05.12.2022 ✷ Die Soiree

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

      05.12.2022 ✷ Die Soiree

      Wenn euch die Geschichte gefallen hat, dann freut sich die Autorin über eure Likes und Kommentare!
      Bitte liked jedoch nicht diesen Beitrag, da er nicht von der Autorin eingestellt wurde, sondern im Rahmen des Geschichtenadventskalenders.
      Die Autorin wird, sofern sie es möchte, zeitnah hier eine Antwort posten. Diese dann bitte liken, so dass eure Likes auch bei ihr ankommen.


      ✵ 5. Dezember ✵

      ╔═════════ » ✵ « ═════════╗

      Die Soiree

      ╚═════════ » ✵ « ═════════╝

      von Rose of Roissy


      Lieber Leser,
      erlaube mir, dir einen Traum zu erzählen. Eine Geschichte, so unwahrscheinlich, so absurd perfekt, dass sie nicht real sein konnte. Sie ist ein Wintermärchen und der Beginn einer Reise. Ich lade dich ein, dir selbst ein Urteil zu bilden und mit mir zu träumen.

      Meine Tage flogen nur so dahin. Zwischen Arbeit, Feierabend und den Gesprächen mit dir. Als ich im ersten oder zweiten Gespräch mit dir scherzhaft eine Einladung aussprach und du ohne den Hauch eines Zögerns geantwortet hast: „Natürlich“, war mir klar, diese Einladung würde Realität werden. Irgendwann.

      Dieses „Irgendwann” wurde konkret, als du davon erzählt hast, dass du eifersüchtig auf jene anderen Männer bei Gentledom warst, welche früher meine Freunde wurden, als du. Als du mir zum ersten Mal schriebst: „Du. Bist. Mein“ und als du es mir zum ersten Mal am Telefon ins Ohr rauntest. Mit deiner hellen, offenen und warmen Stimme, die mir die Sterne vom Himmel holte und die mich doch, bewusst eingesetzt, problemlos auf die Knie brachte. Ein Gedanke manifestierte sich. Eine Erinnerung an einen Traum, den ich kaum zu träumen wagte. Ich begann, die Einladung zu gestalten und da ich wusste, dass wir beide Hobby-Mediävisten waren, entschied ich mich für eine Einladung im Stil einer mittelalterlichen Handschrift. Es dauerte zwei Tage, sie abzuschließen. Als ich die letzten karolingischen Minuskeln fertig, die Initialen vergoldet und das Gefühl hatte, dass es gut so war, schickte ich dir ein Foto der Einladung. Unsere „Soiree der O“ war geboren.

      Die Einladung verfehlte ihre Wirkung nicht. Deine Überraschung wich einer stetigen, fast kindlichen Vorfreude. Auf fast drei Tage mit einer Frau, die du noch nie zuvor persönlich getroffen hattest. Einer Frau, die dir unheimlich nah war. In ihrer Einstellung, ihren Ansichten und nicht zuletzt ihren Vorlieben. Deiner O? Endlich würdest du sie schmecken, riechen und fühlen dürfen. Die Soiree fand am 5.12.2020 statt. Einen Tag vor Nikolaus und tatsächlich gab es spielerische Überlegungen, eine Rute einzupacken. Doch welch Frevel an einer solchen Soiree – nein! Sie sollte ein hedonistisches Fest der Sinne und der Freude werden.

      Unser großer Wunsch ging damit in Erfüllung. Doch das Schönste war, dass es bei mir zuhause stattfinden konnte. In meinem Roissy am See, wie ich es schon in meinem Profil stehen hatte. Seit Tagen war ich damit beschäftigt, alles herzurichten. Ich wischte Staub, entfernte große und kleine Spinnweben in den Ecken, beriet mich mit meinem Mann über die Wahl des Menüs.

      Es sollte etwas Besonderes sein. Ein wenig Magie im sonst so geregelten Alltag. Nicht nur das Haus sollte strahlen und glänzen, sondern auch die weibliche Hauptperson. Am Freitag, der Tag, an dem du anreisen würdest, hatte ich einen Termin beim Friseur. Neues Glück, neue Farbe. Schön zu sein, soweit es die Rahmenbedingungen zuließen, war mir wichtig. Diese rituellen Vorbereitungen halfen mir, zur Ruhe und in die richtige Stimmung zu kommen. Emotionale Vorbereitung sozusagen. Die Playlist für diesen Abend würde alles beinhalten, was uns ausmachte: Klassische Musik zum Aperitif, französisches Chanson und skandinavischen slow-Jazz zum Essen. Später gefolgt von ruhiger, etwas mystischer Ambient- und Ritualmusik. Das Haus war schon vorweihnachtlich mit Girlanden geschmückt, Lichterketten spendeten ein warmweißes Licht. Duftkerzen in beerigen Noten unterstrichen die Jahreszeit. Du solltest dich wohlfühlen. In jeder Hinsicht. Ich hatte einen Plan im Kopf, wie ich wirken wollte, was ich tun, wie ich riechen wollte.

      Noch drei Tage. Betten wurden bezogen und auch das Gästebett wurde vorbereitet. Ein letztes Mal Staubwischen, Dekoration vorbereiten. Noch einmal das Dessert kontrollieren und die Einkaufsliste für das Wochenende schreiben. Nach einigen Vorschlägen entschied ich mich für drei Gänge mit Weinbegleitung. Maßgeblich war natürlich die Empfehlung bzw. der Wunsch meines ersten Mannes, doch ich versuchte natürlich deine mir bereits bekannten Vorlieben zu berücksichtigen. Die Messlatte lag hoch, denn ich wusste um einen exquisiten Geschmack und dein Kochtalent. Eine zum Winter passende Suppe, ein Gericht vom Rind und ein selbst gemachtes Parfait mit Fruchtgarnitur und etwas Schokolade. So, wie ich die Playlist zusammenstellte, wählte ich auch den Wein aus. Leicht und trocken zum Einstieg mit einem Rheinhessischen Riesling, opulent-vollmundig zum Hauptgang mit einem Cairanne aus Frankreich bzw. einem Vintage Port, je nach Wahl, sowie den vorzüglichen Eiswein, den ich vor einiger Zeit von der Mosel mitgebracht hatte, zum Dessert.

      Nachdem ich vom Friseur kam, fiel mein Haar in großen, sanften Wellen auf die Schultern hinab und umrahmte mein abendlich, aber dezent geschminktes Gesicht. Lidschatten eher zurückhaltend, dafür einen umso intensiveren Lippenstift passend zum Kleid. Sowohl Vorspeise als auch Dessert waren bereits vorbereitet und der Hauptgang vorgegart, so dass ich mich glücklicherweise nur dem Braten des Hauptganges sowie der Zubereitung der Beilagen widmen musste. Noch fünf Stunden bis zu deiner Ankunft. Vorfreude mischte sich mit Angst. Angst, nicht genug zu sein. Nicht gut zu sein. Mich und meinen Mann zu blamieren. Gleich, wie sehr ich versuchte, diese negativen Gedanken nicht an mich heranzulassen, sie suchten sich immer wieder ihren Weg an die Oberfläche. Ich war nicht immer so selbstsicher, wie die Menschen dachten. Und gerade jenseits gängiger Normen erlebt man viel Unschönes. Ich war mir im Klaren darüber, dass es viel gab, was ich noch nicht kannte, nicht wusste oder nie erlebt hatte, aber ich wünschte mir, alle Selbstzweifel an diesem Wochenende über Bord werfen zu können und ganz die O zu sein, die ich mir immer vorgestellt habe, zu werden. Bereit, mit dir auf eine Reise zu gehen.
      Teelichter fanden ihren Weg in die dafür vorgesehenen Halter, frische Blumen wurden auf dem Esstisch arrangiert. Flankiert von zwei silbernen Leuchtern stand ein kleines Bouquet aus Rosen und Disteln in der Tischmitte des großen, massiven Eichentisches. Ich begann, für die Suppe einzudecken. Alle Gläser und das Besteck waren poliert, die Servietten, eigens für dieses Event erworbene Leinenservietten, gebügelt und gerollt und in selbst gemachten Serviettenringen platziert. Etwa zehn Minuten später wählte ich die Farbe des Nagellackes ebenfalls passend zum Kleid in einem dunklen Weinrot. Das Kleid hing wie ein Versprechen an der Tür. Es war eine Überraschung für dich, denn ich hatte nur die Farben zur Wahl gestellt, ohne weitere Details zu nennen.

      Als die Farbe auf meinen Nägeln getrocknet war, schaute ich erneut auf die Uhr: Noch drei Stunden. Zeit genug, sich mental vorzubereiten und alles Spielzeug zu reinigen. Ich holte diverse Plugs und Dildos und reinigte sie. Wir hatten ein kleines Schränkchen unter einer Dachschräge im Wohnzimmer, worauf ich alles bereitlegte. Auch die Seile, die hoffentlich zum Einsatz kämen. Auch den Knebel, um den ich bitten würde, falls ich unter den Hieben eurer Peitschen tanzen würde. Neben Rohrstock, Rosshaarpeitsche und Flogger platzierte ich Reitgerten in verschiedenen Ausführungen, eine Tawse und eine Kantschu auf diesem Schränkchen. Letztere ist für geübte Hände und keinesfalls zu unterschätzen. Zweifel kamen auf; ging ich zu weit? Würde mein Vertrauen gerechtfertigt sein? Der Gedanke, meinen Mann noch dabeizuhaben, spendete mir Sicherheit. Er würde nicht zulassen, dass es aus dem Ruder läuft. Alles wurde ansehnlich drapiert – in greifbarer Nähe zu dem Platz, an dem die Deckenbalken optimal waren, um daran befestigt zu werden.

      Ich wurde unruhig und nervös. Ich trug eine leichte Lotion auf, welche die Haut zart machte und nach Verbene roch. Ich fühlte mich schön. Ein Blick in den Spiegel bestätigte dies. Das Outfit sah anregend aus. Es war ein Kleid der O, welches die Brust frei ließ. Bei Bedarf konnte der geteilte Rock seitlich gerafft werden, um den Zugang zu erleichtern und den Blick auf meinen Schoß freizugeben. Für den Moment trug ich ihn noch geschlossen, aber ich war gespannt, wann und ob sich das ändern würde. Ich würde eine inspirierende, aber stumme Dienerin sein, deren Ziel es war, ihren Herren einen unvergesslichen Abend zu bereiten. Eine Messenger-Nachricht teilte mir mit, dass du in ungefähr einer Stunde eintreffen würdest. Zeit also, mit dem Frühstück zu beginnen. Ich stellte den eigens für dieses Wochenende erworbenen Assam-Tee bereit, deckte den Tisch und drapierte Wurst und Käse auf Schieferplatten. Als musikalische Untermalung gab es Bach. Noch 10 Minuten. Ich ging hinunter und entzündete sämtliche Kerzen. Am Treppenhaus nach oben, auf diversen Ständern und in verschiedenen Windlichtern. Mein Mann hatte den Kamin angezündet und die wohlige Wärme des Holzfeuers machte sich bereits bemerkbar. Davon abgesehen schaffte das Feuer eine gemütliche Atmosphäre und es würde später am Abend den Raum beleuchten. Ich zog die Vorhänge zu, der Stoff schaffte zusätzliche Gemütlichkeit.

      Ein Klingeln riss mich aus meinem Tun. Schnell noch ein letzter Kontrollblick auf dem Weg zur Tür. Alles in Ordnung. Ich öffnete die Tür und bat dich hinein. Du warst sichtlich überrascht von diesem Anblick. Noch im Vorbeigehen zogst du sacht an meiner rechten Brustwarze. Ein kleiner Test? Ich hatte es nie erfahren. Aber es half mir, die Frage zu beantworten, ob ich denn ansprechend genug auf dich wirkte. Ich schätzte dich nicht als Schürzenjäger, als Frauenheld ein. Zu poetisch, zu sanft waren deine Worte gewesen. Zu speziell die Art und Weise, wie wir uns kennenlernten. Dann hast du mich aus deinen grau-blauen Augen angelächelt und aller Zweifel war besiegt. Ich nahm deine Jacke ab und hing sie auf. Sobald du alles abgelegt hattest und bereit warst, kniete ich mich vor dich hin, wie ich es gedanklich schon unzählige Male getan hatte. Unser kleines Ritual des Ankommens. Ich nahm deine rechte Hand und küsste die Handinnenfläche, ganz, wie ich es immer tat, wenn ich jemanden als O begrüßte und meinen Respekt zollte. Ich ging vom Flur ins Entree, wo auf einem Tisch zur linken ein weißes Tablett stand. Darauf stand der Aperitif. Ich reichte dir ein Glas. Mein Mann kam dazu und ich stellte euch einander vor. Dass ihr beiden den gleichen Vornamen habt, hielt ich schon immer für einen bemerkenswerten Zufall.

      „Schön, euch zu sehen. Seid bedankt für die Einladung zu diesem außergewöhnlichen Event.“

      Ihr hieltet euch noch etwas mit Smalltalk im Entree auf, nahmt aber bald eure Gläser und gingt ins Kaminzimmer. Wie es Zwillingen zu eigen war, hatte ich noch eine kleine Überraschung für dich vorbereitet. Du hattest in einem Nebensatz fallenlassen, wie sehr du offene Gewässer und Stege mochtest. Nichts lag folglich näher, als mit einem Riesling und zwei Weißweingläsern ans Bodenseeufer zu gehen, welches keine dreihundert Meter entfernt von unserem Haus lag. Wir gingen allein, mein Mann ließ uns etwas Zeit zu zweit. Zeit zum Ankommen, zum Kennenlernen. Ich ließ das O-Kleid an und trug einen schwarzen Wollmantel darüber. Auch die Edelstahlfesseln trug ich weiter, als wir das Haus verließen. Wir plauderten, wir schwiegen. Beides war schön. Ich führte dich an einem Internat vorbei und du dachtest dort zum ersten Mal laut darüber nach, den Arbeitsort zu wechseln. Was mich einerseits wahnsinnig überraschte, andererseits einfach nur freute, denn ich wusste ja aus vergangenen Gesprächen, dass es dir bei deinem aktuellen Arbeitgeber nicht gefiel. Hach! Es wäre zu schön, dich länger in meiner Nähe zu haben, dachte ich bei mir.

      Wir erreichten nach kurzer Zeit das Ufer und spazierten den Steg entlang. Es war etwa 14 Uhr. Trotz der Tageszeit war außer uns nur ein anderes Paar auf dem Steg zu sehen. Wir gingen bis zu dessen Ende und öffneten den Wein. Es war kalt, nur wenige Grad über Null. Der Wein war gut gekühlt und schmeckte vorzüglich. Wir schauten aufs Wasser, beobachteten die Wellen und je länger wir zusammen dort standen, desto näher kam ich dir. Ich stelle mich hinter dich, legte meine Arme um dich und mein Kinn auf deine Schulter. Du legtest eine Hand auf meine, die auf deinem Bauch ruhte. Ich fragte dich nach deinen Gedanken und du sprachst von „Gedanken ziehen lassen”, von „ankommen” und dem Stress der Vorweihnachtszeit zu „entkommen”. Das freute mich, denn immerhin sollte dies ein kleiner Urlaub für dich sein. Ein Rundum-Verwöhn-Paket plus sozusagen. Du erzähltest mir von deiner Familie und eurer Nähe zur See. Wir schwelgten in Erinnerungen an unsere imaginäre Hütte an der Bretonischen Küste, in der es nur uns gab. Keine Zeit, keine anderen Menschen – nur dich und mich. In dieser Hütte trafen wir uns beinahe jeden Abend. Wir träumten uns gemeinsam davon. Sie wurde unsere Zuflucht, wenn Familie oder Job uns zu sehr forderten.

      Wir spazierten noch etwas am Ufer entlang, den Blick auf dich oder das Wasser gerichtet. Schön war dieser Moment der inneren Ruhe. Der Wind strich mir unter den Rock, sein Hauch war kalt. Auch der Stahl um meine Handgelenke wollte nicht warm werden und so hielt mich mein Versprechen mit eisigem Griff. Manchmal wanderte deine Hand an meiner Hüfte entlang oder sie hielt meine Hand, als sei dies nicht unser erstes Treffen, sondern das Selbstverständlichste auf der Welt.
      Gegen 17 Uhr waren wir zurück. Während du es dir mit einem Gläschen Aperitif gemütlich machtest, ging ich unterdessen in die Küche und bereitete die Zucchinicremesuppe vor. Im Backofen befanden sich Parmesancracker, die zur Suppe serviert würden. Als alles bereit war, bat ich euch zu Tisch. Ihr nahmt Platz und nach einer kurzen Erklärung, worum es sich hierbei handelte, begannt ihr mit dem Mahl. Ich füllte die Weingläser und wartete geduldig im Hintergrund, bis man mir erlaubte, ebenfalls Platz zu nehmen. Man unterhielt sich über jenes und welches und wann immer ein Glas zur Neige ging, füllte ich auf. Als es Zeit für den Hauptgang wurde und ich gerade im Begriff war, abzuräumen, fasste mein Mann unter den Rock. Nur kurz, aber genug, um mich zu erregen.

      Der Hauptgang: Niedrigtemperaturgegarte Oxbäckle mit gebratener Polenta und Feldsalat, dazu ein vintage Portwein, welcher in der gleichen Farbe schimmerte wie mein Kleid. Das selbst gemachte Parfait mit irischem Sahnelikör war der kulinarische Höhepunkt des Abends und fand großen Zuspruch. Ebenso der Eiswein. Mit fortschreitender Zeit wurdet ihr redseliger, ich spürte, dass ihr euch öffnet und die anfängliche Scheu abgelegt wurde. Das beruhigte mich sehr, denn ich hatte Angst, die Chemie zwischen euch könne nicht stimmen.

      Später an diesem Abend, wir beide zogen uns auf das große Ledersofa vor dem Kamin zurück, überreichte ich dir einen Brief. Es handelte sich um zur Rolle geformtes Büttenpapier, umwickelt und verschlossen mit einem dunkelroten Band. Der Brief umfasste sechs Seiten. Er enthielt den ersten Teil meiner Beichte. Berichte aus der Vergangenheit sowie Hoffnungen für die Zukunft. Auf der letzten fasste ich allen Mut zusammen, um dir zu sagen, dass ich dich liebte. Denn das war es. Es war jenes unerschütterliche Sicher-sein, dass diese Seele zu mir gehörte. In dem Moment, als du mich zum ersten Mal berührtest, spürte ich meine Seele unsichtbare Bande knüpfen. Ein Verweben von Gedanken, Gefühlen in der absoluten Gewissheit, jede Suche hat ihr Ende - ich hatte meinen Zwilling gefunden. Den Brief nahmst du wortlos, aber neugierig, entgegen. Ich kniete mich zu deinen Füßen. Ganz selbstverständlich öffnete ich die Schenkel und präsentierte dir meine helle Brust mit den rosigen Spitzen. Ich sah dich an.

      Die ganze Zeit über, während du meine Zeilen lasest, schaute ich dir ins Gesicht, wollte keine noch so kleine Regung verpassen. Und wieder überraschtest du mich. Vielleicht lag es am Zusammenspiel aus dieser Atmosphäre und dem soeben Gelesenen, aber du beugtest dich zu mir und legtest meinen Kopf in deinen Schoß. Minutenlang strich deine Hand über mein Haar. In einem kleinen Moment des Innehaltens deiner Hand blickte ich in dein wundervolles Gesicht und sah, wie sehr du ergriffen warst. Du wirktest unglaublich weich und gefühlvoll. Wieder und wieder strich deine Hand von meiner Stirn bis zum Hinterkopf. Endlose, perfekte Augenblicke, die unwirklicher nicht sein konnten. Und dann lehntest du dich zurück und mit einem kleinen Wink befahlst du mir, nach oben zu kommen und mich hinzulegen.

      Mein Kopf auf deinem Schoß ruhend blickte ich dich schweigend an. Noch immer hattest du keinen Ton gesagt. Doch dann brachst du dein Schweigen. „Das war wundervoll. Dieser tiefe Einblick in deine Vergangenheit, deine Seele. Es ist ein großes Wort und ich gehe nicht achtlos damit um, aber ich liebe dich.” Äußerlich betrachtet lag ich weiterhin ruhig auf deinem Schoß, doch innerlich jubelte ich. Dieser Mann, eigentlich noch ein Fremder (schließlich sahen wir uns an diesem Wochenende zum ersten Mal), diese wundervolle Seele liebte mich! Es war magisch. Es war leise. Wir hatten einander gefunden und die Zeichen richtig interpretiert. Es gab keinen Plan B, keine Spielbeziehung ohne Tiefe.

      Und hier waren sie, zwei Erwachsene mit jeweils eigener Familie, eigenem Leben und doch fanden wir uns. Wir hielten uns und ja - es war offiziell - wir liebten uns. Es war beidseitig und zum ersten Mal fühlte es sich wieder richtig an, ich selbst zu sein. Um meiner selbst Willen geliebt zu werden, ist ein unglaubliches Geschenk. Ich nahm deine Hand und küsste sie sanft, ehe ich dir in diesem Moment den ersten Diamanten schenkte. Eine kleine Freudenträne rann funkelnd wie ein Edelstein aus meinem Augenwinkel über die Wange auf deinen Zeigefinger. Ein stilles Zeichen, wie glücklich du mich gerade gemacht hattest. Im Feuer des Kamins glitzerte die Spur der Träne und du strichst mit deinem Finger ihre Spur entlang. Diese kleinen Gesten würden stets das Besondere bleiben.

      Zwei Stunden später waren wir noch immer auf dem Sofa im Kaminzimmer. Ich hatte Holz nachgelegt, du unsere Gläser aufgefüllt und in jenem stillen Einvernehmen genossen wir. Zweisamkeit und Ruhe. Etwas, das du nach den letzten Wochen gut gebrauchen konntest und ich nur allzu gern gab. Etwas später kam mein Mann erneut zu uns. Er setzte sich zu uns, legte meine Schenkel auf seine, spreizte sie ein wenig und drang mit seinen Fingern in mich ein. Er ließ mich tanzen. Ich vergaß, wo ich war und löste mich in Gefühl auf. Mein Herz war übervoll, mein Schoß sehnte sich nach baldiger Erlösung. Du schautest mich an, lächelnd und ein wenig spitzbübisch. Und da lag ich nun, bei zwei Männern, die mich liebten und die ich liebte. Und just im Moment höchster Verzückung fülltest du meinen Mund mit deinem Daumen. Ein Knebel aus Fleisch und ein Teil von dir in mir. Überglücklich und bebend lag ich auf diesem Sofa. Erregte es dich, mich so zu sehen? Mein Mann trug mich über die Schwelle und allein dein Daumen verhinderte, dass auch die Nachbarn etwas davon hatten. Zum ersten Mal an diesem Abend war ich für euch den kleinen Tod gestorben.

      Etwas später gingen wir nach oben. In unserem Schlafzimmer gab es einen Dekokamin, in dem Kerzen brannten. Über dem Sims hingen allerhand Seile und sonstige Schlagwerkzeuge, die nicht auf dem Schränkchen unter der Schräge drapiert worden waren. Davor lag ein Schaffell, auf welches ich mich kniete. Eine Peitsche haltend wartete ich einige Minuten, ehe ich vorsichtig fragte, ob denn niemand wissen wolle, was ich so trieb? Du kamst herüber und ich spürte deine Hände auf mir. Alsbald nahmst du mir die Peitsche ab und wir gingen aufs Bett. Das erste Mal, dass ich dich nackt sah. Das erste Mal, dass ich dir auf erotische Weise nah kam. Das zweite Mal an diesem Abend kam ich auf den Fingern eines Mannes, den ich liebte und das erste Mal kam ich nur für dich. Du wolltest dir deinen Höhepunkt aufheben, ganz der Genießer, der du warst. Dennoch revanchierte ich mich bei dir. Ich stand auf und ging kurz zu meinem Arbeits- und Kreativplatz. Von dort holte ich einen großen Aquarellpinsel. Mit dem Pinsel zeichnete ich die Konturen deines Körpers nach, jede Falte, jede Erhebung. In unendlicher Langsamkeit kartographierte ich deinen Körper. Es war schön, dir beim Entspannen zuzusehen. Manchmal neckte ich dich ein bisschen und strich mit voller Absicht über Stellen, an denen du kitzlig warst.

      Bald würde ich herausfinden, womit du mich „kitzeln“ würdest. Es gab für uns keine Zeit, aber die knarrenden Treppenstufen, als mein Mann nach unten ins Kaminzimmer ging, und das so typische Quietschen der Ofentür im unteren Stockwerk sagten uns, dass das Feuer inzwischen heruntergebrannt war und es Zeit wurde, den Raum zu wechseln. Wir gingen ins Wohnzimmer. Oder besser, du gingst, ich folgte dir auf allen vieren. Denn eine breite Strähne meiner Haare lag in deiner Hand und du benutztest sie als Leine. Unnötig zu erwähnen, dass mir diese Demütigung gefiel. Du warst beinahe grob, als du mich unter die Balken navigiertest und mir, dich herabbückend, ins Ohr rauntest, ich solle mich hinstellen. Du bandest meine Hände nach oben, das Seil über den Balken geschlungen und an der Wand befestigt, stand ich nun beinahe mittig im Raum. Du teiltest den Rock und fixiertest die beiden Hälften seitlich, so dass mein Becken nun frei lag. Das letzte, was ich sah, ehe du meine Augen verbandest, war der leicht überraschte Gesichtsausdruck meines Mannes, der uns vom Sofa aus beobachtete.
      Ich spürte dich um mich, ich spürte deine Wärme, wenn du nahe bei mir warst. Deine Hände massierten meine freiliegende Brust, mal fest, mal zart. Dein Becken presste sich gegen meines – wie gern hätte ich dich jetzt in mich aufgenommen. Doch weh mir! Das Nächste, was ich spürte, war nicht dein Leib, sondern der erste feste Hieb mit der Singletail. „Fünf ist unsere Zahl“, sagte er. „Fünf Mal werde ich dir diesen Schmerz zufügen. Als kleine Strafe für dein neckisches Kitzeln gerade eben.“ Zwei. Jeder Hieb traf mich wie Feuer. Ich versuchte, mich wegzudrehen, doch es ging nicht. Man hielt mich. Mein Mann hielt mich. Drei. Kein Entkommen, ich seufzte. „Jetzt schon?“, fragtest du. Vier. Fünf. Feine rot-violette Linien zeichneten meine Lenden und unter der Augenbinde sammelten sich Tränen. Auf diesen Schmerz war ich nicht vorbereitet. Was ich nicht sah, war die stumme Zustimmung meines Mannes, weiterzumachen. Seine Hände umfassten meine Brüste, ich konnte noch immer nicht weg. Doch halt – was war das? Mehr Hände, warme, leicht zittrige Hände strichen über die Striemen. Ich spürte, wie der Schmerz einer friedlichen Wärme wich.

      „Dreh sie bitte um“, hörte ich dich flüstern. Du knietest dich nach erfolgter Wendung vor mich und ich spürte deine Lippen auf meiner Scham. Genoss deine Liebkosungen. Züngelnd triebst du mich an, während die Finger meines Mannes mit meinen Spitzen spielten. Drei. Drei einander fremde Menschen, vereint in Lust. In meiner Dunkelheit gab es nur euch und die Dankbarkeit, diese Erfahrung machen zu dürfen. Ich kam, ich ließ meiner Lust freien Lauf. Schmerz und Lust und irgendwo dazwischen war ich. Während der Orgasmus allmählich abklang und meine Sinne wieder den Weg ins Hier und Jetzt fanden, nahm ich Gesprächsfetzen wahr. Es ging um fehlende Farbe, um die alabasterne Haut meiner Brust und mir wurde klar, dass fünf nicht nur die Hiebe auf mein Becken waren. Du gingst hinüber zum Schränkchen und nahmst einen Manila-Rohrstock zur Hand. Eins, zwei, drei – dein Tempo merklich schneller. Vier. Pause. Dazwischen ein spielerischer Hieb auf meine Scham. Mich daran erinnernd, dass ihr es wart, die über meine Lust entschieden. Fünf. Diese Linien waren feiner als die rückseitigen, aber die Schwellung darunter etwas stärker. Du hast mich als die deine angenommen, ich war so froh. So glücklich, dass wir uns hatten.

      „Zwei Werkzeuge aus deiner Sammlung habe ich jetzt ausprobiert. Es fehlen noch drei. Und glaube mir, es wird nicht immer bei fünf Hieben bleiben, Schöne.“ Ich versuchte, mir die Überraschung nicht anmerken zu lassen. Die Hände meines Mannes lösten sich und ich hörte ihn zurück zum Sofa gehen. Viel mehr konnte ich nicht registrieren, denn erneut traf mich ein stumpfes Klatschen auf meinen Po. „Ah, der Flogger“, dachte ich bei mir. Er hatte recht, es wurden deutlich mehr als 5. Nach etlichen Hieben konnte ich nicht mehr mitzählen. Es wurde warm, brannte. Ich tanzte, stöhnte und seufzte unter deinen Hieben. Das rhythmische Klatschen der Lederschnüre auf nackter Haut brachte mich allmählich in einen tranceartigen Zustand. Ich ließ mich in den Schmerz fallen. Nahm ihn an und begann, ihn zu genießen. Ich wurde leiser und völlig in mich gekehrt. Mein Körper entspannte sich. Wieder und wieder traf mich der Flogger und trug mich in den Himmel. Ich flog. Der Körper voller Adrenalin und Serotonin, glücklich und ohne Schmerzen flog ich davon. Ich sah mich von außen, sah dich das Werkzeug wechseln und die ersten Hiebe mit der Gerte setzen. Ein schönes Bild. Einer O würdig. Zum Gefallen der Herrschaft gezüchtigt, zum Lustgewinn benutzt und eins mit sich und der Welt. Das war also Nummer vier. Doch anders als die anderen Werkzeuge nutztest du die kleine Klatsche am Ende der Gerte, um mit meinen Brustwarzen zu spielen.

      So richtig bekam ich es nicht mit auf meiner Wolke fünf, aber mein Körper reagierte erwartungsgemäß. Vorbereitungen für Nummer fünf. Doch dieses Mal sollte es kein Werkzeug sein. Nicht im engeren Wortsinn jedenfalls. Du gingst hinüber zur Wand und öffnetest den Knoten, der das Seil nach oben hielt. Diese Bewegung, das Entspannen der Arme, das zurückkehrende Blut in den Händen holten mich zurück. Der Flug war vorüber, ich landete in deinen Armen auf dem dicken Berberteppich unseres Wohnzimmers. Du hattest die Fesseln nicht gelöst, meine Hände waren noch immer verbunden. Erschöpft und glücklich lag ich in deinem Arm. Mit leichtem Druck veränderten deine Hände meine Position. Am Ende reckte sich mein dunkelroter, brennender Po in die Höhe und meine Hände ruhten zwischen den Knien. Der Kopf lag auf dem weichen Teppich, meine Haare waren zerzaust und wirr, doch es störte mich nicht. Und dann riss mich Nummer fünf aus meinen Gedanken. Du warst es! Endlich durfte ich dich spüren! Endlich durfte ich eins mit dir werden und dir meinen Leib als Kelch darbieten. Ich nahm dich auf wie einen Gott. Und ich wusste, es würde nie wieder so sein wie zuvor.

      Was ich an jenem Abend im Dezember erlebte, durchgeschwitzt, gezeichnet und jene O, die ich immer sein wollte, veränderte mein Leben. Und du bist nun ein Teil davon.
      Ich trage deine Zeichen in mir und an mir.
      Die Striemen sind vergangen, unsere Erinnerungen bleiben.
      Ich liebe dich.

      ══════════ » ✵ « ══════════


      Wenn euch die Geschichte gefallen hat, dann freut sich die Autorin über eure Likes und Kommentare!
      Bitte liked jedoch nicht diesen Beitrag, da er nicht von der Autorin eingestellt wurde, sondern im Rahmen des Geschichtenadventskalenders.
      Die Autorin wird, sofern sie es möchte, zeitnah hier eine Antwort posten. Diese dann bitte liken, so dass eure Likes auch bei ihr ankommen.