Neue Welt

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

      In meinem Blogbeitrag Ruhige Welt habe ich über meine Schwerhörigkeit geschrieben und würde das Thema gerne nochmal aufgreifen, wenn auch diesmal auf eine andere Art.

      Ich lebe schon immer mit der Angst mein Gehör zu verlieren. Immer wieder habe ich mir Gedanken darüber gemacht, Gebärdensprache lernen zu wollen, als Sicherheit für mich und weil diese Sprache mich auch einfach interessiert. Doch wie es immer so ist, es gab andere Dinge zu tun und Zeit ist bekanntlich nur selten genug da.

      Ich habe mich mit @Nachtwanderer darüber unterhalten und er sagte sofort, klar mach und ich mach mit. Ich will ja im Fall der Fälle direkt weiter mit dir kommunizieren können.
      Wir unterhielten uns öfter darüber, ja wollen wir machen, nur wann? Arbeit, Leben etc.

      Irgendwann habe ich mich hingesetzt und mich einfach für einen Onlinekurs angemeldet, die Zeiten passten leider nicht zu seinen Möglichkeiten, aber wir einigten uns darauf, dass ich ihm zeige was ich lerne.
      Je näher der Termin zum Start rückte, umso unsicherer und aufgeregter wurde ich.

      "Würde ich das schaffen? Würde ich mich nicht zu doof anstellen? Würde ich mich blamieren?" solche und ähnliche Gedanken hatte ich ihm Kopf. Sprachen liegen mir nämlich nicht, so gar nicht.

      Dann war es soweit, für die ersten Minuten noch mit einer Dolmetscherin und danach nur noch wir, die Teilnehmer und die Dozentin.

      Plötzlich öffnet sich eine für mich vollkommen neue Welt. Eine Welt, in der ich mich von Anfang zu Hause fühlte. Eine Welt, in der ich einfach ich sein konnte, ohne Angst haben zu müssen, mal wieder etwas nicht oder nicht richtig zu verstehen, etwas falsches/unsinniges zu antworten, etwas nicht mitzubekommen was ich doch hätte mitbekommen müssen.

      Ich glaube nach der zweiten Stunde war es, dass ich mit Nachtwanderer auf dem Bett saß abends und erzählte, dass die Welt der Hörenden nicht meine ist. Die Welt der Gebärdensprache allerdings schon.

      Im Gegensatz zu meinen Zweifeln vor Beginn des Kurses fällt mir die Gebärdensprache sehr leicht zu lernen. Ich gucke selbst im Alltag immer mal wieder Worte nach, wenn ich überlege wie ich einen Satz gebärden würde.
      Jeden Abend nach dem Kurs, egal wie anstrengend, stressig, chaotisch mein Tag auch war, war ich glücklich und strahlte über das ganze Gesicht.

      Unsere Dozentin hat uns teilweise echt mit vielen Vokabeln in einer Stunde gequält, aber auch da, egal wie anstrengend es war, jede Stunde hat meiner Seele etwas mehr Frieden geschenkt.

      Zum Abschied des ersten Kurses, hatten wir eine rein symbolische Taufe mit unserem Gebärdennamen. Diesen kann man sich selber aussuchen und auch bei Bedarf noch ändern, es ist kein irgendwo offiziell hinterlegter Name.

      Jetzt ist der zweite Kurs gestartet und ich freue mich unheimlich darauf was dann alles kommt. Was ich dann lernen darf, um in der Sprache meiner neuen Welt besser zu werden.
      Ich weiß schon jetzt, auch dieser Kurs war nicht der Letzte.
      Wir hatten uns ja schon über dieses Thema unterhalten und ich habe dir berichtet, dass ich beim Einkaufen ein Paar beim Gebärdensprechen beobachten durfte. Ich fand das Ganze sehr friedvoll und sanft, obwohl bei Meinungsverschiedenheiten bestimmt auch mit Gesten die Post abgehen und negative Gefühle transportiert werden können.

      In deinem Blog hat mich jetzt folgende Passage ein wenig irritiert:

      Teufelanna schrieb:

      Eine Welt, in der ich einfach ich sein konnte, ohne Angst haben zu müssen, mal wieder etwas nicht oder nicht richtig zu verstehen, etwas falsches/unsinniges zu antworten, etwas nicht mitzubekommen was ich doch hätte mitbekommen müssen.
      Kann das da nicht auch passieren? Dass du etwas nicht verstehst?
      Weil du die Gebärden nicht kennst, weil jemand unsauber "spricht", weil du unaufmerksam bist?

      Wäre es nicht gut, wenn du dir eher ein dickes Fell zulegst, weil du nichts dafür kannst, dass du Sprache nicht hundertprozentig umsetzen kannst?
      Wovor hast du denn Angst? Was wären die Konsequenzen?

      Menschen die dich kennen, wissen um dein Handicap und du traust dich, bei ihnen nachzufragen.
      Die anderen werden aus deinem Leben leider nicht verschwinden und können DICH dann auch nicht verstehen, wenn du die Gebärdensprache nutzt :huggy:
      Auch wenn es widersprüchlich klingt:
      Ihr Ego muss stark genug sein, um seine begrenzte, defensive Haltung und Kontrolle aufgeben zu können.
      Sie brauchen ein starkes Ego, um das Ego transzendieren zu können.

      - John Bradshaw, Das Kind in uns -

      Isegrim_w_devot schrieb:



      Wovor hast du denn Angst? Was wären die Konsequenzen?
      Ich kann @Teufelanna gut verstehen .
      Wenn man mit dieser Einschränkung lebt, macht es manchmal müde, darauf hinzuweisen, eben nicht alles zu hören.
      Ich habe vor vielen Jahren eine massive Hirnblutung gehabt.
      Nach dem ich einigermaßen wieder ins Leben zurückgefunden habe, blieb bei mir eine Aphasie zurück.
      Manchmal ist meine Sprache und auch so ein Text wie dieser, etwas "geschraubt" und ich verwechsel Worte oder Begriffe.
      Mein Umfeld kennt mich Da gibt es kein Problem.
      Andere werden mitunter damit konfrontiert.
      Mir ist das inzwischen komplett egal, wenn sie dann der Meinung sind. ich wäre geistig minderbemittelt
      Aber das war früher nicht so..
      Das Leben ist kein Ponyhof. Aber geritten wird trotzdem !

      Isegrim_w_devot schrieb:

      In deinem Blog hat mich jetzt folgende Passage ein wenig irritiert:

      Teufelanna schrieb:

      Eine Welt, in der ich einfach ich sein konnte, ohne Angst haben zu müssen, mal wieder etwas nicht oder nicht richtig zu verstehen, etwas falsches/unsinniges zu antworten, etwas nicht mitzubekommen was ich doch hätte mitbekommen müssen.
      Kann das da nicht auch passieren? Dass du etwas nicht verstehst?Weil du die Gebärden nicht kennst, weil jemand unsauber "spricht", weil du unaufmerksam bist?

      Wäre es nicht gut, wenn du dir eher ein dickes Fell zulegst, weil du nichts dafür kannst, dass du Sprache nicht hundertprozentig umsetzen kannst?
      Wovor hast du denn Angst? Was wären die Konsequenzen?

      Menschen die dich kennen, wissen um dein Handicap und du traust dich, bei ihnen nachzufragen.
      Die anderen werden aus deinem Leben leider nicht verschwinden und können DICH dann auch nicht verstehen, wenn du die Gebärdensprache nutzt :huggy:
      Natürlich kann es passieren, dass ich aufgrund mangelndem Wissen etwas auch in dieser Sprache nicht verstehe (Unaufmerksamkeit/etc.)
      Aber das ist etwas anderes als es aufgrund meiner Hörschwäche zu tun, einfach weil die Hörschwäche ein permanenter Dauerzustand ist.

      Ich weiß nicht ob es für jemanden dem es nicht so geht, verständlich ist, wie peinlich es sein/werden kann.
      Gerade auch beruflich, kann ich mich da tierisch blamieren.

      Da hilft leider auch kein dickes Fell
      @Isegrim_w_devot Keine Ahnung was mein Problem ist (so viel ich weiß, höre ich gut), aber ich habe sehr oft das Problem, dass ich nochmal nachfragen muss, was jemand gesagt hat. Teilweise auch zwei, drei mal.
      Manchmal werde ich der Sache müde und lasse es dann bleiben. Dann merke ich, dass ich nicht verstanden habe, was jemand gesagt hat und ich lächle nur und nicke in der Hoffnung damit das Gespräch zu beenden.
      Die Situationen sind enorm ermüdend.

      Ich spreche nicht die Gebärdensprache, sondern kann nur einzelne Wörter aus einem vereinfachten System. Trotzdem stelle ich es mir sehr angenehm vor, wenn man sich nicht ständig enorm anstrengen muss um jemanden verstehen zu können.
      Vor Allem sollte der Unterschied sein, dass man weiß mit Vokabellernen kann man sich verbessern, während man bei der gesprochenen Sprache den Problemen hilflos ausgeliefert ist.

      Also @Teufelanna ich freue mich für dich, dass du diese Welt für dich entdeckt hast. Vielleicht kannst du ja Nachtwanderer dazu motivieren auch ein wenig dieser Sprache zu erlernen.
      Wahr sind nur die Erinnerungen, die wir mit uns tragen; die Träume, die wir spinnen, und die Sehnsüchte, die uns treiben.

      Die Feuerzangenbowle; Heinrich Spoerl
      @Teufelanna :thumbsup: :thumbsup:

      finde ich echt super...ich muss beruflich oft mit Menschen kommunizieren, die auch schon mal eine Hörbehinderung haben.

      Gebärdensprache zu können hat einige Vorteile......... :love: :love: :whistling: auch wenn man keine Hörbehinderung hat.......(ich kann telefonieren und gleichzeitig über Gebärdensprache wem anders was mitteilen- im lautem Restaurant kann ich meinem Gegenüber am anderen Ende des Tisches etwas "sagen").


      Für Dich ist es eine Bereicherung und absolut positiv........weiter so und viel Erfolg bei Deinen Kursen. :blumen: :blumen: .....nutze die positiven Seiten für Dich
      An den Kreuzungen des Lebens stehen leider keine Wegweiser.
      freue mich für dich das du , die Gebärdensprache er lernen kannst.

      Mein Patenkind ist auch schwerhörig und lernt in ihrer Schule auch die Gebärdensprache sie hat mir schon ein paar Buchstaben bei gebracht finde das sehr interessant.


      Wünsche dir viel Glück in der neuen Welt
      Eine Frau die sich selbst unterwirft kann nicht gedemütigt werden. Sie hat den absoluten Vorteil sich in selbstgewählter Weise einem selbstgewählten Menschen unterworfen zu haben und wird dadurch unverletzlich.
      • Simone de Beauvoir