18.12.2023 ✷ Engel

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      18.12.2023 ✷ Engel

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      ✵ 18. Dezember ✵

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      Engel

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      von dbondino

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      „Gott weiß, ich will kein Engel sein!”, dröhnte es aus meinen Lautsprechern. Das Lied begleitete mich seit meinen Kindertagen und gab mir immer eine Menge Energie.


      Aber warum sollte ich eigentlich kein Engel sein wollen? Diese Frage stellte ich mir erstmals ernsthaft. Engel waren so vieles! Es gab die putzigen kleinen Putten, die keiner Fliege was zuleide tun konnten. Es gab Schutzengel, die voller Liebe arme Seelen durch das Leben geleiteten. Es gab mächtige Erzengel, die himmlische Heerführer und Drachentöter waren und natürlich gab es auch gefallene Engel. Blaue Engel waren ziemlich irdisch, gelbe Engel auch … das mit den Farben war nicht so der Bringer, schien es. Weiß oder schwarz, Engel in Nichtfarben, das waren die mythischen Wesen.

      Was für ein Engel wäre ich “hierrr auf Errrrden”? Weiß oder schwarz? Schwarz! Ich war mir sicher. Ich war zwar nicht wirklich böse, aber ich war auch nicht angepasst und makellos. Schwarz kaschierte viel und war irgendwie viel cooler. Ich wäre schließlich kein Engel, der mit einer Harfe auf einer Wolke frohlocken würde. Bei dem Gedanken musste ich kichern. „Wirklich nicht! Frohlocken, das fehlte noch!”

      Für Adrian wäre ich gerne ein schwarzer Engel. Einer, der dunkle Wünsche erfüllt und dunkle Freude bringt. Huuhhh! Das hätte schon was! Adrian, der Unnahbare, der verdammt heiße coole Kerl aus der Rollenspieler-Gruppe. Ob der mich überhaupt wahrnahm? Meine Flirtversuche waren jedenfalls in den vergangenen Wochen von ihm abgeprallt. Den würde ich schon gerne mal als Engel mit Lucifers Macht in die Finger bekommen und vernaschen.

      „Tagträume!”, rief ich mich ins Hier und Jetzt zurück. Ich stand mehr oder weniger im Stau, aber auch das erforderte eine gewisse Konzentration. Da passte meine Engelsphantasie, in der ich mich zu verlieren drohte, gerade nicht so gut. Ich verdrängte den Gedanken.

      Einige Tage später kam er mit Wucht zurück. Ich hatte eine Whatsapp-Einladung in den Händen zur “Spark in the Dark X-Mas-Party” der Rollenspieler-Gruppe. Ein schwarzer Engel wäre dort genau richtig aufgehoben. Das war doch kein Zufall! Termin war der 23.Dezember, der Samstag vor Heiligabend. Das war super, um vor den schnarchigen Feiertagen noch einmal abzufeiern. Ich rief meine Freundin Pam an.

      „Was meinst du, sollen wir gemeinsam da hingehen? Wir könnten uns als schwarze Engel verkleiden.”
      „Mensch, Bella! Dir ist schon klar, dass da mehr Jungs als Mädels sein werden?”
      „Vermutlich, ja. Und?”
      Pam erklärte mir ihre Bedenken: „Du musst davon ausgehen, dass wir als heiße Engel nicht ganz unbehelligt bleiben dürften. Das will ich eigentlich nicht.”
      „Damit hast du sicher recht. Aber ich hätte da eventuell ein Ziel vor Augen.”
      „Adrian, klar!”, sagte meine Freundin ohne Umschweife.
      „War das so offensichtlich, Pam?”
      „Ist der Eiffelturm in Paris?”, fragte sie spitz.
      Ups, da waren meine Wünsche in letzter Zeit wohl für alle sehr deutlich geworden. Trotzdem hatte Adrian nicht darauf reagiert.

      „Du willst ihn also bezirzen, deinen unbeeindruckten Angebeteten und als schwarzer Engel einen verzweifelten Versuch wagen?”
      „Wenn du es so sagst, klingt es nicht mehr so verlockend wie in meiner Vorstellung”, gab ich kleinlaut zu.
      „Ach, Quatsch, lass mich doch mal lästern! Ich habe da noch eine Idee. Ich melde mich gleich wieder bei dir, ja?”
      Bevor ich antworten konnte, hatte Pam aufgelegt. Was hatte sie vor?
      Es dauerte fast eine Stunde, dann klingelte mein Telefon.
      „Pam? Bist du es?”, fragte ich gespannt.
      „Worauf du einen lassen kannst! Bingo!”, kam es zurück.
      „Du klingst zufrieden, aber was willst du mir eigentlich sagen?”, fragte ich nach.

      „Adrian - er ist nicht ganz so cool, wie er wirkt. Jan hat mir geflüstert, dass er sehr wohl gemerkt hat, dass du etwas von ihm willst und dass ihm das auch alles andere als egal ist. Er traut sich aber nicht, seine Distanz aufzugeben.”
      „Ach! Ich glaub’ es nicht!” Ich war wirklich überrascht.
      „Ja, der Prachtbursche hat einfach Schiss! Du machst ihm wohl Angst.”
      „Ich? Mache ihm Angst?”
      „Naja, vielleicht will er es auch einfach nicht vermasseln und ist unsicher?”
      „Adrian ist doch nicht unsicher!”
      „Vielleicht doch? Harte Schale, weicher Kern und so, du weißt schon.”
      „Mmmh.” Das war eine völlig neue Sicht, die ich erst einmal verdauen musste. Unnahbarkeit konnte auch ein Panzer sein. Vielleicht war Pam doch auf der richtigen Spur.
      „Jan”, fuhr Pam fort, „Jan teilt meine Bedenken wegen der Engelskostüme. Er rät uns eher zu weniger Glamour.”
      „Schade.”
      „Er fände es aber super, wenn wir als Engel eine kleine Performance auf die Beine stellen würden. Da könnten wir in einem geschützten Rahmen glänzen. Das könnte ich mir glatt vorstellen!”
      „Pam? Du? Warst du nicht die, die sich geziert hat?”
      „Naja, Jan - den finde ich ganz schnuckelig, Bella.”

      „Ach so ist das! Was sagt Jan denn, wie groß die Party wird? Immerhin hat er einen kleinen Club dafür gemietet.”
      „Er hofft auf 150 bis 200 Leute”, meinte Pam.
      „Wow! Und du meinst wirklich, dass wir in dem Rahmen für Stimmung sorgen könnten und uns nicht zum Affen machen?”
      Pam argumentierte: „Wir haben noch drei Wochen Zeit, zu üben und wir beide tanzen nicht soooo schlecht.”
      Das stimmte. Pam und ich hatten gemeinsam vier Jahre Modern Dance in einer Tanzschule gemacht.
      „Okaaay!”, nickte ich. „Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Lass es uns versuchen!”

      Es wurden schlimme drei Wochen. Wir waren uns über den Inhalt der Darbietung erst nicht einig, dann nicht über die Choreographie. Nichts war so einfach, wie wir uns das vorgestellt hatten, sondern es war richtig harte Arbeit, die uns alles abverlangte. Dass wir beide dabei ein „Opfer” im Sinn hatten, machte es nicht besser, denn jede von uns wollte glänzen. Wären Pam und ich nicht ganz alte Freundinnen gewesen, wir hätten uns darüber zerstritten. Nach einer Woche holten wir uns Hilfe bei unserer früheren Tanzlehrerin. Wir hatten viele richtige Ansätze gehabt, doch sie half uns, eine Linie in das Sammelsurium von Ideen zu bringen.
      Drei Tage vor dem Auftritt machten wir bei ihr in der Tanzschule eine Art Generalprobe und bekamen Applaus von ihr. „Ihr habt viel geübt, das sieht man! Ihr braucht euch nicht zu verstecken, Mädels. Das wird bestimmt ein Erfolg!” Trotzdem bekamen wir natürlich noch ein paar Tipps mit auf den Weg, aber wir waren uns jetzt sicher, dass wir keine peinliche Performance abliefern würden und das war entscheidend.

      Am Party-Abend waren wir trotz allem ganz schön aufgeregt.
      „Geil! Ihr seht super aus!”, meinte Jan erfreut, als er uns in der Umkleide sah. Pam war ein süßes schwarzes Engelchen im Spitzen-Tütü und das gefiel Jan wohl sehr. Ich bekam zwar einen schnellen Bodycheck und meine Figur, das sah ich in Jans Blicken, war durchaus ansehnlich. Doch mein glänzender Catsuit war nicht sein Favorit. Meine Rolle war die Luzifers. Ich würde Pam auf der Bühne dirigieren und tänzerisch meinem Willen unterwerfen. Jan stand ganz klar auf das niedliche Engelchen Pam. Ich war mir sicher, dass sie ihn so um den Finger wickeln konnte. Tja, das konnte ich Adrian nicht bieten. Ich war eben gerne ein wenig boshaft und übernahm lieber die Führung. Hatte er deshalb Angst vor mir?

      Ich hatte keine Zeit, diese Gedanken weiter zu verfolgen, denn unser Auftritt wurde angekündigt und wir mussten auf die Bühne. Wir tanzten zu Rammsteins Engel, das hatte nahe gelegen, und die harten Beats heizten nicht nur uns, sondern auch dem Publikum ein. Unsere Schrittfolgen und Figuren klappten besser als jemals zuvor. Adrenalin pur! Ich umtanzte Pam, umgarnte sie. Wir tanzten dann eine sehr synchrone Passage, bevor ich Pam meinem Willen unterwarf und sie wie eine Marionette dirigierte. Schließlich wanden wir uns in homoerotischen Posen auf der Bühne, bevor wir in einem furios getanzten Finale endeten.

      Wow, dieser Auftritt hatte sogar uns mitgerissen und die Leute im Saal tobten. Wir verbeugten uns und gingen von der Bühne.

      Wir? Nein, Pam war oben geblieben und hatte von irgendwoher einen Stuhl herbeigezaubert, der nun mitten auf der Bühne stand. Mit ihrem Zeigefinger lockte sie Jan zu sich, den sie auf den Stuhl setzte. Musik setzte ein: Cool, erotisch und mir völlig unbekannt. Betta Lemme hieß die Sängerin, „Give it” das Lied - aber das erfuhr ich erst später. Pam umtanzte Jan, verführte ihn, bot sich ihm an und als sie sich Jan über den Schoß legte und den Rock über ihren bekleideten Po hob, nahm dieser die Einladung an, ihr spielerisch darauf zu hauen. Es war zeitlich so perfekt abgestimmt, dass in dem Moment, als Pams Mimik hierauf mit lustvollem Erstaunen reagierte, das Lied endete und das Licht erlosch. Wann hatte sie das einstudiert? Es war perfekt gewesen! Und ich? Ich sah neben ihr blöd aus.

      „Ich bin nicht wie Jan.” Adrian! Er stand direkt neben mir.
      „Und ich bin nicht Pam”, stellte ich leicht frustriert fest. Pam war der leibhaftige Männertraum.
      „Das ist auch gut so”, meinte Adrian.
      Ich war überrascht. Wollten nicht alle Männer eine Pam?
      Als das Licht wieder anging, sahen wir uns in die Augen und ich sah Begierde in seinen. Aber da war noch etwas anderes: Überraschung? Skepsis? Ein Schimmer von Hoffnung auf Erlösung? Plötzlich hatte ich eine Ahnung, was es war! Ich griff mir Adrians schwarze Krawatte, zog ihn leicht daran zu mir. „Du brauchst also eine Frau, die sich nimmt, was sie will?”

      Es war nur ein angedeutetes Nicken, aber alles an Adrian strahlte seine pulsierende Erregung aus. Vermutlich hatte er bisher wenig Gelegenheit gehabt, den coolen Panzer abzulegen, den alle an ihm bewunderten.
      Hier in der Öffentlichkeit war der falsche Ort, ungeeignet für eine solche Entblößung. „Wir gehen zu dir”, sagte ich deshalb. Es war eine Feststellung, die keinen Platz für Widerrede bot. Adrian nickte wieder leicht.
      „Ich ziehe nur diese Flügel aus und packe meine Sachen. In fünf Minuten am Ausgang.”

      Ganz genau weiß ich nicht, wie ich es an diesem Abend wie selbstverständlich schaffte, die dominante Frau zu sein, die ihrem Kerl hart zusetzte und die gemeinsame Lust-Symphonie dirigierte. Es war einfach in mir, hatte da geschlummert. Ich fühlte mich angekommen, alles war richtig so. Und Adrian ergab sich gerne in sein Schicksal. Erstmals war da keine Frau, die von ihm Führung erwartete. Erstmals war da eine Frau, die klar sagte, dass sie von ihm geleckt werden wollte, die ihn hart anfasste, ihm sogar lustvoll Schmerzen zufügte. Er war noch nie so hart gekommen.

      Turteln war genau Pams Ding und sie und Jan sahen in den folgenden Wochen auch aus, wie man sich frisch Verliebte allgemein vorstellte. Mein Ding war das nicht. Ich turtelte überhaupt nicht um Adrian herum. Wir waren beide äußerlich cool, aber für alle erkennbar ein Paar. Solange andere dabei waren, durfte Adrian gerne weiterhin den Unnahbaren geben, den alle so sehr respektierten. Ich brachte ihn da nie in Verlegenheit.

      Aber sobald wir alleine waren, übernahm ich die Zügel. Nur zu gerne gab sich Adrian meinen Wünschen hin, trat die Verantwortung ab und machte sich alle erdenkliche Mühe, meinen Ansprüchen zu genügen. Ich hatte teuflische Freude daran, ihn herauszufordern und ihm schwierige Aufgaben zu stellen. So sehr er zum Scheitern verurteilt war, liebte Adrian mich als Goddess, als teuflischer Engel, als seine Domme und leckte mir mit Wonne die Stiefel, fraß mir wörtlich aus der Hand.

      „Die ganze Schinderei vor dem Auftritt hat sich gelohnt, oder?”, fragte Pam mich, als wir uns gelegentlich ohne unsere Männer trafen.
      „Ja, definitiv”, nickte ich.
      „Ihr seid glücklich miteinander, oder?”
      „Ja, warum?”
      „Bella, man kann euch nur schwer hinter die Stirn schauen.”
      „Das stimmt wohl, aber glaube mir, es ist mehr, als ich mir je erträumt habe.”
      „Das freut mich für euch!”, strahlte Pam.
      „Es ist sehr viel einfacher bei euch beiden zu sehen, dass ihr glücklich seid. Da muss ich nicht fragen.”
      Pam kicherte: „Nö, das ist offensichtlich, oder?”

      Die Wintersonne hatte wenig Kraft, aber mir war ganz warm ums Herz. Ich nickte und alles war so perfekt, wie es sein konnte. Ein mentales Polaroid dieses Gefühls klebte ich in mein emotionales Sammelalbum. Es würde immer da sein und mich daran erinnern, dass es genau dieses Glück war, das ich zu Weihnachten gefunden hatte, für das sich das Leben am allermeisten lohnte.

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      In meiner Welt gehört jetzt Rammsteins "Engel" zu den Weihnachtsliedern :engel:
      Das waren für mich übrigens die schönsten Stellen in der Geschichte:

      Teufelanna schrieb:

      Es war nur ein angedeutetes Nicken, aber alles an Adrian strahlte seine pulsierende Erregung aus. Vermutlich hatte er bisher wenig Gelegenheit gehabt, den coolen Panzer abzulegen, den alle an ihm bewunderten.
      Hier in der Öffentlichkeit war der falsche Ort, ungeeignet für eine solche Entblößung. „Wir gehen zu dir”, sagte ich deshalb. Es war eine Feststellung, die keinen Platz für Widerrede bot.

      Teufelanna schrieb:

      Wir waren beide äußerlich cool, aber für alle erkennbar ein Paar. Solange andere dabei waren, durfte Adrian gerne weiterhin den Unnahbaren geben, den alle so sehr respektierten. Ich brachte ihn da nie in Verlegenheit.

      Aber sobald wir alleine waren, übernahm ich die Zügel.
      :thumbup:
      Auch wenn es widersprüchlich klingt:
      Ihr Ego muss stark genug sein, um seine begrenzte, defensive Haltung und Kontrolle aufgeben zu können.
      Sie brauchen ein starkes Ego, um das Ego transzendieren zu können.

      - John Bradshaw, Das Kind in uns -