Einvernehmlichkeit außerhalb szenetypischer Absprachen

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      Einvernehmlichkeit außerhalb szenetypischer Absprachen

      Wie steht ihr eigentlich zu gelebtem oder dargestellten Sex bei dem kein Einverständnis zu den verschiedenen Handlungen eingeholt wird?

      Ab wo wird es problematisch und was ist (noch) okay?

      Also aus eurer moralischen Sicht oder eurem persönlichen Empfinden?

      Meiner Meinung nach darf man sich schon ein ganzes Stück weit an nonverbalen Signalen orientieren ohne explizit zu fragen. Man sollte sich die Mühe machen auf sie zu achten und sie zu deuten.

      Aber es gibt so einige Dinge bei denen ich eine Grenze überschritten sehe, wenn nicht zumindest bevor man es zum ersten Mal miteinander tut eine kurze Rückversicherung stattfindet, dass es in Ordnung ist.

      Z.B. darüber in welche Körperöffnungen man (geschützt bzw. ungeschützt oder mit Spielzeug) eindringen darf, ob es okay ist die Bewegungsfreiheit einzuschränken oder auch den Kopf einer Person zu lenken oder beim Oralverkehr festzuhalten.

      Die "darüber reden zerstört die Stimmung" Fraktion die lieber einfach macht finde ich ziemlich gruselig. :fie:

      Wenn man sich erst bemerkbar machen muss, wenn eine Sache schon läuft wurde man trotzdem schon übergangen.

      Wie sind eure Gedanken dazu?
      .... mhm... ich mag da etwas "abgebrüht sein" oder irgendwie "ganz klar" ...

      befinde ich mich in einem Machtgefälle oder in den Anfängen, muss ich grundsätzlich mit allem rechnen, was mein Gegenüber als lustvoll empfinden kann...
      Gibt es aufgrund meines Erlebens und meiner Erfahrungen irgendwo Resentiments , stellte ich dies von Anfang an klar, um eben nicht gleich irgendetwas zu riskieren, was einen erstmal ausbremst.

      Allerdings kann man nie eine Garantie dafür geben, wie etwas sich entwickelt...

      Und manchmal sind es gerade dann die Situationen, die einen enorm verbinden und nicht trennen.
      @Io_ Ich stehe gerade etwas auf dem Schlauch. In welchem Kontext steht denn deine Frage? Beziehst du dich auf eine Konstellation im privaten Rahmen oder im öffentlichen Bereich (Club/Veranstaltung) oder generell/egal? Und wo siehst du den Unterschied zwischen szenetypischer Absprache und der Absprache, wer wann was in welche meiner Körperöffnung (als Beispiel) einführen darf?
      @Promise

      Ich beziehe mich z.B. auf die Kennenlernphase von Paaren die sich nicht in der Szene bewegen.
      Oder auf Onenightstands.
      Auf Darstellung von Sexszenen in Unterhaltungsmedien.
      Auf Beziehungen in denen vielleicht nicht so wichtig genommen wird ob beide Lust haben oder was okay ist für beide.
      Also ganz allgemein betrachtet, nicht oder nicht in erster Linie auf BDSMler die sich ihrer Neigung bewusst sind bezogen.

      Ich empfinde die Uneinigkeit , wie mit dem überprüfen von Einvernehmlichkeit
      -oder damit wie wichtig sie überhaupt genommen wird-
      umgegangen wird, außerhalb der Szene als deutlich größer als innerhalb und moralisch und emotional entsprechend durchaus problematisch.

      Z.B. die Möglichkeit jederzeit abzubrechen ist doch etwas woran sich leider noch die Geister scheiden und die Haltungen weit auseinander gehen.
      Manch ein Mann rennt z.B. mit dem Anspruch darauf herum, dass Frau es auch wenn sie etwas nicht will zuende zu bringen hat so dass er einen Orgasmus bekommt.
      Oder wenn etwas grundsätzlich okay ist für jemanden aber gerade nicht oder nicht mit diesem Menschen, dass sein Nein dann wirklich erst genommen wird.
      Oder wenn Dinge einfach getan werden ohne zu wissen wie der Partner dazu steht.
      Oder das leidige Thema, dass angeblich bei jeder Frau etwas Widerstand überwunden werden will, weil Frau sich eben ziert.

      Ich hoffe es wird klar was ich meine, mir geht's um die sehr verschieden Umgehensweisen mit der Thematik.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Io_ () aus folgendem Grund: Lesbarkeit verbessert

      @Io

      Der alleinstehende Satz in der Mitte braucht ein paar Kommata. Ich habe ihn verstanden und ich bin sehr vertraut mit dieser Problematik, um es mal so zu formulieren.

      Aber ich grätsch da mal entschieden in den Absatz "Dass Frau es [...] zuende zu bringen hat so dass er einen Orgasmus bekommt."
      Sorry, aber... Bitte?!
      Ich kann nichts mit ihr machen, wozu sie keine Lust hat, ganz einfach.
      Menschen, die sich klar über jemanden hinwegsetzen, über seine Grenzen und Gefühle, brauchen keine:n Sub, sondern einen guten Therapeuten.
      Ich kann das nicht anders sagen und will ich auch gar nicht.
      Sowas macht Menschen kaputt.
      Das war ein Trigger für mich, entschuldige, wenn ich ein bisschen emotional geworden bin.

      Io_ schrieb:

      @Promise

      Ich beziehe mich z.B. auf die Kennenlernphase von Paaren die sich nicht in der Szene bewegen.
      Oder auf Onenightstands.
      Auf Darstellung von Sexszenen in Unterhaltungsmedien.
      Auf Beziehungen in denen vielleicht nicht so wichtig genommen wird ob beide Lust haben oder was okay ist für beide.
      Also ganz allgemein betrachtet, nicht oder nicht in erster Linie auf BDSMler die sich ihrer Neigung bewusst sind bezogen.

      (…)

      Hm, zunächst einmal: Grundsätzlich wird man außerhalb der BDSM-Szene keine szenetypische Herangehensweise wie z.B. SSC voraussetzen können, um die Einvernehmlichkeit sexueller Praktiken zu klären bzw. die Kommunikation während des Liebesspiels zu klären.
      In den von Dir genannten Beispielen erscheinen entsprechende Absprachen, zumindest was meine „alten Vanillaerfahrungen“ angeht, unüblich.



      Io_ schrieb:

      (…)

      Z.B. die Möglichkeit jederzeit abzubrechen ist doch etwas woran sich leider noch die Geister scheiden und die Haltungen weit auseinander gehen.
      Manch ein Mann rennt z.B. mit dem Anspruch darauf herum, dass Frau es auch wenn sie etwas nicht will zuende zu bringen hat so dass er einen Orgasmus bekommt.
      Oder wenn etwas grundsätzlich okay ist für jemanden aber gerade nicht oder nicht mit diesem Menschen, dass sein Nein dann wirklich erst genommen wird.
      Oder wenn Dinge einfach getan werden ohne zu wissen wie der Partner dazu steht.
      Oder das leidige Thema, dass angeblich bei jeder Frau etwas Widerstand überwunden werden will, weil Frau sich eben ziert.

      (…)
      Das sind wichtige Beispiele, die am Ende einfach die Wichtigkeit betonen, über seine sexuellen Wünsche und Grenzen zu sprechen, egal ob man sich im Vanilla- oder BDSM-Kontext bewegt.
      Leider scheinen da wirklich noch gruselige Vorstellungen zu bestehen.
      Am Ende muss sich aber jeder sexuell aktive Mensch jederzeit sicher sein können, nicht in den strafrechtliche Bereich zu rutschen. Wobei respektloser Umgang gegenüber dem jeweiligen Sexualpartner schon weit eher beginnt….


      Und zu einem Satz aus Deinem ersten Posting:

      Io_ schrieb:

      (…)

      Die "darüber reden zerstört die Stimmung" Fraktion die lieber einfach macht finde ich ziemlich gruselig. :fie:


      (…)

      Das ist allerdings gruselig. Aber in der Tat ist mir die Haltung früher bei Vanillafrauen begegnet. Bloß nicht genau darüber reden, das zerstöre die Stimmung und außerdem sei es doch viel schöner, wenn der Mann selber entdecke, was ihr Freude bereite…

      Danke für nichts! Auch der einfühlsamste Partner ist kein Hellseher, und nicht alle Frauen „funktionieren“ bei durchaus ähnlicher Anatomie gleich!
      @vengys

      Ich wollte dich nicht triggern.

      Es ist Teil meiner eigenen Erfahrungen, dass ich "liefern" musste egal ob ich wollte oder Schmerzen hatte.
      Auch andere rückblickend sehr problematische Haltungen sind mir gerade außerhalb der Szene begegnet.

      Und ich scheine wohl nicht alleine mit dem Empfinden, dass BDSM einen gewissen Schutz bedeutet.
      Auf der Seite von deviance App hatte ich vor einiger Zeit einen Artikel entdeckt der auch in die Richtung geht, dass Vanillasex gefährlicher sein kann als BDSM. Und ich hatte sofort das Gefühl genau das trifft es.
      @Gordon

      Das erinnert mich an die Teeniemädchen in meinem damaligen Umfeld ( etwa Mitte 00er Jahre war das) die Masturbation für sich ablehnten, weil es Aufgabe des Mannes ist herauszufinden was sie mögen und es außerdem irgendwie unanständig wäre.
      Oder in einer Beziehung wie Fremdgehen und andere rückständige Haltungen.

      Jemanden abholen hin zum drüber sprechen wer was mag ist natürlich unter solchen Vorraussetzungen nicht so leicht umsetzbar.

      Geht aber auch in die Richtung von problematischen Vorstellungen die ich im Sinn hatte beim erstellen..

      Io_ schrieb:

      @Gordon

      Das erinnert mich an die Teeniemädchen in meinem damaligen Umfeld ( etwa Mitte 00er Jahre war das) die Masturbation für sich ablehnten, weil es Aufgabe des Mannes ist herauszufinden was sie mögen und es außerdem irgendwie unanständig wäre.
      Oder in einer Beziehung wie Fremdgehen und andere rückständige Haltungen.

      (…)

      Tja, und das zeigt leider ein gesellschaftliches Grundproblem: bei aller Freizügigkeit und Aufgeklärtheit scheint eine vernünftige Sexualerziehung, sei es im Elternhaus, sei es in der Schule weiterhin Glückssache.
      Wobei ich es aus der Elternperspektive als zweier beginnend pubertierender Kinder (Junge, Mädchen) absolut nicht einfach finde, ihnen überhaupt die Informationen zu geben, die sie haben wollen.

      Erstaunlich, dass sich solche Haltungen bis in die heutige Zeit nicht tot zu bekommen sind…

      Io_ schrieb:

      @vengys

      Ich wollte dich nicht triggern.

      Es ist Teil meiner eigenen Erfahrungen, dass ich "liefern" musste egal ob ich wollte oder Schmerzen hatte.
      Auch andere rückblickend sehr problematische Haltungen sind mir gerade außerhalb der Szene begegnet.

      Und ich scheine wohl nicht alleine mit dem Empfinden, dass BDSM einen gewissen Schutz bedeutet.
      Auf der Seite von deviance App hatte ich vor einiger Zeit einen Artikel entdeckt der auch in die Richtung geht, dass Vanillasex gefährlicher sein kann als BDSM. Und ich hatte sofort das Gefühl genau das trifft es.
      Ist schon okay, du kannst ja gar nichts dafür. ;)

      Ich weiß, dass viele Frauen diese Erfahrungen machen.
      Gestern habe ich ein Gespräch geführt, das mir auf beängstigende Weise klar gemacht hat, dass es aus dem BDSM für mich keinen Weg zurück geben kann, die letzten Zweifel wurden ausgeräumt.
      Mein Gesprächspartner meinte nämlich, wenn er mit einer Unbekannten Sex hat, ist sie ihm egal. Er lebt sich aus, Er empfindet nichts für sie, darum kann er machen, was er will.
      Ich verstehe auch die Haltung der Frauen in der Situation zum Teil(!), sie glauben, das muss so sein, so ist es "richtig" und... einige wollen auch gefallen und halten es einfach aus.
      Gerade Frauen mit einem ausgeprägten Masochismus tendieren dazu, es einfach geschehen zu lassen, denke ich.
      Ich bin noch nicht ganz durch mit dem Thema, aber beende meinen Beitrag erstmal.
      @vengys

      Da muss ich jetzt auch sagen, dass es mich triggert.

      Ich habe auch viel über mich ergehen lassen, weil ich keine Alternative sah.
      Ich musste ggf. wählen zwischen oral und vaginal und es zuende bringen. Mein Partner hat das verlangt und ich hatte nichts entgegen zu setzen.
      Es war der Anspruch der zu erfüllen war und fertig. Ich war gedanklich dann woanders um es auszuhalten. Später kamen noch Einschränkungen meiner Sozialkontakte dazu.

      Das hat nichts, absolut gar nichts mit den Gefühlen zu tun die ich heute habe, wenn mir jemand zum gemeinsamen Vergnügen Schmerzen zufügt. Also bitte nicht mit Masochismus in einen Topf werfen.

      Solche Typen wie du sie beschreibst sind unter anderem das was mir Sorgen bereitet. Das kann schlimme Folgen haben für die Partnerin.

      Und solche Menschen halten sich für genauso "normal" und es gibt keine Abgrenzung zu Menschen die genauso viel Wert legen auf Einvernehmlichkeit wie es unter "uns" üblich ist. Nur eben ohne den Wunsch nach bestimmten Praktiken oder einem Machtgefälle.
      Erschreckend solche Sachen zu hören ;(
      Da habe ich wohl viel Glück gehabt. Hatte bis jetzt sowohl bei Vanilla-Sex wie auch bei BDSM-Sex immer sehr rücksichtsvolle Partner. Habe noch nie eine Situation erlebt in der ich mich unwohl fühlte. Egal ob vorher genaue Absprachen stattgefunden haben oder nicht.
      Aber stimmt natürlich schon, dass im BDSM-Bereich vorher in der Regel darüber gesprochen wird und bei Vanillas macht man einfach mal :pardon:
      Da wird dann zwar sicher auch mal über Vorlieben, Wünsche etc. geredet aber vielleicht nicht so direkt und nicht schon von Beginn an.

      Interessant wenn man mal so genauer darüber nachdenkt.
      @vengys

      Gefühlte oder tatsächliche Ausweglosigkeit bei Gewalt oder sexuellen Handlungen
      die man nicht will geht oft damit einher, dass Menschen innerlich wegtreten oder das Erlebte von sich abspalten. Und eben aushalten.
      Auch z.B. in der (Zwangs)prostitution leider sehr häufig.

      Und ebenfalls ein unschönes Thema, Gewalt gegen Frauen eskaliert oft nach der Trennung.
      Das macht bleiben manchmal zur weniger gefährlichen Alternative.
      Auch da, das sagt die Statistik genau wie auch meine persönliche Erfahrung.

      Edit: Ich führe das nur ungern aus, weil ich mich nicht gerne rechtfertige dafür, aber die Mechanismen sind leider wenig bekannt.
      Ich gehöre zu denen, denen "Nein heißt Nein" nicht genug ist. Denn wenn man in der Situation "Nein" sagen muss (das Safewort für alle, die kein Safewort nutzen oder im Vanillabereich nicht wissen, dass es sowas gibt) ist schon etwas zu weit gegangen. Da wurden schon Grenzen angekratzt.
      Noch schlimmer ist das, wenn manche in bestimmten Situationen kein Wort mehr heraus bekommen oder vielleicht nicht das Selbstbewusstsein haben, "Nein" zu sagen.

      Ich bin also sehr für Consent, also sich vorher! darauf zu einigen, was geht und was nicht. Wenn dafür keine Zeit ist, dann läuft bei mir eher nichts.

      In diesem Rahmen gilt für mich in meiner Partnerschaft, dass ich nicht nein sage und er "machen kann, was er will". Ich habe ihn natürlich informiert und werde ihn auch weiter informieren, wenn etwas für oder gegen bestimmte Praktiken zu bestimmten Zeiten spricht. Aber die Entscheidung liegt bei ihm. Dabei liegt schon ein gewisser Reiz für mich darin, wenn etwas passiert, dass ich so in dem Moment nicht "ausgesucht" hätte.
      -Es gibt nix, wo mehr Erotik ausstrahlt, wie wenn man mit Worten und Sprache gut umgehen tut. -