Kinkshaming - ein Rückschritt

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      Kinkshaming - ein Rückschritt

      Meine Ehefrau ist in Sachen BDSM sicherlich eine Vanilla. Ich habe lange gebraucht um mich ihr gegenüber zu outen ( so ca 15 Jahre :dash: ). Ich habe mich unfassbar sehr für meine sexuelle Identität geschämt. Sie ist mir offenherzig begegnet und ich kann mich in ihrer Gegenwart endlich zeigen, wie ich wirklich bin. Sie hat mir gezeigt, dass ich mich icht schämen muss. So gehe ich viel entspannter und offener an meine Kinks heran. Jetzt habe ich bei Netflix eine Folge Bonding geschaut, was natürlich prompt in der App angezeigt wird. Ihre Aussage wie peinlich es sei, wenn das jmd sehen würde....... da sind wir wieder, warum ist es peinlich? Ich fühle einfach anders. Ich fühle wie wahrscheinlich 10 - 15 % der Gesellschaft. Das sind die Momente, die mich zurückwerfen. Was ist so falsch an meinen Gefühlen, an meinem Empfinden. Die Aussage hat mich, wenn ich jetzt so darüber nachdenke, unfassbar verletzt.

      Das musste ich einfach mal irgendwo aufschreiben.
      Das sehe ich auch so. Wir sind so erzogen worden : dies tut man nicht, das tut man nicht. Sich aus diesen „Fesseln der Gesellschaft“ zu befreien, ist gar nicht so einfach.
      Leb deine Träume, niemand darf dir sagen, dass du nicht okay bist, wie du bist. Es ist dein Leben.
      Du spielst auf mir mit Meisterhand. Sämtliche Saiten berührst du auf dem Instrument meiner Seele und bringst ein Lied hervor, das alles bewegt und alles verzaubert!




      Irina Rauthmann, deutsche Aphoristikerin und Lyrikerin
      Deiner Frau ist wohl die Frage durch den Kopf gegangen: "Was werden die Leute sagen/denken?"

      Sie hat Deine Bedürfnisse akzeptiert, Du auch, aber was ist, wenn Du geoutet wirst?
      "Die Leute" zerreißen sich die Mäuler, stecken Dich in irgendwelche Schubladen und machen sich lustig über Dich. Sehr wahrscheinlich werden irgendwelche wirklichen oder aber selbsternannten Fachleute Dir Diagnosen stellen, weshalb Du diese Bedürfnisse hast und wie Dir geholfen werden sollte.

      "Lass die Leute reden", ist eben doch nicht so einfach, wie es in jenem bekannten Song dargestellt wird.

      Ich selbst mache gerade auch wieder die schmerzliche Erfahrung, dass Menschen nur zu gerne über andere Menschen urteilen, sich die Mäuler zerreißen und versuchen, einander das Leben zur Hölle zu machen.

      Der Sinn dahinter erschließt sich mir nicht.

      Deine Frau wollte Dich gewiss nicht verletzen, mit ihrer Aussage, sondern hatte eher vor den sehr realistischen Folgen eines Outings Angst.

      Alles Gute Euch.
      Liebe Nachbarn, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen, Familie: Ich bin entsetzt, auf was für Seiten ihr euch rumtreibt! :frech:

      Lernen durch Schmerz ist nicht angenehm, aber unglaublich effektiv... :evilfire:
      @Sandalenfreund bist du dir eigentlich sicher, dass die Aussage deiner Frau sich umbedingt auf BDSM bezogen hat? Oder hätte sie vielleicht auch genau den selben Satz raus gehauen, wenn nun bei Netflix der Hinweis auf irgendeine Serie oder irgendeinen Film mit Sex als Hauptthema hinweisen würde?
      Vielleicht hat ihre Aussage gar nicht wirklich was mit Kinkshaming zu tun sondern eher damit, dass ihr der Verweis auf sexuelle Inhalte ganz allgemein gegenüber Anderen peinlich ist? :pardon:
      Hallo @Sandalenfreund,

      zuerst mal herzlichen Glückwunsch zu Deinem Mut, Dich Deiner Frau so zu offenbaren und zu zeigen, wie Du nun mal bist. Und zu Deiner Frau, die Dich genau so offenherzig liebt und annimmt. Das sind schon mal 2 fette Meilensteine, die Du / Ihr da erreicht habt, und aneinander habt :yes: und so etwas kann schon mal über 10 Jahre dauern, hat es bei uns auch!

      Grundsätzlich bin ich bei @Spätzle, dass es eher so ausschaut, als ob sie sich Sorgen macht, was die Leute denken könnten, wenn sie das wüssten. Und zwar nicht nur über Dich. Auch über sie. Sie ist ja schließlich Deine Frau. Wenn Du "so etwas" gut findest, dann wird sie ja wohl auch "so eine" sein in den Augen der Leute, oder etwa nicht?

      Bei meinem Mann und mir gibt es ein ähnliches Thema, ich hatte dazu auch mal was geschrieben. Als Paar ist es durchaus schwierig, dass nur einer sich outet. Natürlich kann es das geben, dass nur einer von beiden die Neigung hat! Aber die Frage "und was ist mit Dir" an den anderen Partner bleibt halt nicht aus. Der andere Partner eines Paares hängt immer mit drin irgendwie, muss quasi eine wie auch immer geartete Stellung, einen Bezug dazu einnehmen. Vielleicht ist ihr das unangenehm bewusst geworden, als sie Deine App gesehen hat.

      Und ja, man sieht die Neigung in der eigenen Online-Historie, man müsste schon wirklich paranoide Einstellungen auf den Geräten haben, damit das ausbleibt. Browser-Historie, Bestell-Historie, Netflix-Historie. Wenn Du einen Teil Deiner Online-Historie mit ihr teilst und sei es nur, was Du bei Netflix angeschaut hast, wird sie das sehen. Es ist schon auch Intimität, finde ich, jemandem Einblick in seine Online-Historie zu gewähren. (Aber vielleicht ist das auch eine "altmodische" Sichtweise der Digital Immigrant Generation? Die ich bis an mein Lebensende wahrscheinlich so behalten werde.)

      Vielleicht redet ihr mal und fühlt rein, wie jeder von euch beiden es fände, wenn irgendwer irgendwas mitbekommen würde. Rein theoretisch betrachtet. Freunde (welche?), Eltern, Geschwister, Kinder, die Nachbarn etc. pp.

      Und thematisiert auch, wie realistisch es ist, dass das passiert.
      Konkret zum aktuellen Thema:

      Wie wahrscheinlich ist es, dass jemand "Unbefugtes" zu Gesicht bekommt, was Du bei Netflix angeschaut hast? Wenn ihr jetzt nicht gerade einen Filmabend mit Freunden plant, oder neugierige Kinder / Teenies habt, braucht Deine Frau sich wahrscheinlich keine großen Sorgen zu machen.

      Und nicht alles, was man so angeschaut hat online, findet man zwangsläufig auch in genau dieser Form gut. Wenn mein Mann meine komplette Browser-Historie kennen würde, würde er darin auch viele Seiten finden, auf denen ich aus Neugier mal war und für nicht meins / aha, interessant / super bekloppt befunden habe. Female Supremacy?! Hab ich mal Seiten angeschaut, ja. Ist aber trotzdem nichts, was ich in irgendeiner Weise ansprechend finde oder gar ausleben will, nö. Hat mich nur mal interessiert. Bei Filmen und Serien ist das ähnlich.

      Vielleicht nehmt ihr es einfach zum Anlass für ein Gespräch. Das Wichtigste ist, dass Deine Frau Dich so nimmt, wie Du bist. Wegen "der Gesellschaft" verletzt zu sein, sollte kein Schuh sein, den Du oder Deine Frau sich anziehen muss aus diesem gegebenen Anlass, finde ich.

      Alles Liebe & viel Glück,
      Eisn

      Salt&Pepper schrieb:

      @Sandalenfreund bist du dir eigentlich sicher, dass die Aussage deiner Frau sich umbedingt auf BDSM bezogen hat?
      :thumbsup:


      Sandalenfreund schrieb:

      was natürlich prompt in der App angezeigt wird. Ihre Aussage wie peinlich es sei, wenn das jmd sehen würde......
      dieser "Jemand" kann ja so alles mögliche nicht OK finden..........war das vielleicht auch gar nicht so gemeint....einfach könnte ja Jemand sehen....das wir Pornos schauen.......so what :pardon:
      An den Kreuzungen des Lebens stehen leider keine Wegweiser.

      Sandalenfreund schrieb:

      ... Ich habe mich unfassbar sehr für meine sexuelle Identität geschämt.


      ... Was ist so falsch an meinen Gefühlen, an meinem Empfinden. Die Aussage hat mich, wenn ich jetzt so darüber nachdenke, unfassbar verletzt.

      Das musste ich einfach mal irgendwo aufschreiben.
      Hallo @Sandalenfreund gut, dass Du den Weg gefunden hast, mit Deiner Frau offen darüber zu reden. :thumbsup:

      Es hat 15 Jahre gedauert, bis Dir das gelungen ist und die, von Dir erlebte, Scham ist nicht ungewöhlich.
      Sich nicht richtig, krank, pervers oder falsch zu fühlen, aufgrund der eigenen Gefühlswelt ist auch mir nicht fremd und ich vermute auch vielen Anderen Menschen hier im Forum nicht. Jetzt aber, wo Du dazu stehen kannst, wird sich dieses Gefühl verändern.

      An Deinen Gefühlen und Empfindungen ist rein gar nichts falsch. Deine Verletzheit beruht zu Teil sicher darauf, dass Du gerade erst die Offenheit neu gewonnen hast und sie gleich wieder negativ konnotiert erlebst.
      Dein Weg war 15 Jahre lang ein Verschweigen des eigenen Ichs, es braucht vielleicht einfach noch etwas Zeit, bis Deine Frau es vollständig in ihre eigene Gedankenwelt umsetzen kann. Sieh es ihr nach, dass es jetzt noch nicht rund läuft. Da ist vermutlich keine böse Absicht dahinter, sondern das noch nicht vollständig geglückte Lösen von alten Mustern.

      Danke, dass Du es hier aufgeschrieben hast. Genau dafür bietet dieses Forum eine gute Plattform. Es ist gut und richtig gewesen es hier los zu werden.
      "...Some of them want to get used by you..."
      Eurythmics - Sweet Dreams
      Ja, das kam vielleicht falsch rüber, ich habe mich nicht über sie aufgeregt, sondern darüber, dass es im Jahr 2023 immer noch ein Tabu in der Gesellschaft ist, dass es einem Menschen immer noch negativ ausgelegt wird, wenn er sich offen zu dieser Form der Sexualität bekennt. Das macht mich einfach unfassbar traurig. Wir müssen aufpassen, was in der Videoapp auftaucht, damit wir uns nicht angreifbar machen.

      Salt&Pepper schrieb:

      Oder ganz locker über den ersten Schreck hinweg gehen und denken: geht doch niemanden was an, was ich mir gern anschaue :pardon:
      Das geht bei manchen Menschen schneller als bei anderen.

      Eigentlich sollte jeder jeden so sein Leben leben lassen. Denn wir alle sind einzigartige Persönlichkeiten. So ist es aber leider nicht in der Gesellschaft. Dann würde es nämlich kein mobbing geben.
      Es gibt leider zu viele Menschen die nicht erst vor ihrer eigenen Tür kehren.


      Ich wünsche euch die Kraft und auch das Selbstwertgefühl über diesen Aussagen zu stehen. Damit zu wachsen.

      Es geht nämlich wirklich niemanden an, was ihr macht, solange es einvernehmlich ist :yes:
      Also soweit ich das erkennen kann, geht's ja hier erstmal nur um eine Anzeige bei Netflix auf dem eigenen Gerät, dass man sich irgendwann mal die Serie "Bonding" angeschaut hat. Von Mobbing hab ich nix gelesen :pardon: Und meiner Erfahrung nach (ja, ich musste mich tatsächlich wegen Intrigen eines Ex-Partners unfreiwillig outen in meinem Umfeld) fährt man da am besten, wenn man einfach gelassen bleibt. Was ist denn so schlimm daran, zu sagen: "Hab mal in die Serie reingeschaut und die ist echt lustig"? Je peinlicher ich mich dadurch selbst berührt fühle, umso angreifbarer mach ich mich mMn.
      Ich kann Dein Gefühl, @Sandalenfreund, gut nachvollziehen. Meines Erachtens geht es gar nicht so sehr darum, was „Die Leute“ denken, sondern eher, wie Du selber vor Deiner Frau mit Deinem Kink dastehst und ob Du damit wirklich so von ihr verstanden und angenommen wirst, wie es erst schien.

      Objektiv war in der Netflix-Timeline zu sehen, dass Du Dir eine Folge der Serie „Bonding“ angesehen hat. Erkennbar auch nur von Leute, die möglicherweise den Account ebenfalls nutzen (soll ja auch sowas wie Account-Sharing geben…)

      Ich sehe da erstmal gar nichts erwähnenswertes bei. Auch ich habe ein paar Folgen der Serie geschaut, mein Netflix-Zugang wird von meinen Kindern genutzt, wenn sie bei mir sind. Sie könnten also sehen, dass ich mir diese Serie angeschaut habe genauso wie eine Menge anderen Kram, der mir möglicherweise peinlicher wäre (sowas wie „Ballermann 6“ oder andere Machwerke, die natürlich NIEMAND mit Verstand sich je anschauen würde, oder andere schlecht gealterte Filme aus den 90ern….).
      Selbst wenn sie das wahrnehmen würden: es outet mich nicht. Genauso wie niemand auf Grund des Ballermann-Films ernsthaft annehmen würde, dass ich regelmäßig Eimersaufparties besuchen würde.

      Meiner Meinung nach liegt daher die Problematik auf einer anderen Ebene: dem Thema Outing und Akzeptanz.
      Sich mit seinem Kink selber anzunehmen, als normal zu akzeptieren und zu verstehen, dass man „so,ist, wie man ist“, ist wahrscheinlich der schwierigste Schritt beim Thema BDSM. Bei mir selber hat das Jahre gedauert, zuletzt auch, weil selbst bei vorsichtiger Andeutung von meiner damaligen Frau nur Unverständnis und Ablehnung kam.
      Insofern hast Du es', @Sandalenfreund,zunächst gut angetroffen, Deine Frau hat Dich so angenommen, wie Du bist.
      Und da sind wir beim zweiten Punkt, dem Outing im nahen, intimen Umfeld. Und hier bekommt diese positive Reaktion durch die Bemerkung einen ordentlichen Riss. Sie scheint mit Deiner Neigung, bzw. dann auch ihrer Neigung, eben noch nicht so recht im Reinen zu sein.
      Hier @Sandalenfreund, solltest Du auf jeden Fall nochmal nachhaken.
      Was soll an der Serie „Bonding“ peinlich sein? Das ist doch Quatsch….
      Oder ist es peinlich, weil die Serie vielleicht einfach billig gemacht ist?!?
      Oder ganz, ganz andere Idee, spielt sie vielleicht ganz bewusst mit Deiner Scham und Unsicherheit?
      Das fände ich allerdings auch ziemlich daneben….

      Salt&Pepper schrieb:

      Und meiner Erfahrung nach (...) fährt man da am besten, wenn man einfach gelassen bleibt.
      :yes: :thumbsup: Das unterschreibe ich mal ganz fett! Und auch nicht nur in Bezug auf BDSM. Das soll nicht heißen, dass es immer so ganz einfach ist, gelassen zu bleiben, aber es hilft. Jedenfalls bei Menschen, die selber unsicher sind oder zum ersten Mal im realen Leben / im Bekanntenkreis mit dem Thema konfrontiert. Je gelassener und souveräner man es schafft zu bleiben, desto weniger gibt man einer Sichtweise Nahrung, dass es da vielleicht wirklich ein grauenhaftes, nahezu unaussprechliches, zutiefst verstörendes Geheimnis gibt, auf das man da gerade gestoßen ist. Je mehr man sich selber vor Peinlichkeit windet, desto mehr verstärkt man den Eindruck, dass es da offensichtlich auch was zum Schämen geben muss :engel:
      Ich erinnere mich: Im vorigen Jahrhundert gab es Fetisch-Magazine namens Madame X (nein, nicht das Album von Madonna), in denen es um Femdom ging. Die Zeitschriften werden heute für teures Geld als Antiquariat verkauft.
      Bei einem lockeren Treffen von Arbeitskollegen fiel einmal zufällig diese Bezeichnung „Madame X“. Ich sagte – unbedacht: „Das ist doch das Fetisch-Magazin. Da schau ich auch ab und zu rein.“ Das war mein unfreiwilliges Outing. Eine Antwort war: „Schämst du dich nicht, sowas zu lesen?“ Und von da an wusste jeder der braven Hausmänner Bescheid. Heimlich nannten sie mich auch Madame X, und irgendwie war ich ein bisschen stolz darauf.

      Einige Zeit später war ich zuhause bei einem dieser Hausmänner und entdeckte zufällig unter seinem Stapel Zeitungen ein Sex-Magazin. Aha, dachte ich, jetzt kommt die Rache, und ich fragte ihn: „Schämst du dich nicht?“ Von da an verstanden wir uns ziemlich gut...

      Fazit: Viele die vorne herum ein ganz braves, biederes Leben führen, haben auch irgendwo ein dunkles Geheimnis. Darüber zu sprechen, davon geht die Welt nicht unter.