Sind "wir" die toleranteren Menschen?

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      Encantada schrieb:

      Ganz grundsätzlich halte ich BDSMler im Durchschnitt deswegen allgemein für toleranter, weil ihre Gehirne im Durchschnitt gewöhnter daran sind, gewisse Dualismen zu kalkulieren.
      Mal kurz nachgefragt:
      Diese angeführten "kalkulierten Dualismen" gibt es doch bestimmt auch in anderen Lebensbereichen?
      Vielleicht bei einer berufstätigen Frau mit Kindern. Oder einem Mann mit zwei Hobbys? Oder einfach einen Manager der nicht nur eine Tätigkeit im Fokus hat, sondern mehr. Vielleicht das Ganze?
      Müssten die dann nicht auch Toleranter sein, da ihr Gehirn ja auch darauf trainiert ist. Zumindest sein sollte.

      Wobei ich, nebenbei bemerkt, nicht glaube, es würde mir auf jeden Fall schwer fallen, das sich die Mehrheit, falls überhaut, darüber große Gedanken macht, ob sie etwas kalkulieren sollen oder müssten. Natürlich gibt es auch die Ausnahmen. Dies sind jedoch meist Beziehungen welche das Etikett "Ehe" tragen.
      Rein empirisch in Bezug auf mein SM-Leben betrachtet, welches durchaus (sozial) nicht nur einschichtig war, möchte ich behaupten , das 3 von 4 SMlern, dahingestellt ob Dom oder Sub, mehr egoistische Gedanken und Gefühle haben. Und sich ihr Dualismus mehr auf den Bereich des "nicht geoutet werden" bezieht.
      Für mich folgert daraus, das sich die Toleranz bei der eigenen Person eher in Grenzen hält und mehr bei anderen zu suchen ist.

      Quintessenz meiner Gedanken:
      SMler sind nicht toleranter als andere Menschen auch.
      Ich bin wohl nicht sonderlich tolerant. Ich bin wirklich stark fixiert auf Worte und deren Bedeutung. Ich kann also wenig damit anfangen wenn man sich zb als etwas betitelt was man laut Wortbedeutung einfach nicht ist.

      Zb kann ich jemanden nicht ernst nehmen der sagt : ich bin Sklave ABER XYZ bestimme ich selbst.
      Oder : wir leben dauerhaftes Machtgefälle ABER bei XYZ lasse ich mir nicht reinreden.

      Das passt für mich einfach nicht zusammen.
      Ich habe dieses Thema schon öfter aufgestöbert, aber mir nue wirklich Gedanken dazu gemacht. Warum auch immer bin ich heute am Thread hängengeblieben und antworte mal. Eine Pauschalierung wage ich natürlich nicht . Es gibt sicherlich solche und solche.

      Ich möchte aber meinen Weg der Toleranz erzählen, weil ich glaube, dass man durch den Empfang von Toleranz selbst zu einem toleranteren Menschen werden kann.
      Kurz zusammengefasst stamme ich aus einem konservativen Elternhaus. Toleranz gegenüber Menschen mit anderer sexueller Präferenzen war hier eher ein Fremdwort. Unverdtändnis müsste man es nennen. Selbst geprägt durch diese Ketten merkte ich früh, dass ich andersartig bin. Nur konnte ich mir gegenüber nicht tolerant sein, wie sollte ich da tolerant gegenüber anderen Menschen sein. Panisch stellte ich fest, dass ich nicht nur heterosexuelle Phantasien hatte und habe. Und je drängender die Phantasien wurden, umso intoleranter verhielt ich mich. Doch dann öffnete ich mich meiner Frau, erfuhr unerwartet das Macimale Ausmaß an Toleranz. Begann mich zu respektieren, zu tolerieren und akzeptieren und siehe da. Die Welt ist bunt. Ich liebe mittlerweile die Vielfalt, trage häufig Nagellack und High Heels und freue mich wenn Menschen so leben dürfen, wie sie sind.
      Wir erziehen unsere Kinder heute ganz anders. Wenn unsere Söhne mal Nagellack tragen wollen, ist das bei uns selbstverständlich. Auch als einer pinke " Mädchenschuhe" kaufen wollte war das für uns ganz normal. Wir können so viel kaputt machen durch Intoleranz und falsche (vordergründige) Moralvorstellungen.
      Und um wieder auf die Frage zurückzukommen: Mein BDSM hat mich zu einem toleranteren Menschen gemacht
      Seit nunmehr 38 Jahren beschäftige ich mich mit BDSM und habe daher sicher auch schon so einiges gesehen. In jüngeren Jahren sehr viel Besuche auf "Spielparties" erlebt, viele private Kontakte gehabt, und nein, ich muss als Fazit zu der Erkenntnis kommen, das wir BDSM´ler nicht mehr und nicht weniger tolerant sind, als alle anderen ( z.B. vanillas ) auch.
      Anfänglich noch mit dem Glauben, wir seinen als die Toleranteren unterwegs, durfte ich einfach zu häufig feststellen, dass es auch unter BDSM´lern viele Menschen gibt, die BDSM in der Form, in dem sie es ausleben, als die "wahre" und "richtige" Form angesehen wird.
      Ist man hier oder dort anderer Meinung, wird das keineswegs immer toleriert, sondern man erfährt auch Ablehnung, Missgunst und Belehrung.

      Dafür gibt es viele Beispiele, auf die ich hier, da OT, nicht im einzelnen eingehen möchte.
      Der leckerste Fisch ist immer noch die halb durchgebratene Scheibe aus der Kruppe einer rauhfutter-verzehrenden Großvieheinheit ( EU-Sprech für Rind, Kopfschüttel ).

      Alle elektronischen Bauelemente arbeiten intern mit Rauch. Kommt der Rauch raus, sind sie kaputt.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von DDundMehr ()

      Die hier gemachten Feststellungen, nicht mehr oder weniger tolerant als der Durchschnitt zu sein, zeigt nur das "wir" (Überraschung) manchmal auch normale Menschen sind :rolleyes: .
      1:1,618
      (Kompaniestabsunterdom d.R. Man wird ja wohl mal Pause machen dürfen :coffee: .
      Morgen ist auch noch'n Tag, Mädel. Übermorgen auch, Junge. Immer mit der Ruhe, Meister.
      Setz Dich
      erstmal hin hier, Sportsfreund.)
      ^^

      KrisDom schrieb:


      Die Frage ist gefühlt sehr provokant, denn es ist sicherlich nicht einfach schwarz-weiß. Und schon ertappe ich mich selbst dabei möglichst tolerant allen Facetten gegenüber zu sein ?(
      Ich bin jetzt spät dabei, aber egal...

      Ich glaube, das Nachdenken über moralisch aufgeladene Eigenschaften wie "Toleranz" ist auf der Ebene von großen Gruppen sehr sinnlos. Klar wird es Tendenzen geben - wer sich lange mit sexuellen Ausdruckformen beschäftigt hat, wird sich wohl leichter tun, sie anzuerkennen und sich nicht vor (zB) Schwulen zu fürchten. Klar gibt es trotzdem bigotte BDSMler, sogar regelrechte Faschistys unter uns.

      Ich versuche, moralische Fragen möglichst pragmatisch und stoisch zu sehen. Sprich, ich versuche, möglichst tolerant zu sein, ohne dabei alle Meinungen fallen zu lassen (ich bin zB nicht unbedingt der Meinung, dass Drag-Queen-Lesungen total super sind - noch dass sie schrecklich sind - sondern dass sie, wie alle Dinge, Vor- und Nachteile haben). Der Trick ist, Meinungen und Handlungen statt Menschen zu beurteilen (die Leute, die diese Lesungen veranstalten, tun das vermutlich mit guten Absichten, sind halt zu anderen Schlussfolgerungen als ich gekommen, und es kann sein, dass sie mehr wissen als ich).

      Ich halte übrigens nicht viel davon, jede Kritik an Sexualpraktiken als "Kink-Shaming" zum Schweigen zu bringen. Ich kann mich durchaus vor etwas ekeln, und das auch sagen, auch ganz ohne dass ich es dir verbieten will. Ich kann etwas für unsicher oder gar (huch!) Ausdruck eines mentalen Problems halten - ganz ohne jemanden zu verachten, auslöschen zu wollen, zu fürchten oder zu hassen. Wir können ja geteilter Meinung sein, und alles ist cool.
      Man neigt gerne dazu die Eigenwahrnehmung auf andere zu übertragen.

      Meine Erfahrung zeigt, dass wenn man sich eine bestimmte Personengruppe anschaut, man auch einen Querschnitt aus der Gesellschaft hat.
      Es wird also Personen geben die man als toleranter sieht, andere als nicht tolerant, wiederum andere vielleicht sogar als verbohrt und oder vorurteilbehaftet.
      Wenn man jetzt hergeht und sagt, man fasst alle Menschen die sich dem BDSM zugehörig fühlen zusammen ist die Personengruppe so immens groß, dass es sehr unrealistisch ist, dass alle durchweg mit Toleranz aufwarten.

      Je kleiner die Gruppe desto größer die Wahrscheinlichkeit.

      Zumindest meine persönliche Erfahrung mit Menschengruppen jeglicher Art.
      Um einfach mal ein Gegenargument in den Raum zu stellen:

      Vielleicht sind wir sogar (zumindest in Teilen) intoleranter? Möglicherweise sind wir durch die viele Beschäftigung mit dem Thema Konsens darauf sensibilisiert, fehlenden Konsens zu identifizieren und weil es in unserer Szene ein so hohes Gut ist, weniger bereit, Handlungen ohne Konsens und Übergrifflichkeiten zu tolerieren?
      @Rehlein warum sollte man das denn tolerieren?

      Schauen nicht viel zu viele Menschen weg, wenn einer dem anderen etwas antut? Egal wie „banal“ diese Übergriffe sind, ist es richtig, da einfach „tolerant“ zuzuschauen?
      Du spielst auf mir mit Meisterhand. Sämtliche Saiten berührst du auf dem Instrument meiner Seele und bringst ein Lied hervor, das alles bewegt und alles verzaubert!




      Irina Rauthmann, deutsche Aphoristikerin und Lyrikerin
      @newblackshaddow

      Ich persönlich finde nicht, dass man das tolerieren sollte.
      Aber wenn sich da viele einig sind, wovon ich mal ausgehe, dann ist es vielleicht gar nicht so erstrebenswert, dass BDSMler überdurchschnittlich tolerant sind.

      Dann könnte man als nächstes themenspezifischer fragen:
      Gibt es Themenbereiche, von denen ihr glaubt, dass BDSM in diesen Berechen mehr oder weniger tolerant sind?

      Einfach, falls Leute Lust haben, ein bisschen frischen Wind in die Diskussion zu bringen :)
      Ich glaube nicht, dass durch das Erleben von bdsm und einem Kinkm es zu größerer Toleranz gegenüber Anderen kommt. Es ist individuell. Vielleicht sind 'wir' auf Parties aufgeschlossen den Anwesenden gegenüber. Weil vielleicht neue Spielpartner darunter sein könnten. Aber das kann sich im Geschehen auch ganz schnell ändern.
      Mein Fazit: Es gibt keine verallgemeinernde Steigerung der Toleranz im bdsm Kontext.
      Jede hat die Freiheit, ihre Grenzen selber zu wählen.
      :knien:
      Auch bezgl der anderen verschiedenen Arten von Sexualität herrscht evtl eine größere Toleranz. Unter BDSMlern, da ist man dann wieder intoleranter in jeglicher Ausprägung.
      Vielleicht weil man sonst eine gewisse Sicherheit verliert? Oder meint dass alles vor die Hunde geht.

      klingt jetzt etwas hart aber ich schreib das ned in einem bösen Ton. Ich denke nur schriftlich.
      @Rehlein

      Tatsächlich habe ich manchmal den Eindruck, dass nicht immer eine gute Toleranz gegenüber verschiedener Kinks besteht, bzw. Neigungen, die selbst innerhalb der BDSMler Welt schon eher seltener werden oder wesentlich risikobehafteter sind.

      Auch vereinzelt der Umgang mit, bzw. das Reden über weniger erfahrene oder "weniger intensiv" spielende BDSMler ist durchaus weniger tolerant als man sich gerne gibt. Es ist nicht so, dass ich mich hier und da nicht mal an die eigene Nase packen sollte, aber ich nehme es immer mal wieder in der einen oder anderen Diskussion mal unterschwellig und mal auch recht offen wahr.
      Bekennender Schwarzteefetischist. Wehe dem, der meinen Tee kalt werden lässt...
      ich würde mich generell als toleranten Menschen bezeichnen und habe mich heute aufgrund eines Beitrags in einem anderen Thread dazu entschlossen, hier etwas zu schreiben.

      @DDundMehr, das von Dir gelebte BDSM mag zu einer Minderheit gehören, aber Du bist damit glücklich und zufrieden.
      Ich finde diese Form, wie auch vieles andere hier, faszinierend, aber für mich persönlich unpassend.
      Doch wer bin ich, mir deswegen ein Urteil darüber erlauben zu dürfen?

      Etwas despektierlich ausgedrückt, sind wir hier doch eine Ansammlung von Gestalten, die nicht der allgemein üblichen Norm entsprechen. Vielleicht sind wir auch so dran gewöhnt, unsere Nicht-Norm zu rechtfertigen, dass dem ein oder anderen dabei die Toleranz gegenüber anderen verlorengegangen ist.
      Don't dream it - be it
      Mir kommt es manchmal LEIDER auch so vor, dass wir uns alle hier für so tolerante Menschen halten aber wehe, wehe es geht um BDSM und da vertritt jemand eine andere Meinung oder eine andere Gangart die evtl so gar nicht ins übliche "Klischee" passt. Ja dann wird auch hier gerne mal die Toleranz über Bord geschmissen und es heißt dann gut und gerne, das das nicht richtig ist, eben nicht die Norm, nicht das was alle leben. Aber wir sind eben nicht alle gleich, jeder ist anders, jeder ist gut so wie er ist, ob nun mit Ohrfeigen, mit körperlichen Kontakt, mit einem für sich selbst wichtigen After care oder eben ohne. Jedes Paar hat dies für sich entschieden, wie es läuft und das sollte hier niemand in Abrede stellen. Ja auch mir fällt das hin und wieder schwer, aber bevor ich dann dazu etwas sage oder dislike reagiere ich erstmal gar nicht und ja, es ist einfach eine andere Seite von meinem Teller über dessen Rand ich schauen sollte es aber noch nicht getan habe. Es mag vielleicht dann nicht mein Bdsm sein, aber es ist DAS Bdsm von einem Paar das glücklich damit ist und das sollten wir wohl alle hier akzeptieren.....
      Sei ein Unikat in einer Welt voller Kopien

      Malea Dark schrieb:

      ... aber wehe, wehe es geht um BDSM und da vertritt jemand eine andere Meinung oder eine andere Gangart die evtl so gar nicht ins übliche "Klischee" passt.
      Das habe ich jetzt auch schon öfter live erlebt. Gut, ich kenne nicht so super viele BDSMler persönlich, aber mir ist schon öfter aufgefallen, dass ein großes Bedürfnis bestand sich von Spielarten, die man selbst nicht mag, abzugrenzen - leider auch gern mal durch Abwertung.
      Ich kann dieses Bedürfnis zur Abgrenzung total verstehen. Es gibt natürlich auch Dinge, da denke ich :fie: Aber inzwischen habe ich (dank Forum!) verstanden: nur weil etwas für mich irgendwie nicht gut klingt (weil ich es selbst nicht möchte), kann es für jemand anderen genau der Reiz sein, der glücklich macht. Gerade wenn ich mich dann genauer damit auseinandersetze, sehe ich, dass meine Abwehrreaktion unbegründet ist - es ist dann einfach nur nicht mein Kink und benötigt etwas mehr Empathie um von mir verstanden werden zu können.

      Rudolf schrieb:

      "Sind "wir" die toleranteren Menschen?"


      Nein. Sind wir nicht.

      Zumindest sind es nur ganz wenige und die sind es auch auf anderen Ebenen.

      Es wird zwar sehr oft auf die Fahne gezeigt, an der es "angeblich" darauf stehen sollte, aber wenn man sich nur mal hier umliest, wird man entdecken, das die Toleranz in der "Szene" auch nicht verbreiteter ist als Anderswo.

      Die Aussage von Rudolf unterschreibe ich 1 zu 1.

      In Vergangenheit war ich in anderen Foren unterwegs. Toleranz. Neeeeee.
      Bin hier im Forum neu und möchte am Anfang auch nicht anecken.
      Allerdings bin ich schon auf die hier herschende Toleranz gespannt.