03.12.2023 ✷ Er

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      03.12.2023 ✷ Er


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      ✵ 3. Dezember ✵

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      Er

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      Von Nightshadesxxx

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      Es regnet. Ich habe mein Fenster angelehnt, höre mein Lieblingslied, habe die erste Kerze des Adventskalenders angezündet und koche währenddessen eine Kürbissuppe. Heute ist ein schöner Tag. Meine Wohnung wird von dem süßlichen Zimtgeruch der Kerze erfüllt und ich wippe sanft zur Musik.

      Während ich so in Gedanken vertieft bin, höre ich zunächst nicht, wie das Lied mitten im Refrain stoppt und mein Klingelton geradezu wie wild anfängt, loszugehen. Es ist meine liebe Schwester, die mich in ein paar Stunden besuchen möchte, um den ersten Advent seit langem wieder mit mir zu verbringen. Die letzten Jahre hatten wir beide sehr viel zu tun und sie lebte zeitweise in einem anderen Land. Weihnachten kam dabei leider oft zu kurz.

      „Halloo“, melde ich mich, erfreut, sie zu hören. „Hey, meine Liebe. Mein Zug ist ausgefallen und ich komme leider erst spät nachts an. Würdest du das Geschenk für die Eltern alleine abholen? Tut mir wirklich leid.“

      „Ach kein Problemchen. Mach ich, bis später.“

      „Immer diese deutsche Bahn“, murmle ich vor mich hin und beginne seufzend, den Herd auf eine ganz niedrige Stufe zu stellen: Ich werde nicht lange weg sein. Ich puste die mittlerweile fast aufgebrauchte Kerze aus, ziehe mir meinen schönen neuen Schal und Handschuhe an.

      Ich fühle mich sehr gut. Wieso ich mich heute so schick gemacht habe, kann ich nicht sagen. Ich habe neue Unterwäsche an, bin rasiert und habe meine Haare geflochten. Das Lied von eben summend schließe ich die Tür auf und gehe hinaus. Sogleich kommt mir eine stürmische Windböe entgegen und pustet mir die Haare in mein Gesicht. Ich schließe meine Winterjacke ganz und wickle den Schal fester um meinen Hals.

      Gleich, als ich vorsichtig einen Fuß auf die vereiste Treppe vor meinem Haus setze, spüre ich es. Ein Gefühl in meinem Nacken; als würde ich angestarrt. Ich drehe mich um, doch schaue nur in die Dunkelheit. Da ist niemand. Du übertreibst. Denke ich bei mir und schüttle den Kopf. So ein Quatsch aber auch. Trotzdem beschleunige ich meine Schritte, um schneller aus meinem etwas abgelegenen Wohnviertel in die kleine angrenzende Stadt zu kommen. Es ist ein 15-minütiger Weg und ich beeile mich, diesen schnell hinter mich zu bringen. Es ist auf gut deutsch gesagt arschkalt. Als ich die Lichter der Stadt erkenne, entspanne ich mich merklich und verlangsame meine Schritte etwas. Schnell mache ich den Bilderladen ausfindig, in welchem sich das teure Gemälde für meine Eltern befindet, für das meine Geschwister und ich so lange gespart haben. Nach dem Kauf begebe ich mich auf direktem Weg nach Hause. Ich denke darüber nach, mir direkt einen heißen Kakao zu machen und meinen gemütlichen Bademantel anzuziehen.

      Tief in Gedanken versunken fällt mir nicht auf, wie sich eine Gestalt direkt vor mich stellt und ich prompt in sie hineinlaufe. Erschrocken richte ich meinen Blick auf den deutlich größeren Mann vor mir. Mist, den hab ich überhaupt nicht gesehen. „Oh, das tut mir leid“, bringe ich heraus und betrachte ihn genauer. Lange schwarze Haare, wahnsinnig tiefe braune Augen, einen leichten Bartansatz, welcher trotzdem seinen markanten Kiefer offenbart. Er schaut mich an.

      Ich versuche, seinen Blick zu deuten. Diese Begegnung ist irgendwie… merkwürdig. Er sagt überhaupt nichts. Sekunden vergehen, während ich auf eine Antwort seinerseits warte und gleichzeitig überlege, ganz schnell aus dieser bizarren und unangenehmen Situation zu entfliehen. Sein Blick ist durchdringend, er wendet ihn keinen Moment ab und senkt den Kopf fast unmerklich immer ein kleines Stück weiter. Ich muss gehen. Doch mein Körper gehorcht nicht. Er bewegt sich keinen Zentimeter, als hätten diese unheilvollen Augen ihn gefesselt. Nicht einmal einen Finger kann ich rühren. Was passiert hier bloß? Mir wird flau im Magen. Ich weiß nicht, wie lange wir dort stehen, doch irgendwann beginnt der Mann, sich zu regen. Unglaublich anmutig streicht er seine Kutte beiseite und beginnt langsam, wie in Zeitlupe, seine Hand zu heben.

      Ich senke meine Augen und betrachte sie: Blass. Knochige Finger bahnen sich wie Äste, die nach einem kleinen Lichtstrahl suchen, nach oben; umhüllt von Ringen, schwarz wie die Nacht. Ich kann nichts tun, einfach nur starren. Meine Gelenke gehorchen nicht. Verweigern den Widerstand; sehnen sich geradezu nach seiner Berührung.

      Er ist nicht wirklich jemand, welchem ich aus Interesse einen zweiten Blick schenken würde, doch sehe ich ihn so vor mir stehen, spüre ich etwas tief in mir. Etwas, was ich noch niemals so verspürt habe. Es verschlägt mir den Atem und lässt das Adrenalin in mir wüten. Diese Sekunden vor dem Sturm. Diese, in welchen man in seinem Unterbewusstsein spüren kann, dass etwas passieren wird, es jedoch mit vollem Geiste nicht begreift.
      Es rauscht in meinen Ohren und ich atme auf einmal schneller. Ich sehe nur seine Finger, unter welchen ich am liebsten in die Knie sinken möchte. Genau hier auf dem eiskalten, schneebedeckten Boden möchte ich unter seiner Hand in mich zusammenfallen, bis ich seine pechschwarzen Schuhe an meinen Händen spüren kann. Was ist nur los mit mir?

      Seine Hand, welche Millimeter von meinem rechten Unterarm entfernt war, packt plötzlich zu. Als hätte er meine Gedanken gelesen, dirigiert er mich mit seinem eisigen Griff. Es ist nicht schmerzhaft, aber endgültig. Es gibt keinen Ausweg. Er hat mich. Und so sinke ich tiefer. Ich versinke in seinen Augen und sinke auf den Boden herab. Er nimmt mich vollständig ein, die Kälte spüre ich nicht mehr. Auch, dass ich meine Kürbissuppe eigentlich dringend vom Herd nehmen müsste, ist in diesem Moment nicht wichtig. Jetzt gerade zählt nur er.

      Nun starre ich auf seine Füße. Seine Hand lockert ihren Griff, sie gleitet sanft und leicht wie eine Feder über meinen Oberarm hinauf zu meinem Hals. Dort verharrt sie für eine Sekunde und ich kann fast greifen, wie er den viel zu schnellen Puls meiner Hauptschlagader unter seinen Fingern spürt. Als würde er versuchen, ihn in sich aufzunehmen. Das alles passierte binnen einer Sekunde und war trotzdem so intensiv, dass mein Kopf anfängt, sich zu drehen.

      Ich nehme nichts mehr wahr. Und gleichzeitig alles. Ich höre das Rauschen der Bäume hinter mir so laut wie noch nie. Ich nehme das Knirschen des Schnees, welcher unter dem Gewicht meiner Knie zusammenfällt, wahr und höre in weiter Ferne die Türglocke jenen Ladens, in welchem ich mich bis vor kurzem befand. Das alles höre ich, doch kann ich die Geräusche plötzlich nicht mehr dem Bild vor meinen Augen zuordnen. Es scheint alles… langsamer als sonst und verzerrt. Als wäre ich gar nicht wirklich da.

      Da ist nur er. Er ist real. Das weiß ich in dem Moment, als er seine kalten dürren Finger von meinem Hals entfernt und wie zur Bestätigung meiner wirren Gedanken auf meinen Kopf legt. Er streichelt meinen Haaransatz mit unglaublich sanften Bewegungen. Da war Liebe in seiner Berührung. Da ist Schmerz. Und… Vertrautheit. Und Kälte. Ich kann es nicht verstehen. So fühlte ich noch nie.

      Ich knie dort und halte meine Augen gesenkt. Es ist so viel. Zu viel auf einmal. Ich kann nicht mehr und all das kommt hoch, was sich so lange in mir aufgestaut hat. Ich weiß, dass ich jetzt loslassen darf. Der Schmerz, den ich verspürte und so lange in mir getragen habe, droht mich nun umzuwerfen. Lediglich seine Hand hält mich.

      Die erste Träne bemerke ich fast nicht. Sie tropft auf meinen Handballen und hinterlässt einen kleinen, glitzernden Fleck. Der Bann ist gebrochen und auf diese eine folgt noch eine und eine mehr. Ich kann nicht mehr aufhören und lasse alles raus. Mein Handballen ist mittlerweile nass, das spüre ich. Sehen kann ich unter dem Tränenschleier nur noch verschwommen. Ich bin am Ende. Hilflos, klein und schwach. Würde er mir nicht in diesem Moment durch diese fast nicht spürbare Berührung signalisieren, dass alles genau so richtig ist und ich dieses neue Gefühl unter ihm genießen könne, ich würde durchdrehen.

      Alles ist gut. Vermittelt er mir immer wieder und irgendwann weichen meine wimmernden Laute und meine Verzweiflung einer wahnsinnigen Ruhe. Das Chaos um mich herum ist verschwunden und es existiert nur noch diese tiefe Schwärze, die mich einhüllt. Wie eine heiße Dusche oder ein gemütliches Bett, in welches man sich legen und einfach für immer schlafen möchte.

      Ich lehne meinen Kopf mit einem Seufzen an sein Bein. Ich fühle mich meiner Sinne beraubt und fühle in diesem Moment nur durch… ihn. Durch seine Berührung und seine Stimme. Auf einmal stoppt seine Hand und greift unverwandt fest an meine Haarwurzeln. Er zieht mich wieder auf die Füße.

      Durch den plötzlichen Schmerz schreie ich auf und versuche, mich zu begreifen. Zwecklos. Das merke ich schon bald. Er ist einfach zu stark. Und gleichzeitig… will ich nicht mit ihm kämpfen. Ich lasse meine Arme sinken und beende das Zappeln. An meinen Unterschenkeln und den Knien trieft es von der Nässe des Bodens und es fröstelt mich. Es ziept noch immer in den Haaren, doch sobald ich stehe, lässt er los. Streicht noch einmal bedächtig darüber und schaut mich an. Er muss nichts sagen, ich verstehe, was er meint. Was ich tun soll. Ich kann seine Worte in meinem Kopf hören: Dienen musst du.

      Erschrocken wache ich auf. Mein Telefon läutet wieder. Es ist meine geliebte Schwester. Ich sehe mich um und bin zunächst verwirrt. Wo bin ich nur? Was ist passiert? Ich rieche die Mischung aus Zimt und Kürbis und stelle fest, dass ich an meinem Küchentisch eingeschlafen bin. Das Klingeln hat mittlerweile aufgehört und ich kann eine Nachricht auf dem Display erkennen: „Hey Schwestilein, bin in ca. 30 Minuten da. Hab das Geschenk bereits geholt Bis später!“

      Wow, war das also einfach ein normaler… Traum? Es wirkte so real. Ich stehe also nach einem Kopfschütteln auf und möchte mich wieder an meine Arbeit machen. Da spüre ich die Nässe. Meine ganze Unterhose ist nass.

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      dbondino schrieb:

      Meiner dunklen Seite lag ein anderer Verdacht nahe.
      Ging mir auch so, als ich von den blassen, knochigen Fingern gelesen hab :D
      Auch wenn es widersprüchlich klingt:
      Ihr Ego muss stark genug sein, um seine begrenzte, defensive Haltung und Kontrolle aufgeben zu können.
      Sie brauchen ein starkes Ego, um das Ego transzendieren zu können.

      - John Bradshaw, Das Kind in uns -
      Woha, eine Gänsehautgeschichte! Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was ER ist... Meine erste Theorie war irgendwie Vampir... die zweite war dann der personifizierte Tod selbst... Hatte wirklich Gruselfaktor :D . Gott sei Dank ist sie da ja ohne Schäden draus hervorgegangen ^^ .