Überwindung der "Moral" - Wie?

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

      Moral ist ja eine Vorstellung was in bestimmten Situationen “gut” oder “richtig” ist zu tun. Allerdings ist das nur die oberflächlichste Idee der Unterscheidung zwischen “richtigen” und “falschen” Handlungen. Man macht damit die Situation zum Ausgangspunkt, das sind äußerliche Gegebenheiten. Man schlägt keine Frauen, weil sie schwächer sind. Man greift keine Schwächeren an, weil man fair bleiben will, man möchte ja als ein Schwächerer auch nicht angegriffen werden, denn wenn dies zulässig wäre, gälte nur das Recht des Stärkeren.
      Aber die gleiche Situation kann ja je nach Intention ganz unterschiedlich beurteilt werden. Wenn ich bergsteige, kann ich mich gut anseilen oder nicht. Wenn ich jetzt freestyle klettern will, wäre Anseilen aber schummeln. Es geht dann gerade darum, sich nicht anzuseilen und sich der Herausforderung der nackten Wand zu stellen.

      Wenn ich die Wahl habe eine Treppe hinaufzulaufen oder den Fahrstuhl zu nehmen, liegt es in meiner Intention, was ich möchte. Die Situation gibt mir hier keine Hilfestellung, nur die Frage was ich möchte. Möchte ich schnell oben sein oder sportlich sein?

      Übrigens liegt der Fall mit dem Schlagen ja sowieso völlig quer. Wer ein Schlaginstrument benutzt, ist durch das Benutzen desselben schon in der Rolle des Stärkeren, da ist es dann völlig egal ob Frau oder Mann. Sonst hätten wir die komische Situation, dass Frauen problemlos Männer vertrimmen dürfen, Männer Frauen aber nicht, und Männer Männer auch oder nicht, und Frauen Frauen auch oder nicht, weil es dann unfair wäre, wenn nur einer ein Schlaginstrument nutzt?

      Nein, die Frage ist hier dieselbe wie beim Klettern oder bei der Fahrstuhl/Treppengeschichte. Möchten wir beide die Situation als BDSM-Situation definieren? Dann ist das Schlagen ja genau das, was von beiden gewollt ist und damit in beider Intention. Ist es aber von keinem oder nur einem der beiden gewollt, liegt keine BDSM-Situation vor und macht man es nicht.

      Und die BDSM-Situation endet genau damit, dass mindestens einer von beiden nicht mehr will oder kann, entweder durch Absprache oder ein Safe-word.

      Das zweite Element ist das des Genusses. Ich esse gerne viel schärfer als meine Frau. Wenn meine Frau mir ein Essen kocht, das nicht so scharf ist wie ich es liebe, und sich nur an das allgemeine Rezept hält (man tut nur eine Chili ins Chili-con-carne, nicht 20), dann tut sie mir ja nichts Gutes, sondern verweigert mir das, was mir Genuss bereitet. Genau das Brennen auf der Zunge und in der ganzen Mundhöhle, das ich so liebe, würde sie mir dann verweigern, weil sie sich an irgendwelche überlieferten Rezepte halten würde, oder an ihren eigenen Gaumen, aber all das wäre ja falsch, denn ein Essen, das nicht die von mir erwünschte Schärfe hat, ist für mich fad und langweilig.

      Speziell diese Art von Überlegungen hat mir geholfen, meine eigenen Schlaghemmungen zu überwinden.

      Nachtfalterin schrieb:

      Und jetzt bist du hier mit mir, mit Marie. Und Marie mag das Gefühl, wenn du ihr in die Haare greifst - da fühlt sie sich glücklich und geborgen und begehrt. Und Marie mag das Gefühl von Eiswürfeln auf der Haut. Und sie mag Klapse. Und sie mag auch festere Klapse, und Kniffe mag Marie auch. Du schlägst nicht Frauen, sondern du und Marie, ihr habt etwas ganz Besonderes, was EUCH Spaß macht..."
      Ich finde, die Nachtfalterin hat das sehr gut und fast poetisch beschrieben. Es ist die Vereinbarung, die sich über die Moral setzt.

      Die Absprache, die möglich macht, was ansonsten gegen die Moral geht.

      Es war unmoralisch, Sex vor der Ehe zu haben. Mein Gott, was hätte ich im Leben verpasst ;-))) Aber es war immer einvernehmlicher "Moralverstoß" und fast immer hat es auch großen Spaß gemacht.

      Sex hat im Schlafzimmer stattzufinden. Am besten noch bei abgedunkeltem Raum. Ja, das hat früher als moralisch gegolten. Heute wissen viele Paare, das es viel spannendere Orte gibt und das der Partner auch bei Licht eine gute Figur macht. Trotzdem hift uns "die Moral" noch, es nicht wild in der Einkaufstraße zu treiben, weil wir damit evtl. die Gefühle Anderer verletzen könnten.

      M. E. ist das Alles auch im D/S nicht anders, denn auch da und vielleicht gerade da, sind diese Absprachen, diese Vereinbarkeit wichtig.Wenn Strafen Strafen sein sollen, muss geklärt sein, dass diese Bestrafung akzeptiert bzw. sogar gewünscht wird. Ein Psychologe hat mir mal gesagt, jedes menschliche Handeln kann auf zwei Beweggründe zurückgeführt werden. Wunsch nach Anerkennung oder Angst. Bei vielen Subs, die hier schreiben, liest man m. E. auch genau das heraus. Ich möchte ihm/ihr gefallen. Ich mag Strafen nicht, aber wenn ich sie verdient habe, reinigen sie und es ist wichtig, dass ich sie dann bekomme.

      Moral sollte nach außen beachtet werden, um nicht Andere zu verletzen. Was zwei (oder mehr ;) ) Menschen miteinander machen, darf bei Einvernehmen gern weit ab jeder Moral sein.
      Guter Sex beginnt in ihrem Kopf :P

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von konse quenz ()

      Tininow schrieb:

      Vielleicht geht es ja gar nicht immer darum, etwas mental zu beseitigen, sondern eher darum, sich davon trotzdem nicht einschränken zu lassen
      Ich finde auch, das trifft es total. Ich denke, BDSM auszuleben benötigt Mut und Neugier auf beiden Seiten.
      Und wenn der Reiz des 'Verbotenen' ganz fehlen würde, wäre das auch irgendwie ein wenig schade.

      konse quenz schrieb:

      Ein Psychologe hat mir mal gesagt, jedes menschliche Handeln kann auf zwei Beweggründe zurückgeführt werden. Wunsch nach Anerkennung oder Angst.
      Diese krude These würde ich jetzt mal anzweifeln :icon_lol: Aber ich kenne den Kontext der Aussage auch nicht... nicht alles ist extrinsisch motiviert ("Anerkennung") und als intrinsische Motivation gibt es neben Angst mindestens noch den eigenen Lustgewinn, aber z.B. auch das Streben nach Sinnhaftigkeit (wobei das vielleicht dem Lustgewinn zugeordnet werden kann).

      konse quenz schrieb:

      . Ein Psychologe hat mir mal gesagt, jedes menschliche Handeln kann auf zwei Beweggründe zurückgeführt werden. Wunsch nach Anerkennung oder Angst.

      Das finde ich etwas kurz gegriffen. Ich habe mal längere Zeit über folgendes nachgedacht, was unsere allgemeine menschliche Motivation angeht:

      Angst vor Tadel, Zensur und Ablehnung
      Streben und Gier nach Lob, Anerkennung


      Angst vor Verlust, Sterben, unliebsamen Erlebnissen
      Verlangen, Wunsch, Streben, Gier nach Gewinn und Lustbefriedigung, Freuden

      Angst vor Leiden
      Streben nach Glück,

      Angst vor dem Verlust der Reputation und Schande, Bedeutungslosigkeit
      Gier und Streben nach Ruhm, Anerkennung und Position

      Noch kompakter:

      Gewinn und Verlust,
      Ehre und Verachtung,
      Lob und Tadel,
      Freude und Leid

      Das habe ich nicht selber erdacht, das stammt aus dem Buddhismus.
      Bevor du liebst, lerne, über den Schnee zu gehen, ohne Spuren zu hinterlassen.

      konse quenz schrieb:

      jedes menschliche Handeln kann auf zwei Beweggründe zurückgeführt werden. Wunsch nach Anerkennung oder Angst.
      Erinnere mich, das im Studium so ähnlich gehört zu haben, allerdings waren die Motivationen Gier und Angst.

      Currer Belle schrieb:

      Aber ich kenne den Kontext der Aussage auch nicht...
      Kommt aus der Werbepsychologie. :yes: Leider ergibts in dem Kontext sogar Sinn
      Ich so: "Warum nehmt Ihr mich nie ernst?!!" ;( Forum so: "Hihi. Der war gut!" :rofl:

      Books schrieb:

      Liebe und Angst.
      Das hatte ich heute in meinem tgl. Newsletter:

      Jeder Gedanke, jedes Wort oder jede Tat eines Menschen gründen sich auf eine dieser beiden Emotionen, Angst und Liebe. Darin habt ihr keine
      Wahl, denn es steht euch nichts anderes zur Wahl. Aber ihr habt freie Wahl welche der beiden ihr euch aussuchen wollt.
      GmG 1, Seite 43
      Auch wenn es widersprüchlich klingt:
      Ihr Ego muss stark genug sein, um seine begrenzte, defensive Haltung und Kontrolle aufgeben zu können.
      Sie brauchen ein starkes Ego, um das Ego transzendieren zu können.

      - John Bradshaw, Das Kind in uns -
      Über Jahre hinweg, haben mich die eigenen, konservativen christlich geprägten Moralvorstellungen meiner Erziehung daran gehindert zu akzeptieren, wer ich bin. Mein Herzensmensch kann selbst mit meinen Vorlieben nichts anfangen. Sie hat sich aber darauf eingelassen und man könnte sagen, wir haben uns bis zum heutigen Tage gegenseitig die vorhandenen Moralvorstellungen abgewöhnt, wobei es immer noch Themen gibt, bei denen ihr ein: das macht man doch nicht herausrutscht. Wer genau dieser "man" ist, ist mir bis heute schleierhaft. Aus einem ganz leichten Streicheln mit der Gerte wurden tiefe Striemen mit dem Rohrstock. Allerdings lässt jede Erweiterung unseres Spiels unterbewusst den mahnenden Zeigefinger des Moralapostels über uns schweben. Und in diesem Wort sehe ich das Problem. Seit dem Mittelalter haben ja vor allem die Kirchen das Wort Moral und ihre Deutung definiert. Wenn man bedenkt, was hinter manch dicker Kirchenmauer abging sicherlich eine Doppelmoral. Aber durch den enormen Einfluss auf die Menschen steckt einfach vieles an Moralvorstellung in uns drin, was nur sehr sehr schwer aufzuweichen ist. Ich persönlich habe es geschafft innerhalb meiner Ehe und 4 Wände jegliche Moralvorstellung über Board zu werfen und zu leben, wie ich bin. Außerhalb muss ich mich aus Angst vor Ausgrenzung der restlichen Familienmitglieder aber als der konservativ biedere Ehemann und Vater geben. Ein Unterwürfiger, masochistischer Sub mit Nagellack, High Heels und Röckchen entspricht nicht den " Moralvorstellungen" der Bundesdeutschen Kleinstadt.
      Das mit der Moral erleben wir grade selbst und es ist gar nicht so einfach da irgendwie einen Weg zu finden, der diese Ketten sprengt. Mein Mann hat ebenfalls die Meinung, dass man Frauen und schon gar nicht die, die man liebt schlägt. Das passt einfach nicht in seinen Gedankengang, auch wenn er weiß dass ich das sehr mag. Nun suchen wir uns halt einen Weg, wie es evtl irgendwann geht, langsam, mit viel Geduld und viel Reden, hoffe ich, das wir da irgendwann den Knoten zum platzen bringen. Was bei der ganzen Sache sehr interessant ist..... es geht nicht um den Schmerz, den kann er mir durch zum Beispiel Klammern, Wachs schon zufügen aber das Schlagen die Hand erheben und bewusst zuschlagen, das geht für ihn noch nicht.
      Sei ein Unikat in einer Welt voller Kopien

      Malea Dark schrieb:

      Das mit der Moral erleben wir grade selbst und es ist gar nicht so einfach da irgendwie einen Weg zu finden, der diese Ketten sprengt. Mein Mann hat ebenfalls die Meinung, dass man Frauen und schon gar nicht die, die man liebt schlägt. Das passt einfach nicht in seinen Gedankengang, auch wenn er weiß dass ich das sehr mag. Nun suchen wir uns halt einen Weg, wie es evtl irgendwann geht, langsam, mit viel Geduld und viel Reden, hoffe ich, das wir da irgendwann den Knoten zum platzen bringen. Was bei der ganzen Sache sehr interessant ist..... es geht nicht um den Schmerz, den kann er mir durch zum Beispiel Klammern, Wachs schon zufügen aber das Schlagen die Hand erheben und bewusst zuschlagen, das geht für ihn noch nicht.
      Das kenne ich nur zu gut. Das war mit meiner Frau genauso. Und ist auch weiterhin immer wieder ein kleines Problem. Sie brauchte unfassbar viel Überwindung mir wehzutun. Immer wieder gab es Tabus, weil man das nicht mache. Im Prinzip geht die Evolution bei uns seit 20 Jahren. Aus anfänglichen Streicheleinheiten mit den Schlagwerkzeugen sind mittlerweile zumindest striemen geworden. Aber dass ich mal so richtig grün und blau bin, glaube ich mittlerweile nicht mehr. Moralvorstellungen muss man gemeinsam langsam überwinden. Sie sagte immer, dass sie mich niemals ohrfeigen würde, naja die erste war unglaublich und gehört nun zum Repertoire. Menschen, die nicht wie wir fühlen, können es ja nicht nachvollziehen. Ich glaube es sit an uns, ihnen zu zeigen, welche Leidenschaft sie durch die Überwindung der eigenen Moralvorstellungen in uns wecken können. Ich hoffe darauf, von ihr mal zum weinen gebracht zu werden; aktuell für sie unvorstellbar. Wenn man aber sieht, was über die Jahre alles passiert ist, bin ich mir sicher, dass es irgendwann passiert. Es braucht einfach alles sehr viel Zeit, Vertrauen und bedingungslose Liebe.

      Ich wünsche Dir und Deinem Mann alles davon. Vor allem Geduld. Und dass Ihr redet ist doch schon mal der erste richtige Schritt.
      Vieleicht hilft es, sich mit dem Vorgang des Schlagens im BDSM-Kontext in all seinen Details bewusst auseinanderzusetzen und sich dabei gezielt die Unterschiede zum Schlagen im Kontext realer Gewaltanwendung vor Augen zu führen. Und damit meine ich nicht den übergeordneten (emotionalen) Kontext, sondern den rein körperlichen Vorgang des Schlagens an sich.

      Wenn ich jemanden Schage, sei es im BDSM-Kontext oder zur nonverbalen Konfliktbewältigung, möchte ich damit etwas erreichen. Typischerweise möchte ich im BDSM gerade nicht, dass Subbie KO zu Boden geht, und wenn ich auf der Straße angegriffen werde, dann ist es mir wahrscheinlich erstmal egal, ob der Angreifer mit einem hübschen Streifenmuster auf dem Hintern nach hause geht. Deswegen nimmt man in dem einen Fall die Hand oder die Gerte und in dem anderen eher die Faust oder einen Teleskopschlagstock. Deswegen landet der Schlag im einen Fall auf dem Allerwertesten und im anderen "auf der 12". Der eine soll in erster Linie Nerven im Bereich der Haut stimulieren und damit bestimmte Empfindungen auslösen, der andere jemanden kampfunfähig machen. Wenn man sich intensiv damit beschäftigt, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass beides nichts, aber auch garnichts miteinander zu tun hat und die Unterschiede beider Arten des Schlagens die Gemeinsamkeiten bei weitem überwiegen.

      Bei mir hat sich das Thema zugegeben etwas anders dargestellt. In meiner damaligen Entwicklung war es so, dass ich mich mit dem Thema "Schlagen" bereits vor meiner BDSM-Zeit recht intensiv in sportlicher Hinsicht auseinandergesetzt hatte. Von daher hatte ich zwar keineBerührungsängste mit der Vorstellung, jemanden einvernehmlich zu schlagen, durchaus aber einen gewissen Respekt vor dem, was die mir bekannte Art Schläge - mit 90 kg Kampfgewicht fachgerecht ausgführt - anrichten können und fand die Vorstellung aktiv wie passiv wenig erregend. Wenn ich nun die Schläge aus dem Kampfsport und dem BDSM gedanklich über einen Kamm geschoren hätte, hätte ich das Schlagen im erotischen Kontext sicher wohl eher ganz gelassen. Mir war beim BDSM aber von Anfang an klar, dass es ein völlig anderes Schlagen ist, als das, was ich als elegante Form stumpfer Gewaltanwendung gelernt und praktiziert hatte. Dadurch konnte ich beides immer Gedanklich und emotional voneinander abgrenzen.

      Das eingangs geschilderte Moralproblem ist sicher etwas anders gelagert. Aber ich denke, dass auch da die Auseinandersetzung mit dem Thema und das bewusste Wahrnehmen der Unterschiede ein Weg sein kann, die unangenehmen Assoziationen aufzulösen.
      Ich will mal aus Sub-Sicht beleuchten, wie lange ich am Anfang auf dem Thema Moral rumgekaut habe, das war ein ziemlich unverdaulicher Riesenbrocken X/ Denn ich komme aus einer dörflichen, behüteten Welt, in der Frauen auf eine konservative Art geschätzt wurden. Ein evangelisch-nüchterner-ordnungsliebender-Faktor hat mich auch über lange Jahre geprägt.
      Und dann überwältigte mich der Rausch, wie es wäre, meinem Mann ausgeliefert zu sein. Ich hab ihn ja doch schon über 15 Jahre als Gentelman kennen gelernt. Und ich liebte ihn eigentlich auf eine ziemlich harmlose Weise, wobei wir uns hübsch in der Spießeridylle langweilten. Plötzlich kamen die noch unausgegorenen Gedanken an Unterwerfung, Schmerzen, harten Sex, unerbittliche Regeln, alles was ich nie so richtig in Worte fassen konnte.
      Dazu fand ich es wirklich seltsam, dass ich mich selber für ziemlich patent hielt, differenzierte Meinung, lebhaft, entscheidungsfreudig, nicht ohne Selbstbewusstsein und im Büro eher eine von den "Bestimmerinnen". Wer war ich da auf einmal, die sich fesseln lassen wollte, bestraft werden wollte, sich seinem Willen beugen wollte? ?( Kann ich überhaupt noch ein normales Leben führen? Was ist normal? Leiden die restlichen Lebensbereiche unter dem neuen Dasein? Halte ich auch dunkle Zeiten, Einsamkeit, Aufbegehren aus? Wird unsere Ehe besser oder schlechter, wenn mein Mann mir wirklich weh tut? Das kam mir alles so konfus vor, und dazu ging das normale Leben ja weiter. Ich war nach wie vor Mutter, berufstätig, fest in unserem Sozialgefüge verankert, keiner wusste um mein spezielles Geheimnis. :secret: Mehrmals am Tag dachte ich, dass gleich jemand klingelt oder anruft und mich befragt, warum in alles in der Welt wir pervers geworden sind :golly:

      Gelöst hat es auf ziemlich unspektakuläre Weise die Zeit, und eine ordentliche Portion Geduld und Gelassenheit. Wir haben aber auch sehr klar und offen am Küchentisch ausgehandelt, was er sich vorstellen kann, was ich mir zutraue, wie wir das Projekt anpacken wollen. Und wir haben Rückschläge möglichst ausführlich besprochen, immer mit dem Fokus auf "wie klappt es besser" denn auf "alles Katastrophe, wir schmeißen hin". Ein wichtiger Meilenstein, wie ich finde.
      Ich könnte jedenfalls viele Dinge nicht halbnackt gefesselt im Schlafzimmer bei Kerzenschein besprechen, sondern brauche den zivilen Rahmen, in dem wir ehrlich, schonungslos und verantwortungsvoll festlegen, wie die nächsten Schritte ausschauen können. Natürlich kann man nicht jedes Detail planen, aber gute Kommunikation hat die Moralkeule hier deutlich schrumpfen lassen.

      Die ersten Male, als mein Mann mich geschlagen hat, ist mir noch aufgefallen, dass er dabei besonders lieb geschaut hat. Und das ist keine flapsige Bemerkung, er hat mich wirklich verliebt angeschaut. Von dem Moment an, als er die Hand oder die Gerte erhoben hat, bis zu der Millisekunde, als es PATSCH gemacht hat, und mir schon die Tränen runter kullerten. Das hat er instinktiv richtig gemacht, eine riesen Ladung Wohlwollen, Vertrautheit, Lächeln in diese Anfänge zu legen.

      Mit der Zeit wurden wir beide mutiger, ich habe nach einigen Monaten stählernen Willen in seinen Augen gesehen, unerbittlich, wenn er mich strafen musste, und mittlerweile sehe ich (selten, aber ausgesprochen gerne!) diabolisches Vergnügen. Das sind die Sternstunden, wo ich keine moralischen Abgründe mehr verspüre, sondern ihn als das erlebe, was er ist. Mein Gebieter, der mich schlägt, weil er es darf und will. Der gleiche Mann sitzt dann kurze Zeit später mit den Kids und mir in der Eisdiele, wir sind total entspannt wieder in die altbekannte Spießerwelt rein geglitten, und ich habe sozusagen das Beste aus beiden Welten gebucht ^^

      Wieder mal viel Text von mir, aber langer Rede, kurzer Sinn: Moral ist ein sich wandelnder Begriff, und der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das ist meine erlebte Erfahrung, weil ich mich tatsächlich an unsere Lebensweise gewöhnt habe, und durch stetige Übung und Geduld moralische Hemmnisse abstreifen konnte. Innerhalb einiger Wochen wäre das nicht gegangen, aber innerhalb von vielen Jahren ging das Stück für Stück.
      Unfreiwillig entdeckt hat uns im Übrigen noch keiner, an der Nasenspitze sieht man uns das Machtgefälle nicht an, und unser Verhalten fördert auch keine neugierigen Nachfragen. Dies nur noch als Schlussgedanke, dass man auch recht intensives DS so unaufgeregt verpacken kann, dass Außenstehende keine moralischen Bedenken in sich nähren oder einen gar damit konfrontieren.
      Du gibst meinem Suchen ein Finden, meiner Liebe schenkst du fruchtbaren Boden, meinen Ungehorsam bezwingst du mit Güte, mein Lachen findet sich wieder in deinen Augen, und meiner Sehnsucht, Herr, gibst du Heimat.
      @Black Velvet, Du hast Euren Weg sehr schön beschrieben. Uns ist es ähnlich gegangen. Es ist ein Weg, eine Entwicklung, die wir gemeinsam gehen und alte Moralvorstellungen immer mehr über Bord werfen.

      Auch bei uns vermutet niemand, wenn wir zum B. auf einer Party sind, dass sie kurz vorher noch den Hintern verstriemt bekommen hat, weil sie frech war und es mal wieder ordentlich sein musste.

      Selbst wenn sie mal hin- und herrutscht, würde keiner vermuten, dass der Bobbes brennt, sondern eher glauben, sie sei mal wieder hibbelig.

      Sollen sie es glauben, wir wissen es besser :P
      Guter Sex beginnt in ihrem Kopf :P