSM nachhaltig in einer langjährigen Beziehung zu etablieren?
      - Ist es möglich eine D/S Dynamik zu erlangen und die anderen Vorteile der Beziehung (Nähe, Geborgenheit, ...) dabei nicht zu verlieren?
      - Wie würdet ihr hier vorgehen? Wie starte ich am Besten?
      Es verändert sich etwas in Eurer Beziehung......aber - Eure Liebe ist deshalb ja nicht weg. Geborgeheit gehört für mich auch in ein D/s Verhältnis.
      Die kleinen Dinge ...wie ja schon beschrieben können viel bewirken und solange Ihr Euch noch wohl fühlt ist es auch möglich immer weiter zu gehen.


      Mindful94 schrieb:

      Im Vorhinein Aussagen zu machen, wie bspw. "zieh dich aus, wir haben jetzt Sex" (Bin dankbar für bessere Vorschläge ;)), um dominant in die Situation einzusteigen, fällt mir aber sehr schwer und es fühlt sich ungewohnt an, was sie dann natürlich auch merkt.
      ungewohnt aber nicht falsch......!

      ...mach Dich bereit und erwarte mich......... ;)
      An den Kreuzungen des Lebens stehen leider keine Wegweiser.