22.12.2022 ✷ Der wahre Kern von Märchen

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      22.12.2022 ✷ Der wahre Kern von Märchen

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      ✵ 22. Dezember ✵

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      Der wahre Kern von Märchen

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      von Teufelanna


      Es war Montag Abend und obwohl ich bereits einen langen Arbeitstag hinter mir hatte, saß ich am PC und versuchte aufzuschreiben, was ich mir gerade anhören durfte.
      Ich hatte den ersten Satz begonnen zu tippen, da bekam ich einen Kniff in die Nase: „Autsch, ey, lass das!“

      „Wer will meine Geschichte denn wie ein Märchen beginnen?“
      „Du bist eine Elfe, du gehörst eigentlich in ein Märchen und solltest nicht hier vor mir auf meinem Laptop sitzen. Nimm bitte mal deine Beine aus dem Weg, ich kann gar nicht richtig alles sehen.“
      „Ich gehöre absolut nicht in ein Märchen. Märchen sind reine Fiktion, ich bin echt. Brauchst du etwa nochmal einen Beweis?“
      Drohend flog sie wieder auf meine Nase zu und schnell verneinte ich: „Ist ja gut, wie soll ich denn beginnen deiner Meinung nach?“

      Irgendwie epischer, immerhin geht es um Elfen und Drachen und allerlei nicht jugendfreie Inhalte.“
      Schockiert sah ich auf: „Du meinst S-S-Sex?“
      „Natürlich meine ich Sex. Du unterhältst dich gerade mit einer Elfe und das, was dich schockiert, ist, dass wir auch Sex haben?“
      „Ähm, eigentlich eher der Teil mit den Drachen UND dem Sex.“ Sicher war ich knallrot angelaufen.
      „Oh lala, von Sex mit den Drachen hatte ich doch noch gar nichts erzählt. Wer hat denn jetzt die schmutzigen Gedanken?“
      Ich schüttelte den Kopf, um die Bilder loszuwerden, die sich vor meinem inneren Auge aufgetan hatten, löschte meinen bisher geschriebenen Text und setzte neu an: Zu einer Zeit, in der Drachen und Elfen unter uns lebten, trug sich fol….
      „Du meinst heute.“
      Verwirrt sah ich wieder hoch. „Was meinst du?“

      „Nun, die Zeit, zu der Drachen und Elfen unter euch Menschen lebten, das ist heute immer noch, das ist nicht vergangen.“ Der Ton der Elfe klang belehrend und gab mir das Gefühl, vollkommen unwissend zu sein. Aber offenbar war ich das in Wahrheit wohl auch. „Es leben noch mehr von dir unter uns? Und und und Drachen?“, der Gedanke machte mir große Angst.

      „Ja aber natürlich, was glaubst du denn? Läufst du nur mit geschlossenen Augen durch die Welt? Schreib doch lieber das“, sie sprang von der Laptopkante und rannte über die Tastatur: Zu einer Zeit, in der Drachen noch Menschen fraßen und Elfen sie in den Tod lockten, trug sich folgende Geschichte zu.
      „Warum soll ich eigentlich alles aufschreiben, wenn du das doch selber kannst?“ Ich beschloss, dass ich den Teil mit dem Fressen einfach ignorierte, eigentlich wollte ich darüber gar nichts wissen.
      „Weil das für mich viel zu anstrengend ist. Ich bin von gestern noch müde und außerdem sind das Dienstboten-Tätigkeiten und nichts für mich. Außerdem glaubst du wirklich, ich hätte extra dieses Kleid angezogen, wenn ich noch arbeiten wollen würde?“

      Jetzt wurde ich schon zum Dienstboten degradiert und bis vorhin dachte ich noch, ich wäre eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Vielleicht war das wirklich alles nur ein Albtraum und ich würde gleich wachwerden und alles war wie zuvor.
      „Ist ja schon gut. Ich schreibe deine Geschichte auf und dein Kleid ist wirklich hübsch. Es funkelt so schön, woraus ist das gemacht?“ Abschätzend sah mich die Elfe an, als würde sie überlegen, ob ich die Antwort vertragen würde.
      Bei ihrem Zögern war ich mir da selber nicht mehr sicher und überlegte schon, ob ich die Frage zurücknehmen sollte, doch gerade, als ich das tun wollte, fing sie an, zu sprechen:
      „Aus Drachenschuppen, oh und Orksperma, damit alles auch so glänzt und nicht nur glitzert. Die Webtechnik ist eine ganz besondere: Als Faden benutzt man Einhornhaar und die Nadel ist eine Rippe von einem Riesen. Alles davon ist äußerst klimafreundlich, da sie dies alles ganz natürlich verlieren und wenn das Kleid mal kaputt ist, ist das alles biologisch abbaubar.“ Selbstzufrieden grinste sie mich an.
      Völlig überfordert platzte ich mit der ersten Frage raus, die mir in den Kopf kam: „Wie verliert ein Riese denn selbstständig seine Rippen?“
      Die Elfe fing glockenhell an, zu lachen und kriegte sich gar nicht mehr ein. Auch wenn ich sie immer noch lachen sah, so konnte ich es nach einer Zeit nicht mehr hören und hatte kurz Sorge, dass ich mein Gehör verloren hatte, doch dann zersprang mein Wasserglas neben mir.

      Ihre Lachfrequenz war so hoch geworden, dass sie für meine menschlichen Ohren nicht mehr wahrzunehmen war. Eilig sprang ich auf und holte ein Handtuch, damit sich das Wasser nicht über den ganzen Tisch verteilen konnte und am Ende noch meinen Laptop kaputtmachte. Bis ich alles beseitigt hatte, hatte sie sich auch wieder eingekriegt und ihr Lächeln wirkte bösartig auf mich.

      „Oh, da habe ich mich falsch ausgedrückt. Die Riesen haben dabei keine Wahl, die Riesen sind unsere Gefangenen und erledigen die harte Arbeit für uns. Sie sind quasi unsere Sklaven, jede Elfe hat einen eigenen Riesen. Unsere Riesen teilen wir auch nicht. Sollten sie aber mal versterben, was leider ziemlich häufig passiert, dann nehmen wir uns noch alles Nützliche von ihnen, was sie haben. Riesenhaut ist ein toller Überzug für Möbel.“
      „Okay stopp, es reicht, das ist hier doch alles nicht real. Es gibt keine Riesen oder Drachen oder Elfen oder gar Orks! Das hier ist nur ein schlechter Traum und wenn ich gleich wach werde, kann ich mich an nichts mehr erinnern. Los, hau ab, verschwinde.“

      In meiner Empörung gestikulierte ich wild mit meinen Händen und schlug schmerzhaft gegen die Tischkante. Aufjaulend vor Schmerz hielt ich mir die Hand und bewegte vorsichtig alle Finger in der Hoffnung, dass nichts gebrochen war. Offenbar hatte ich Glück gehabt, aber konnte man im Schlaf wirklich solchen Schmerz fühlen? Ich wollte mich weigern, zu akzeptieren, dass das hier wirklich real war.

      Überheblich sah die Elfe mich an: „Na, selber gemerkt, dass das hier alles real ist oder brauchst du noch mehr Beweise?“
      Schnell lehnte ich ab, das mit dem in-den-Tod-locken hatte ich noch nicht vergessen. „Also dann erzähl deine Geschichte mal weiter, damit ich weiterschreiben kann.“
      Wohlwollend nickte sie und räusperte sich dann: „Meine Elfenfreundinnen und ich saßen auf einer Wiese, sahen den Bienen zu, wie sie über die blühenden Wiesen flogen und lachten miteinander. Wir sahen unseren Sklaven zu, wie sie sich in Ringkämpfen maßen und genossen das Spiel ihrer ausgeprägten Muskeln. Innerlich malte ich mir bereits aus, was ich später mit meinem Riesen tun würde oder er mit mir. Meine Freundinnen zogen mich auf, weil der Geruch des Nektars meiner Erregung sich in der Luft verteilt hatte. Sie fragten mich, ob ich mir meinen Sklaven zu Willen machen würde oder wieder zu den Drachen fliegen würde. Ich hüllte mich in Schweigen, wollte ich doch keine intimen Details preisgeben.“
      Verwundert sah ich sie an: „Du wolltest deinen Freundinnen keine Details erzählen und sitzt jetzt hier auf meinem Laptop und ich muss das alles für dich abtippen. Ich bin doch eine Fremde.“
      „Du bist ein Mensch, das ist was anderes. Dir wird keiner glauben, wenn du ihnen das erzählst.“
      Damit hatte sie leider recht, wenn ich erzählen würde, dass mir eine Elfe eine Geschichte diktiert hatte, dann würde man mich einweisen, mir aber auf keinen Fall glauben. Ich tippte noch kurz einen Satz zu Ende, bevor ich sie aufforderte, weiterzusprechen.

      „Ich rief meinen Sklaven und er hob mich auf seine Schultern und trug mich dann den Weg bis zur Drachenhöhle, mir war heute nach was Feurigem.“ Sie kicherte über ihren Witz, bevor sie weitermachte: „An der Höhle angekommen, schickte ich meinen Sklaven rein, um mein Bedürfnis mitzuteilen. Während ich auf das Signal wartete, reinkommen zu können, überlegte ich mir, was ich heute genau tun wollte.“
      „Was ist dann das Signal und wieso willst du zu den Drachen für die Befriedigung deiner Bedürfnisse? Wir reden doch noch von Sex, oder?“ Kurz überlegte ich, ob ich die Frage wirklich beantwortet haben wollte, aber das hätte ich mir besser vorher überlegt.

      Empört darüber, dass ich sie unterbrochen hatte, sah die Elfe mich an und rümpfte die Nase: „Wenn du es unbedingt wissen willst, auch wenn ich dir das Detail eigentlich ersparen wollte. Das Signal ist ein lautes Rülpsen und die Knochen, die aus der Höhle geflogen kommen.“ Lauernd sah sie mich an und wartete auf eine Reaktion. Fassungslos sah ich sie an, mein Mund öffnete und schloss sich, wie bei einem Fisch, doch kein Ton kam heraus.
      Nach einem Moment hatte ich mich gefasst: „Du du du hast deinen Riesen an den Drachen VERFÜTTERT?!“

      Das letzte Wort schrie ich fast, „Nur für Sex? Mit einem Drachen? Das ist bestialisch!“ Die Elfe zuckte nur mitleidslos mit den Schultern: „So ist das mit dem Rippensammeln am einfachsten und zudem, wenn die Drachen nicht satt sind, dann ist das für mich zu gefährlich. Ich möchte nicht aus Versehen beim Sex sterben. Jetzt stell dich nicht so an, bist du nicht auch gerne gesättigt vor dem Sex?“

      „Ich soll mich nicht so anstellen, das sagst ausgerechnet du. Ich bin immerhin keine Mörderin und verfüttere meine Sklaven an Drachen. Ich habe ja nicht mal Sklaven, Sklaverei ist barbarisch und gehört abgeschafft. So, jetzt erzähle deine Geschichte zu Ende, ich habe auf dieses Gespräch keine Lust mehr.“ Mein Tonfall war nicht sonderlich freundlich, aber ich war inzwischen vollkommen erschöpft und wollte einfach nur noch, dass der Tag endete.

      „Glaubst du wirklich, dass es eine gute Idee ist, in diesem Ton mit mir zu reden? Ich habe dir am Anfang doch deutlich gesagt, was wir Elfen mit den Menschen früher angestellt haben. Hast du das etwa schon vergessen? Du scheinst mir nicht sonderlich an deinem Leben zu hängen.“ Ihre Stimme hatte einen bösartigen Unterton bekommen und mir wurde klar, dass sie auch, wenn sie klein und niedlich aussah, eine echte Gefahr für mich darstellen konnte. Ich schlug den Blick nieder, um sie nicht weiter zu provozieren, und hoffte, dass sie trotzdem weitererzählen würde.

      Zu meinem Glück tat sie es tatsächlich: „Also, ich ging in die Höhle und da lag mein Lieblingsdrache, sein Atem ist äußerst heiß und ich genieße es jedes Mal, wenn ich spüre, wie er meine Haut entzündet. Den eigentlichen Akt überlasse ich mal deiner Fantasie, nur so viel: es passt!“ Schelmisch wackelte sie mit den Augenbrauen und mir wurde schlecht, doch bevor ich was sagen konnte, sprach sie weiter: „Der Drache nahm mich danach in seine riesigen Klauen und brachte mich tiefer in seine Höhle rein, zu meinem Erstaunen waren noch mehr Drachen da und sie alle starrten mich voller Begehren an, kurz wurde mir angst und bang, doch dann sah ich, dass auch die Drachen alle schon gegessen hatten. Ich ließ mich in ihre Mitte bringen und dann…“

      „Stopp, stopp, bitte keine Details. Ihr habt euch vergnügt, das reicht mir an Wissen vollkommen.“ Ich kämpfte verzweifelt gegen die Bilder vor meinem inneren Auge an und da brauchte ich nicht noch mehr Infos.
      „Wusstest du eigentlich, dass Drachensperma gut für die Haut ist? Wenn man davon regelmäßig genügend bekommt, dann bleibt die Haut schön jung und niemand sieht dir dein Alter an. Oder hättest du gedacht, dass ich schon 659 Jahre alt bin?“

      Ich konnte nur den Kopf schütteln. Ich versuchte zwar, alles mitzuschreiben, aber diesen Teil ließ ich aus, wer auch immer das am Ende lesen würde, das musste niemand wissen.
      „Du tippst doch immer noch alles mit, oder? Ich habe die letzte Zeit nicht mehr mitgelesen und möchte mich am Ende nicht ärgern müssen.“

      Kurz überlegte ich, ihr zu verheimlichen, dass ich ihr Anti-Aging-Mittel nicht aufgeschrieben hatte, doch dann sagte ich es ihr. Wie zu erwarten, bestand sie darauf, dass ich es noch mit aufschrieb. Ich folgte ihrem Wunsch, doch fasste ich in dem Moment den Entschluss, später all die schwierigen Passagen zu entfernen. Wahrscheinlich löschte ich gleich das ganze Dokument, damit nicht mal das Risiko bestand, dass es jemand lesen könnte.

      „Du musst mir schon zuhören, damit die Geschichte fertig aufgeschrieben werden kann.“ Offenbar hatte sie mit mir geredet, was ich nicht mitbekommen hatte. Schnell tippte ich mit, während sie erzählte. Während sie zu meinem Leidwesen doch detailliert berichtete, was mit den anderen Drachen geschehen war, schwankte ich permanent zwischen Scham und Übelkeit. Wahrscheinlich würde ich davon in der Nacht Albträume haben.

      In einer kurzen Pause ging ich ins Bad, einfach weil ich Zeit brauchte, um durchzuatmen. Mein Gesicht wusch ich mit kaltem Wasser und versuchte, mich wieder zusammenzureißen. Schockiert fiel mein Blick auf die Uhr, es war weit nach Mitternacht. Es war mir gar nicht aufgefallen, wie die Zeit verflogen war. Ich ging zurück und setzte mich wieder vor den Laptop, die Elfe wippte ungeduldig mit den Beinen und war offensichtlich in sehr schlechter Stimmung, dass ich sie hatte warten lassen. Ein erster Instinkt sagte mir, dass ich mich entschuldigen sollte, aber in meiner Müdigkeit hörte ich nicht auf diesen Instinkt.

      „Los, dann erzähl zu Ende. Ich muss ins Bett, da mein Wecker bald klingelt.“
      Die Elfe flog herunter und landete, mit in die Seiten gestemmten Armen, zwischen Tastatur und Mousepad. „Wie kannst du dich erdreisten, deinen Schlaf über deine Tätigkeit für mich zu stellen? Ich bin wichtiger als alles, was du so tust, egal was es auch ist. Du wirst meine Geschichte aufschreiben, bis ich beschließe, dass es genug ist. Du bist nur ein Mensch, du hast nichts zu entscheiden. Pff… wie kann eine so niedere Kreatur nur auf die Idee kommen, etwas bestimmen zu wollen. So, wie du mich verärgerst, kannst du froh sein, wenn ich dich überhaupt am Leben lasse, wenn wir hier fertig sind. Schon lange habe ich mir den Spaß nicht mehr gegönnt, einen Menschen umzubringen, aber du führst mich echt in Versuchung. Wie kannst du nur so dumm sein? Du solltest dich glücklich schätzen, dass ICH zu dir gekommen bin. ICH.
      Ihr Menschen gehört wirklich ausgerottet, nichts Vernünftiges kann man mit euch anfangen. Ich werde dich…“

      » Schepper «

      Die Elfe hatte mich mit ihrer Ansprache so wütend gemacht, dass ich, ohne nachzudenken, den Laptop schwungvoll zugeklappt hatte. Vorsichtig guckte ich den Laptop von allen Seiten an, doch es war nichts zu sehen. Voller Sorge klappte ich ihn ängstlich auf, befürchtete ich doch, mein Todesurteil unterschrieben zu haben. Doch da war außer ein wenig Glitzerstaub nichts zu sehen. Schockiert über mich selbst, dass ich die Elfe offenbar unabsichtlich umgebracht hatte, erfüllte mich große Erleichterung, dass das Thema endlich abgeschlossen war.

      Ich löschte das Dokument und entfernte es auch gleich aus meinem Papierkorb. Dann fuhr ich den Laptop herunter und desinfizierte alles. Danach erinnerte nichts mehr an mein Erlebnis des heutigen Abends. Schnell machte ich mich fertig fürs Bett und kuschelte mich unter meine Decke. Gerade als ich begann, einzuschlafen, hörte ich ein tiefes Grollen, und als ich die Augen öffnete, sah ich den Schatten eines riesigen Drachenkopfes.

      „Oh oh“

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